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Die Linke in der KriseWer ist schuld an der Misere?

Es gibt mindestens sechs Gründe, warum die Linkspartei so schlecht dasteht. Dass diese sich mitunter widersprechen: Das ist Dialektik.

Auch ein Grund: Die Wahlplakate der Linkspartei sahen so aus wie immer Foto: Fabian Sommer/dpa

1. Die SPD

Wer hat uns verraten? Im Zweifel ist immer die SPD schuld, das gilt in der deutschen Linken seit der Zustimmung zu den Kriegskrediten im Jahr 1914. Jetzt hat die SPD etwas gewagt, das aus Sicht der Linken noch verbotener ist als ein Weltkrieg: Sie ist einfach zu links geworden und hat der Linken damit viele Stimmen abgenommen. Im Wahlkampf forderte sie die Vermögensteuer, einen höheren Mindestlohn, eine Bürgerversicherung für alle. Dass sie in einer Koalition mit der FDP wenig wird durchsetzen können, hat kaum jemanden abgeschreckt. Natürlich wollen WählerInnen Parteien wählen, die ihre Versprechen umsetzen. Aber zwei sozialdemokratische Parteien? Braucht kein Mensch.

2. Sahra Wagenknecht

Ganz klar: Sahra Wagenknecht ist schuld. Sie hat im Wahljahr ein Buch herausgebracht, das ihre Partei beschuldigt, die Arbeiterklasse zu verraten. Zum Dank wurde sie auf den ersten Platz der Landesliste in NRW gewählt, kurz danach aber ihr Parteiausschluss gefordert. Das klingt wie der Plot einer Vorabendserie, überzeugt allerdings deutlich weniger Zuschauer.

Es ist vor allem Wagenknechts Verdienst, dass die Linke zerstritten auftrat und kein Wähler wusste, was er bekommt, wenn er die Partei wählt. Wer den Wahlabend lieber mit einem Spiegel-Reporter im Restaurant verbringt als mit seiner Partei, dem ist Narzissmus wichtiger als Sozialismus. Sahra Wagenknecht ist auch schuld, weil sich ihre Gesellschaftsanalyse als falsch erwiesen hat: Die Linke verlor nur wenige Wähler an die AfD.

3. Die Lifestyle-Linken

Man kann aber auch sagen: Mehr Sahra Wagenknecht hätte der Partei gutgetan. Bei der Wahl 2017 freute man sich über die Stimmen von linksliberalen Großstädtern, die was mit Medien machen und die Grünen irgendwie uncool fanden. Aber die, und da hatte Wagenknecht recht, bilden nicht das Zielpublikum für eine sozialistische Partei. Sie wendeten sich bei erster Gelegenheit ab und kehrten zurück in den Schoß von Grünen und SPD. Da bringt es nichts, beim Klimaschutz grüner als die Grünen sein zu wollen. Die Linke, das zeigten Wahlanalysen, wurde unterdurchschnittlich von Arbeitern gewählt. Und sie hat fast so viele Wähler ans Lager der Nichtwähler verloren wie an die Grünen. Will sie eine Zukunft haben, muss sie die Prekären, die mit niedrigen Löhnen und Renten, für sich gewinnen.

4. Die Plakate

Die Linkspartei mag langfristige Arbeitsverträge. Leider gilt das auch für ihre Wahlkampagne. Seit 2005 ist die gleiche Agentur verantwortlich, und das sieht man: Die Plakate der Linkspartei sahen so aus wie immer. Hauptsatz, Ausrufezeichen, schwarz-weiß-rot. Eine sprachliche und ästhetische Zumutung (ja, hier schreibt die Lifestyle-Linke). Es sieht aus wie die Bild-Zeitung, deren Auflage und Attraktivität ja auch nachlässt. Wenn die Linke erfolgreich sein will, muss sie sexy werden.

5. Die Linke

Trotzdem wäre es zu einfach, der Kampagne die Schuld zu geben. Letztlich hat die Linke nicht geklärt, was sie sein will: Ostpartei? Ein Korrektiv der SPD? Oder eine radikale Opposition, die nicht an Wandel im Parlament glaubt?

6. Die Wähler

Kennen Sie die Tageszeitung neues deutschland? Ihre Auflage liegt mittlerweile nur noch bei 17.000. Die Redaktion kämpft mit Händen und Füßen, aber ihr Gegner ist stärker: Es ist der Tod.

So wie ihrer Parteizeitung geht es auch der Linken, vor allem im Osten. Viele Mitglieder sind in den letzten Jahren gestorben. Gegen die Biologie hilft kein Klassenkampf. Das Sein bestimmt das Bewusstsein – aber ohne Sein gibt’s auch keinen Wahlschein.

Der Wähler ist auch deshalb schuld, weil er der Linken ein sehr uneindeutiges Ergebnis geschenkt hat: 4,9 Prozent, aber Fraktionsstatus. Wähler an die Grünen verloren, aber auch an die SPD. So kann jeder Flügel in der Partei jene Lehren aus dem Ergebnis ziehen, die am besten ins jeweilige Weltbild passen.

Gut möglich, dass die Linke sich weiter durchwurschtelt und sich nicht neu erfindet. Das wäre der größte Fehler.

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83 Kommentare

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  • Die Linke ist eine Partei, in der man zuerst ihre Mitglieder erneuern sollte. Sahra Wagenknecht hat ihrer Partei Schaden zugefügt? Wenn unbequeme Themen oder (u.a. auch in meinen Augen) Wahrheiten so schädlich sind, daß sie einer Partei so viele Stimmen kosten, dann hat sie letztere auch nicht verdient! Es wird von Transparenz, von Neuaufstellung u.v.m. geredet. Man versuche doch nur einmal ein Forum, wie dieses der taz zu kritischen, aktuellen, oder Transparent-Themen auf den WEB-Seiten der Linken zu finden. Man wird nicht fündig! Seit 150 Jahren wird der Linken (als Bewegung, nicht nur Partei) die Initiative bei der Gestaltung neuer Gesellschaftskonzepte zugeschrieben.



    G. Gysi ruft auf seinem letzten Büchlein danach, "warum wir eine neue Gesellschaftsidee brauchen" und unternimmt nichts damit hier eine beigesteuert wird. Nicht einmal die Fehler für die mißlungenen "Experimente" der letzten 100 Jahre, die gut 1 Milliarde Menschen betroffen haben, wurden aufgedeckt. Man kann alles zu verbessern versuchen, solange man nur tut, was alle anderen auch tun, ist man nicht erforderlich, zumindest nicht mit Mehrheits- oder Vorreiteranspruch.



    Die Linke wird ihrer historisch wichtigsten Rolle nicht gerecht, der Lieferung eines neuen Gesellschaftskonzeptes und des Nachweises ihrer Kompetenz auf diesem Gebiet!

    • @Sokrates_RS:

      Was würde denn passieren, wenn die Linke heute ein „neues Gesellschaftskonzept“ liefern würde? Genau - man würde es medial als Ausgeburt radikal linker Ideologen, die den Leuten ihr Gesellschaftsbild aufzwingen wollen, in der Luft zerreißen. Gäähn! Kenn' wa schon.

      • @Rainer B.:

        Falsch Rainer B. "Gäähn-! Kenn` wa schon schon" ist zuerst die Folge von n i c h t s neuem! :) Sie liefern eben nichts neues, vor allem keine Mechanik zu Ihren "Gesellschaftskonzepten", die auch den Anspruch einer Funktionstüchtigkeit erfüllen könnten. Die stets zitierten Eigenschaften "klassenlos", "gesellschaftliches Eigentum", "ausbeutungsfrei" und weitere... sind mit keiner allgemein anerkannten Wirtschaftsmechanik untersetzt. Was würde also passieren, wenn sie eines lieferten? Ich weiß es nicht, sie haben ja in meinen Augen - dies der Vorwurf meines Beitrages - noch nie eines geliefert. Ihre Konzepte waren nie in den genannten Kriterien zielführend, geschweige hinreichend. Sie bemühen sich jedoch und da mag der Verweis auf die Notwendigkeit wirtschaftsmechanischer Kompetenz schon einmal Tipp sein, wie man sich von Klischees und Dogmen lösen kann. Es geht um die Unterscheidung von Wunschzettel und Funktion, etwa so wie bei Fernsehern, wo alle wissen, was er leisten soll aber nur wenige, wie er funktioniert.

        • @Sokrates_RS:

          Dass ausgerechnet Parteien neue Gesellschaftskonzepte zu liefern hätten, halte ich schon vom Ansatz her für kompletten Stuß. „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ (Art 21 GG) Nicht mehr und nicht weniger. Wenn Sie ein neues Gesellschaftskonzept brauchen, können Sie sich doch jederzeit gerne dafür einbringen.

          • @Rainer B.:

            Das Thema des Beitrages lautet: „Wer ist schuld an der Misere der Linken“. Es geht also nicht darum, ob Parteien neue Gesellschaftskonzepte zu liefern hätten, sondern darum, womit man die Linke Jahrzehnte in Verbindung gebracht hat. Dieses Thema hat sie nun einmal seit Erscheinen des Kommunistischen Manifestes besetzt. Und auch für die SPD, die nicht mehr laut von Sozialismus spricht, stand ebenfalls mehr als ein halbes Jahrhundert dieses Thema im Vordergrund. Die Erwartung der klassischen Linkspartei-Wähler bezieht sich auf diese traditionelle Rolle. Zur Verbesserung des Kapitalismus wird der Linken indes keine Sonderkompetenz, ausgedrückt im Wahlergebnis, zugeschrieben. Hierin sehe ich ihre Misere.

            • @Sokrates_RS:

              Ich gebe Ihnen gerne recht, dass der „klassische Linkspartei-Wähler“ nie an eine „Verbesserung des Kapitalismus“ geglaubt hat. Dazu bestand und besteht aus meiner Sicht auch überhaupt keine Veranlassung. Auch die SPD hat nach wie vor den „demokratischen Sozialismus“ in ihrem Grundsatzprogramm, stellt aber regelmäßig nur Kandidaten auf, die damit gar nix am Hut haben. Ich kann darin beim besten Willen keine Sonderkompetenz erkennen, sondern allenfalls ein sozialpsychiatrisches Problem.

              www.vorwaerts.de/a...ismus-spd-bedeutet

  • Ich würde sie solange nicht wählen, wie die Partei rechte Regime wie das russische unterstützt. Spätestens, seitdem man weiß, dass der Kreml die AfD finanziell unterstützt, hätte Schluss sein müssen mit der perversen Verhätschelung eines oligarchokapitalistischen, rechten Systems.

    • @Suryo:

      Die Linke unterstützt das russische Regime nicht. Für dieses gern erzählte Märchen gibt es doch keinerlei Belege.

      • @Rainer B.:

        Was wäre denn für Sie ein Beleg?

        Ich meine, wenn die gesammelten Interviews für RT vom Ex-MdB Alex Neu nicht ausreichen, was denn dann?

        Im übrigen ist der Punkt, dass man von einer linken Partei erwarten kann, ein so rechtes Regime wie das Putins konsequent und öffentlich zu verurteilen. Nicht mal Sie werden wohl behaupten, diese Partei tue das.

        • @Suryo:

          "Medien, die von einem Staat finanziert werden, vertreten Interessen, aber das tun private Medien auch"... "Ich setze auf den gesunden Menschenverstand der Zuschauer, sich eine Meinung zu bilden." (Alexander Neu)

          Interviews in einem russischen Sender sind für mich noch lange nicht gleichbedeutend mit Unterstützung des russischen Regimes. Ich halte es auch für unangebracht, Putin irgendwie ständig mit Russland zu verwechseln. Dass dieser Mann dort eine Machtstellung einnimmt, die ihm rechtmäßig gar nicht zukommt, ist doch allgemein bekannt und wird hier auch von niemandem ernsthaft bestritten.

          Hier die Position der Bundestagsfraktion zu Russland und Putin:



          www.linksfraktion....lansicht/russland/

          • @Rainer B.:

            Selbst innerhalb der Fraktion wurde Neu als "Kremlsprecher" belächelt.

            • @Suryo:

              Na seh'n Sie. Alexander Neu ist nicht die Partei. Übrigens war er früher bei den Grünen.

              • @Rainer B.:

                Ansonsten ist die „Position“ der Partei der übliche Putinversteherquatsch. Nach dem Überfall auf die Ukraine, Salisbury, Poloniummord in London, Finanzierung von AfD und FN, Desinformation und Propaganda sollte einem als linke Partei mehr einfallen als „der Westen hat Russland irgendwie dazu gezwungen.“ Bei den USA sind die Linken ja auch nicht so nachsichtig und verständnisvoll.

                • @Suryo:

                  Warum sollte die Linke denn bei den USA nachsichtiger und verständnisvoller sein? Sind Menschenrechtsverletzungen denn nur dann zu verurteilen, wenn sie ein russischer Machthaber verantwortet?

                  • @Rainer B.:

                    Sie scheinen zu glauben, dass man einfach nur etwas Selbstkritik üben und "auf Russland zugehen" müsste, und dann hören Überfälle auf Nachbarstaaten, Morde im In- und Ausland und die Zersetzung unserer Demokratien durch Russland auf. Putin lacht über diese Haltung. Selbstkritik ist für Russlands Regime einfach nur Zeichen von Schwäche. Das sieht man schon daran, dass es selbst nie welche übt. Russlands Regierung glaubt, dass das Land nur dann stark sein kann, wenn der Westen schwach ist, weil es selbst ja nichts zu bieten hat. Die Linke ist in einer bizarren Mischung aus Ostblock-Nostalgie, alter Waffenbrüderschaft, Hass auf den Westen und schlichter nützlicher Idiotie gefangen und hält Putin immer noch für einen ordentlichen Kerl, mit dem man nur im richtigen Ton reden müsse, damit Ost und West sich "versöhnen". Absurd.

                  • @Rainer B.:

                    Umgekehrt wird ein Schuh draus. Findet die Linke Angriffskriege, Desinformation, die Finanzierung zersetzender Parteien und Gruppen, Auftragsmorde und vor allem eine extreme militärische Aufrüstung gegen uns nun nur schlimm, wenn sie vom bösen Westen kommt, oder ganz prinzipiell?

                    • @Suryo:

                      Sie beantworten meine Frage nicht und verlieren sich stattdessen erneut in unhaltbaren diffusen Vermutungen ,Unterstellungen und Behauptungen.



                      Die offizielle deutsche Politik fühlt sich den USA in besonderer Weise verbunden. Schließlich haben die USA ja auch einen ganz entscheidenden Betrag dazu geleistet, dass der Hitler-Faschismus hier besiegt werden konnte. Soweit kann ich auch jederzeit mitgehen. Die besonderen Beziehungen zu den USA dürfen aber doch nicht zum ständigen Vorwand dafür werden, dass man bis heute keine vernünftigen Beziehungen zu Russland etabliert hat. Russland ist in Europa unser Nachbar und mit seinen Nachbarn versucht man tunlichst ein gutes Verhältnis zu pflegen. Davon kann aber immer noch überhaupt keine Rede sein. Selbst das Verhälnis zu absoluten Monarchien wie Saudi Arabien - bei denen im übrigen Morde im In- und Ausland auch nicht weniger vorkommen - ist besser als das Verhältnis zum Nachbarn Russland. Normal ist das nicht.

                      • @Rainer B.:

                        Ihre Frage ist doch rein rhetorisch.

                        Russland ist es, was nicht an guten Beziehungen interessiert ist. Das hat mit den USA nicht das geringste zu tun. Was glauben sie denn, woran es liegt, dass bis auf die letzte Diktatur Europas kein europäisches Land des früheren Warschauer Paktes daran interessiert ist, sich Putin anzubiedern?

                        Saudi-Arabien bedroht uns nun mal nicht aktiv. Begreifen Sie nicht, dass Russland schon lange Krieg gegen uns führt?

                        • @Suryo:

                          Nöö - da wissen Sie mehr als ich. In Hamburg gab's bis zur Stunde jedenfalls noch keine russischen Angriffe. Wenn Russland tatsächlich Krieg gegen „uns“ führen wollte, würden „wir“ „uns“ hier doch schon längst nicht mehr austauschen können.



                          Apropo „letzte Diktatur Europas“ - Halten Sie es für eine wirklich gute Idee, dass sich Deutschland immer noch in einem Verteidigungsbündnis gemeinsam mit Ländern wie Polen, Ungarn und Türkei befindet, die von Despoten regiert werden und dessen NATO-Einsätze ausnahmslos die USA leiten? USA ist übrigens das Land, in dem ein Donald Trump Präsident werden konnte - ein Mann, vor dem hier jeder anständige Familienvater seine Töchter verstecken würde.

                        • @Suryo:

                          Adorno hat irgendwo davor gewarnt, ssich vom Jargon das Denken abnehmen zu lassen - es täte der Diskussion um Russland ganz gut, sich das zu Herzen zu nehmen: es geht nicht darum, sich "Putin anzubiedern", sondern um bessere Verhältnisse zu einem wichtigen und nahegelegenen Staat - demgegenüber man sich auch aus historischen Gründen mit einer allzu polternden Rhetorik zurückhalten sollte.



                          Im übrigen ist auch ihre Einschätzung falsche: der Konfrontationskurs mit Russland ist in Europa keineswegs unumstritten; in Frankreich und Italien sieht man das z.B. ganz anders.



                          Sie sehen: die Welt ist besteht nicht nur aus Schwarz und Weiß. Auf diese Komplexität sollte man sich allerdings einlassen.

                          • @O.F.:

                            Russland sollte sich aus historischen Gründen mal mit seiner extremen Hetze gegen zB die baltischen Staaten und die Ukraine zurückhalten.

                            Nochmal: unsere typisch westliche Selbstkritik wird in Russland keineswegs wohlwollend registriert und löst ähnliche Reflexion aus, sondern sie wird als Schwäche wahrgenommen. Auf unsere Selbstkritik folgt einfach keine russische, auf unsere Versöhnlichkeit folgt keine russische.

                            Gibt es in der Duma eigentlich eine "Westen-Versteher-Partei"? Nein, natürlich nicht. Es gibt überhaupt keine Westenversteher in maßgeblicher Position in Russland.

                            • @Suryo:

                              Das ist eine unangenehme Mischung aus Klischees und Unkenntnis, die leider allzu gut in unsere Zeit passt: man wickelt seinen an finstere Traditionen anknüpfenden Hass in liberale Windeln, um ihn umso schamloser herausbrüllen zu können. Russland ist ja nun wirklich keine terra incognita - man kann sich differenziert und umfassend über dieses Land, seine Geschichte und seine Politik informieren - und sollte das vielleicht auch machen, bevor man wild lospolemisiert.

                              • @O.F.:

                                Was genau gibt es am Krieg gegen die Ukraine zu differenzieren? Was genau am Bestens untersuchten Informationskrieg gegen uns? Was genau gibt es an Salisbury zu differenzieren?

                                • @Suryo:

                                  Ein kleiner Denkanstoß: es ist keine besonders kluge Strategie, Konflikte so lange zu vereinfachen, bis keine Nuancen mehr sichtbar sind und dann zu behaupten, es gäbe nichts zu differenzieren. Aber da Sie an einer sachlichen Analyse sichtbar nicht interessiert sind, sehe ich keinen Grund, diese Diskussion fortzusetzen.

                                  • @O.F.:

                                    Und nochmal: was gibt es am Krieg gegen die Ukraine zu differenzieren? Wo sind da die Nuancen, die hier keiner begreift?

                                  • @O.F.:

                                    Das ist EXAKT das, was Russland tut.

                                    Und eine große Zahl in der LINKEN folgt ihm dabei. NATO böse, Russland Opfer.

                                    • @Suryo:

                                      Sie haben hier zwar immer noch kein einziges brauchbares Argument, tun aber dafür umso hartnäckiger so, als hätten Sie eines. Das ist wirklich tragisch.

  • These: Die SPD soll zu links geworden sein.

    Nein, das stimmt so nicht. Doch anstatt eines ausufernden Wall of Text, schreibe ich nur einen Begriff hin, den die SPD gerne unterstützt: Neoliberalismus.

  • Für mich ist einer der Hauptgründe, dass die Linken medial verbrannt sind. Seit Jahrzenten wird ausschließlich negativ üner die Linken berichtet (teils zu recht sehr oft aber auch zu Unrecht). Das hinterlässt bei vielen das Gefühl Linke = igitt.

    Das kann man selber auch leicht feststellen, indem man die Leute dann mal fragt, was genau an den Linken igitt sei. Da kommt ganz selten mal was substantielles, sondern nur igendwelches Framing ala "Putin Anhänger" - "Eigentlich sind die rechts" - "Die wollen alle enteignen" usw. Also Behauptungen die sich durch nichts belegen lassen.

    Ein Phänomen was man auch bei SW feststellen kann. Da heisst es "Die ist rechts und will das Asylrecht abschaffen."

    So lange die Linken nicht eine Gegenöffentlichkeit aufbauen (wie damals Brand) und von diesem Image wegkommen, werden sie immer um 4,9 - 7 % bleiben.

    • @Frank Fischer:

      Natürlich steuern rechte und neoliberale Medien ganz klar gegen die Linkspartei, das ist doch allerseits bekannt. Die Frage ist doch, wie die Linkspartei gedenkt damit umzugehen ?

      Es mangelt an Strategie, rethorischem Gespür und an der passenden Darstellung. Frage: wenn sich die Linke bewusst darüber ist, das Teile der Medien mit vollem Rohr gegen sie schießen. Kann sich die Linkspartei dann so schlechte Plakate leisten, wie sie es tut? Müsste die Selbstdarstellung dann nicht die Werbeplakate eines Lindners übertreffen, um einen Ausgleich zum Framing zu schaffen?



      Warum war niemand argumentativ auf das geforderte Nato-Bekenntnis von Scholz vorbereitet und warum wirkten alle so hilflos?

      • @Alfonso Albertus:

        Volle Zustimmung. Wenn man sich derart im medialen Kreuzfeuer befindet, muss selbst die kleinste Kleinigkeit (wie Plakate) stimmen. Und es gibt da extrem viel Luft nach oben für die Linken.

    • @Frank Fischer:

      Ich kann mich noch gut an die Zeiten erinnern, als Sahra Wagenknecht medial immer als ultralinkes Schreckgespenst dargestellt wurde. Dem Rechtsdreher Hans-Georg Maaßen ist es als Verfassungsschutzpräsident dann gelungen, der ebenso sinnfreien, wie geschichtsvergessenen Hufeisentheorie zum breiteren Durchbruch zu verhelfen. Seitdem versucht insbesondere die AfD immer wieder Sahra Wagenknecht als eine der ihren zu verkaufen. Bei Leuten, denen Differenzierungen ohnehin nur lästig sind, ist das auf durchaus fruchtbaren Boden gefallen.

  • Hat irgendjemand kritische oder gar böse Worte vernommen aus der Linkspartei, die vermuten lassen, dass die Wahlergebnisse kritisch beäugt werden?

    Ich nicht. Da passiert nichts. Die Partei ist verstummt, bereits am ableben.

    • @Rudolf Fissner:

      Dann könnten Sie doch ihre Kampfhandlungen jetzt eigentlich mal einstellen - oder?

  • Wer ist schuld an der Misere?



    Ganz sicher nicht die Wähler. Die Linke hat doch wirklich alles getan um auch die letzten Wähler zu vergraulen.



    Wieso sollte man eine Partei wählen, die innerlich derart zerstritten ist, dass kein Wähler mehr weiß, was er da eigentlich wählt.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Will die Linke gewählt werden muss sie Wagenknecht Anhänger und Gegner vereinen können, das ist wie bei der Union da muss der Chef die Merkelaner genauso mitnehmen wie jene die Maaßen toll finden.

    Am wichtigsten ist aber die arbeitende Bevölkerung anzusprechen, ja es gibt Millionen Arme aber von denen können viele nicht wählen und von denen die wählen können, wählen viele nicht. Wahlen werden in Deutschland nunmal in der Mitte gewonnen, und ja das kann man jetzt beklagen und beweinen, aber in Daueropposition überlebt die Linke nicht, noch so eine Wahl und sie schrumpft zur Ost-Lokalpartei und in ein paar Jahrzehnten selbst dort weg. Man muss dem Wähler hinter-laufen ohne die eigenen Werte komplett zu verraten und man muss regieren wollen.



    Das die Linkspartei sich überhaupt angreifbar macht mit eigenen außenpolitischen Positionen ist doch schon Unsinn und lässt viele Wähler sie nicht ernst nehmen, selbst wenn es für RGR gereicht hätte, mit 5% hätte die Linkspartei bei der Außenpolitik nichts zu melden gehabt. Stattdessen sollte sie sich auf Sozialpolitik und Entlastung der unteren Mittelschicht konzentrieren, da nehmen sie die Wähler ernst, da hat sie Kompetenzen.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Das sehe ich sehr ähnlich. Ein guter Kommentar!

  • „schwarz-weiß-rot“ auf Plakaten ist eigentlich für Linke ein NoGo. Das sind die Farben des Kaiserreichs und auch der NS-Zeit wenn ich mich nicht irre.

    • @Der Cleo Patra:

      Es ist - nüchtern betrachtet - vor allem eine Kombination mit ausnehmend guter Signalwirkung. Ich für meinen Teil sehe keinen Anlass, irgendwelchen Rechtsaußen das Monopol auf so ein Marketing-Schätzchen zu überlassen.

      Insofern: Besser schön häufig außerhalb der rechten Szene einsetzen - insbesondere GEGEN Rechts. :-)

    • @Der Cleo Patra:

      Naja, sind aber auch schon die Farben der Antifa-Flagge.

    • @Der Cleo Patra:

      Es sind auch die Farben der Antifa, und nun?

    • @Der Cleo Patra:

      Yep, diese Farben gehören standrechtlich verboten!!11!1!!

  • "Dass diese sich mitunter widersprechen: Das ist Dialektik."

    Der Artikel nennt wieder nur den Namen Wagenknecht und sonst niemanden der widerspricht. Gibt es da keine Personen, die den Mund aufmachen oder sind das Quellen die der Autor nicht nennen will (ROFL) ?

    Mich interessieren nicht die Meinungen von kommentierenden taz-Authoren. Ich möchte zunächst erstmal informiert werden.

  • Wo bitte soll denn die SPD „einfach zu links geworden“ sein? Das lässt sich konkret doch durch gar nichts belegen und viele, die deshalb die SPD gewählt haben, werden schon sehr bald merken, dass sie es da tatsächlich nur mit einer hellrot übertünchten CDU zu tun haben. Olaf Scholz ist doch froh und dankbar für jeden Koalitionspartner, von dem keine linke Politik zu befürchten ist. Wer linke Politik will, muss auch Die Linke wählen, sonst wird das hier nämlich nie was. Viele - auch ehemalige Wähler von Die Linke - wollten einfach nur die CDU aus der Regierung schmeißen. Das ist soweit gelungen, bringt aber leider noch lange keine linke Politik auf den Plan.

    • @Rainer B.:

      Wenn Linke Politik glaubhaft werden will, akzeptiert werden! , dann muss sie sich von der menschenverachtenden Politik der SED glaubhaft in Wort und Tat distanzieren

      • @ JFK:

        Das hat sie bereits mehrfach gemacht, wurde aber bislang - wie man auch an Ihrem Beitrag hier sieht - immer noch nicht zur Kenntnis genommen.

        www.die-linke.de/p...er-uns/geschichte/

    • @Rainer B.:

      Kühnert und Esken könnten auch in der Linken sein, so mal als Beispiel.

      Deshalb mussten sie auch während des Wahlkampfes den Mund halten.

      Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen: Wer die Linke wählt, bekommt noch lange keine linke Politik.

      Aber eine spannende Show wird geboten:

      Eine Regierungspartei, die nicht an den Wandel im Parlament glaubt, eine Regierungspartei, die sich für Opposition hält, eine Regierungspartei, die den Schwanz einklemmt, wenn sie bestimmte Ressorts ünernehmen soll, ....

      • @rero:

        Ein Kevin Kühnert und eine Saskia Esken können doch auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die SPD im Kern eine eher konservative Partei ist, die in den letzten Jahrzehnten eigentlich nur damit beschäftigt war, die unsoziale Gesetzgebung, für die sie selbst federführend war, wieder mehr schlecht als recht einzufangen. Links ist das alles sicher nicht.

  • Warum sollte jemand eine Partei wählen, die im Übermass deutlich gemacht hat, dass sie gar nicht regieren will?

    Um seine Stimme zu versenken gab es bei dieser Wahl doch sehr viel originellere Angebote als die verstaubte Linkspartei.

    • @flip flop:

      Wie kommen Sie auf diese absurde Idee? Die Linke war und ist nicht nur an verschiedenen Länderregierungen beteiligt, sondern hat auch sehr offen ihre Interesse an RRG im Bund signalisiert. Ihr den Regierungswillen abzusprechen, ist schlichtweg falsch.

      • @O.F.:

        ...nur hat sie sich wie üblich positioniert wie das rote Pendant zu Franz-Josef "Mir doch egal, wer unter mir Kanzler wird." Strauß. Wenn man von vornherein klarstellt, dass man als kleinster Koalitionär von den beiden potenziellen linken Mitregierern mehr Unmöglichkeiten verlangen wird als selbst die FDP, dann ist das ein eher zweifelhafter Ausdruck von Regierungswillen.

        • @Normalo:

          Auch hier: Wie kommen Sie darauf? Die Linke hatte keine besonderen Bedinungen gestellt (eher zu wenige, dem ein oder anderen Wähler dürfte ihr Entgegenkommen zu opportunistisch gewesen sein). Es lohnt sich manchmal darauf zu achten, was Die Linke tatsächlich tut und sagt, statt nur mediale Zerrbilder zu reproduzieren.



          Die "Unmöglichkeiten", die die Linke angeblich gefordert hat, gab es schlicht und ergreifend nicht.

  • Ich stimme diesem Artikel weitestgehend zu. Vorallem die Plakate der Linkspartei sind ein Graus.

    Punkt drei sehe ich allerdings anders. Deutschland ist ein urbanes Land und Wahlen werden nicht in der sächsischen Schweiz entschieden.



    Es gibt genug sogenannte Lifestyle-Linke die irgendwas mit Medien machen und sozialistischen Ideen zumindest tendenziell offen gegenüberstehen.



    Die werden von Ostalgie, Putin-Fanclubs und hemdsärmligen Plakaten aus dem letzten Jahrtausend abgeschreckt.

    Desweiteren schielt die Linkspartei schon seit ihrer Existenz auf die Wähler/innen die in prekären Verhältnissen leben. Die Botschaft ist angekommen, überzeugt aber nicht.







    Die linksblinkende SPD spricht dagegen ganz gezielt erstmal die Mittelschicht an und vermittelte zumindest scheinbar das Bild, das der Mittelschicht finanziell geholfen wird, wenn hohe Einkommen von Topverdienern besteuert werden.



    Die Linkspartei verspricht zwar das Selbe, wirkt dabei aber zu sehr wie eine monothematische Vertretung der Armen.



    Selbst wenn jede Achte Person laut Statistik arm, oder armutsgefährdet ist und sich diese Menschen allesamt entschließen sollten die Linkspartei zu wählen (was vollkommen utopisch ist), dann gibt es trotzdem kein Angebot für die restlichen sechzig Prozent der Wählerschaft.



    Deutschland geht es einfach zu gut um mit dem Thema Armut allein zu punkten.

    Das unterscheidet die sogenannten Volksparteien von Themenparteien. Ein breites Angebot und ein Gesellschaftsbild was vermittelt wird.

    • @Alfonso Albertus:

      Deutschland und urban? Dann wären die CDU (und zum Teil auch die AfD) nur von wenig Relevanz. Die Wahlen werden in der Provinz entschieden, in Käffern, Dörfern, dort wie die Agrarwirtschaft sitzt und man zur Not gut mit Antikommunismus punkten kann, wenn Ungemach (konventionelle Landwirtschaft auf links (sic!) drehen) droht.

      • @Tenderloin:

        Deutschland ist eine urbanisierte Gesellschaft, dazu gibt es Statistiken. Genau genommen liegt die Wahrheit in der Mitte, denn prozentual leben die meisten Menschen in mittelgroßen Städten zwischen siebzig und hunderttausend Menschen.

        Allerdings wohnen mehr Menschen in Großstädten mit über einer halben Millionen Einwohnern, als in Dörfern und Kleinstädten. Die Tendenz geht seit Jahrzehnten in diese Richtung, auch wenn Corona vorübergehend diesen Trend ausbremst und eine minimale Stadtflucht in den letzten zwei Jahren zu verzeichnen war.

        Wenn die Wahlen in der Provinz entschieden werden, warum regiert die CDU dann gerade nicht? -genau, eben! Weil sie in Städten nichts mehr zu melden hat.



        Was ist denn wieder mit der AFD? Die AFD hat ebenso Stimmen verloren. Da können sie die ganze ostdeutsche Provinz einnehmen, das ändert nicht das Wahlergebnis.

        • @Alfonso Albertus:

          Nur sind beileibe nicht alle Stadtbewohner für die Linkspartei in Betracht kommende Lifestyle-Linke, aber schon in den Mittelstädten sucht man sie völlig vergebens. Das ändert dann wieder etwas an der statistischen Gewichtung.

          • @Normalo:

            Was ist dieses "Lifestyle-links" dingsbums eigentlich? Ganz grob zusammengefasst zählt dazu thematisch eigentlich alles, was die CDU/AFD im gesellschaftspolitischen Sinne als Lifestyle ablehnt.

            • @Alfonso Albertus:

              Das kann man auch positiv definieren (dann klingt es nicht so hässlich feindbildgesteuert): Gemeint ist eine selbstdefiniert "linke" Politik, die ihr Augenmerk eher auf die ideelle Gleichstellung von Menschen, insbesondere Mitgliedern von (häufig ebenfalls ideellen) Randgruppen, unabhängig von deren wirtschaftlichem Status, legt als auf die klassische, materlialistisch zentrierte "Verbesserung der Produktionsverhältnisse", also die generelle, un-woke Bekämpfung wirtschaftlicher Ungleichheit.

              Um ein wenig in den Feindbildern zu wildern: Vergleichen Sie es mit dem wirtschaftsliberalen ("Westerwelle-") und dem eher bürgerrechtlich fokussierten ("Leutheuser-Schnarrenberger"-) Flügel der FDP. Letztere könnte man die "Lifestyle-Liberalen" nennen...

  • Alles richtig.

    Hinz kommt eine scheinbar zwanghaft notorische innere Zerstrittenheit. Lagerdenken, den Feind zuerst unter Freunden suchen.

    Nirgendwo scheinen sich unterschiedliche Strömungen so spinnefeind und können sich nicht auf ein gemeinsames höheres Ziel einigen. Nirgendwo hör ich soviele verächtliche Bezeichnungen innerhalb eines vermeintlichen Lagers.

    Salonlinke, Betonkommunisten, Lifestyle-Linke, Interventionalisten, Antiimps. Dazu noch die identitären Hardliner, die große Teile der linken Kernklientels absprechen unterprivilegiert zu sein.

    Und eins noch. Kann man auch unter genau solchen Artikeln immer wieder gut nachlesen. Schuld sind im Zweifel immer die Anderen. Die SPD, die Presse, der Kapitalismus, die konservative Propaganda und die dummen Wähler.

    Alles in allem zuviel Kindergarten, um glaubwürd und erfolgreich zu sein. Leider.

  • Meine vier Gründe für das schlechte Abschneiden der Linken:



    1. Umverteilungspolitik zugunsten einer Wählergruppe, die sie längst an die AfD verloren hat



    2. Unter Putins Pantoffel scheint keine Sonne



    3. Antikapitalistische Hidden Agenda unter dem Deckmantel des Klimaschutzes



    4. Identitätspolitisches Kasperltheater, das Likes in asozialen Netzwerken bringt, aber keine Wählerstimmen

  • :-)

    Ja, Smiley, obwohl ich das eigentlich nicht zum Lachen finde. Wir brauchen eine starke Linke.

    Ein Punkt ad (3):

    "Die Linke, das zeigten Wahlanalysen, wurde unterdurchschnittlich von Arbeitern gewählt"

    Arbeiter [0]? Die "Arbeiter" bei uns, die sind bei Tönnies oder fahren für EUR300/Monat Brummi, teilweise illegal. Die dürfen alle nicht hier wählen. Wie praktisch aber auch (in den US muss mensch zu anderen Tricks greifen, die aber auch klappen).

    Ach, Sie meinen die bei VW am Band? Das sind Konservative.

    Ich sehe viel an diesem Ergebnis auch als ein Erfolg der Propaganda. Kommunismus = bähbäh, Linke = Kommunismus. Da müsste mensch eher ansetzen.

    [0] Hier bewusst nicht gegendert: zum einen als Zitat, zum anderen wegen des altertümlichen Geruchs.



    [1] taz.de/Verdi-Leite...-Fahrern/!5808305/

    • @tomás zerolo:

      Linke finden den bisherigen Kommunismus nahezu durchgehend nicht nur "bäh", sondern - man denke nur an Väterchen "Frost" Stalin - übelst und tödlich.

      Oder haben Sie irgendeine Form von Kommunismus auf Lager, die heute noch von Linken hochgejubelt wird.

  • Man kann es auch sehen: Nur ca 30% (Linke + SPD) der Wähler haben überhaupt links gewählt. (Die Grünen rechne ich Mal der "Mitte" zu)



    Daraus kann ich nicht ableiten, dass die Gesellschaft linke Ideen umgesetzt haben will.



    Andrerseits stimmt eine Mehrheit für Enteignen und findet die höhere Besteuerung Vermögender gut.



    Warum weiß der Wähler nicht, was er will?

    • @Nansen:

      Also ich bastele mir meine Linke aus Grüne, Spd und LP zusammen und die Wahlergebnisse haben gezeigt, dass zwar eine Linke Politik gewollt ist, nicht aber mit dem Geschmäkle LP

    • @Nansen:

      Eine Mehrheit fürs Enteignen kriegt man aber auch nur in Berlin.

      • @Ruediger:

        In Berlin wohnen 3.8 Millionen Menschen, also beinahe so viele wie in Sachsen. Wo wir von Sachsen sprechen. In Leipzig würde das Ergebnis wohl noch deutlicher ausfallen.

        Berlin wird im guten wie schlechten ständig als absolute Ausnahme hingestellt. Es gibt acht! Bundesländer mit geringerer Einwohnerzahl als Berlin. Die rechte Erzählung vom "wahren Deutschland" vs der Großstadt-Bubble ist auch irgendwann mal zu Ende erzählt.



        Pflichtschuldig erzählen sich das auch die selbstkritischen Linken in anderen deutschen Großstädten.



        Selbstkritik ist gut und angebracht, wenn nicht die Fakten ausgeblendet werden.

    • @Nansen:

      Die Grünen sind von ihrem Wahlprogramm her genauso links wie die SPD. Es interessiert die Grünen halt nicht sonderlich, was davon am Ende umgesetzt wird.

      In Berlin wurde gerade für die Enteignung von Immobilienkonzernen gestimmt. Linke Ideen sind also zum Teil durchaus mehrheitsfähig, wenn sie nicht von der Linkspartei alleine kommen. Also scheint das Problem in der Wahrnehmung der Partei zu liegen.

      Es gibt nur diese Wählerschaft, eine andere haben wir nicht. Also sollte gelernt werden mit diesen Wähler/innen richtig umzugehen.

      Eine Wählerschaft-Analyse ohne Scheuklappen wäre dringend nötig. Die AFD ist zwar leider vorhanden, aber nicht so stark wie andere rechte Parteien im europäischen Ausland. Gleichzeitig sind linksrevolutionäre Ideen nicht angesagt.

      Die deutsche Wählerschaft wähnt sich auf einem wackeligen Schiff im stürmischen Ozean und will nicht das Risiko eingehen, das bisschen Wohlstand und Komfort für riskante Manöver zu verlieren. Also lieber weiter geradeaus. Konservativ hat trotzdem verloren, denn zurück geht es nicht mehr. Auch das haben viele deutsche Wähler/innen begriffen.

      Was bleibt also anderes übrig als die Wähler/innen abzuholen? Vielleicht auch mal mit praktischen Ideen anstelle der großen Ideologie? Wenn die Grünen mit dem Ausbau von Fahrradwegen Kommunalwahlen gewinnen können, dann sollte sich doch auch für die Linkspartei etwas lebensnahes finden lassen, was überzeugt.

  • "weil sich ihre [i.e. Wagenknechts] Gesellschaftsanalyse als falsch erwiesen hat"



    Jein, das stimmt schon, aber vielleicht nicht aus dem Grund, den der Artikel nennt: es stimmt zwar, dass die direkte Wählerwanderung von der Linken zur AfD relativ gering war, das Problem bleibt aber, dass die AfD in eben den Milieus, die eigentlich zur Linken tendieren sollten - die Arbeiter, kleinen Angestellten, Arbeitslosen, eben das untere Drittel der Gesellschaft, für das die Politik nur einen Sack voll Steine übrig hat - äußert erfolgreich ist (ein Phänomen, das man analog auch in anderen Ländern beobachten kann). Wagenknecht hat also durchaus recht, wenn Sie hier sieht, dass rechte Parteien hier der politischen Linken die Basis entziehen; nur sind Wagenknechts Antworten oft zu simpel, zu klischeebeladen (zu urbanen Akademikern gehören bekanntlich nicht nur Richter und Professoren, sondern auch Grundschullehrer und SozPäds...). Im Grunde muss man Wagenknecht und verschiedenen linksliberalen Identitätspolitiken denselben Vorwurf machen: indem sie alle eher gefühlt-kulturelle Bruchlinien ins Zentrum rücken, machen Sie blind für den grundsätzlichen Antagonismus, um den sich linke Politik drehen sollte: dem zwischen einer kleinen Kaste Superreicher und einem Großteil der Bevölkerung, der immer mehr auf der Strecke bleibt.

  • „Die Linke, das zeigten Wahlanalysen, wurde unterdurchschnittlich von Arbeitern gewählt.“ Traurig, aber kein neues Phänomen, Arbeiter wählen schon lang, wenn nicht mehrheitlich, so doch zu großen Teilen CDU/CSU, Facharbeiter gern auch die FDP. Dass die sogenannten Prekären mitunter ganz nach rechts schwenken hat wenig mit der Sozialagenda der Parteien zu tun, (kein rein deutsches Phänomen) die NSDAP war übrigens nicht nur dem Namen nach eine Arbeiterpartei. Wer mit Bild und anderen niederträchtigen Krawallmedien sozialisiert wird, holt sich von dort für seine beschissene Lage bereitwillig die präsentierten Sündenböcke.

    • @guzman:

      Ihre Unterstellung, die NSDAP wäre eine Arbeiterpartei gewesen, sollten Sie lieber an Hand der historischen Wahlergebnisse bis 1933 noch einmal überprüfen und korrigieren. Sie ist schlicht und ergreifend falsch! Das Gegenteil war der Fall! Bis zu den letzten freien Wahlen 1933 hatte die NSDAP nie eine Mehrheit im Arbeiter-Milieu und auch allgemein nicht holen können.



      Kein Wunder dass als erste Massnahmen 1933 die freien Gewerkschaften und die KPD verboten wurden. Wenig später folgte dann das Verbot



      der SPD. Damit war dann das Verbot und die Verfolgung arbeitertypischer Vereinigungen, welche ja auch die potentesten Widersacher der Nazis waren, komplett.



      Die NSDAP als Arbeiterpartei zu bezeichnen entspricht weder ihrer Mitgliederstruktur noch ihren politischen Zielen und auch nicht ihrer Wählerstrukturen. - Sorry, aber soviel an politischer Bildung ist einfach Pflicht!

    • @guzman:

      Forderungen wie "Hartz 4 abschaffen" zielen auf diejenigen, die nicht arbeiten (können oder wollen), während diejenigen, die arbeiten, das, was stattdessen kommt, mit ihrer Arbeit finanzieren müssen. Eine Linke, die sich als Partei der Nichtarbeitenden begreift, wird von denen, die mit ihrer Arbeit das Geld verdienen natürlich nicht gewählt.

      • @Ruediger:

        Lesen sie sich mal die Untersuchung der Wahlprogramme der Parteien zur Bundestagswahl hinsichtlich ihrer Finanz-und Wirtschaftspolitik vom ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung durch. Das Programm von "Die Linke" hat dort am besten abgeschnitten. Dort wird auch deutlich das die Linke keine Partei nur für Arbeitslose ist. Die Arbeitnehmer bis 100.000 Jahreseinkommen währen entlastet worden. Am stärksten hätten die Geringverdiener davon profitiert. Die Staateinnahmen würden steigen weil die Wirtschaft und das Kapital mehr herangezogen würden und auch nicht mehr so viel Unsinn subventioniert werden würde. Sie quatschen nur den ideologischen Blödsinn der der anderen Parteien nach, ohne sich die Mühe zu machen sich selbst zu informieren. Die FDP würde das größte Loch in den Haushalt reisen. Das ZEW ist eines der renommiertesten. Wirtschaftsforschungs-Institute Europas. Gerade die Parteien die meinen sie könnten am besten Finanzen und Wirtschaft schneiden am schlechtesten ab.

      • @Ruediger:

        Nun ja, das ist grob vereinfacht: denn abgesehen davon, dass die Abschaffung von Hartz IV ja nur eine von verschiedenen Forderungen der Linken ist, haben auch Arbeitnehmer, die in Amt und Würden sind, ein Interesse an einem soliden, nicht allzu repressiven Fürsorgesystem - denn erstens bedeutet es zusätzliche Absicherung gerade im prekären Bereich, zum anderen stärkt es die Position der Arbeitnehmer - denn diese werden umso erpressbarer, je tiefer sie fallen können. Es ist ja nicht so, dass sich Gewerkschaftler etc. von der Linken abgewandt haben, weil sie Hartz IV so dufte finden...

        • @O.F.:

          Die für Arbeitnehmer relevante Absicherung ist ALG1, nicht oder nicht so sehr ALG2. Wer arbeitet möchte im Allgemeinen nicht ein System, dass anderen Nicht-Arbeiten finanziert, das entspricht nicht dem Gerechtigkeitsempfinden arbeitender Menschen.

          Die SPD spricht mit Mindestlohn, Ablehnung eines höheren Renteneintritts, der Forderung nach einem Verbot sachgrundloser Befristung und anderem die Bedürfnisse von Arbeitnehmern (und auch vorübergehend Arbeitsloser) einfach präziser an.

          • @Ruediger:

            1. Gerade für ältere Arbeitnehmer bzw. für Arbeiter im prekären Bereich ist ALG2 eine wichtige Absicherung.



            2. Die Aussage, man würde mit ALG2 "Nicht-Arbeiten" finanzieren, ist ekelerregend zynisch: man ermöglicht Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt abgehängt wurden, damit ein menschenwürdiges Dasein (Art. 1 GG!). Sozialdarwinisten, die daran Anstoß nehmen, sind für linke Politik - egal ob in der Linken oder der SPD - ohnehin nicht ansprechbar.



            3. Ihr Stimmungsbild ist falsch; wie ich noch bereits erklärt habe, hat Hartz IV gerade nicht für Begeistungen auf Arbeitnehmerseite gesorgt, im Gegenteil - der Widerstand auch der Gewerkschaften war massiv.

            • @O.F.:

              Das mag ja ihre Sichtweise sein, aber viele Arbeitnehmer sehen das wohl anders, wie man am Wahlergebnis der Linken sieht (was ein besserer Indikator ist, als Äußerungen von Gewerkschaftsfunktionären).



              Das gewünschte Ziel vieler hart arbeitender Menschen ist eben nicht, prekär Beschäftigte bei künftiger Arbeitslosigkeit besser abzusichern, sondern sie in weniger prekäre (unbefristete, ordentlich bezahlte) zu bringen, und es ist nicht, Menschen, die vom Arbeitsmarkt angehängt sind mit einer mehr oder weniger großen Alimentation dort zu belassen, sondern sie wieder fit für den Arbeitsmarkt zu machen, vielleicht auch Arbeitsplätze anzubieten, die sie bewältigen können. Das hängt natürlich von der Eigeninitiative der Betroffenen ab, da sind aber auch Politik und Wirtschaft gefragt - die konstruktiven Antworten der Linkspartei sehe ich hier derzeit nicht.

              • @Ruediger:

                P.S. Ihre besten Wahlergebnisse hatte die Linke als sie noch primär als Anti-Hartz IV-Partei aufgetreten ist.... schon allein das widerlegt Ihre These.

              • @Ruediger:

                1. Sie zeihen hier einen falschen Schluss: für das schlechte Wahlergebnis sind vielseitig (einige davon können Sie oben lesen, die Liste liesse sich fortsetzen). Hart IV hat in diesem Wahlkampf nicht einmal eine besondere Rolle gespielt; für Ihre Behauptung, Arbeitnehmer hätten die Linke ihre Stimme deshalb verweigert, fehlt jeder Beleg.



                2. Ich finde Ihr Bild von Arbeitslosen ressentimentbehaftet und im Kern sozialdarwinistisch - aber jenseits solcher moralischer Abgründe ist es auch zu kurz gedacht (bei Vokabeln wie "Allimentation" wird mir schlecht - Ihnen ist klar, dass es einen Zusammenhang zwischen Mindestsätzen und Art. 1 GG gibt); denn abgesehen davon, dass ich Ihnen ja bereits erklärt habe, wieso ein hoher Hartz IV-Satz im Interesse der Arbeitnehmer liegt, können Sie gerne einen Blick auf Staaten ohne soziale Sicherungssysteme werfen... Sozialdarwinismus alla FDP/AfD kann man sich als Besserverdiener in der Gated Community leisten, nicht als Durchschnittsarbeitnehmer.

  • 😉...eine dezidierte Analyse wer die Linke wählen könnte - jenseits der ideologischen Phrasen - wäre interessant. Studienmaterial gäbe es hinreichend - z.B. der Niedergang im Osten...

    • @alterego:

      Ideologie sind immer nur die anderen?