Aufrüstung der Bundeswehr: Bombig neue Tarnkappenjets

Die Bundeswehr schafft Dutzende hochmoderne Kampfflugzeuge für die „nukleare Teilhabe“ an. Nicht nur die Linke kritisiert das.

F-35 Tarnkappenjet

Die Bundeswehr will sich mit F-35 Tarnkappenjets von Lockheed Martin ausstatten Foto: Britta Pedersen/zb/dpa

BERLIN taz | Die Bundeswehr bekommt neue Kampfflugzeuge zum Abwurf von Atombomben. Das kündigte Verteidigungsministerin Christiane Lambrecht (SPD) am Montag in Berlin an. Sie habe sich entschieden, „für die Aufgabe der nuklearen Teilhabe die Beschaffung von Flugzeugen des Typs F-35 einzuleiten“, sagte Lambrecht.

Alleine die Pilotenhelme kosten schon 670.000 Euro. Pro Stück.

Die Tarnkappenjets des US-amerikanischen Rüstungskonzerns Lockheed Martin gelten als die modernsten Kampfflugzeuge der Welt und sollen die Nachfolge der bisher von der Bundeswehr eingesetzten Tornado-Flotte antreten. Die F-35 biete ein „einzigartiges Kooperationspotential mit unseren Nato-Verbündeten und weiteren Partnern in Europa“, schwärmte Lambrecht.

Über die Anschaffungskosten der 35 neuen Flugzeuge will das Verteidigungsministerium bislang keine Angaben machen. Aber mit Blick auf andere Länder, die die F-35 bereits gekauft haben, dürften sie zwischen 5 und 6 Milliarden Euro betragen, möglicherweise auch mehr. Hinzu kommen nicht nur Wartungs-, Instandsetzungs- und Ausbildungskosten, sondern auch nicht unbeträchtliche Leasinggebühren für die hochentwickelte Onboard-Software, die an Lockheed Martin zu zahlen sein werden. Auch die Spezialausrüstung der F-35-Pilot:innen hat einen stolzen Preis, alleine der Hightech-Helm kostet mehr als 670.000 Euro pro Stück. Die ersten F-35 sollen 2027 von der Luftwaffe übernommen werden können.

Der Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, zeigte sich hocherfreut über die Ankündigung der Verteidigungsministerin. Angesichts von Putins Aggression sei die Entscheidung für die F-35 „ohne Alternative“, stellte der Generalleutnant einen Zusammenhang zwischen der Kaufentscheidung und dem Krieg in der Ukraine. Viele der europäischen Partner hätten sich ebenfalls für dieses Flugzeug entschieden. „Es stärkt unsere Fähigkeit, gemeinsam mit ihnen den Nato-Luftraum zu sichern und das Bündnis zu verteidigen“, sagte Gerhartz.

Zusammen mit der ebenfalls von Lambrecht angekündigten Weiterentwicklung des Eurofighters – geplant ist auch die Neuanschaffung von 15 weiteren Maschinen – für den elektronischen Kampf mache die Bundeswehr nun „einen wichtigen Schritt, um die Luftwaffe und damit die deutschen Streitkräfte für die Zukunft aufzustellen“, befand Gerhartz. Die Beschaffung eines bereits marktverfügbaren Kampfflugzeugs sei zudem „beispielgebend für eine Beschleunigung der Modernisierung unserer Streitkräfte“.

Allerdings hat die Entscheidung, die Luftflotte der Bundeswehr zu modernisieren, nichts mit dem Ukraine-Krieg zu tun. Sie beruht vielmehr auf dem im vergangenen November abgeschlossenen Koalitionsvertrag der Ampelparteien. „Wir werden zu Beginn der 20. Legislaturperiode ein Nachfolgesystem für das Kampfflugzeug Tornado beschaffen“, vereinbarten damals SPD, Grüne und FDP.

Bereits die Vorgängerinnen von Lambrecht hatten die Ersetzung der Tornado-Kampfjets ins Auge gefasst. Dabei hatten Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer eigentlich auf die F/A-18 von Boeing gesetzt, die für einen Einsatz mit Atomwaffen erst noch hätte zertifiziert werden müssen, was bei der F-35 bereits geschehen ist – wenn auch bislang noch nicht für die in Büchel in der Eifel gelagerten thermonuklearen B61-Freifallbomben.

„Seit über zwei Jahren wird eine Lösung gesucht“, sagte Lambrecht. Es sei wichtig gewesen, jetzt schnell zu entscheiden. Die bisher von der Bundeswehr eingesetzten Tornado-Kampfjets – vorgesehen sowohl als Bomber, als Aufklärungsflugzeuge sowie für die nukleare Teilhabe – sind seit mehreren Jahrzehnten im Einsatz. Aktuell verfügt die deutsche Luftwaffe noch über 93 Tornados.

Kritik an den Beschaffungsplänen kommt von der Linkspartei. „Wir lehnen die Aufrüstung der Bundeswehr mit neuen atomwaffenfähigen Kampfjets ab“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Ali Al-Dailami. „Die Schrecken des Ukraine-Kriegs dürfen nicht als Vorwand für eine Aufrüstungsspirale missbraucht werden.“ Die nukleare Teilhabe, nach der in einem kriegerischen Ernstfall in Deutschland stationierte US-Atombomben von Pi­lo­t:in­nen der Bundeswehr auf ihr Ziel abgeworfen werden müssten, schaffe keine Sicherheit, sondern heize die Gefahr eines Atomkriegs in Europa an.

Ähnlich äußerte sich der Greenpeace-Abrüstungsexperte Alexander Lurz. Es sei „unverantwortlich seitens der Ampel-Koalition, in einer Phase, in der der Einsatz taktischer Nuklearwaffen durch Russland befürchtet wird, den Kauf eines Atomwaffenträgersystems zu beschließen“, so Lurz. Das sei eine „Kurzschluss-Reaktion dieser Regierung“. Wenn diese Wochen eines zeigten, dann sei das, „dass es nukleare Abrüstung dringend braucht“.

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