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Geplante Grundgesetz-ÄnderungenLinke stellt Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht

CDU/CSU und SPD wollen mit alten Mehrheiten im Bundestag das Grundgesetz ändern und mehr Kreditaufnahme erlauben. Die Linke zieht jetzt vor Gericht.

Haben Eilantrag gestellt: die Vorsitzenden der Bundestagsgruppe der Partei Die Linke, Heidi Reichinnek (r) und Sören Pellmann Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin dpa | Die Linke will mit einem Eilverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht milliardenschwere Entscheidungen mit alten Mehrheiten im Bundestag verhindern. Wie die amtierende Fraktionsführung mitteilte, stellten einzelne Bundestagsabgeordnete und die künftige Fraktion in Karlsruhe den Antrag auf eine einstweilige Anordnung.

Ziel ist, den alten Bundestag nach der für Freitag geplanten Feststellung des Endergebnisses der Bundestagswahl vom 26. Februar nicht mehr zu Sondersitzungen einzuberufen. In der Begründung des Antrags heißt es, die neuen Abgeordneten sähen sich in ihren Mitwirkungsrechten verletzt. Der amtierende Fraktionschef Sören Pellmann sprach von einer Entmündigung.

Pellmann kündigte zudem an: „Ob wir darüber hinaus auch zum übereilten Beschluss- und Gesetzgebungsvorhaben juristisch weiter vorgehen werden, da sind wir noch in der Prüfung.“ Dem Vernehmen nach soll dies bis Mitte der Woche entschieden werden.

Lockerung der Schuldenbremse und Sondervermögen

Die mögliche künftige Koalition aus CDU/CSU und SPD will noch vor Konstituierung des am 23. Februar gewählten Parlaments das Grundgesetz ändern. Ziel ist einerseits die Lockerung der Schuldenbremse für erhöhte Verteidigungsausgaben, andererseits ein bis zu 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für Infrastruktur, das über ebenfalls über zusätzliche Schulden finanziert würde.

Die Linke hält es für unzulässig, so weitreichende Entscheidungen noch mit alten Mehrheiten zu treffen. Auch die Grünen wollen dem geplanten milliardenschweren Verteidigungs- und Infrastrukturpaket von Union und SPD in seiner aktuellen Form nicht zustimmen. Sie halten sich aber Gespräche offen.

Im alten Bundestag haben CDU/CSU, SPD und Grüne eine Zwei-Drittel-Mehrheit, wie sie für Verfassungsänderungen nötig ist. Im neuen Parlament käme eine Zwei-Drittel-Mehrheit nur noch mit Stimmen der Linken oder der AfD zustande.

Linke für Gespräche über Schuldenbremse offen

Die Linke hat signalisiert, dass sie für Gespräche über eine Abschaffung oder Reform der Schuldenbremse zur Verfügung stünde. Das bekräftigte die amtierende Co-Fraktionschefin Heidi Reichinnek und begrüßte die Ansage der Grünen, das Vorgehen von Union und SPD so nicht mitzutragen.

„Wir als Linke setzen uns weiterhin dafür ein, dass die Schuldenbremse, die weder ein Naturgesetz noch gottgegeben ist, endlich abgeschafft wird“, sagte Reichinnek. „Wir sind aber bereit, und auch das haben wir schon mehrmals betont, eine Reform mitzutragen. Im neuen Bundestag gibt es dafür demokratische Mehrheiten.“

Die Linke ist gegen stark erhöhte Verteidigungsausgaben. Auf Nachfrage deutete Reichinnek aber an, dass eine Mitwirkung bei der Reform der Schuldenbremse daran nicht unbedingt scheitern würde. Sie sagte, wenn die Schuldenbremse als Ganzes reformiert werde, ermögliche dies Investitionen beispielsweise in den Wohnungsbau, in die Gesundheit, in die Bildung. „Wie genau diese Räume dann genutzt werden, das entscheidet ja der Bundestag über den Haushalt.“

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38 Kommentare

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  • Jede Partei versucht also sich beim politischen Mänovrieren in die beste Ausgangslage zu bringen, soweit nichts Neues.

    Wer klagen will, soll klagen das Recht hat jede Partei. Scheint bei dieser Wahl ja ohnehin im Trend zu sein... Insofern Buisness as usual..



    Jedenfalls kein Grund für Großes "Tam Tam" oder moralisches echauffieren.

  • Wenn ich so von meiner Idee der Grundgesetzänderung so überzeugt bin, sollte es mir doch möglich sein auch Parlamentarier aus anderen Parteien davon zu überzeugen. Und wenn nicht Pech gehabt. Man versucht hier in Windeseile nicht nur die Änderung des Grundgesetzes, sondern auch die Aufnahme von Schulden in Milliardenhöhe durchzudrücken und das ohne konkreten Plan. Man schmeißt einfach Zahlen in den Raum, aber hat sich scheinbar nicht mal überlegt wie genau das Geld dann ausgegeben werden soll, was überhaupt wo konkret gebraucht wird. Wie auch hier steht gibt es eine Mehrheit auch im neuen Bundestag für eine Reform der Schuldenbremse. Macht das. Hier jetzt im ad-hoc Verfahren ein Haufen Schulden aufzunehmen, wo das meiste dann wieder für Dinge oder Berater ausgegeben wird , die die Welt nicht braucht und wir am Ende ohne bessere Infrastruktur oder Verteidigung dastehen ist doch irre.

  • Nach dem Wahlkampf ist vor dem (nächsten) Wahlkampf !



    Geht es Linken, Grünen und der AfD bei ihren Klagen um ihre Rechte oder versucht man der, noch nicht mal zustande gekommen, Koalition gleich mal einen gehörigen Schaden zuzufügen ?



    Politische Ränkespiele zum Wohle der eigenen Parteien schlagen halt verantwortungsvolle Politik !!

  • Mit Dreck werfen, statt zusammen arbeiten



    Die SPD ringt der CDU hunderte Milliarden als Neuschulden ab. Die Grünen verweigern die Zustimmung zur Schuldenbremse, welche sie selbst wollten und damals von der CDU verweigert wurde. Die Linke klagt mal gleich, vielleicht bekommen sie so auch ein Stück vom Kuchen ab.



    Ich nenne dies Dreck werfen und keine Politik. Die Wähler sind stocksauer und viele weitere rennen jetzt wohl zur AfD (INSA gestern AfD 22%), weil die demokratischen Parteien mit Dreck werfen, statt zusammen arbeiten. Mein Vorwurf geht übrigens an alle Parteien, auch an Merz. Das kann es doch nun wirklich nicht sein.

    • @Hans Dampf:

      Naja, von "Dreck Werfen" ist das doch ziemlich weit entfernt, der Umgangston ist ja an sich schon sachlich, auch wenn Markus Söder noch ein bisschen in den Bergen verbal herumrandaliert.



      Was viel problematischer ist, dass hier die Quadratur des Kreises versucht werden muss. Wir haben es mit drei Parteien zu tun, die inhaltlich teilw. recht weit auseinanderliegen, sich aber doch irgendwie zusammenraufen müssen. Zugleich müssen alle Parteien aufpassen, ihre eigene Wählerschaft nicht zu sehr zu enttäuschen und andererseits auch nicht das AfD-Narrativ von den "Kartellparteien" zu bedienen. Letzteres ist insbesondere für CDU/CSU gefährlich, die Gefahr läuft, dass ein Teil ihrer Wähler Richtung AfD abwandert. Beide Parteien liegen knapp 8 Prozentpunkte auseinander, wechseln davon 4 oder 5 Prozentpunkte die Lager (was ja durchaus im Bereich der üblichen Wählerwanderungen liegt), dann ist die AfD die stärkste Partei. Man mag es sich nicht ausmalen.

    • @Hans Dampf:

      Also „mit Dreck werfen“ steht dreimal in dem recht kurzen Post - nur durch Wiederholen wird die Aussage aber nicht richtiger bzw. die Begründung für die Wortwahl leuchtet nicht ein.

      Dass die SPD der CDU da irgendwas Gutes (mühsam?) abringen würde, ist nicht der Fall. Aber klar, jetzt brauchen sie für ihre absurden Pläne auch noch die Zustimmung mindestens der Grünen für die erforderliche Zweidrittelmehrheit im alten Gerade-noch-Bundestag (im neuen wäre auch das nicht mehr genug). Und getreu der ewigen Mitmach-Falle soll die Linke das irgendwie noch ‚mitgestalten‘ oder ‚kritisch begleiten‘ (beides keine Zitate, hört man aber oft, wenn der politische Gegner zum Einknicken gebracht werden soll). Vor 111 Jahren kannte der olle Wilhelm 2 ja auch „nur noch Deutsche“ und die SPD kam freudig angerannt, um endlich auch mal dem Vaterland dienen zu dürfen. Aber das zu vergleichen verbietet sich, sorgt für Kopfschütteln und überhaupt darf Satire niemals zu weit gehen. Schließlich ‚herrscht‘ hier ja Freiheit - jedenfalls bis zu einem gewissen Grad, solange es nicht ans Eingemachte geht. Wer will schon ein ‚vaterlandsloser Gesell‘ sein, halten zu Gnaden, Eure Durchlaucht.

    • @Hans Dampf:

      Die Union hat einen Lügenwahlkampf geführt und vorher die bekannt nötige Reform blockiert. Das sollte man präzise so benennen. Alles andere folgt hieraus.



      Bitte da keinen großen Topf aufmachen, wenn es konkret Merz war. Da bleiben also noch sehr viele demokratische Parteien übrig.

    • @Hans Dampf:

      Entschuldigen Sie, aber das ist: lächerlich! Die Linke lässt prüfen ob hier Parlamentsrechte missbraucht werden. Das ist demokratisch nicht nur in Ordnung, das ist sogar geboten. Die meisten Juristen sind der Ansicht, dass das Parlament das darf. Für mich als juristischen Laien wirkt es auch so. Aber ist das ein Grund es nicht wissen zu wollen? Es scheint mir ja eher, als passe Ihnen der neue BT genauso wenig wie "Friedrich dem Großen". Wollen doch mal sehen ob er am Ende Recht behält und er so weitreichende Dinge im alten BT beschließen darf, wenn der neue im Nullkommanichts konstituiert wäre. Und mal einen Milimeter abseits des reinen Rechtsverständnisses: nicht alles was legal ist, ist auch legitim. Das sollten sogar Gegner der Linken einsehen können.

      • @Einfach-Jemand:

        Ist es umgekehrt "legitim" für die hehre "Auf die Barrikaden!"-Partei, sich im neuen Bundestag dann ausgerechnet auf den Sockel "AfD-Neinstimmen" zu stellen und von da aus den übrigen ca. 65% des Plenums rote Linien zu diktieren? Genau das zu tun, hat van Aken im Ergebnis angekündigt (weil das ja ganz und gar nicht heißen würde, Politik mithilfe der AfD durchzusetzen - is klar), und das ist auch der Grund, warum jetzt manövriert wird.

      • @Einfach-Jemand:

        Ich finde den Weg, den SPD und CDU da gehen wollen auch nicht "legitim". So was macht man nicht. Aber wenn regieren nur noch zum "Ping Pong Wischi Waschi" wird, wird es nur einen Sieger geben, den wir beide nicht wollen - die AfD bei der nächsten Wahl.

    • @Hans Dampf:

      Anschließe mich.

      • @Normalo:

        Was, Sie? Das hätte ich nicht von jemandem erwartet, der hier ansonsten meist ganz vernünftig, differenziert und ausgewogen argumentiert.



        Ich schließe mich da eher unseren Vorrednern @Janix und @Einfach-Jemand an: die Vorgehensweisen von Grünen und Linken sind in diesem Fall ganz normale, legitime parlamentarische Vorgänge, nicht mehr und nicht weniger - man muss das nicht an eine Glocke hängen, die irgendwie nach AfD-Geraune klingt.



        Und wenn es die Mehrheit der Bürger tatsächlich nicht versteht oder einfach satt hat, wie @Hans Dampf unterstellt: dann muss man es ihnen halt besser erklären, was parlamentarische Demokratie eigentlich ausmacht, BEVOR sie noch abgewählt wird. DARIN scheint ja wohl das eigentliche Problem zu bestehen.



        Aber wenn Fördermittel für Demokratie-Initiativen gekürzt oder ganz gestrichen werden sollen … was will man erwarten?

  • Linkspartei und AfD haben hier das gleiche Interesse: ihre Sperrminorität im neuen Bundestag auch politisch auszuspielen. Beide Parteien brauchen sich hier wechselseitig, deshalb kämpft die Linkspartei auch so entschieden für die "Brandmauer".



    Was lernen wir daraus: Wenn die CDU/CSU die AfD als Hebel nutzt, um ihre politischen Ziele durchzusetzen, ist das böse. Wenn "Die Linke" das gleich macht, ist das aber etwas gaaanz anderes.

    • @Schalamow:

      Die Linke ist gegen die Brandmauer? Das ist mir neu. O.k., ein prominente Ex-Linke schon.

  • In Art 39 Abs. 2 Grundgesetz steht:

    "Der [neu gewählte] Bundestag tritt spätestens am dreißigsten Tage nach der Wahl zusammen."

    Die Einberufung erfolgt also "spätestens" an diesem Tag durch die bisherige BT-Präsidentin, § 1 GO BT. Wann genau sie das tatsächlich tut, hat sie anhand der tatsächlichen Gegebenheiten politisch neutral zu entscheiden, denn das Grundgesetz und die GO BT äußern sich dazu nicht näher.

    Dass Frau Bas (CSU) stattdessen bis zum 29. Tag abwarten und bis bis dahin nach eigenem Belieben einfach den alten BT weiter einberufen darf, weil es ihr und dem Herrn Kanzler in spe politisch besser in den Kram passt, davon steht im Grundgesetz nichts.

    Ich gehe davon aus, dass die Nutzung demokratisch nicht mehr legitimierter parlamentarischer Mehrheiten für derart weitgehend den Rechten des neuen Parlaments vorgreifende haushaltspolitische Entscheidungen und Verfassungsänderungen grob rechtsmissbräuchlich und daher auch verfassungswidrig ist.

    • @stadtlandmensch:

      Sorry, Frau Bas ist natürlich von der SPD.

    • @stadtlandmensch:

      Die dreißig Tage sind eher kurz gewählt, wenn man bedenkt, was Alles vor den vorgeschriebenen Entscheidungen der konstitutierenden Sitzung eingestielt werden muss. Und wenn die Verfassung sagen wollte/sollte, dass der neue BT z. B. "schnellstmöglich, spätestens aber nach 30 Tagen" einzuberufen ist, würde das auch so drinstehen. So wie es ist, steht in der Verfassung eben NICHT drin, dass die Auswahlkriterien für den Tag der Einberufung in irgendeiner Weise außer der 30-Tage-Frist beschränkt seien. Und wie üblich in unserem Staat: Was nicht verboten ist, ist erlaubt.

    • @stadtlandmensch:

      Das wird nahezu immer so gemacht, weil allein schon der Aus-, Um- und Einzug der früheren und neuen Abgeordneten nicht mal eben in einer Woche zu schaffen ist.

  • Sorry, unvollständig in mehreren Belangen. Etwas kommt dann in den Kommentaren.

  • Für mich gibt es für dieses Ansinnen der "Nochregierung" nur ein Wort: "Nachtreten". Und das macht man nicht.



    Es sein denn man heisst C*U.

    • @Bolzkopf:

      Dass die Union nicht die Nochregierung ist, wissen Sie aber schon, oder?

      • @Normalo:

        Ahh ... muss heißen "... an die Nochregierung ..."

  • Das Ganze mag politisch unschön sein, rechtlich ist es aber nun mal so, dass der Bundestag bis zur letzten Sekunde vor der Konstituierung des neuen legitimiert ist und Gesetze verabschieden kann. Die Abgeordneten des „alten“ Bundestages sind im Übrigen immer noch völlig frei und sowohl der Linken als auch der AfD steht es frei, Mehrheiten für ihre Position zu suchen. Darüber hinaus steht es ihnen auch frei, im nächsten Bundestag Mehrheiten zu suchen, um die Verfassungsänderung rückgängig zu machen.

    • @Suryo:

      Die Frau ist aber, WANN die konstituierende Sitzung des neuen BT einberufen wird. Es ist nicht so, dass Frau Bas damit auf jeden Fall 30 Tage nach der Wahl warten muss. Das ist vielmehr die Maximalfrist, die ihr dazu zur Verfügung steht.

      • @stadtlandmensch:

        Faktisch wird das aber immer so gemacht, weil allein die Logistik der Verwaltung des Bundestages das erfordert.

    • @Suryo:

      Da haben Sie rechtlich recht, demokratietheoretisch ist es aber nicht zu vermitteln. Am Freitag wird das Endergebnis der Wahl verkündet, am Samstag könnte sich also bereits der neue Bundestag konstituieren und auch, in der gleichen Sitzung noch, die erste Lesung zum GG-Änderungsgesetz abhalten. Warum also solte es der alte BT noch machen? Weil dann irgendwelche Panzer zwei Tage früher bestellt werden können? Absurd.

      • @TheDigit:

        Demokratietheoretisch ist es viel schlimmer, am Ende auf die Zustimmung der AfD angewiesen zu sein.

      • @TheDigit:

        Ist halt der demokratietechnisch unschönen Situation geschuldet: Der neue Bundestag ist nur zu 80% überhaupt parlamentarisch einbeziehbar, und die Linke ist offenbar gewillt, das als Stimmmultiplikator zu nutzen und Dinge durchzusetzen, für die es auch diesseits der AfD keine hinreichende Mehrheit gibt. Also findet der Rest Wege um sie (und die AfD) herum, solange er kann.

        Dass das Linke- (und im Zweifel auch AfD-)Anhänger ärgert, kann ich verstehen. Aber wer auf der Brandmauer besteht, sollte sich eigentlich nicht beschweren.

      • @TheDigit:

        Mit dem Wort "demokratietheoretisch" träfen Sie den Nagel auf den Kopf, wenn die Theorie der Demokratie etwas mit der Praxis repräsentativer Demokratie zu tun hätte. Hat sie aber nicht. In der repräsentativen Demokratie entscheiden nicht die BürgerInnen, es entscheiden die Abgeordneten frei von jeder Verpflichtung gegenüber dem Mandat, im eigenen Machtinteresse aber „solidarisch“ mit Partei, Fraktion, Koalition.

        Karl Jaspers hat 1966 die Grundstruktur und politische Praxis repräsentativer Demokratie als elitäre Parteienoligarchie umrissen und ihre Entwicklungstendenz aufgezeigt: „Es scheint: von der Demokratie zur Parteienoligarchie, von der Parteienoligarchie zur Diktatur.“

        • @DemokratischeZelleEins:

          Ich fürchte, der olle Jaspers könnte damit recht behalten … zumindest, wenn ich mir das Gerangel um die bevorstehende Abstimmung im Bundestag, aber auch die Diskussion darüber hier im Forum anschaue.

  • Die Linken sind die einzige Partei, die auch nach der Wahl noch zu ihrem Wahlprogramm steht. Die keinen offenbar Betrug an ihren WählerInnen begehen wollen. Das begrüße ich sehr.

    Union und SPD haben diese angebliche Zwangssituation selber herbeigeführt und hoffen darauf, ohne Gespräche mit den Grünen UND Linken ihre klimaschädliche Agenda durchzubringen.

    Es ist noch nicht ausgemacht, wie die Grünen sich verhalten. In der Vergangenheit haben sie ja am Ende so ziemlich jeden "Kompromiss = Rechtsruck" abgenickt.



    Das war allerdings noch Habeck's Ägide.



    Vielleicht besinnen sie sich jetzt gerade eines Besseren. Sie haben ja eh nichts mehr viel zu verlieren.



    mE sollte die Abstimmung im neuen Bundestag erfolgen. Taschenspielertricks haben das frühe Aus der Ampel verursacht.



    Man fragt sich, warum die Union es nun nochmal versuchen möchte.



    Der Wählerwille ist zu beachten!

  • Vernünftige Position der LINKEN, die ihre parlamentarischen Rechte ausschöpft.

    Persönlich finde ich eine Aufweichung der Schuldenbremse nur zu militärischen Zwecken - gelinde gesagt - merkwürdig.

  • Die Linke wird auch Geld für die Bundeswehr durchwinken müssen. Dann geht umgekehrt auch mehr für anderes Sinnvolles.



    Die Schuldenbremse sollte einfach auf das EU-Pflichtniveau gebracht werden, ohne Sondervermögentrara. Egal, ob das für Merz, diesen Pinocchio, peinlich ist oder nicht.

  • Ich vermute auch, dass das Vorhaben verfassungswidrig ist.



    .



    Es geht ja nicht um konkrete Vorhaben - etwa dass die Parlamentsarmee Bundeswehr gerade dringend irgendwo gebraucht würde oder um sonst ein aktuelles, unaufschiebbares Vorhaben.



    .



    Sondern darum, die künftige Regierung mit finanziellen Möglichkeiten auszustatten, die gegenwärtig nicht mit dem GG vereinbar sind.



    .



    Der Bundestag hat genau das der Nochregierung in der ablaufenden Legislaturperiode verweigert.



    .



    Das Wahlergebnis im Rücken will der Oppositionsführer sich selbst und seiner künftigen Regierung als vermutlich neuer Kanzler der nächsten Legislaturperiode die Mittel bereitstellen, die federführend er der bisherigen Regierung verweigert und damit ganz prinzipiell Wahlkampf gemacht hat.



    .



    Dringend ist die Sache nur, weil er befürchten muss, der bereits gewählte neue Bundestag werde nicht so weitgehend zustimmen wie gewünscht.



    .



    Nur deshalb soll das neue Parlament vorher festgelegt, seine Konstituierung verschleppt, der schon manifeste Wählerwille unterlaufen werden, ohne dass die Wähler dies in ihrer Entscheidung hätten berücksichtigen können.



    .



    Also in einem wahltechnisch rechenschaftsfreien Niemandsland.

    • @ke1ner:

      Die Legislaturperiode endet aber nunmal klipp und klar nicht mit der Verkündung des Wahlergebnisses sondern mit der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags. Bis dahin ist der alte BT genauso legitimiert, die Verfassung zu ändern, wie vor der Wahl oder die ganze Legislaturperiode über. Und er ist auch nicht gehindert, jetzt diese oder jene Entscheidung zu treffen, weil es dafür bisher keine hinreichende Mehrheit gab. Das Manöver ist unschön, aber halt die konsequente Reaktion auf eine Kleinpartei, die offenbar meint, der Schwanz müsse mit dem Hund wedeln, sobald sie mal das Zünglein an der Waage ist.

    • @ke1ner:

      Genau das. Soweit ich mich nicht arg täusche sind in diesen Regierungsbildungsphasen historisch nur akute Probleme und solche die keine Aufschiebung dulden angegangen worden. Aber auch wie Johnson schon in einem anderen Artikel anmerkte, es könnte schneller gehen Regierungen zu bilden. Auch in Österreich oder vor längerem in Belgien, diese langen Phasen ohne echte gewählte Regierung deuten auf ein systemisches Demokratieproblem und eins der politischen Strukturen hin.

      • @TV:

        Natürlich haben wir ein systemisches Problem in unserer Demokratie, dessen wichtigstes - und für die Kapriolen bei der Regierungsbildung maßgeblich verantwortliches - Symptom(!) die wachsende "Demokratie-Opposition" im Parlament ist. Ohne die wären die Mehrheitsverhältnisse klarer und Mehrheiten könnten homogener und damit auch schneller und handlungsfähiger geschmiedet werden.

        Nur muss man eben ehrlich sein: Wir, das Volk, sind selbst das Problem. WIR sind der Chef, dessen Laden aus dem Ruder läuft. Unser Staat wird von uns gemacht und getragen. Nicht nur die zunehmend schwer in stringente Politik umsetzbaren Wahlergebnisse, auch die (ja so schrecklich volksfern handelnden) Politiker stammen aus unserer Mitte. Es gibt sicher Mittel und Wege, die aktive Teilnahme an der Demokratie wieder zugänglicher für das breite Volk zu machen (möglichst NICHT an der Demokratie vorbei, wie durch Räte), aber am Ende von Allem gilt: Jammern hilft nicht.

  • Die Linke (und die AfD) haben da recht: Das Wahlergebnis ist festgestellt, die neuen Abgeordneten haben ihre Büros bezogen, die Fraktionen tagen schon. Falls es also wirklich etwas ganz, gaanz dringend zu beschließen gäbe, wäre es Aufgabe der BT-Präsidentin, den neuen Bundestag einzuberufen. Diese Tricksereien von CPD/SPU und Grünen, weil das blöde Volk nicht richtig gewählt hat, treiben den Linken und Rechten die Wähler noch schneller in die Arme. Besser und nachhaltiger als z.Zt. wurde noch nie Werbung für die Extremen gemacht, ein einziges großes Politikverdrossenheitsförderungsprogramm.