Brandanschlag auf Protestcamp: Wohin das Zündeln führt

Der Anschlag auf ein Protestcamp gegen den Krieg in Gaza hat kaum Empörung ausgelöst. Dabei sind Ressentiments gegen Muslime weit verbreitet.

Palästinensische Fahnen hängen vor dem Münchner Uni-Gelände

Der Ort des Geschehens vor der Münchner Uni Foto: Sven Hoppe /dpa

Die Reaktionen auf den Brandanschlag in München sind überschaubar. Kaum ein Wort der Empörung, nur wenig Betroffenheit. Es scheint, als würden Politik und Medien gerne rasch wieder zur Tagesordnung übergehen. Das wäre falsch.

Seit Mai gibt es in München nahe der Universität ein Protestcamp, um ­gegen den andauernden Krieg im Gaza­streifen zu protestieren – dieses Recht mussten sich die Teilnehmer vor Gericht erstreiten. Mehrfach wurden sie dort von einem jungen Mann bedroht, der nun zur Tat griff. Er übergoss Aufsteller, Plakate und Fahnen vor dem Camp mit Benzin und zündete sie an. Ein Video der Tat, das im Netz kursiert, zeigt, wie schnell sich die Stichflammen ausbreiten. Verletzt wurde zum Glück niemand, denn den Camp-Bewohner:innen gelang es, noch vor Eintreffen der Feuerwehr die Flammen mit einem Feuerlöscher zu löschen.

Erst vor einer guten Woche verletzte ein anderer Mann in München zwei junge Männer, einen 18- und einen 25-Jährigen, auf offener Straße mit Messerstichen in Hals und Oberkörper. Die Polizei geht – wie im Fall des Brandstifters jetzt – von einer „muslimfeindlichen Gesinnung“ des Täters aus. Doch auch da blieb die öffentliche Empörung aus. Über München hinaus hat der Fall kaum Aufsehen erregt.

Ressentiments gegen Muslime sind in Deutschland sehr weit verbreitet, links wie rechts. Für manche bietet der Krieg in Gaza einen willkommenen Anlass, ihrem antimuslimischen Rassismus freien Lauf zu lassen. Das zeigt sich nicht nur an den Kommentaren mancher Kolumnisten in Leitmedien und den vielen menschenverachtenden Kommentaren im Netz. Auch die ausbleibenden Reaktionen auf antimuslimische Hassverbrechen zeigen, dass es an Empathie für die Betroffenen und an Bewusstsein für das Problem fehlt. Denn wenn Muslime – oder Palästinenser – die Täter sind, fallen die Reaktionen regelmäßig ganz anders aus.

Es wäre gut, wenn sich das ändern würde und manche Scharfmacher das weitere Zündeln unterließen. Nicht nur in Großbritannien kann man sehen­, wohin es führt.

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Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er schreibt über Politik und Popkultur – inbesondere über die deutsche Innen- und Außenpolitik, die Migrations- und Kulturpolitik sowie über Nahost-Debatten und andere Kulturkämpfe, Muslime und andere Minderheiten sowie über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 folgte das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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