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Antisemitismus-Debatte in DeutschlandAusweitung der Tabuzone

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Die deutsche Definition von „Antisemitismus“ schadet einer offenen Debatte – und grenzt ausländische und jüdische Künstler und Intellektuelle aus.

Filmfestspiele Berlin, 24. Februar: Preisverleihung für den Film „No other Land“ der Regisseure Basel Adra and Yuval Abraham Foto: Fabrizio Bensch/reuters

Das Ghetto wird liquidiert“, schrieb Masha Gessen mit Blick auf Israels Kriegsführung in Gaza. Hierzulande sorgte dieser Satz in einem Essay, der im Magazin New Yorker erschien, für einen Eklat. Denn in Deutschland hat man sehr weitreichende Vorstellungen davon, was man in Bezug auf Israel alles nicht sagen darf.

Der Meinungskorridor wird deshalb immer enger – und es könnte noch schlimmer kommen, wenn Kulturstaatsministerin Claudia Roth vor dem Druck einknickt, der nach der Berlinale wieder zugenommen hat. Dass der israelische Botschafter Ron Prosor sie und die Kulturminister jetzt dafür lobte, dass sie die Kunstförderung unter „Antisemitismus“-Vorbehalt stellen wollen, ist ein schlechtes Zeichen.

Seit 2017 stützt sich Deutschland auf eine Antisemitismus-Definition, die von der israelischen Regierung propagiert wird. Sie wurde 2016 von der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) beschlossen. Kritiker monieren, dass sie berechtigte Kritik an Israel als antisemitisch abstempelt, und fürchten, dass sie der Willkür von Behörden Tür und Tor öffnet. Misstrauisch stimmen sollte, dass Donald Trump und Viktor Orbán die IHRA-Definition freudig übernommen haben.

Wer, wie Gessen, Israels Vorgehen mit NS-Verbrechen vergleicht, der handelt laut IHRA-Definition antisemitisch, Punkt. Gessen stammt aus einer jüdischen Familie von Holocaust-Überlebenden und wollte nicht deutsche Nazi-Verbrechen verharmlosen, sondern israelische Kriegsverbrechen skandalisieren. Doch über solche Unterschiede geht die IHRA-Definition plump hinweg. Überwiegend jüdische Autoren und Experten verfassten deshalb 2021 als Gegenentwurf die „Jerusalemer Erklärung“ – eine Definition, die Kritik an Israel und Antisemitismus strikt unterscheidet.

NS-Vergleiche sind nicht per se tabu

In Deutschland hat die IHRA-Definition inzwischen quasi amtlichen Status erlangt. Die Bundesregierung empfiehlt, sie in der Schul- und Erwachsenenbildung, in Justiz, Verwaltung und Polizei einzusetzen, die Hochschulrektorenkonferenz übernahm sie vor fünf Jahren. Auf Grundlage der IHRA-Definition verabschiedete der Bundestag 2019 seine umstrittene BDS-Resolution. Boykott-Aufrufe gegen Israel erinnerten an „die schrecklichste Phase der deutschen Geschichte“, hieß es damals – ein NS-Vergleich, der bemerkenswerterweise kaum auf Kritik stieß.

Denn NS-Vergleiche sind in Deutschland nicht per se tabu. Werden Putin oder Erdoğan mit Hitler verglichen, sind wenige empört. Wenn Israels Premier Netanjahu die Hamas mit Nazis gleichsetzt, sich Israels UN-Botschafter einen Judenstern anheftet oder der israelische Armeesprecher das Hamas-Massaker als „Mini-Holocaust“ bezeichnet, finden sie hierzulande sogar Fürsprecher.

Diese Doppelstandards haben zugenommen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser ließ den palästinensischen Slogan „From the River to the Sea“ verbieten, Grünen-Chef Robert Habeck nannte ihn gar eine „Auslöschungsfantasie“. Die Zahl der registrierten antisemitischen Straftaten ist auch deshalb stark angestiegen, weil die Behörden angehalten sind, solche Slogans strikt zu verfolgen. Aber was ist dann die fast gleich lautende Formulierung im Gründungsprogramm von Netanjahus Likud-Partei, in der diese seit 1977 den Anspruch auf ein Großisrael vom Mittelmeer bis zum Jordan erhebt?

Welche Worte sind noch gestattet?

Die deutsche Dauerempörung über politisch angeblich inkorrekte Kritik an Israel führt dazu, dass die Tabuzone immer größer wird. Ruft jemand auf einer Demonstration „Kindermörder Israel“, holen manche gleich die Polizei. Aber welche Worte sind angemessen, um Israels Vorgehen im Gazastreifen anzuprangern, das mehr Kinder das Leben gekostet hat als alle anderen Kriege der letzten vier Jahre zusammen? Die Zerstörung von Gaza ist beispiellos. Aber wehe, jemand nennt das einen „Vernichtungskrieg“!

Neuerdings behaupten manche sogar, rote Handflächen – ein universelles Symbol dafür, dass jemand „Blut an den Händen“ hat – bedeuteten in Israel etwas ganz anderes als im Rest der Welt. Dieser Unsinn wird selbst von seriösen Feuilletonisten verbreitet.

Kulturell-intellektuelle Provinzialisierung

Die Deutschen haben den Ruf, ein Volk der Oberlehrer und Gesinnungspolizisten zu sein. Eifernde „Antisemitismus“-Jäger wie Volker Beck bestätigen dieses Klischee. In der Kulturszene hat das zu einem Klima der Angst und (Selbst-)Zensur geführt. Sie trifft vor allem ausländische – und sehr oft jüdische – Künstler und Intellektuelle.

Das Saarlandmuseum sagte eine für 2024 geplante Ausstellung der jüdischen Künstlerin Candice Breitz aus Südafrika ab. Eine Vortragstour der 88-jährigen Holocaust-Überlebenden Marione Ingram in ihrer Geburtsstadt Hamburg wurde abgesagt. Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Elon Musk dagegen kann auf X so viele antisemitische Verschwörungstheorien teilen, wie er will – wenn er nach Berlin kommt, steht der Bürgermeister für ein Selfie stramm.

Intellektuelle von Weltrang wie Achile Mbembe, Judith Butler und Naomi Klein dagegen machen längst einen Bogen um Deutschland. Die US-Künstlerin Laurie Anderson zog sich von einer Folkwang-Gastprofessur in Essen zurück. Die diesjährige Biennale für aktuelle Fotografie wurde abgesagt. Die Zukunft der documenta ist ungewiss. Und wer möchte noch zur Berlinale kommen, wenn er befürchten muss, hinterher als „Antisemit“ beschimpft zu werden? Dem deutschen Feuilleton scheint das egal: Es heizt die von Bild-Zeitung und rechten Blogs angefeuerte moralische Panik noch an.

Laut einer Allensbach-Umfrage aus dem vergangenen Jahr glauben nur noch 40 Prozent der Deutschen, ihre Meinung frei äußern zu können, und gaben an, sich deshalb zurückzuhalten. Eine Ausnahme bildeten nur Anhänger der Grünen und Akademiker. Möglicherweise gibt es einen Zusammenhang zu den toxischen Antisemitismus-Debatten in diesem Land. Sie schüchtern viele Menschen ein.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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63 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ich empfehle allen in den Kommentaren die so auf die IHRA Definition pochen den Artikel im Verfassungsblog zu lesen. Die



    Stellungnahme wurde am 5. Dezember 2023 an die Fraktionsvorsitzenden, an die Mitglieder der Ausschüsse Inneres und Recht sowie an die Ausschussbüros der anderen beteiligten Ausschüsse des Bundestags versandt.



    Titel: "Die Implementation der IHRA-Arbeitsdefinition Antisemitismus ins deutsche Recht – eine rechtliche Beurteilung"

  • Vielen Dank für diesen Beitrag. Ich habe es woanders schon geschrieben aber sage es nochmal: Eine Definition, egal zu welchem Begriff, die eine Kritik an einer Regierung nicht zulässt, hat in einer Demokratie nichts zu suchen.



    (vor allem dann auch nicht wenn die Regierung gegen internationale Gesetze verstößt und die Menschenrechte anderer verletzt.)



    Vielleicht sollte man in den Deutschen Medien mehr Interviews mit jüdischen Menschen bringen, die der israelischen Regierung kritisch gegenüber stehen, damit hier auch mal ein differenzierter Diskurs stattfindet oder die Menschen überhaupt mal sehen, das dies keine Ausreißer oder extrem Linken unter den Juden sind, sondern das dies vielleicht nicht die Mehrheit sind aber doch keine kleine Gruppe, im Gegenteil. Und das dies auch eine sehr unterschiedliche Gruppe ist, nicht nur Künstler, sondern auch Historiker, Intellektuelle, Ulthraorthodoxe, ganz normale Bürger, Journalisten, Politiker, etc umfasst. Das fehlt in Deutschland immens.



    Das so viele kritische Stimmen aber gar nicht gehört werden wollen, gerade auch von unseren Politikern finde ich genauso problematisch wie die Reaktion auf jüdische Kritiker nicht nur in den letzten Monaten.

  • Danke Herr Bax !!!

  • Israel = Staat.



    Judentum = Religion.



    Mensch = Mensch



    Einfach für Israel dieselben universalen Maßstäbe anlegen, also sich nicht nur auf ihn einschießen, sondern auch an Westsahara und Tibet denken. Aber bitte auch nicht alles durchwinken, wie viel zu lange geschehen.



    Die Gleichsetzung von Staat und einer bestimmten Ethnie oder Religion allein ist übrigens grundsätzlich bedenklich, auch bei Spagettimonsters.



    Völkerrecht für alle!

  • [...] Beitrag entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette. Vielen Dank! Die Moderation

  • Sooooo gut — danke !

  • Danke für diesen Kommentar! Vollste Zustimmung!

  • Der Glaube oder die Behauptung, nicht mehr alles sagen zu dürfen, ist nicht Ergebnis von Einschüchterung sondern von Überforderung. Wer selber denkt, hat schlichtweg überhaupt kein Problem mit vermeintlichen Grenzen. Dass die Bild zufällig die selbe Meinung propagiert, kann dann auch nicht verschrecken. Nur wer einfache Meinungen vertreten möchte und gleichzeitig auf Grenzen reagiert, der fühlt sich natürlich gehemmt. Wer die Akzeptanz von Communities sucht oder vielleicht sogar wirklich braucht (die Kulturbranche ist dafür sehr anfällig) hat es schwer. Beim Thema Israel erst Recht. Das ist natürlich etwas unangenehm, aber dann sollte man vielleicht einfach darauf verzichten, sich eine Meinung zu gönnen. Ansonsten bleibt es eben schmerzhaft. Der Anspruch aber, eine nicht- deutsche, eine "offene" Debatte führen zu wollen, ist komplett verfehlt. Ein Deutscher kann keine freie Position einnehmen, das hat nichts mit Oberlehrer- Attitüde zu tun, das hat mit Betroffenheit zu tun. Die internationale Kritik an Israel ist in ihrer Selbstgefälligkeit tatsächlich teilweise antisemitisch, vor allem aber ist sie eben keine Bereicherung. Sie befreit uns nicht von unserer Pflicht zur Solidarität mit Israel und schon der Wunsch danach ist verwerflich.

    • @Benedikt Bräutigam:

      "Sie befreit uns nicht von unserer Pflicht zur Solidarität mit Israel und schon der Wunsch danach ist verwerflich."

      Bisher habe ich ganz bewusst eine klare Trennung zwischen der israelischen Bevölkerung und der Regierung Netanjahu vollzogen. Nach der heutigen Lektüre des taz Artikels" Hunger Alarmstufe Rot ", in der u.a. erwähnt wird, dass laut einer Umfrage 68% der jüdischen Israelis Hilslieferungen an Palästinenser ablehnen, gerate ich ins Wanken, ob diese Trennung zwischen Regierung und Bevölkerung noch aufrecht zu halten ist.

      Kurz gesagt, wer als Regierung Hunger als "Kriegswaffe" einsetzt hat nicht nur jegliche Legitimation verloren, sondern gehört vor Gericht gestellt.

      Auch als deutscher muss ich nicht solidarisch sein mit einem Staat der palästinensische Kinder zur Kriegspartei erklärt, wie Ben Gvir es mit seinen Äußerungen wie "Im Krieg muss man den Feind vernichten, ohne dabei scheinheilig zu sein.“ hinsichtlich der Evakuierung des SOS Kinderdorfs getan hat. Ich kann Anteil nehmen an dem Leid der israelischen Opfer und Angehörigen des Hamas Massakers, die Geiselnahme verurteilen und dennoch betonen, dass niemand ein Recht darauf hat ein Unrecht mit einem weiteren Unrecht zu vergelten. Da haben auch historische Bezüge keine Rolle zu spielen hinsichtlich der Urteilsfindung. Recht muss Recht bleiben und Unrecht auch klar und deutlich als Unrecht beziffert werden. Das lässt sich nicht gegeneinander "aufrechnen".

      Und das Recht auf Selbstverteidigung rechtfertigt keinen "Vernichtungskrieg".

      Daher kann ich leider keiner ihrer Positionen bezüglich Israel, in ihrem Kommentar, zustimmen.

      • @Sam Spade:

        Was ich bei Ihnen lese, ist auch nichts Anderes als legitime, sachliche Israelkritik. Das Problem sind Hassäußeungen, die oft genug mit antisemitischen Klischees arbeiten, Vernichtungsphantasien und gewisse polemische Uberhöhungen, insbesondere der von den "leidenschaftlicheren" Kritikern immer wieder unternommene Versuch, Israel den Holocaust (oder andere gegen Juden begangene Greueltaten) als Spiegel des eigenen Handelns vorzuhalten. Diese sind nicht nur "politisch unkorrekt", sondern entlarven antisemitische Denkschemen und eine Niedertracht, die sachlich nicht gerechtfertigt ist.

      • @Sam Spade:

        Vielen Dank für ihren treffenden Kommentar!

  • Der Absatz zu den roten Handflächen ist wirklich das Armseligste, was ich bislang von Herrn Bax gelesen habe. Wer sich zum Thema Antisemitismus äußert und nicht versteht, dass das Bild roter Hände im Nahen Osten eine sehr spezifische Aussage hat (für Herrn Bax: Es ging um das Lynchen zweier jüdischer Israelis im Westjordanland in den frühen 2000ern, die Mörder zeigten stolz die blutigen Hände am Fenster), der sollte über Landesgartenschauen oder andere unkritische Themen schreiben.

    • @Gesunder Menschenverstand:

      Was Sie mit dem Hinweis zu den roten Handflächen ganz zu Recht anprangern, sind Dummheit und Geschichtsvergessenheit - und diese beklagenswerte Dumpfheit wird natürlich nicht besser, wenn sie im links-aktivistischen akademischen Millieu zum Vorschein kommt.



      Aber: Nicht-Nachdenken und das Verweigern der Anerkennung gewisser Fakten sind per se noch KEIN Antisemitismus - selbst dann nicht, wenn sie den „Argumenten“ der Antisemiten gefährlich nahe kommen.



      Beispielsweise Israel in Gaza des Kindesmordes zu bezichtigen, ist deshalb gefährlich, weil es in der Tat Assoziationen zu der uralten antisemitischen/antijüdischen Figur des Juden als Kindermörder erwecken kann. Und es liegt nahe, dass diese Figur von einschlägigen Kreisen bewusst wiederbelebt werden soll. Insofern tatsächlich ein ganz schlechtes Beispiel, das Bax hier bringt.



      Trotzdem bin ich Bax dankbar, dass er auf die deutlich zutage tretenden Schwachstellen der IHRA-Antisdmitismus-Definition hinweist. Auch ich bin entschieden der Meinung - etwa mit Wolfgang Benz und Micha Brumlik - , dass sie KEIN geeigneter Beitrag sein kann, Antisemitismus wirklich zu bekämpfen, im Gegenteil. Und ich bin fest davon überzeugt, mit der “Jerusalem Declaration” liegt ein deutlich wirksamerer Ansatz vor, dies unvoreingenommen und ohne ideologischen “Pulverdampf” zu leisten. Ohne legitime Debatten abzuwehren oder gar Kritik an der israelischen Kriegführung in Gaza und det Besatzungspolitik in den Westbanks zu kriminalisieren.



      Kann ja sein, dass ich daneben liege - aber wenn wir es schaffen, sachlich und nüchtern (nicht leidenschaftslos!) über das Für und Wider beider Positionen (IHRA/JDA) zu streiten, wäre m.E. schon viel gewonnen, zumindest was die Auseinandersetzung mit Judenfeindlichkeit IN DIESEM LAND betrifft.

      • @Abdurchdiemitte:

        "Beispielsweise Israel in Gaza des Kindesmordes zu bezichtigen, ist deshalb gefährlich, weil es in der Tat Assoziationen zu der uralten antisemitischen/antijüdischen Figur des Juden als Kindermörder erwecken kann."

        Was soll das den heißen. Lieber die Fakten ignorieren, damit die political correctness gewahrt bleibt? Wenn Kinder bei Kriegshandlungen getötet werden oder gar als Kriegspartei angesehen werden, spielt es keine Rolle welche Assoziationen dabei geweckt werden. Das Verbrechen muss als solches bezeichnet und beim Namen genannt werden. Ist nicht persönlich gemeint, aber ich halte ihr Argument für ziemlichen "Quatsch".

        • @Sam Spade:

          Israel ist allerdings der einzige Staat, dem "Kinderm*rder* entgegengebrüllt wird, und der als Projektionsfläche für Antisemitismus aller Couleur herhalten darf.

  • Auch nach mehrmaliger Lektüre weiß ich immer noch nicht, was denn die "deutsche Definition von Antisemitismus" eigentlich bedeuten soll.

    Und bei wem bitteschön stehen wir in dem Ruf ein Volk der Oberlehrer und Gesinnungspolizisten (was für ein Begriff) zu sein? Ist mir in Europa und den USA, bei privaten und beruflichen Reisen, in den letzten 30 Jahren noch nie untergekommen. Ich glaube eher den Ruf erlegen wir uns gerne selber auf, um manche unnötige Diskussion und "klein-klein" Debatte zu rechtfertigen.

    Und das die toxischen Antisemitismus Debatten viele Menschen einschüchtern und darin hindern an einer Diskussion teilzuhaben, kann ich zwar nicht nachvollziehen, aber es wäre schlimm, wenn dieses zuträfe.

  • Vielleicht sollten alle Beteiligten erst einmal sprachlich ein wenig abrüsten, um anschließend wieder mehr ins Gespräch zu kommen. Das darf gerne auch kontrovers sein, Diskussionen unter Leuten, die sich in allem einig sind braucht niemand.



    Mein großes Vorbild in dieser Hinsicht ist Meron Mendel. Man höre und staune: forum.jungundnaiv....el-antisemitismus/

  • Ganz schlechte Beispiele. Wer sollte die Boykotteure des BDS bedauern, wenn ihr selbst boykottierten, oder das dämliche agieren der Documenta - Verantwortlichen nachträglich schönreden wollen? Wer erinnert sich nicht an die hasserfüllten Parolen vergangener Palöstinenserdemonstrationen in deutschen Städten, schon lange vor dem 7. Oktober? Gerne mehr auch kritischer Dialog und Diskurs, aber dann bitte nicht im linken Lieblingsduktus nur gegen eine Seite. Ob man das noch erleben darf?

    • @vieldenker:

      Aber Ihnen ist schon bekannt, dass die EU höchstselbst gerade Boykottmassmahmen gegen militante jüdische Siedlernationalisten im Westjordanland auf den Weg gebracht hat?



      taz.de/EU-Sanktion...lerinnen/!5996232/



      Hätte man darauf verzichten sollen, weil diese - immerhin gegen jüdische Menschen gerichtete - Maßnahmen durchaus in einer Linie mit den Boykottaufrufen des BDS stehen?



      Und ich sag’s noch einmal: der Protest gegen diese israelische Besatzungspolitik - und wenn sie in konkreten politischen Maßnahmen ihren Ausdruck findet - hat nichts mit Antisemitismus zu tun! Er ist sogar erforderlich, wenn man die “richtigen Lehren“ aus der Geschichte des Judenhasses in Deutschland und Europa ziehen will.

      • @Abdurchdiemitte:

        Guter Kommentar. Endlich mal!

  • was mich an diesen Diskussionen abartig nervt ist das zitieren radikaler jüdischer Promis (A,B,C Kategorien) (diesmal nicht Siedler etc) wie Butler und Konsorten als Legitmitation der Delegimitation als Beweis das das ja nicht antisemitisch sein kann. Stellen wir uns nur mal vor radikale Linke In Deutschland werden zitiert als Beweis das ja nicht deutschfeindlich sein kann (Keine Nato, Putinversteher a la Wagenknecht und und und. Meine linken jüdischen Freunde sind kritisch aber von Genozod zu sprechen, Holocaustvergleiche anzustellen oder ähnliches käme ihnen nicht über die Lippen

  • "Die Angriffe auf Dokumenta und Berlinale haben gewirkt."

    Wir sind uns vermutlich einig, dass man Rassisten als Rassisten bezeichnen darf, Nazis als Nazis ... und meiner Meinung nach Antisemiten als Antisemiten.

    Ich kann nicht nachvollziehen, weshalb bei Antisemiten davon abgewichen werden soll. Wenn diese zukünftig einen Bogen um Deutschland machen, finde ich das in Ordnung. "Eigentlich" müssten diese Menschen ja selbst begreifen, dass gerade (!) Deutschland kein Land sein darf, in dem Antisemitismus hoffähig ist.

    • @*Sabine*:

      Es geht nicht darum, Antisemiten nicht zu denunzieren. Es geht darum, daß diese Anschuldigung mißbräuchlich verwendet wird, um Israelkritik im Keim zu ersticken.

    • @*Sabine*:

      Schon richtig, was Sie in Ihrem Pust schreiben. Aber darum ging es Daniel Bax in seinem Kommentar wahrscheinlich nicht - es geht um eine Kritik der Tendenz, alles, was an unliebsamen Positionen gegenüber Israel daherkommt - etwa die unverhältnismässige Kriegführung in Gaza - zu delegitimieren, letztlich sogar zu kriminalisieren. Dieser Intention dient die Antisemitismus-Definition der IHRA und deshalb - und wegen der ideologischen „Aufladung“ - kann sie auch kein geeignetes Mittel sein, tatsächlichen Antisemitismus wirksam zu bekämpfen.



      Da bin ich Bax - trotz schlecht gewählter Beispiele (rote Hände, Israel als Kindermörder) - sogar dankbar, das Problem derart auf den Punkt gebracht zu haben.



      Und mit Micha Brumlik wuetde ich sogar noch einen Schritt weitergehen; es droht der Marsch in die Illiberalität. Eine Verengung von Meinungskorridoren als Preis für die Bekämpfung des Antisemitismus - das kann’s doch nicht sein. Was sich jetzt als hässliche Fratze (der Judenfeindlichkeit, aber auch der Islamfeindlichkeit, des Rassismus, des Sexismus), soll alleine mit strafbewehrten Maßnahmen eingedämmt werden? Wer’s glaubt …

  • "Möglicherweise gibt es einen Zusammenhang zu den toxischen Antisemitismus-Debatten in diesem Land. Sie schüchtern viele Menschen ein."

    Wenn Antisemiten, Rassisten und Sexisten auf gewaltfreie Weise eingeschüchtert werden, finde ich das gut. Aus meiner Sicht macht das eine Gesellschaft lebens- und liebenswerter.

  • "... dass sie die Kunstförderung unter „Antisemitismus“-Vorbehalt stellen wollen, ist ein schlechtes Zeichen."

    Ich hoffe darauf, da ich nicht möchte, dass Kunst das Einfallstor ist, um Antisemitismus, Rassismus und Sexismus in die Gesellschaft zu tragen und dort zu etablieren.

    "... die von der israelischen Regierung propagiert wird."

    Für mich ist tatsächlich Israel der Maßstab für die Definition von Antisemitismus.



    Weshalb versuchen wir bei anderen Minderheiten ernst zu nehmen und zu respektieren, was sie denken und fühlen, wie sie Vorfälle einschätzen und beurteilen, bei jüdischen/israelischen Menschen soll dies jedoch wegdiskutiert werden?



    (Beispiel: Als schwächer pigmentierter Mensch steht es mir meiner Meinung nach nicht zu, stärker pigmentierte Menschen zu belehren, was Rassismus ist oder nicht und wie sie bestimmte Erfahrungen zu bewerten haben. Ich denke, das ist mittlerweile Konsens.)

    "... sondern israelische Kriegsverbrechen skandalisieren."

    Sind die gerichtsfest belegt oder strittig?

    "Aber welche Worte sind angemessen, um Israels Vorgehen im Gazastreifen anzuprangern, das mehr Kinder das Leben gekostet hat als alle anderen Kriege der letzten vier Jahre zusammen?"

    Es ist das Vorgehen der palästinensischen Seite/Hamas, die zu Lasten der u.a. Kinder nicht kapituliert und die Geiseln freilässt.

    • @*Sabine*:

      Das gibt mir aber sehr zu denken, dass für Sie Israel der Maßstab für die Definition von Antisemitismus ist. Israel ist nämlich nicht der Repräsentant der jüdischen Weltgemeinschaft. Schon gar nicht, wenn das die Assoziierung des Judentums mit einem Voelkerrechtwiedrig agierenden Staat einschliesst. Diese Assoziierung würde ich sogar als antisemitisch empfinden. Denken Sie vielleicht nochmal drüber nach.

  • "Misstrauisch stimmen sollte, dass Donald Trump und Viktor Orbán die IHRA-Definition freudig übernommen haben." - Hier zeigt sich eine weitere Facette der Polarisierung, wenn es um den Nahostkonflikt geht. Besonders in den USA (teilweise auch in Deutschland, hier z.B. durch den Migrationsdiskurs) hat sich die politisch organisierte Jüdische Stimme (AIPAC, ADL) mit sagen wir mal: mindestens nicht progressiven gesellschaftlichen Anliegen vermengt (klar, wer verteidigte Netanyahu, Lieberman, Siedler*innen, Administrativhaft usw. in der Zeit vor der aktuellen Regierung? Bestimmt keine fortschrittlich denkenden Menschen!). Das trägt dazu bei, dass der Nahostkonflikt unverdientermaßen in anderen gesellschaftlichen Konflikten mitverhandelt wird (z.B. Klimaaktivismus - die taz berichtete). Die IHRA-Definition ist eine Schwarz-Weiß-Maschine, die über ihren intendierten Anwendungsbereich hinauswirkt und besonders aufseiten der Reaktion Koalitionen ganz unterschiedlicher Akteure ermöglicht. Das ist mitunter inhaltlich absurd (siehe die AfD-Unterstützung für Israel), zieht aber ähnlich Schwarz-Weiß argumentierende Kritiken auf sich. Polarisierung statt Eindeutigkeit.

  • Die öffentlich breit geförderte Initiative "Global Assembly" hat ihre Veranstaltung zum Paulskirchen-Jubiläum abgesagt. Grund: Sorge, dass ausländische Teilnehmer etwas sagen könnten, was in Deutschland außerhalb des Meinungskorridors liegt, und damit die ganze Organisation gefährden. Die Angriffe auf Dokumenta und Berlinale haben gewirkt.

    • @ChrisGr:

      Haben sie die Kommentarspalte taz.de/Nahost-Deba...bb_message_4706515 bzgl. des Kommentars von Ilija Trojanow zu der Global Assembly schon gelesen? Ich würde ihnen sonst nahelegen dies zu tun.

      Aber erläutern sie gerne was sie so mit „Die Angriffe auf Dokumenta und Berlinale haben gewirkt.“ meinen.

  • Meiner Meinung nach wird es im letzten Absatz echt unangenehm Blöde.



    Vielleicht sind auch ältere, weniger gebildete und stärker zur AfD oder FDP neigende Menschen auch u.a. primär Gekränkt, weil sie einerseits nicht mehr unwidersprochen so daher reden können wie früher. Und sich andererseits auch nicht mehr, wie gewohnt, unwidersprochen durchsetzen können. Mir scheint aber Schlüssiger, das es sich um Nachwirkungen der Pandemie und ihrer Erscheinungen handelt, als Auswirkungen toxischer Antisemitismus-Debatten.

  • „Kindermörder Israel“ bedient ein uraltes antisemitisches Sterotyp



    Die roten Hände sind bei Israelis und Palästinsern mit dem Lynchmord in Ramallah verbunden.



    Der Slogan „From the river..“ und Kettchen auf denen ganz Israel in Palästinensischen Farben gemalt wird, leugnen das Existenzrechts Israels.



    Auch Jüdinnen und Juden können übrigens antisemitische Stereotypen und unangemessene Holicaust-Vergleiche verbreiten. Genau wie Künstler:innen und Menschen aus dem sog. „globalen Süden“ nicht frei von Antisemitismus sind.



    Das ist doch gut, darüber zu diskutieren und nachzudenken, weil Antisemitismus für Betroffene gefährlich ist.

    • @Karla Columna:

      "„Kindermörder Israel“ bedient ein uraltes antisemitisches Sterotyp"

      So ist es. Wird auch in der Forschung so gesehen, siehe etwa Klaus Holz/Thomas Haury, Antisemitismus gegen Israel. Hamburger Institut für Sozialforschung, Hamburg 2021, S. 356

      "Applying the symbols, images and negative stereotypes of classical antisemitism to the State of Israel", gilt übrigens auch nach der von Bax so gelobten Jerusalemer Erklärung als antisemitisch jerusalemdeclaration.org/

      Erinnert alles ein bisschen an Ruangrupa bei der Documenta. Die haben ja auch den Antisemitismus partout nicht erkennen können.

  • Sehr guter Kommentar.

  • Wow. Einfach nur wow. Die Antisemitismus-Definition der IHRA ist keine »deutsche«, sondern eine internationale. 43 UN-Mitgliedstaaten unterstützen die Definition, ebenso die Europäische Union. Aber viel wichtiger ist: Alle großen, repräsentativen jüdischen Organisationen in der Diaspora und in Israel stehen dahinter.

    Denn auch wenn Daniel Bax sich schwer damit tut: Was diskriminierendes Verhalten darstellt und was nicht, wird immer von den Betroffenen selbst definiert. Punkt. Da bedarf es keiner »offenen Debatten«, keines »Dialogs«, keiner Gegenvorschläge oder Verhandlungsangebote. Das Einzige, was Menschen, die nicht von Antisemitismus betroffen sind, tun müssen, ist zuhören, verstehen oder sich gegebenenfalls bilden, sich solidarisch zeigen und ihr Verhalten ändern. Genau wie bei allen anderen Formen von Diskriminierung auch. Juden und Jüdinnen von diesem Prinzip auszuschließen, ist antisemitisch. Die ganze Debatte, die Leute wie Daniel Bax so gerne führen wollen ist es: Man stelle sich mal vor, die taz würde einen solchen Kommentar wie diesen hier veröffentlichen, bei dem es um die Ausweitung einer vermeintlich zu engen Definition von Rassismus oder Sexismus ginge.

    Aber es geht ja um Juden und Jüdinnen …

    • @Tim Klabim:

      "Was diskriminierendes Verhalten darstellt und was nicht, wird immer von den Betroffenen selbst definiert. Punkt."



      Und genau hier machen Sie es sich zu leicht. Es gibt in vielen Fällen nicht "die Betroffenen ". Ganz einfach, weil "die Betroffenen " eben oft keine homogene Masse sind. Dabei rede ich explizit nicht von eindeutigen Fällen von Diskriminierung.



      Solange wir aber in einer Gesellschaft leben, haben alle die gleichen Rechte. Da kann nicht einer oder zwei bestimmen, was diskriminierend ist und der Rest der Gesellschaft hat zuzuhören und zu lernen. Nochmal: ich rede nicht von eindeutigen Fällen.

  • Es sind genau solche Reaktivierungen und das ständige Nagen an der Singularität des Holocaust, die eine IHRA Definition notwendig machen.

  • Ein wichtiger Beitrag. Danke an Daniel Bax

  • Wenn gewisse Intellektuelle austicken, weil irgendwo falsch gegendert wird aber schweigen, wenn die Hammas israelische Frauen brutalst vergewaltigt und ermordet …

    Wenn gewisse Intellektuelle zu diversen Konflikten in der Welt schweigen aber austicken, weil sich Israel verteidigt …

    … dann hat es ein Geschmäckle.

    Dann muss die Frage erlaubt sein, warum gewisse Intellektuelle dem einzigen Staat in der Welt



    mit einer jüdischen Bevölkerungsmehrheit eine besondere Behandlung zukommen lassen?

  • Auch im Bereich Antidiskriminierungs-Projekte haben Muslime die sich in den sozialen Medien kritisch zum Konflikt geäußert haben, ohne Antisemitismus zu verbreiten oder pro Hamas zu sein, immer mehr Probleme. Manche Förderer oder Träger stellen aus Angst in Frage ob sie sich als Seminarleiter oder im Awareness-Team eignen. Das nimmt zunehmend diskriminierende Formen an.

  • Achso, wenn also ein Großteil der Kritik an Israel antisemitisch ist, dann muss man sich diesem Trend anschließen denn es droht: Kulturell-intellektuelle Provinzialisierung.

    Die internationale Eichmarke markieren demnach also Butler und Co. die Israel fröhlich Genozid unterstellen, von Besatzung und Widerstand faseln und "Beweise" für die Massenvergewaltigungen jüdischer Frauen sehen wollen.

    Wenn das wie Bax - der sich immerhin treu bleibt - fordert und Antisemitismus einfach wegdefiniert wird dann ist es wirklich vorbei mit einem kritisch progressiven Diskurs. Nur, weil die Mehrheit sich auf einen intellektuellen Wahnsinn eingeschossen hat, heißt das nicht, dass man sich dem anschließen muss.

  • In Syrien waren schon 2013 über 11.000 Kinder getötet worden. Dabei wurden auch Kinder unter 12 Jahren gefoltert. Hört sich für mich eher nach Hamas an als nach Israel. Mittlerweile wurden mehr als 27.000 Kinder in Syrien getötet. Der Autor sollte besser recherchieren und schon gar nicht den Verlautbarungen der Hamas blind Glauben schenken.

    www.tagesspiegel.d...riegs-4035610.html

    www.savethechildre...re-krieg-und-leid/

    Zur unsäglichen "Jerusalemer Erklärung" wurde sich schon aus berufenem Munde geäußert. Was kann die Definition der IHRA dafür, dass sie von Orban und Trump angenommen wurde? Sie wurde weltweit angenommen u.a. von der EU. Die "Jerusalemer Erklärung" hingegen wurde überwiegend von fachfremden Aktivisten verfasst, die keineswegs aus der Holocaust- oder Antisemtismusforschung stammen.

    www.belltower.news...sforschung-116093/

    www.audiatur-onlin...um-antisemitismus/

    Und Gessen wurde nicht dafür kritisiert, dass sie Israels Regierung kritisiert hat, sondern für die Gleichsetzung von Gaza mit einem Ghetto. Merke: nur weil jemand Jude ist oder von Holocaustüberlebenden abstammt, ist derjenige nicht davor gefeit, Blödsinn von sich zu geben. Dieses vorgebliche Totschlagargument ist selbst wiederum im Kern antisemtisch.

    Selbstverständlich darf der Autor seine Meinung haben und vertreten, muss sich jedoch auch den Vorwurf gefallen lassen, der Verbreitung antisemtischer Narrative (hoffentlich unreflektiert) Vorschub zu leisten.

    • @BrendanB:

      Und kleiner Nachtrag: wenn Wissenschaftler wie Wolfgang Benz oder Uffa Jensen eine Erklärung unterschreiben, dann wirkt es doch etwas deplatziert so zu tun, als ob diese nur etwas von und für "fachfremde Aktivisten" sei...

    • @BrendanB:

      Sehe ich vollkommen anders. Ich finde es symptomatisch, dass Personen wie Trump oder Orban die IHRA bevorzugen, die eine Kritik am Staat Israel deutlich erschwert, weil sie eben keine Trennschärfe zwischen Israelkritik und Antisemitismus bietet. Das genau ist Ziel der Jerusalemer Erklärung, die das aus meiner wissenschaftlichen Sicht sehr gut leistet.

      • @Patricia Jessen :

        Danke, Patricia Jessen, schliesse mich ihrer Darstellung an.

      • @Patricia Jessen :

        Kann ihnen nur zustimmen. Für mich ist die Jerusalemer Erklärung sehr eindeutig.

      • @Patricia Jessen :

        Das sehe ich wiederum völlig anders. Die sog. Jerusalemer Erklärung ist wie gesagt fachfremd verfasst worden, überhaupt nicht trennscharf, sondern sehr schwammig in der Definition, was Antisemitismus ist (dafür definiert sie, was es ihrer Meinung nach nicht ist!) und bietet dem größten antisemtischen Unfug die Möglichkeit, sich als harmlose "Israelkritik" zu verkleiden. Allein dieser Ausdruck spricht schon Bände.

        Selbstverständlich ist es möglich, ganz ohne antisemtischen Zungenschlag Israels Regierung und ihre Handlungen, Gesetzesvorlagen oder einzelne Politiker zu kritisieren. Dass das kaum noch jemand schafft, sollte uns zu denken geben, zeigt es doch wie tief immer noch antisemtische Stereotype und Narrative in unseren Gesellschaften verankert sind und Diskurse prägen.

    • @BrendanB:

      Danke für ihren Beitrag, ich schließe mich an.

      • @Jim Hawkins:

        Ich schliesse mich ebenfalls an Danke!

  • Ich schließe mich an. Ich habe ebenfalls den Eindruck, sobald jemand in Deutschland Kritik an der israelischen Regierung äußert, wird sofort die Antisemitismuskeule ausgepackt. Nicht, daß die Hamas nicht genauso viel Kritik verdienen würde.

    • @1Mj3tI39F:

      Ja es beschämend, dass man sich erst von dem Verbrechen der Hamas distanzieren muss, um dann auch die unbestrittenen Verbrechen der Israelischen Regierung an dem palästinänsischem Volk zu verurteilen.



      Wo entwickelt sich unsere Demokratie, welche von der Pluralität der Meinungen und deren Austausch lebt hin. Wir graust es....

    • @1Mj3tI39F:

      Die goldene Mitte war schon immer das Maß der Maßlosen.

  • „Gessen stammt aus einer jüdischen Familie von Holocaust-Überlebenden und wollte nicht deutsche Nazi-Verbrechen verharmlosen, sondern israelische Kriegsverbrechen skandalisieren.“ Ist das nicht die Idee eines jeden solchen Vergleiches? Das man ein anderes „Verbrechen“ auf die selbe Stufe stellen will und damit skandalisiert? Nur das dadurch nunmal automatisch auch der Holocaust auf die Stufe des anderen Verbrechens gestellt wird. Die Verharmlosung ist daher dem Vergleich inne. Und die danach genannten NS Vergleiche ( er ist wie Hitler) beziehen sich neunmal nicht direkt auf den Holocaust und können so andere Schwerpunkte setzen. Eine Verharmlosung des Holocaust geht mit ihnen nicht automatisch einher.



    Und das der Spruch „From the River to the Sea“ kritisch ist, liegt auf der Hand. Wo sollen denn die Juden hin? Wieder nach Madagaskar?

    Des weitere finde ich die Argumentation schwierig, das nun internationale Künstler Deutschland meiden weil sie hier nicht alles sagen dürfen was sie wollen. Das erinnert mich an die Documenta in Kassel. Ich halte es für eine gute Sache, dass nicht einfach Künstler in Deutschland Antisemitismus äußern dürfen (im Falle der Documenta auch noch auf Bildsprache zurückgreifen die im Stürmer nicht fehl am Platz gewesen wäre). Wer gegen Juden hetzen will, soll dies nicht in Deutschland dürfen. Und nur weil sehr viele Künstler gegen Juden hetzen möchten, muss man ihnen das nicht ermöglichen (oder sie mit Steuergeld hierfür bezahlen). Auch halte ich dies für eine vernünftige Einstellung wenn man unsere Vergangenheit betrachtet. Wenn die Palästinenser ihren Wunsch erfüllt bekommen und alle Juden ins Meer getrieben haben oder aus deren Heimat vertrieben, möchte ich wenigstens wissen, dass sie hierbei keine Unterstützung aus Deutschland bekommen haben.

    • @Choronyme:

      Sie haben den Kommentar von Herrn Bax aber schon gelesen?

  • Das schreibt einer, der jahrelang die Definition von "Islamophobie" exzessiv erweitert hat.

  • Danke für diesen Kommentar - dem ist nichts hinzuzufügen.

    • @Bürger L.:

      Dem schließe ich mich an.

  • 8G
    80580 (Profil gelöscht)

    Es wäre ja schön wenn die taz ihren eigenen Beitrag beherzigen würde.

    • @80580 (Profil gelöscht):

      Dem kann man sich nur anschließen. Und danke für den Kommentar!

  • Danke für den Kommentar. Er spricht genau das an, was seit Jahren unterm Teppich gekehrt wurde. Inzwischen liegt dort soviel, dass kein Platz mehr ist. Kritik muss erlaubt sein. Ein Irrsinn so etwas zu unterbinden.

  • Ich finde den Umgang in Deutschland ok. Man kann es einfach nicht mit anderen Ländern vergleichen und das ist auch verständlich und gut so aus meiner Sicht. Ich würde es sogar gut finden, wenn sich Deutschland noch klarer hinter Israel positionieren würde. Die Kritik die momentan hier schon geäußert wird, finde ich mehr als genug.