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Das N*-Wort als deutsches NormalRassismus aus der Kiste

Nach einer Attacke auf ihn scheitert Prince Ofori vor Gericht. Die Richterin verhandelt nur einen Kistenwurf, nicht die rassistische Beleidigung.

Kämpft gegen Rassismus, wo er ihm begegnet: Der Neuköllner Prince Ofori Foto: privat

Berlin taz | Rassismus ist in unserer weißen Mehrheitsgesellschaft weit verbreitet, die Bereitschaft, eigenes Verhalten zu überdenken und zum Beispiel verletztende Begriffe wie das N-Wort nicht zu benutzen, offenbar kaum vorhanden. Und wenn sich Betroffene dagegen wehren, sind sie immer in Gefahr selbst zum Aggressor und Täter stilisiert zu werden. Dies zeigt sich erneut im „Fall Ofori“, der am Dienstag mit einem Freispruch für den Angeklagten endete.

Im April 2021 hörte Prince Ofori, ein Schwarzer Jugendsozialarbeiter und Tanzlehrer aus Neukölln, beim Einkaufen im Aldi, wie ein älterer Herr zu seinem Sohn sagte: „Wollen wir uns heute mal N*küs­se gönnen?“ Dabei habe er das N-Wort komplett ausgesprochen, ihn, Ofori, angeschaut und den Satz noch drei Mal wiederholt, „als ob er mich provozieren wollte, gucken, wie ich reagiere“, erinnert sich der 34-Jährige bei seiner Zeugenvernahme vor einigen Wochen vor Gericht. Da sei er hin zu dem Mann, habe ihn zur Rede gestellt, dass man dies Wort nicht mehr sage. „Ich lasse mir doch nicht den Mund verbieten!“, habe der Alte geantwortet.

Er sei dann „laut geworden“, so Ofori weiter, habe gesagt, dass könne doch nicht wahr sein. „Ich habe dem Alten erklärt, dass das Wort verletzend ist“, aber der Mann habe es nicht eingesehen. Dann kam der Filialleiter Stephan P. dazu, der Angeklagte in diesem Prozess vor dem Amtsgericht Tiergarten. Allerdings gab sich P. als solcher nicht zuerkennen – er hatte an dem Tag frei und war mit seiner Mutter einkaufen.

Was Ofori dann beschreibt, ist die klassische Täter-Opfer-Umkehr, die Menschen mit Rassismuserfahrung nur allzu gut kennen: Ihre Erfahrung wird heruntergespielt, ihre Reaktion zur unberechtigten Aggression überhöht. „P. fragte, warum ich mich so aufrege, das sei doch nur ein alter Mann“, die sagten so etwas halt, habe P. zu ihm gesagt, ihn seinerseits bedrängt und befohlen: „Sie gehen raus!“

„Der Welt zeigen, was hier passiert“

Er habe zunächst auch gehen wollen, „da waren immer mehr Menschen, die mir gegenüberstanden“, gemeint sind die anderen Kun­d:in­nen im Laden. „Ich fühlte mich gemobbt“, sagt Ofori, sichtlich aufgeregt, weil er im Zeugenstand zum ersten Mal öffentlich darüber berichtet. Doch dann habe er sich umgedreht, sein Handy herausgeholt und begonnen zu filmen. „Ich wollte der ganzen Welt zeigen, was hier passiert.“

In dem Video sieht man eine Handvoll weiße Menschen, die in Richtung Kamera schnauzen, fotografieren sei verboten. Man sieht P., der mosert: „Das ist doch ausgedacht! Wenn er sich gleich angesprochen fühlt hier“ – dann wirft er zwei Pappkartons in Richtung Ofori. Ob sie ihn treffen, ist nicht ganz auszumachen. „Hau doch ab“, schreit jemand, P. ruft mehrmals, „jetzt reicht’s“. Der Filialleiter, als solcher nicht zu erkennen, kommt Ofori sehr nahe. Doch der hält ihn auf Distanz und erklärt in die Kamera den Vorfall mit den N*küs­sen.

Er filmt die Menschen, die wiederum ihn filmen, und kommentiert zugleich, was er sieht: „Diese Menschen hier“, sagt er immer wieder, und dass er nicht glauben könne, was passiert: „Sie meinen, sie können mich nennen, wie sie wollen. Aber das können sie nicht“, sagt er im Gehen in die Kamera. P. verfolgt ihn: „Sie bedrohen uns, verlassen Sie jetzt bitte den Laden“, streitend geht es Richtung Ausgang. P. sagt immer wieder, dass Ofori ihn beleidige, der wiederum beklagt, dass P. nicht verstehe, dass man N*kü­sse nicht sagen darf. „Wo steht geschrieben, dass ich das nicht mehr sagen darf?“, fragt P. mehrfach.

Das Video, das Ofori noch am Abend dieses Tages bei Instagram hochlädt, mit verpixeltern Gesichtern, „geht viral“: sieben Millionen Menschen klicken es an, Ofori bekommt viel Zuspruch, so sagt er der taz, aber auch zahlreiche Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen per Brief an seine private Adresse. Aldi entschuldigt sich öffentlich und entlässt den Filialleiter. Später erlässt das Kammergericht auf Antrag von P. eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung der Verbreitung des Videos. Zwischenzeitlich hat P. sogar Ofori auf Schmerzensgeld und Schadensersatz verklagt, dies aber inzwischen zurückgenommen.

Video gegen Zeugenaussagen

Im Prozess gegen P. wegen versuchter Körperverletzung durch den Kistenwurf wird das Video am letzten Prozess­tag gezeigt. Es rückt vorherige Zeugenaussagen wieder gerade: Ein Zeuge konnte sich gar nicht an geworfene Kisten erinnern, der alte Mann wolle umgekehrt gesehen haben, wie Ofori eine Kiste nach P. warf. „Wir können dankbar sein, dass es das Video gibt“, sagt der Anwalt der Nebenklage, Armin Grimm, in seinem Schlussplädoyer – sonst säße womöglich sein Mandant auf der Anklagebank. „Das ist Folge der strukturellen Diskriminierung in unserer Gesellschaft“, glaubt er – die in der Tat nicht nur in dem Vorfall, sondern auch vor Gericht zum Tragen kam.

So versuchten einige Zeugen, darunter P.s Mutter, sowie die Verteidigung den Eindruck zu erwecken, die Bedrohung sei von Ofori ausgegangen, und evozierten damit das – klassisch rassistische – Bild vom wilden, gefährlichen Schwarzen Mann. Auch die Staatsanwältin gibt in ihrem Plädoyer Ofori indirekt eine Mitschuld an der Eskalation: Er sei ja gegenüber dem alten Mann ebenfalls „laut und beleidigend geworden“, stellt sie fest – obwohl die Zeugenaussagen in diesem Punkt widersprüchlich waren. Dabei habe dieser, da sei sie sicher, die N*küs­se „gar nicht böse gemeint“, sie selbst sei mit „der Begrifflichkeit“ aufgewachsen.

Auch sonst hat der Prozess wenig Einsicht bei den Beteiligten gebracht: Bis heute wartet Ofori auf eine Entschuldigung des Filialleiters – was ihm das Wichtigste gewesen wäre, wie er vor Gericht sagt. Auch der alte Mann, der sich vor Prozessbeginn bei Ofori wegen der „N*küsse“ tatsächlich entschuldigt hatte, worauf dieser seine Anzeige gegen ihn wegen Beleidigung fallen ließ, zeigte sich im Zeugenstand doch lernunfähig: „Das wird immer schlimmer“, soll er am ersten Prozesstag laut Berliner Zeitung gesagt haben. „Bei einem ganz normalen Ausdruck werden wir als Rassisten bezeichnet.“

Doch die Strategie von Nebenkläger­anwalt Grimm, diesen rassistischen Kontext der Geschichte mitzuverhandeln scheitert. Er hatte beantragt, die Anklage auf Beleidigung in Verbindung mit einer Tätlichkeit zu erweitern mit dem Argument, der Angeklagte habe mit dem Kistenwurf die Integrität und Würde seines Mandanten verletzt. „Man wirft eine Kiste wie auf einen Hund. Herr Ofori war Ihnen lästig“, sagt er in Richtung von P. Anstatt den Streit zwischen zwei Kunden zu deeskalieren, habe er sich auf eine Seite gestellt – und damit zugleich seine Zustimmung zum Gebrauch des N*wor­tes signalisiert.

Kistenwurf und Beharrung

„Das Beharren auf dem Gebrauch des Wortes“, so Grimm weiter, sei genau das Denken, das in dem Kistenwurf zum Tragen kommt. „Sie hatten was im Rücken, als Sie geworfen haben, ein strukturelles Bett“, sagt er – das Bett der weißen Mehrheit, die sich ihre Weltsicht, ihre Worte inklusive der mit gemeinten Abwertung nicht nehmen lassen will.

Der Richterin ist dieser weitere Blick auf die Motive der Handelnden offenkundig zu viel. Sie fokussiert einzig auf den Kistenwurf. Hierzu meint sie, einen Vorsatz der versuchten Körperverletzung nicht nachweisen zu können – und entscheidet daher im Zweifel für den Angeklagten.

Nach dem Urteil steht Ofori enttäuscht mit Freun­d*in­nen und Un­ter­stüt­ze­r*in­nen im Gang des Gerichts. „Ich wollte mich darauf verlassen, dass der Rechtsstaat das klärt“, sagt er. Dass es im Urteil gar nicht darum ging, dass er beleidigt und erniedrigt wurde, sondern nur darum, ob P. ihn mit der Kiste tatsächlich verletzten wollte, leuchtet ihm nicht ein. „Es bleibt ein fahler Nachgeschmack“, sagt er.

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69 Kommentare

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  • "Rassismus ist in unserer weißen Mehrheitsgesellschaft weit verbreitet, die Bereitschaft, eigenes Verhalten zu überdenken und zum Beispiel verletztende Begriffe wie das N-Wort nicht zu benutzen, offenbar kaum vorhanden." So? Wer benutzt denn dieses Wort noch? Ich kenne niemanden.

  • Der alte A... soll lieber froh sein, dass ihm Menschen mit Ahnen nicht nur aus D ihre Rente zahlen. Die "biodeutsche" Bevölkerung würde das ja nicht mehr alleine zustande bringen. Deutschland wäre ohne Migration vollends am Arsch.

  • "Dabei habe dieser (der alte Mann), da sei sie (die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer) sicher, die N*küs­se „gar nicht böse gemeint“, sie selbst (die Staatanwältin) sei mit „der Begrifflichkeit“ aufgewachsen."

    Scheinbar haben wir noch ein sehr langer Weg bis zur Gleichheit zwischen Menschen zu gehen, wenn eine Staatsanwältin!



    2023 in Deutschland mit - schätze ich - 5-6 Jahre Universitäts-Ausbildung auf dem Feld Recht und Gesetzt, diese Aussagen in ihrem Plädoyer! vor dem Gericht! für (aus ihrer persönlichen Horizont heraus) angemessen und Zeitgemäß hält.



    Ich möchte ja nicht in Trübsal versinken, aber tatsächlich hat sich auch die ganze Kolonialgeschichte über Jahrhunderte im Einklang mit Recht und Gesetzt der Kolonialherren vollzogen - mit, von den Kolonialherren ausgebildetem juristischem Personal.



    Kurz um, es gibt noch sehr sehr viel zu tun, wenn wir es als Gesellschaft ernst meinen mit dem Artikel 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland.

    • @Nilsson Samuelsson:

      Sie hat lediglich darauf hingewiesen, dass zu früheren Zeiten - auch in meiner Kindheit - das jetzt so schlimme Wort noch das "gut" Wort war, während anständige Menschen das Wort mit "Doppel-G" und "i" nicht sagten.

    • @Nilsson Samuelsson:

      "Angemessen und zeitgemäß" ist auch, sich Gedanken zu machen, WARUM Jemand sich nicht angemessen und zeitgemäß verhält - gerade wenn es darum geht, möglicherweise gerade an diese Motivation eine strafrechtliche Konsequenz zu knüpfen. Ganz ehrlich halte ich die strafrechtliche Relevanz der Motivation des "alten Herrn", die Dinger so zu nennen, wie er es tat, für die Beurteilung der späteren Verhaltensweise des angeklagten Ex-Filialleiters für SEHR überschaubar. Aber WENN man sie schon mit reinzieht, dann ist im Zweifel der für den Angeklagten günstigste Ablauf der Geschehnisse zu unterstellen - einschließlich der mutmaßlichen Motivationslage des "alten Herrn".

  • Dass Herr Ofori keine Genugtuung vor Gericht erfahren hat hat, ist sehr traurig. Doch noch viel trauriger ist, dass sich unter der Kundschaft wohl keine Leute fanden, die ihn verteidigten. Selbst in einem Supermarkt erlebt: Junge Frau, PoC, reiht sich kurz vor älterer Frau in die Kassenschlange ein: Dazu die ältere weiße Frau: "Es gab eine Zeit, da hätte so etwas immer hinten dran gemusst" - Dass ging ganz anders aus. Die alte Frau wurde durch mehrere in der Mehrzahl jüngere Kunden so zugetextet, dass sie sich das wohl zukünftig verkneifen wird. Zivilcourage ist unersätzlich, auch nicht durch Urteile und Gesetze.

    • @zeroton :

      Das stimmt, es tut mir Leid. Wenn man als eine Minderheit gedisst wird, vor allem durch irgendwelche Unterschiede die man von Außen sieht (also nicht einfach eine Meinung oder Gesinnung), dann tut es weh, es geht nicht weg, und man läuft Gefahr es immer wieder zu spüren wenn man in den Spiegel guckt. Und das ist nicht richtig.

    • @zeroton :

      ich hätte ihn auch nicht vertedigt. Im Vergleich zum Spruch der älteren weißen Frau finde ich den Begriff, der hier verwendet wurde, sehr harmlos und denke, dass man da auch "drüber stehen kann". Wenn jeder ständig ausflippt, weil er sich - ggf. auch zu Recht - ungerecht behandelt fühlt, wo soll das hinführen? Zu einer besseren Welt bestimmt nicht, dahin kommt man eher, wenn man auch mal "5 gerade sein lässt" und nicht auf jede Provokation (wenn es denn eine war) eingeht.

      • @Dr. McSchreck:

        Ich hätte mich eingemischt! Provokativ 3 mal N*Küsse. Es ist wonach es klingt: Rassismus

  • "Ich wollte mich darauf verlassen, dass der Rechtsstaat das klärt"

    Der Rechtsstaat hat es geklärt. Das Benehmen des Alten war unterirdisch. Er sollte sich schämen statt zu versuchen, es irgendwie schönzureden. Doch nicht jedes schlechte Benehmen ist auch strafbar. Manche alte Grantler muss man halt ignorieren. Sie sind der Aufregung nicht wert und stehen nicht für die große Mehrheit in diesem Land.

    Dass ein fahler Nachgeschmack bleibt, kann ich nachvollziehen.

  • Ich finde es ein Unding wie mit manchen Menschen umgegangen wird.



    Aber im ersten Satz zu behaupten ind Deutschland sei „die Bereitschaft, eigenes Verhalten zu überdenken …. offenbar kaum vorhanden“ ist meiner Meinung falsch, die wenigsten verhalten sich so wie P. oder der alte Mann aus dem Supermarkt.

  • Ich finde es traurig, dass Weisse es für ihre Freiheit halten, abwertende Begriffe zu benutzen. Armselig.

    • @aujau:

      Kann man sicher diskutieren. Aber Armseligkeit an sich ist weder strafbar noch notwehrfähig.

      • @Normalo:

        Doch, wenn es sich um einen antisemitischen Kontext handelt, ist die Strafbarkeit deutlich schneller gegeben. Hat wohl mit den Jahren 1933-45 zu tun. In anderen Ländern, bspw. USA und auf Facebook ist das nicht so! Holocaustleugnung ist dort leider nur armselig aber nicht strafbar!

        • @Hannah Remark:

          Ähhm ja. Die Regel hat also eine Ausnahme - die dann auch noch weltweit einzigartig und in der Tat vor dem ebenfalls einzigartigen historischen Hintergrund wohlbegründet ist. Widerspricht das wirklich meiner These?

          • @Normalo:

            Kolonialismus und Skalverei? Ich stelle die Hypothese auf, es sind mehr PoC direkt getötet, verskalvt und getötet oder nur versklavt wurden als Juden und Zwangsarbeiter im gesamten dritten Reich. Alleine schon die Zahlen bzgl. Amerika sagen dies aus:



            www.planet-wissen....ueramerika100.html



            "Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 40 Millionen Afrikanern verschleppt und versklavt wurden. Aber nur jeder Vierte überlebte die Gefangennahme in Afrika, die Torturen der Verschleppung vom Inneren Afrikas an die Küsten und schließlich die grausamen Strapazen der Überfahrt."

  • Wie sieht es eigentlich aus mit Rassismus gegen andere Gruppen?



    Erst demletzt verwendete eine taz Autorin ganz gezielt "Kartoffeln" und zwar auf der Internetseite der taz. Man muss auch hier von einer ganz gezielten Provokation ausgehen. "Kartoffel" ist sicherlich harmlos, die Intention aber, hier gruppenspezifisch zu beleidigen, macht hieraus eine rassistische Beleidigung. Wo war da die Vorbildfunktion? Wie soll ich meinen Nachbarn erklären, dass Rassismus nicht geht, wenn einer der Vorreiter dies selbst öffentlich praktiziert?

    Manche Menschen darf man rassistisch beleidigen, andere nicht?



    Einige sind gleicher als die anderen?



    (a la Orwell in "Animal Farm")

    Mit solchen Aktionen macht ihr euer Anliegen leider nicht sehr glaubwürdig, liebe taz, wenn mal so, mal so bewertet wird, je nachdem, wie es gerade passt, aber konträr zur allgemeinen Gleichbehandlung.



    Damit schadet ihr sogar der generellen Sache gegen Rassismus mit solchen Negativbeispielen.

    Mein Kommentar hierzu wurde nicht veröffentlicht. Wär schön, wenn wenigstens dieses Kommentar erschiene.

    • @Werner2:

      Es war hier im Taz-Forum, dass einer sagte: Als Kartoffel brauchen Sie hier, auf einem großen Kartoffelacker, ja wohl keine Angst haben und sich diskriminiert fühlen, falls Sie jemand Kartoffel nennt.

    • @Werner2:

      Ich bin - ohne Migrationshintergrund - im Ruhrgebiet aufgewachsen und wurde in meinem gesamten Leben noch kein einziges Mal als "Kartoffel" beleidigt. Stattdessen habe ich etliche Male mitbekommen, wie Menschen mit Migrationshintergrund oder People of Color rassistisch beleidigt oder sogar körperlich angegriffen wurden. Sie versuchen hier, mit einem ausgedachten Problem abzulenken.

    • @Werner2:

      Andere als Kartoffel zu bezeichnen mag geschmacklos sein, rassistisch ist es allerdings nicht.

      Und Orwells Animal Farm sollte man in dem Kontext eher nicht bemühen, das gibt das Buch nicht her.

    • @Werner2:

      Also wenn 2 Kanaks in der Gemüseabteilung über die Kartoffeln reden, die sie noch kaufen gnihihihi, und dabei einen Hans Mustermann so scheel von der Seite anschauen und, drauf angesprochen, weiter triezen und aggressiv gehässig sind, an Ende gar handgreiflich - wenn sich sich Herr Mustermann da beschwert, dann völlig zu Recht.

      Nur, so etwas passiert einfach ca niemals, weil, selbst wer Bock drauf hat, einen Fremden beim Einkaufen zu beleidigen, sich als Angehöriger einer ethnischen Minderheit kaum jemals trauen wird.



      Weil allen klar ist, wie das ausgehen wird.



      DAS ist ein Beispiel des Strukturellen an strukturellem Rassismus:

      Kartoffeldeutsche nehmen sich so Scheiße einfach raus und tun so als sei es so selbstverständlich wie ein Menschenrecht. Und das nicht alle paar Jubeljahre im Suff, sondern stocknüchtern, beiläufig, und jeden Tag xmal.



      Weil sie WISSEN, dass es knapp die Hälfte nicht jucken wird, und 25% ihnen innerlich Beifall klatschen.

    • @Werner2:

      Noch einmal für den letzten Ignoranten: „Kartoffel“ ist nicht rassistisch, da es keinen Rassismus gegen Weiße gibt.

      • @K2BBQ:

        "da es keinen Rassismus gegen Weiße gibt."



        Diese Behauptung wird auch durch ständige Wiederholung nicht wahrer, sorry.

      • @K2BBQ:

        Wenn es kein Rassismus gegen Weiße ist, was ist die pauschale Beleidigung von Weißen dann? Natürlich gibt es Rassismus in alle Richtungen.

      • @K2BBQ:

        Das ist Blödsinn. Kartoffel hat was was mit Deutsch zu tun. Jeder Deutsche mit Migrationshintergrund ist eine Kartoffel, auch z.B. Hengameh oder Naidoo, auch wenn sie BPOC

    • @Werner2:

      Wie man weiß ist der Rassismus gegen "Kartoffeln" hochdramatisch.

      In dem von Migranten beherrschten Wohnungsmarkt sind sie praktisch chancenlos.

      Und natürlich sagt kein türkischer HR-Manager, dass ein Bewerber abgelehnt wird, weil er Klaus oder Tom heißt.

      Kartoffeln kommen kaum in Clubs rein und gibt es in einem Bahnhof eine Polizeikontrolle, dann kann man sicher sein, dass sie rausgepickt werden, Rimowakoffer hin oder her.

      Eines der großen Tabu-Themen unserer Zeit.

      • @Jim Hawkins:

        An manchen Schulen, wo die deutschen Kinder in der Minderheit sind, kann auch gegen Deutsche gerichteter Rassismus fürchterlich sein. Ein Kollege, ein Kerl um die Dreißig aus einer Arbeiterfamilie, hat mir mal erzählt, wie das war, als einer von zwei Deutschen in einer Kreuzberger Schulklasse... In seinem Fall tatsächlich dramatisch. Wie oft es solche Probleme gibt, weiß ich nicht. Vielleicht hat sich seit den 2000ern auch etwas gebessert.

      • @Jim Hawkins:

        Als "Egalitärer"zweierlei Maß zu messen, ist immer gefährlich. Wer abwertenden Sprachgebrauch einerseits als feindselig (und daher zu verurteilen) wertet, sollte nicht so tun, als sei er das nicht, wenn es gegen eine "privilegierte"Gruppe gerichtet wird. Eine Beleidigung bleibt eine Beleidigung - auch wenn sie nicht gleichzeitig eine Machtdemonstration ist.

        • @Normalo:

          Schön und gut, das ist die Theorie.

          In der Praxis attackieren weiße Deutsche Menschen, die nicht dieselben Merkmale haben wie sie, demütigen sie, verletzen sie, töten sie.

          Der strukturelle Rassismus richtet sich nicht gegen weiße Deutsche, die weißen Deutschen sind der strukturelle Rassismus.

          Kennen Sie eine Dokumentation oder Hinweise, Beispiele, Vorfälle, die irgendwie den Gedanken nahe legen könnten, der Rassismus gegen weiße Deutsche wäre ein Problem?

          Und was das Verbale anbelangt, es gibt ganze Kataloge mit rassistischen Schimpfwörtern und Beleidigungen.

          Kennen Sie welche, die sich gegen weiße Deutsche richten? Mal abgesehen von der guten alten Kartoffel.

          • @Jim Hawkins:

            "Alter weißer Mann" z. B. impliziert gewöhnlich auch heimische Staatsbürgerschaft. "Weißbrot" ist ein Klassiker. wqenn man sich in den Communities umhört, wird es sicher auch noch kreativer.

            Mein Punkt ist aber, dass es eben NICHT nur Theorie ist. Ganz praktisch schüren rassistisch gehaltene Beleidigungen IMMER rassistische Ressentiments - weil sie aggressiv rassische Abgrenzung untermauern, egal ob sie von überwiegenden "Opfer-" oder "Täter-" Identitäten ausgehen. Das kommt sowohl beim Verwender alsauch beim Betroffenen nie friedensstiftend an und trifft halt letztlich auch immer Unschuldige, die sich zu Unrecht identitär attackiert sehen ud daran zumindest zu schlucken haben.

            Es bleibt am Ende dabei, dass Unrecht Unrecht nicht aufwiegt - zumal wenn man auf Versöhnung und gegenseitigen Respekt aus ist.

            • @Normalo:

              Also gut, das sind nochmal zwei. Und die treffen mich tatsächlich wie ein Vorschlaghammer.

              Ich fühle mich gedemütigt und erniedrigt.

              Dumm nur, dass man die rassistischen Beleidigungen gegen Nicht-Weiße nicht einmal einfach so hinschreiben kann, oder?

              Und was ja entscheidender ist, haben Sie Erkenntnisse darüber, wie viele weiße Deutsche bei gegen sie gerichteten Attacken verletzt oder getötet wurden?

              Bei den Nicht-Weißen oder Migranten sind es seit 1990 ca. 200.

              Jetzt muss ich zum Therapeuten, das Weißbrot hat mir zugesetzt.

              • @Jim Hawkins:

                "Und was ja entscheidender ist, haben Sie Erkenntnisse darüber, wie viele weiße Deutsche bei gegen sie gerichteten Attacken verletzt oder getötet wurden?"

                Ich gehen mal dacon aus, dass die meisten Deutschen, die Attacken zum Opfer fallen, Weiße sind. Denn sie stellen nunmal nicht nur die Mehrheit an weißen Rassiten sondern auch die Mehheit an potenziellen Gewaltopfern. ;-)

                Aber wieder nein: Das IST NICHT entschedidennd. Einfach die Waffengattung zu ändern, bringt es eben nicht. Dass mir wer mal eine gelangt hat, macht es noch lange nicht harmlos oder gar versöhnungsstiftend (und ihn beim nächsten Treffen vom erneuten Zulangen abhaltend), ihm bei Gelegenheit mal die Autotür zu zerkratzen. Wer in rassistischten Kategorien denkt und redet, kann nicht erwarten, dass sein Gegenüber die seinerseits wegdenkt. Die Frage ist immer, wer GERADE IN DEM MOMENT Rassist und Aggressor ist. Und wer von sich behaupten will, beides zu bekämpfen, der tut diesem Anliegen einfach einen Bärendienst, wenn er sich den Schuh selbst anzieht und behauptet, IHM stünde das aufgrund selbst oder (stellvertretend?) von anderen Menschen erlittenen Leids zu. Denn selbst wenn: Es ist und bleibt kontraproduktiv.

                • @Normalo:

                  Ich meinte Attacken auf Weiße aus rassistischen Gründen. Mein Fehler.

                  Sie kennen ja sicher "Black Lives Matter".



                  Und weil ja jeder ein Rassist sein kann und Weiße Schwarze rassistisch angehen, wie Schwarze Weiße, gibt es logischerweise auch "White Lives Matter".

                  Ins Leben gerufen von amerikanischen Nazis.

                  Der Gerechtigkeit halber.

          • @Jim Hawkins:

            Na ja, nichtfarbige Menschen leider sicher nicht ansatzweise so unter Rassismus. Schon allein aus dem historischen Kontext heraus, ist das eine ganz andere Ebene.



            Es geht ja aber nicht ausschlißlich um den -zugegeben wesentlich problematischen- strukturellen Rassismus, sondern um generellen gegenseitigen Respekt. Gab auch ne Zeit, wo es usus war Italiener als Spaghettis oder Franzosen als Froschfresser zu beschimpfen.



            In den Staaten gibt auch nen ganzen Haufen Begriffe, die sowohl von Weißen als auch Schwarzen abwertend gegen Hispanics oder Asiaten verwendet werden. Es läßt sich überall ne ganze Menge mehr häßlichen Kram finden.



            Wer sich aber ehrlich und ernsthaft gegen Rasismus stellt, der benutzt überhaupt keine Beleidigungen gegen Menschen anderer Herkunft oder Hautfarbe. Das sollte eigentlich Konsens sein.

        • @Normalo:

          Exakt.

  • Nur die taz schafft es, ein Buchstabengebilde wie "N*-Wort" auch noch zu gendern...



    Davon abgesehen ist das, was Herrn Ofori widerfahren ist natürlich völlig inakzeptabel.



    Dass allerding die rassistische Beleidigung nicht verhandelt wurde ist ganz normal - der Betroffene hat ja laut Text selbst darauf verzichtet...

  • 3G
    32051 (Profil gelöscht)

    Es ist dieses extrem provokant bockige.

    Ich mach's an einem Beispiel fest: Meine Oma war eine grundkatholische und hilfsbereite Frau ohne jeden Hass. Sie hat viel Geld an Hilfsorganisationen gespendet, "damit die N* nicht verhungert". Das Weltbild war unterkomplex, keinen Frage, aber sie hatte ehrlich beste Absichten und hätte nicht verstanden, was an der Denke oder dem Wort falsch wären.

    Meine Mutter ist ebenfalls grundkatholisch, setzt das Wort aber bockig ein, um sich dann ins beleidigte "Achso, das darf man ja nicht mehr sagen" Schneckenhaus zurück zu ziehen.

    Sie hält es für weltoffen und unrassistisch, begeistert "Dieses N* sind auch nicht dumm" zu attestieren.

    Ich hab sie mal gefragt, was sie davon hält, dass man Priester als "Pfaffen" bezeichnet?

    Das ist doch nicht böse gemeint, sind doch Pfaffen? Oder Reinigungskräfte als "Putze"? Vorzimmerpersonen als "Tippse?"

    Rentner als "Krauderer" oder "Alterchen"?

    Da war sie auf einmal bockbeleidigt..

  • People of Color sollten sich keinen falschen Hoffnungen hingeben, wenn selbst angesichts des Holocausts noch der alltägliche Antisemitismus in Deutschland fröhliche Urständ feiert. Deutsche Täter lassen sich ihr Lieblingsrolle als Opfer nicht gerne nehmen.

  • wer kein Mensch of colour ist, der benutzt dieses Wort nicht.



    So einfach ist das.



    Wer es doch tut, und das sogar dreimal in Richtung des anderen Menschen, der sollte mit Ärger rechnen.

    • @Papa Moll:

      Es soll sogar Leute geben, die das Wort nicht benutzen, ohne dass Angst vor Strafe der Grund ist. Dass das mehr werden, ist viel wichtiger, als hier Drohungen auszustoßen.

    • 3G
      32051 (Profil gelöscht)
      @Papa Moll:

      Genau so ist es. Mittlerweile ist es glaub ich bei den allermeisten angekommen (Vielleicht nicht bei der Gruppe 85+), dass das Wort beleidigend ist.

      Und damit nutzt man es nicht.

      Oder man bezeichnet die Leute als "Katholen", "Alterchen", "Putze", "Tippse"...

      Wenn ihnen die Umgangsformen gefallen...

  • Der Gedanke, man könne Beleidigungen aus der Welt schaffen, indem man beleidigende Worte verbietet oder sich verbittet oder wegbiept oder was auch immer, ist absurd. Wer beleidigen will, tut das auch, zur Not durch Verwendung eines anderen Wortes.



    Das ist eine kulturelle Aneignung des Amerikanischen (kleiner Scherz, wäre ja furchtbar), wo die Leute sich inzwischen mit "eff you" anbrüllen. Jeder weiss, was gemeint ist, nur der Klang des Wortes "fuck" wird vermieden. Wie viele Beleidigungen wurden durch Nichtgebrauch des Originalbegriffs vermieden oder verhindert?



    Warum nicht den Spiess rumdrehen? In meiner Kindheit galt das Wort "schwul" als böse, es wurde nur hinter vorgehaltener Hand ausgesprochen. Inzwischen ist es schon wieder zwei Jahrzehnte her, dass ein angehender Bürgermeister stolz zu sagen wagte "Ich bin schwul und das ist gut so."



    Entwaffnet die Beleidiger!

    • 3G
      32051 (Profil gelöscht)
      @Stechpalme:

      Nachtrag: Es macht auch einen Unterschied, ob ich selbst zu mir sage: "Ich bin durch ein Rindvieh" (weil ich meinen Schlüssel verloren habe - ob das mein Kumpel sagt "Du hast gestern erst den Schlüssel verloren, du Rindvieh" oder ob mein Kunde mich als "Sie Rindvieh" bezeichnet.

      Wenn nomosexuelle Menschen sich als "Schwul" bezeichnen, (Schwarze sich mit dem N Wort...) ist das was anderes, als wenn Sie das machen. Davon ab, es gibt auch noch genug "Alternativbeleidigungen" gegen Homosexuelle.

      Sollen wir die auch alle kapern?

      Sie merken selbst wahrscheinlich, dass die Idee zur gemeint, aber nicht zuende gedacht war, oder? 🙂

      Heißt: Ihr

    • 3G
      32051 (Profil gelöscht)
      @Stechpalme:

      Das Wort wird in der amerikanischen HipHop Kultur längst von Schwarzen untereinander proaktiv verwendet - "Manigga" als "my black Buddy"

      Trotzdem verwenden Sie es als weiße Person nicht.

    • @Stechpalme:

      Das eigentlich Tragische in der Situation ist ja, dass die betroffenen nicht-weißen Menschen im Grunde mehrfach verletzt und viktimisiert werden: durch die entsprechende Adressierung und die damit sehr häufig verbundene Verletzung einerseits und den Umstand, dass sie ihre Verletzung, Wut und Frust darüber nicht zum Ausdruck bringen dürfen, weil sie sonst wiederum zum*zur Täter*in stilisiert werden, andererseits. Die Erfahrung mangelnder Solidarität durch die übrigen Personen könnte man ebenso hinzuzählen, weil sie letztlich qua Hautfarbe absondert und sagt "du gehörst nicht zu uns" oder "uns ist dein Gefühl egal", "uns kümmert nicht, was wie du dich fühlst", "wir machen mit dir, was wir wollen" etc.



      In jeder dieser Phasen passieren damit Angriffe und (potenzielle) Verletzungen und es gehört unglaublich viel dazu, hier nicht in die Falle zu laufen.

    • @Stechpalme:

      Weil es so einfach nicht ist.

      Natürlich macht nicht das Wort per se die Beleidigung, sondern der Kontext, das ändert aber nichts daran, dass im obigen Fall der Kontext die Beleidigung erzeugt hatte. Wenn eine Beleidigung nicht beabsichtigt gewesen wäre, dann hätte der ältere Mann sich ja entschuldigen und sagen können "sorry, war nicht so gemeint, früher hat man das normal gesagt. Ich wollte sie nicht beleidigen" o.Ä und dann wäre die Situation wahrscheinlich nicht so eskaliert. Das Gegenteil ist aber passiert, er hat es mehrfach wiederholt, auch nach Hinweis nicht eingesehen usw. und da geht es mMn. gar nicht so sehr darum "das man heute nichts mehr sagen" dürfe, sondern darum, dass sich dieser weiße Dude nicht son "einem Schwarzen" sagen lassen will.

      Abgesehen davon wird "Schwul" heute nach wie vor als Beleidigung verwendet, ob Wowereit das mal gesagt hat spielt dabei keine Rolle, weil es ein ganz anderer Bezug war. Wenn dich jemand auf der Straße als Schwuchtel bezeichnet, dann tut er*sie das wohl in den seltensten Fällen aus Anerkennung... Abgesehen davon gibst du kein Beispiel, wie man "den Spieß umdrehen" könnte, sondern verweist nur auf den Ausspruch von Wowereit. Wo bitte dreht er den Spieß denn damit um? Das würde ja bedeuten, dass die Beleidigenden sich damit ins Knie schießen würden, was aber nicht passiert.

    • @Stechpalme:

      Wenn man will, dann kann auch ein Blick oder eine Gestik oder eine Mimik rassistisch sein. Da braucht man keine Worte. Da reicht das Gedankengut schon im Kopf aus.

      Dennoch ist es richtig, dass wir bestimmte Worte nicht mehr zu verwenden haben. Noch besser: Bestimmte Gedanken aus unseren Köpfen zu verbieten.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Blicke,Gesten und Mimik sind noch anfälliger für Missinterpretation als Worte.Da spielt das Gedankengut im Kopf der Empfangenden eine enorme Rolle.



        Der zweite Teil ihres Beitrages lässt mich schaudern. Ich weiß nicht ob es Ihnen bewußt ist das dieser ein Plädoyer für Zensur im Sinne Orwells 1984 darstellt. Die "Schere im Kopf" ist in diesem Fall sogar gut gemeint. Leider ist "gut intendiert, aber nicht zu Ende gedacht" so gut wie immer ein Rezept fürs Scheitern und oft der "Eingang zur Hölle".



        Es gibt da so viele problematische Aspekte,ich erwähne nur ein paar: Wer bestimmt welche Gedanken zu verbannen sind? Wie überprüft man die Einhaltung?Was macht man mit denjenigen ,die sich weigern es zu tun?

        • @Mustardmaster:

          Rassismus wird aber solange weiterleben, wie man Gedanken dazu entwickeln kann. Und solange Rassismus weiterlebt, wird es Opfer geben.

          Die Lösung muss sein, eine Gesellschaft zu entwickeln, in der Antirassismus so einprogrammiert ist, wie das Atmen oder Essen. Sind ja auch keine Eigenschaften, zu denen man Kindern zwingt.

          Ich gebe aber zu, der Zwang zu Menschenrechten ist für den ein oder anderen extrem. Aber ich habe ehrlich gesagt keine Lust auf noch mehr Opfer, nur wegen einer anderen Hautfarbe.

        • @Mustardmaster:

          Die Gedanken sind frei. Zum Glück immer noch. Aber Kontrollphantasien sterben wohl nie aus.

    • @Stechpalme:

      Der Weiße erklärt den Schwarzen wie er mit Diskriminierung in der weißen Mehrheitsgesellschaft umgehen soll.

      • @Andreas J:

        Woher wissen Sie denn was Stechpalme für eine Hautfarbe hat? Aber selbst wenn: Aus meiner Sicht ist es egal ob eine Aussage von einen Scharzen, einen Weißen oder wem auch immer kommt. Wichtig ist was gesagt wurde. Und ich bin dankbar dass wir die Zeiten, in dem die Hautfarbe bestimmt hat wer was sagen darf oder die Hautfarbe bestimmt ob die Person überhaupt was sagen darf, hinter uns gelassen haben.

        • @Müller Christian:

          "Und ich bin dankbar dass wir die Zeiten, in dem die Hautfarbe bestimmt hat wer was sagen darf oder die Hautfarbe bestimmt ob die Person überhaupt was sagen darf, hinter uns gelassen haben."

          Mein Eindruck ist genau das Gegenteil. Ich habe den Eindruck, dass Hautfarbe bzw. Identität im Allgemeinen (oder was man dafür hält) mittlerweile mehr als alles andere bestimmt, wer zuerst bzw. überhaupt sprechen darf.

          Es kommt doch heute mehr drauf an, WER etwas sagt, als WAS gesagt wird.



          Identität ist wichtiger geworden, als Inhalt.

  • Erinnert werden muss in dem Zusammenhang an 224 Todesfälle von schwarzen Menschen, people of colour, in bundesweiten Polizeigewahrsam, die death in custody zählte. Denn nicht immer wird "nur" mit Kartons auf schwarze Mitbürger geworfen.

    Politik, Polizei und Justiz sperren sich bundesweit, den strukturellen Rassismus innerhalb von Polizei und Justiz wissenschaftlich erforschen zu lassen.

    Der designierte Kultursenator von Berlin, Joe Chialo (CDU), wird nicht umhinkommen, sich dieser Thematik zu stellen. Denn von Innenensenatorin Spranger (SPD) ist in der Hinsicht nichts zu erwarten.



    Vielleicht aber von der neuen Justizsenatorin Badenberg (CDU), die sich damit einen Namen machen könnte. Die people of colour werden genau hinschauen.

    doku.deathincustody.info/

    • @Lindenberg:

      Ich teile Ihre Einschätzung!

    • @Lindenberg:

      Klingt erstmal dramatisch... Aber darunter viele die Suizid begingen oder erschossen wurden nachdem sie Menschen mit einem Messer angegriffen haben.

      Ohne Kontext sagen die Zahlen nichts, wieviel häufiger kommen farbige Menschen ums Leben im Vergleich zu Weißen wenn sie von der Polizei verhaftet werden? Wie ist die Lage in anderen Ländern mit vergleichbarer sozio-ökonomischer Situation?

      • @Machiavelli:

        Einfach mal eine der Fallgeschichten lesen. Wie diese:

        Wir gedenken Matiullah Jabarkhil, der am 13. April 2018 in Fulda von der Polizei erschossen wurde. Er war 19 Jahre alt.

        Der Geflüchtete aus Afghanistan wollte um 4 Uhr früh in einer Bäckerei in der Nähe seiner Unterkunft nach Brot fragen. Eine Verkäuferin verschloss jedoch von innen die Tür. Daraufhin soll der junge Mann die Schaufensterscheibe mit Steinen beworfen haben.

        Wenige Minuten später kam die Polizei. Matiullah Jabarkhil flüchtete, die Polizei rannte hinterher. Nach etwa 150 Metern wurde er gestellt. Ein Beamter gab zwölf Schüsse auf den unbewaffneten Jugendlichen ab. Vier trafen ihn, zwei davon tödlich. Er starb noch am Ort des Geschehens an inneren Blutungen.

        Die Ermittlungen gegen den Todesschützen wurden Anfang 2019 mit Verweis auf Notwehr eingestellt. Nachdem ein Handyvideo eines Augenzeugen – selbst Polizeianwärter – aufgetaucht war, wurden die Ermittlungen im März 2019 wieder aufgenommen. Auf dem Video ist zu sehen, wie Matiullah Jabarkhil vor den Polizist:innen wegläuft. Anfang 2020 wurden die Ermittlungen erneut eingestellt, aber im August 2020 auf Antrag des Bruders von Matiullah Jabarkhil wieder aufgenommen. Im Juli 2021 wurde das Verfahren zum dritten Mal eingestellt.

        Die Initiative in Gedenken an Matiullah setzt sich weiterhin für Aufklärung und Gerechtigkeit ein.

        Quellen: www.wsws.org www.noborder-frankfurt.antira.info



        migrant-support.com

        Link: doku.deathincustody.info/cases/2018-04-13-matiullah-jabarkhil-9-6996593043083/

        • @Lindenberg:

          Ein tragischer Fall, aber was ist die Darstellung der Gegenseite? Warum wurden die Ermittlungen eingestellt? Man bräuchte Quantitative Daten die belegen das es für nicht-weiße unwahrscheinlicher ist einen Polizeieinsatz nicht zu überleben. Einzelne Fälle so tragisch sie sind belegen keinen Rassismus sondern höchstens Polizeigewalt. Ich glaube durchaus an strukturellen Rassismus in der Polizei aber dramatische Einzelschicksale selbst wenn zusammengetragen ohne Quantitative Analyse werden viele Menschen nicht überzeugen. Damit überzeugt man Leute in der eigenen Bubble. Will man gesellschaftlichen Wandel braucht man harte Quantitative Daten dazu.

      • @Machiavelli:

        Sie relativieren Rassismus mit Ausnahmesituationen und wie die Situation in anderen Länder ist ist völlig irrelevant.

        • @Andreas J:

          Die Website vermischt Ausnahmesituationen ich habe das nur kritisiert, und um zu beurteilen wie groß das Problem ist braucht man Kontext. Wie gesagt wie oft Sterben deutsche im Gewahrsam im Vergleich? Ist das Problem Rassismus oder nur Polizeigewalt? Was machen andere Länder besser etc.?

          • @Machiavelli:

            Sie verstehen es nicht. Ihre Argumentation mit dem Hinweis auf Messerangriffen im Zusammenhang mit Migranten impliziert das rechte Klischee vom Messerstecher. Das ist keine neutrale Formulierung zumal diese nicht in dem Kommentar auf dem sie antworteten vorkam. Neutral ist: aus Notwehr im Polizeieinsatz getötet. Migrantenwerden sicherlich auch nicht reihenweise Suizid begehen. Wird vorkommen, wird aber genauso wenig die Regel sein wie bei inhaftierten Deutschen.

            • @Andreas J:

              Es werden auch Weiße Deutsche die Menschen mit Messern bedrohen von der Polizei erschossen.. Und Notwehr im Polizeieinsatz getötet wenn jemand ein Messer hat ist eben kein Beleg von Rassismus, aber genau solche Fälle werden auf der Website die Lindenberg verlinkt hat auch genannt. Das habe ich kritisiert die Website und die Zahl 224 ist komplett unsachlich weil da Dinge vermischt werden.

              Und Menschen begehen ständig in Haft oder unter Arrest Selbstmord, das ist ein großes Problem. Deswegen bräuchten wir Kontext wie hoch ist der prozentuale Anteil an weißen Deutschen die in der Haft Suizid begehen? Wie hoch ist er unter Nicht-Weißen? Der Großteil der 224 fällt auf Suizid, klingt viel aber ohne Kontext sagt das halt nicht viel und Beweis für Rassismus ist es gleich dreimal nicht.

              Lesen sie sich die Website die Lindenberg gepostet hat durch dann werden sie das Problem erkennen. Das unsachliche Zusammenwerfen von verschiedenen Sachverhalten schadet der Debatte.

        • @Andreas J:

          Man soll auch aus den richtigen Motiven nicht mit den falschen Zahlen herumwerfen.

          Da hat Machiavelli durchaus recht.

        • @Andreas J:

          Seit wann relativiert man wenn man Zahlen in einen bestimmten Kontext setzen möchte? Das ist doch vernünftig, gerade um herauszufinden wie groß das Problem wirklich ist. Wenn man über ein Problem aufklären möchte braucht man alle Fakten. Und nicht nur die welche die eigene Position stärken.

          • @Müller Christian:

            Dafür den gerade bei Rechten beliebten Messerstecher auszupacken zeigt ja wohl wessen Geistes Kid man ist. Neutral formuliert kann man auch von in Notwehr im Einsatz getöteten schreiben. Man muss nicht rassistischen AFD-Jargon übernehmen.

        • @Andreas J:

          Ich teile Ihre Kritik an Machiavelli mit seiner abwertenden rassismusverdächtigen Aufrechnung...

        • @Andreas J:

          Die Frage war ja gerade, ob es sich um Ausnahmen handelt. Wenn sich nur 2 suizidiert haben und einer mit einer Waffe hantierte ist das natürlich die Ausnahme. Wenn es 187 Suizide waren, sieht das schon anders aus.



          Und ob es sich dabei um Rassismus handelt, oder es andere Gründe für die Häufung gibt, muss diskutierbar sein. Ein stumpfes "Sie Rassist!" hilft hier nicht weiter...

        • @Andreas J:

          Erst mal muß geklärt sein, ob es sich um Rassismus handelt. Wird eine Person aus den besagten Gruppen bei einem Polizeiensatz aufgrund eines erforderlichen Schusswaffeneinsatzes getötet, ist es kein Rassismus. Daher ist der von @Machiavelli angesprochene Kontext unbedingt wichtig. Und natürlich müsste auch geklärt werden, wieviele Personen wegen gesundheitliche Probleme in Polizeigewahrsam verstorben sind und dies auch so im heimischen Bett passiert wäre.

          • @Puky:

            "Wird eine Person aus den besagten Gruppen bei einem Polizeiensatz aufgrund eines erforderlichen Schusswaffeneinsatzes getötet, ist es kein Rassismus", schreiben Sie.

            Diese Aussage scheitert schon an der Frage danach, wie die Polizei vor Ort überhaupt darauf kommt, ein Schusswaffeneinsatz sei "erforderlich". Da landet man sehr schnell bei rassistischen Mustern, wenn nicht gar Vorurteilen einzelner Kräfte.



            Tatsächlich muss Polizeiarbeit sogar explizit antirassistisch sein. Wie reagieren denn z.B. unterschiedlich sozialisierte Jugendliche auf Polizeikräfte: Ruhig bleben, die tun mir nichts, die können mir nichts? Oder weglaufen, Polizei ist erfahrungsgemäß (!) brutal und gemein? Warum läuft jemand davon, aus Angst vor Entdeckung oder aus Angst vor Gewalt? Polizeiarbeit die solche Zusammenhänge vermeintlich neutral ignoriert, reproduziert den gesellschaftlichen Rassismus.