Verfassungsschutz gegen Ende Gelände: Kli­mabewegung geächtet

Wann wird ziviler Ungehorsam zur kriminellen Handlung? Der Verfassungsschutz geht zu weit, wenn er Ende Gelände als linksextrem einstuft.

Aktivist:innen und Polizisten bei einer Protestaktion.

Protestaktion gegen den Abriss des Dorfes Lützerath von Ende Gelände am Tagebau Garzweiler II im Jahr 2021 Foto: F. Steffens/Adora Press

Für den Verfassungsschutz ist die Klimagruppe Ende Gelände ein „linksextremistischer Verdachtsfall“. Es ist das erste Mal, dass ein Teil der Klimabewegung so eingestuft wird. Die Ak­ti­vis­t*in­nen wurden durch spektakuläre kurzzeitige Besetzungen von Kohle-Tagebauen bekannt, erstmals 2015. Die Gruppe beteiligte sich auch an den letztlich erfolglosen Protesten zur Rettung des Dorfs Lützerath im vergangenen Jahr, das mittlerweile vom Energiekonzern RWE abgebaggert wurde.

Zuletzt machte eher ein Bündnis von sich reden, das aus einem Neufindungsprozess von Ende Gelände hervorgegangen ist: Die Gruppe Disrupt besetzte mit ähnlichen Taktiken wie früher Ende Gelände in den Tagebauen das Gelände des US-Elektroautobauers Tesla in Brandenburg. Eine umstrittene Aktion, auch weil E-Autos klimafreundlicher als Verbrenner sind.

Überdimensionierte SUVs seien trotzdem schlecht, außerdem müsse die Zahl der Autos insgesamt abnehmen, hielten die Ak­ti­vis­t*in­nen dagegen. Ende Gelände veranstaltet außerdem gern „System Change Camps“, in denen über ein gerechteres und nachhaltiges Zusammenleben debattiert wird – am liebsten natürlich jenseits des Kapitalismus.

Wann radikaler Protest als ziviler Ungehorsam gilt und wann als kriminelles Stören, ist gesellschaftliche Aushandlungssache und umstritten. Die Einstufung als linksextremer Verdachtsfall geht aber darüber hinaus. Denn jetzt dürfen Behörden auch nachrichtendienstliche Methoden zur Gewinnung von Informationen über die Ak­ti­vis­t*in­nen anwenden, also zum Beispiel Kommunikation und Internetnutzung ausspionieren.

Das ist eine unangemessene Einschränkung der Bewegung. Ende Gelände arbeitet keineswegs daran, der freiheitlich demokratischen Grundordnung mit Menschenrechten, freien Wahlen, ablösbaren Regierungen, parlamentarischer Opposition und unabhängigen Gerichten ein Ende zu bereiten. Man könnte sogar sagen: eher daran, diese wichtigen Werte zu retten, bevor die Klimakrise das zivilisierte Zusammenleben völlig unmöglich macht.

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Jahrgang 1991, ist Redakteurin im Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.

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