Hype um Boris Pistorius: Fragwürdige Beliebtheit
Die Kanzlerkandidatur-Debatte wird den Abstieg der SPD weiter befeuern. Pistorius' Problem: Seine Haltung zur Bundeswehr gibt es auch in anderen Parteien.
D as „Grummeln“ in der SPD, von dem unlängst Fraktionschef Rolf Mützenich noch gesprochen hat, ist zu einem Chor angeschwollen. Von Stunde zu Stunde werden es mehr, die ihre Zweifel an einer erneuten Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz äußern. Deutlicher lässt sich nicht dokumentieren, dass in der Partei die Hütte brennt.
Erst waren es nur ein paar Hinterbänkler:innen, dann befeuerten die Ex-Vorsitzenden Franz Müntefering und Sigmar Gabriel die Diskussion. Sie fungieren dabei als Seismografen für die Stimmung vieler Genoss:innen an der SPD-Basis, die sich beim Blick auf die vorgezogene Bundestagswahl im Februar panikgetrieben nach einem rettenden Strohhalm sehnen.
Dass in der SPD angesichts von Umfragewerten zwischen 15 und 16 Prozent die blanke Angst herrscht, ist mehr als nachvollziehbar. Doch die gegenwärtige Personaldebatte wird ihren Abstieg nur weiter befördern – egal wie sie ausgeht. Denn sie demontiert nicht nur den schwer angeschlagenen Scholz weiter, sondern die gesamte SPD. Es ist ein Versagen der Parteiführung um Lars Klingbeil und Saskia Esken, ihr nicht schon längst durch ein eindeutiges Votum ein Ende gesetzt zu haben.
Wie auch immer: Die SPD dürfte bei der Bundestagswahl eine krachende Niederlage einfahren. Daran würde sich auch durch einen Wechsel von Scholz zu Pistorius kurz vor Schluss nichts mehr ändern. Mit geballter Medienunterstützung zum neuen Hoffnungsträger aufgeblasen, verdankt Boris Pistorius seine fragwürdige Beliebtheit vor allem seinen markigen Sprüchen als Verteidigungsminister.
Aber warum sollte jemand die SPD wählen, der oder die findet, Deutschland müsse endlich wieder „kriegstüchtig“ werden? Und wer meint, 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts oder mehr müssten fürs Militär ausgegeben werden, mag zwar Pistorius toll finden, wird aber von der Union, den Grünen oder der FDP besser bedient. Ein Wahlkampf für soziale Gerechtigkeit lässt sich hingegen mit ihm nicht ernsthaft führen. Die SPD befindet sich in einem Dilemma, aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint.
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