Anschlag in Solingen: Verhasste Vielfalt
Islamistische Extremisten und Rechtsradikale hassen gleichermaßen gesellschaftliche Vielfalt. Es sind zwei Seiten einer Medaille.
Nach dem furchtbaren Attentat auf einem Volksfest in Solingen am vergangenen Freitag ist es besonders wichtig, uns klarzumachen, dass die Vielfalt, die unsere Gesellschaft in Deutschland prägt, von IS-Terroristen ebenso angeprangert und angegriffen wird wie von Rechtsradikalen. Es sind zwei Seiten einer Medaille.
Der sogenannte Islamische Staat ist eine Ansammlung von irregeführten Individuen mit psychopathischen Zügen. Die sind realitätsfern, weder islamisch noch staatlich und haben wie alle Extremisten – religiöse oder politische – das Ziel, die Gesellschaft zu entzweien, um ihre kranke Ideologie zu legitimieren.
So gehen alle Extremisten vor, egal ob es sich um rechtsradikale, linksradikale, muslimische, christliche oder jüdische Attentäter handelt. Sie wollen Chaos, um dem Rest der Gesellschaft sagen zu können: „Wir haben es euch ja gesagt!“
Unsere Antwort auf sie und alle anderen Extremisten muss ein entschiedenes „NEIN“ gegen jegliche Entzweiung sein. Unsere Gesellschaft ist stark genug, diese Extremisten zu isolieren und ihnen den Nährboden für ihren Hass zu entziehen.
Die Gesellschaft ist stärker als wir denken
Noch wichtiger ist in der jetzigen aufgeheizten Debatte jedoch, sich gegen eine Instrumentalisierung dieses brutalen Anschlags zu stellen. Denn ein Teil der Atheisten und areligiösen Menschen machen immer wieder die Religionen für alles Böse auf der Welt verantwortlich. Das ist inakzeptabel.
Die im Grundgesetz festgeschriebenen demokratischen Werte sind bei den Menschen im Land verankert. Sie können die zerstörerische Wirkung derer, die solche Anschläge wie in Solingen und anderswo zu instrumentalisieren versuchen, neutralisieren. Denn wir sehen die unantastbare Würde aller Menschen, und Extremisten wollen diese Würde angreifen und herabsetzen.
Die tiefe Trauer über diejenigen Menschen, die bei dem Attentat ermordet oder verletzt wurden, darf nicht dazu führen, dass es zu Verallgemeinerungen kommt und sich Hass und Hetze gegen andersgläubige Menschen verbreiten.
Leser*innenkommentare
aujau
Gebraucht wird jetzt keine Verteidigung von Religion, sondern eine klare Zurückweisung von nationalistischen, rassistischen und religionsnationalistischen Machtansprüchen. Diese muss von allen Teilen der Bevölkerung erbracht werden, am Besten in Zusammenarbeit. Probleme müssen angesprochen und bearbeitet werden. Nur so kann Instrumentalisierung entgegen gewirkt werden. Einfach nur Generalverdacht beklagen reicht nicht.
Detlef Wend
Im wesentlichen ist dem Kommentar zuzustimmen, allerdings werden zwei Tatsachen übersehen. Je mehr Menschen aus der arabischer Welt zu uns kommen, um so größer ist das Risiko, dass auch häufiger solcher Attentäter dabei sind.
Zudem ist vielen muslimischen Menschen unsere säkulare Haltung zu Religion und Gesellschaft fremd.
hechtmaus
@Detlef Wend Eins ist natürlich klar. Wer zu uns kommt, muss unsere Demokratie, mit all ihren Gesetzen, anerkennen, und darf sich keine Parallelwelt aufbauen. Das bedeutet aber auch, unsereseits die Voraussetzungen dazu zu schaffen. Ghettoisierung, Absonderung und Ähnliches dieser Menschen geht absolut nicht. Was ist noch notwendig? Konsequent Sprachkurse, die Möglichkeit, sich den Lebensunterhalt auf menschenwürdige Weise selbst zu verdienen, sprich schnellstmöglich in Arbeti bringen entsprechend der bereits vorhandenen Qualifikation. Und klar machen, wie unsere Demokratie funktioneiert, welche Rechten und Pflichten dazugehören. Nur haben viele Einheimische hier inzwischen ein merkwürdiges Verständnis von Demokratie, da viel zu schnell gemeckert wird, ohne sich selbst aktiv am politischen Leben zu beteiligen. Demokratie ist eben anstrengend, da ständig alle möglichen Dinge ausgehandelt und entschieden werden müssen. Niemand ist alleine auf der Welt und kann seine Ansichten zu 100% durchsetzen. In einer Gesellschaft, wo wir aufeinander angewiesen sind, muss jeder von uns Kompromisse eingehen.
aujau
@hechtmaus Ihre Forderungen nach Schaffung von Voraussetzungen zur Integration sind korrekt, müssen aber von der Bevölkerung konsequent eingefordert werden. Da sind wir jetzt alle gefragt.