Camp gegen Massentierhaltung in Vechta: Schikanen gegen Protestierende
Im Landkreis Vechta wird Protest gegen die Massentierhaltung erschwert. Aktivisten beklagen Schikanen durch das Unternehmen PHW.
Das Unternehmen, zu dem unter anderem die Marken Wiesenhoff und Bruzzzler gehören, will sich so offenbar vor Angreifern aus dem Camp schützen, das Gegner der Massentierhaltung am Montag im nahen Goldenstedt errichtet haben. Bis zum Freitag wollen mehrere Hundert überwiegend junge Leute dort mit Workshops und Aktionen gegen Tiermäster, Futtermittelwerke und die Schlachtindustrie protestieren. Der Kreis Vechta ist eines der Zentren der Massentierhaltung. Mehr als 12 Millionen Tiere leben hier in industriellen Zucht- und Mastanlagen.
Protest dagegen ist in der Region offenbar unerwünscht. Rechtssicherheit für das Protestcamp gab es erst am Wochenende durch ein Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts. Der Landkreis Vechta hatte das Zeltlager verboten, es sei nicht durch das Versammlungsrecht gedeckt. Die Tierschützer klagten dagegen – mit Erfolg.
Dennoch erließ die Kreisverwaltung harte Auflagen. Neben einer Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 Euro für eventuelle Schäden mussten die Aktivisten eine strenge Überprüfung der Aufbauten und der sanitären Anlagen hinnehmen.
Viele leben von Massentierhaltung
Für Franziska Klein vom Bündnis Gemeinsam gegen die Tierindustrie sind das „Schikanen“. Kreisbedienstete hätten zudem das in einem Landschaftsschutzgebiet liegende Gelände fotografiert. Dabei hätten die Veranstalter das Camp ursprünglich woanders errichten wollen. Im Schutzgebiet werde das Parken und damit der Protest erschwert, klagt das Bündnis.
In der Region leben viele von der Massentierhaltung, auch PHW beschäftigt viele Menschen. Während der Konzern selbst Anfragen von Journalisten unbeantwortet lässt, äußerte sich ein namentlich nicht genannter Landwirt im NDR. Da werde viel Steuergeld verprasst, weil die Polizei die Zuchtbetriebe vor militanten Tierschützern schützen müsse, sagte er.
Das Protestbündnis weist das zurück. Es seien keine Aktionen geplant, bei denen Menschen oder Tiere zu Schaden kommen könnten. Auch die Polizei bezeichnete entsprechende Vorwürfe von Landwirten als Spekulation. Bislang sei im und um das Camp alles friedlich, sagte eine Sprecherin. „Konzerne wie PHW befeuern die Klimakrise, sorgen für gigantisches Tierleid und beuten Arbeiter*innen aus“, sagt Franziska Klein – und lädt Interessierte zum Besuch ein. „Unser Protestcamp bietet die Möglichkeit, sich zu diesen Themen zu informieren und Lösungen zu diskutieren.“
Gegen eine geplante Schweinemastanlage
Am Dienstagnachmittag erwartete das Camp Unterstützung durch eine Fahrraddemo aus der Stadt Lohne. Um zwölf Uhr mittags zog eine „Dauermahnwache“ am Goldenstedter Bahnhof auf. Für die nächsten Tage hat das Bündnis eine „Massenaktion“ gegen PHW angekündigt.
Bereits am Samstag hatten Protestierende aus der Tierbefreiungsbewegung per Fahrraddemo gegen eine geplante Schweinemastanlage demonstriert, die im gut 100 Kilometer südlich gelegenen Münster-Hiltrup neben einem Natur- und Wasserschutzgebiet errichtet werden soll. Der Stadtrat hatte dem Bau zugestimmt, obwohl über 6.000 Unterschriften dagegen vorlagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen