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Migrationsrechtler über Asyldebatte„Besser keine Reform als diese“

In der Asyldebatte werde vor allem über Verschärfungen diskutiert statt über Menschenrechte und pragmatische Lösungen, kritisiert Maximilian Pichl.

Erst geflüchtet, jetzt Schreiner: Omar Ceesay arbeitet an einer Kreissäge Foto: Felix Kästle/dpa/picture alliance
Dinah Riese
Interview von Dinah Riese

taz: Herr Pichl, am Wochenende haben 270 Wis­sen­schaft­le­r*in­nen aus Asyl- und Fluchtforschung, darunter auch Sie, „einen Menschenrechtspakt in der Flüchtlingspolitik“ gefordert. Seither hat sich die Asyldebatte weiter gedreht – in die von Ihnen erhoffte Richtung?

Maximilian Pichl: Nein, in keinster Weise. Wir und unsere inzwischen über 1.000 Un­ter­stüt­ze­r*in­nen sind nicht einverstanden mit einer Debatte, in der die Menschenrechte Geflüchteter keine Rolle mehr spielen. Es macht uns große Sorge, dass der Asylkompromiss der 1990er Jahre auf einmal als Vorbild herangezogen wird, sowohl von FDP-Chef Christian Lindner wie auch vom Bundespräsidenten. Damals wurden in den Rauchschwaden von Mölln, Rostock-Lichtenhagen und Solingen radikale Einschränkungen für Geflüchtete durchgesetzt, ohne, dass man damit die extreme Rechte eingeschränkt hätte. Im Gegenteil: Der NSU fing später an zu morden.

Die EU-Staaten haben sich nach langem Verhandeln auf die neue Krisenverordnung geeinigt, die greifen soll, wenn sehr viele Menschen auf einmal die EU erreichen. Ist es nicht ein gutes Zeichen, dass es Einigkeit gibt?

Es ist im Gegenteil ein ganz schlechtes Zeichen für die Menschenrechte in Europa. Diese Krisenverordnung zementiert, dass wir Migration immer als Gefahr und Überforderung diskutieren werden. Da bleibt kein Raum, zu überlegen, wie eine humane und menschenrechtsorientierte Aufnahme gelingen kann.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) argumentiert, Deutschland habe noch wichtige Verbesserungen in genau dem Bereich verhandelt.

Ja, die Hürden um die Krise auszurufen wurden angezogen. Trotzdem gibt man rechten Kräften in Europa die Möglichkeit, Druck auszuüben und die Standards immer wieder zu senken. Die EU sagt, sie will selbst bestimmen, wer einreist, und sich nicht erpressen lassen, wie etwa an der belarussisch-polnischen Grenze. Aber autoritäre Staaten sehen, dass Europa panisch reagiert und Flüchtende zur „hybriden Bedrohung“ erklärt. Die Krisenverordnung vertieft diese Erpressbarkeit. Statt da an minimalen Stellschrauben zu drehen, hätte Deutschland sich dem prinzipiell entgegenstellen sollen.

Aber dann wäre die gesamte Reform des europäischen Asylsystems gescheitert.

Wir haben das aktuelle europäische Asylsystem immer wieder kritisiert. Aber besser keine Reform als diese. Dadurch wird weder das Sterben im Mittelmeer aufhören, noch wird die kommunale Infrastruktur entlastet oder die Aufnahme gelingt besser. Stattdessen werden illegale Pushbacks zunehmen und Menschen, die Schutz suchen, werden entrechtet und unter Haft festgesetzt.

privat
Im Interview: Maximilian Pichl

36 Jahre, ist Professor für Soziales Recht mit dem Schwerpunkt Asyl- und Migrationsrecht an der Hochschule RheinMain

Aber haben die Grünen nicht einen Punkt, wenn sie sagen, dass sich etwas ändern muss?

Der allererste Schritt wäre doch, darauf zu drängen, dass geltendes Recht und Menschenrechte eingehalten werden. Die seit Jahrzehnten stattfindenden Pushbacks verstoßen gegen geltende Gesetze und Konventionen. Sowohl für die EU-Kommission als auch für Deutschland hätte das eine rote Linie in den Verhandlungen sein müssen.

Nun geht auch die innenpolitische Asyldebatte weiter. Zum Beispiel mit der Forderung, Geflüchtete sollten Sach- statt Geldleistungen bekommen.

Das ist genau das Gegenteil der nötigen Entlastung der Kommunen. Sachleistung sind ein enormer Verwaltungsaufwand. Ich verstehe nicht, warum die Kommunen das nicht rundherum ablehnen. Auch Asyl­be­wer­be­r*in­nen steht außerdem laut Bundesverfassungsgericht das soziokulturelle Existenzminimum zu. Genau da wird bei solchen Sachleistungskonzepten aber in der Regel gespart.

Die FDP schlägt eine Bezahlkarte vor. Wäre das weniger aufwendig, als Lebensmittel zu verteilen?

Sie wissen doch selber, dass Deutschland nicht gerade mit seiner Digitalisierung glänzt. Wie soll denn ein solches Bezahlsystem in allen Kommunen bundesweit installiert werden? Zum freien Leben gehört außerdem dazu, dass ich frei entscheiden kann, wo ich einkaufe und nicht nur den einen Supermarkt zur Auswahl habe, der vielleicht nicht verkauft, was meinen Essgewohnheiten entspricht.

Die FDP argumentiert, dass die Menschen mit dem Geld Schlepperschulden zahlen oder es in ihre Heimatländer überweisen.

Man bekommt in der Debatte den Eindruck, Asyl­be­wer­be­r*in­nen bekämen unglaublich viel Geld. Das Gegenteil ist der Fall, gerade in Zeiten der Inflation. Rücküberweisungen haben darüber hinaus in Ländern des Globalen Südens ein wesentlichen Anteil an der Armutsbekämpfung. Das zu unterbinden, ohne gleichzeitig globale Armut anders zu bekämpfen, würde die Lebensbedingungen für viele Menschen enorm verschlechtern.

Andererseits wollen alle Ampelparteien Arbeitsverbote für Geflüchtete aufheben oder lockern. Es soll also nicht nur verschärft werden.

Das ist definitiv ein richtiger Schritt. Leider werden im gleichen Atemzug neue Arbeitsverbote geschaffen: Die Ampel will mehr sichere Herkunftsstaaten – und Menschen aus solchen Ländern unterliegen einem unbefristeten Arbeitsverbot. Das ist widersprüchlich. Die Ampel hat einen Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik versprochen. Stattdessen macht sie eine Verschärfung nach der anderen mit. Die im Koalitionsvertrag versprochenen Erleichterungen beim Familiennachzug hat Innenministerin Nancy Faeser gerade einkassiert, unter großem Protest der Kinderrechtsverbände. Vieles, was an progressiven Ideen im Koalitionsvertrag steht, wird aufgeweicht oder gar nicht mehr verfolgt.

Aber würde es den Grünen nicht um die Ohren fliegen, aktuell solche Erleichterungen zu fordern?

Das Recht auf Familie ist ein Menschenrecht. Wenn eine Gesellschaft sich diesen verpflichtet, muss sie auch dafür kämpfen – selbst, wenn der Wind rauer wird. Es gibt viele Partner, die einen anderen Kurs mittragen würden, in der Zivilgesellschaft, in der Wissenschaft, bei Menschenrechtsorganisationen. Diese werden im politischen Berlin aktuell aber nicht repräsentiert. Ich erlebe gerade nur wenige politische Akteur*innen, die offensiv Menschenrechte verteidigen.

Nun ist die Belastung in vielen Kommunen tatsächlich hoch. Wenn alles Genannte nicht hilft – was dann?

Statt eines Sparhaushalts bräuchte es jetzt große Investitionen in kommunale und soziale Infrastruktur. Das käme allen im Land zugute. Wir haben es geschafft, eine Million Ukrai­ne­r*in­nen aufzunehmen. Wenn ein Syrer Freunde in Hamburg hat, warum darf er dann anders als ein Ukrainer nicht dorthin, sondern muss 500 Kilometer weiter in eine teure Unterkunft und darf mindestens drei Monate nicht arbeiten? Wir sehen doch, dass Pragmatismus uns weiter bringt als Verschärfungen. Zumal Abschottung und absolute Kontrolle nicht mal extrem rechten Regierungen wie in Italien gelingen. Das wider besseres Wissen zu versprechen und nicht einhalten zu können, führt nur zu noch mehr Vertrauensverlust.

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41 Kommentare

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  • „Einschränkungen für Geflüchtete durchgesetzt, ohne, dass man damit die extreme Rechte eingeschränkt hätte“

    Diese Darstellung erscheint mir falsch. Damals gab es hunderttausende Asylanträge wegen des Jugoslawienkrieges, die mehrheitlich negativ beschieden wurden, weil damals Kriegsflüchtlinge nach der Rechtslage keinen Schutzstatus bekamen (sie sind von der Genfer Flüchtlingskonvention nicht erfasst), sondern nur Leute, die vor Verfolgung flüchteten: das Asylverfahren war für sie aussichtslos. Mit dem Kompromiss wurde ein Schutzstatus auch für Kriegsflüchtlinge erreichbar; im Gegenzug wurde aber das Prinzip der sicheren Drittstaaten und Herkunftsstaaten eingeführt. Aus meiner Sicht war das einfach eine notwendige Anpassung an Realitäten. Die Einschränkung der extremen Rechten war nicht das Ziel, und konnte natürlich auch nicht erwartet werden; mir scheint in der Natur von Extremisten zu liegen, dass sie sich nicht einschränken lassen.

    „Diese Krisenverordnung zementiert, dass wir Migration immer als Gefahr und Überforderung diskutieren werden.“

    Es scheint mir nicht sinnvoll zu erwarten, dass etwas nicht als Gefahr und Überforderung diskutiert wird, wenn die möglichen Auswirkungen nun mal schwer berechenbar sind, und eine Überforderung eintreten kann.

    „Die Krisenverordnung vertieft diese Erpressbarkeit.“



    (Auch) diese Aussage ist einfach nicht nachvollziehbar.

    „die Menschen mit dem Geld Schlepperschulden zahlen oder es in ihre Heimatländer überweisen.“ „Rücküberweisungen haben darüber hinaus in Ländern des Globalen Südens ein wesentlichen Anteil an der Armutsbekämpfung.“

    Mit seinem eigenem verdienten Geld kann natürlich jeder tun, was nicht gegen das Gesetz verstößt. Ich danke, wenn man aber das Geld eines Anderen ausgibt, kann dieser Andere schon vorschreiben, wofür es ausgegeben werden darf.

  • Eine Lösung wird auch hier nicht angeboten. Und diejenigen Lösungen, die genannt werden, benötigen Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, bis sie möglicherweise greifen. Die Menschen haben JETZT ihre Ängste, also wollen sie absehbare Lösungen. Aus der Sicht privilegierter Bürger kann man leicht Reden schwingen, Prekariat und untere Mittelschicht sind jedoch diejenigen, die die Folgen des Zuzugs spüren. Bestes Beispiel: obwohl Besserverdiener, hatte ich es sehr schwer, eine bezahlbare Wohnung zu bekommen.

    • @Moe DaHool:

      Mal wieder eine weitere Variation von 'die Ausländer sind Schuld'. Alternativ könnte man allerdings auch mal darüber nachdenken was es für das Wohnungsangebot bedeutet wenn sich der Wohnflächenverbrauch pro Kopf innerhalb der letzten 50 Jahre verdoppelt hat und immer noch weiter steigt, welchen Anteil die Privatisierung öffentlicher Wohnungsbestände und der weitgehende Ausstieg aus dem sozialen Wohnungsbau an der Mangellage haben, und welchen die Landflucht aus einigen Gegenden in die Metropolregionen, ...

      • @Ingo Bernable:

        Die Unterstellung im ersten Satz ist eine Frechheit. Ich gebe ausschließlich der Ampel die Schuld (und zuvor der GroKo), weil sie sich abzeichnende Probleme, und die Interessen der Bürger ignoriert haben.

      • @Ingo Bernable:

        Sie haben es erfasst: der QM-Bedarf pro Kopf steigt, der Neubau ist zu gering und die Landflucht besteht weiter. All das verschärft den Wohnungsmarkt. Der Migrationsdruck tut sein weiteres. Sie wollen darüber nachdenken was das bedeutet. Sind Sie zu einer Lösung gekommen?

        • @Tom Tailor:

          Ressourcen zu sprechen bevor man sich daran macht Grundrechte und humanitäre Mindeststandards abzuschaffen.



          Bei einem Bestand von 43 Mio. Wohnungen und einem großzügig geschätzten Mangel von 700.000 WE würde sich das Defizit auf etwa 1,6% belaufen. Rechnerisch würde also eine Reduktion der durchschnittlichen Pro-Kopf-Wohnfläche von 48 auf 47m² den Mangel bereits mehr als kompensieren. Da das so natürlich nicht funktioniert wäre eben zu schauen wie man gezielt Formen des gemeinschaftlichen Wohnens fördern und etablieren kann, was jenseits des Immobilienmarkts auch in sozialer und ökologischer Hinsicht vorteilhaft sein dürfte.

          • @Ingo Bernable:

            Wobei das nur eine statistische Größe ist. Viele freie Wohnungen befinden sich in Gemeinden in denen es keine Nachfrage gibt. Und ob in den Ballungszentren die Idee des gemeinschaftlichen Wohnens echte Entspannung bringt, das ist mehr als fraglich.

  • "Rücküberweisungen haben darüber hinaus in Ländern des Globalen Südens ein wesentlichen Anteil an der Armutsbekämpfung."

    Wieso sind das "Rücküberweisungen"?

  • @RERO

    Nein. Die meisten AfD-Wähler*innen haben mit flüchtenden Menschen nichts am Hut.

    Sie projizieren lediglich ihre Ressentiments und Zukunftsängste darauf, dank der Propaganda der billigen Presse und dem Opportunismus speziell der konservativen Parteien.

    Von Schäubles "Flut" über Seehofers "letzte Patrone" bis hin zu Merzens Mundgeruch, ganz zu schweigen von Maaßen & Spiessgesellen dürfte die CDUCSU der AfD einen wesentlichen Anteil ihres Aufwindes beschert haben.

    Es ist ein fatales Muster, das wir von anderen Zeiten und Orten schon kennen, in dem die Konservativen die Radikalpopulisten als gesellschaftspolitische Abrissbirne vor sich herschieben.

  • @KATZENBERGER

    "Aber leider empfinden sehr viele Leute, daß wir ein Migrationsproblem [...] haben"

    Leider funktioniert Propaganda.

    Ist Ihnen aufgefallen, dass die feindselige Haltung gegen Migrant*innen in jenen Landstrichen am stärksten ist, in denen am wenigsten davon gibt?

    Angst vor Fremden zu schüren war schon immer ein beliebtes Werkzeug, um von anderen Problemen (Ungleichheit,z.B., soziale Ungerechtigkeit) abzulenken.

    Da muss mensch gegenhalten.

    Das Migrationsproblem ist keins: es wird zu einem gemacht.

  • Interessant, wie viele es vollkommen verinnerlicht haben, dass Flucht und Migration Spaßveranstaltungen unzufriedener Schmarotzer sein müssen. Das wahre Opfer von Krieg, Armut und Verfolgung sind ja ohnehin wir hier. So geht Gehirnwäsche.

    • @T 1000:

      Was aber nur damit zusammenhängt, dass die Asylsuchenden die aus unserer Sicht falsche Hautfarbe aufweisen. Dann funktionieren Narrative über den Sozialschmarotzer am besten. Wenn es Ukrainer sind? Herzlich Willkommen!

      Wobei... ein kleiner Teil echauffiert sich schon, weil manche Menschen aus einem anderen Land herkommen, welches nicht germanischen Ursprungs ist. Also.... nicht ganz Herzlich Willkommen.

      Und wenn man dann Leute auf die innerdeutsche Asylsituation hinweist, sprich DDR-Flüchtlinge, dann kommt oftmals die Ausrede, die Mauer hätte stehen bleiben müssen, dann würde es Deutschland wieder gut gehen.

  • @DIMA

    Darum geht es nicht. Es geht darum Menschen... als Menschen zu behandeln. Das erwarte ich von einem modernen, demokratischen Rechtsstaat.

    • @tomás zerolo:

      Doch genau darum geht es.

      Weil diese Themen nicht bearbeitet werden und nicht mal diskutiert werden sollen (Vorwurf: fehlende Menschlichkeit), begegnet so manch eine_r der Einwanderung mit Misstrauen bis Ablehnung.

      Wenn die AfD bei 50 % ist, ist es zu spät, diese Themen zu diskutieren.

  • @JIM HAWKINS

    100%ige Übereinstimmung.

    Der grösste Auftrieb für die AfD ist derzeit gerade, dass sie Erfolg haben.

    Appeasement hilft nur diesem Monster.

    Sieht man bei @KATZENBERGER sehr schön: sein Satz suggeriert, ohne es zu sagen, dass die AfD-Positionen irgendwie legitim sind, "in einer Demokratie".

    • @tomás zerolo:

      Appeasement ist der richtige Ausdruck für die aktuelle Migrationspolitik.

      Wann kann es nicht steuern, also versucht man, es im wesentlichen auszusitzen und irgendwie zu behindern.

      Weiterhin sterben Menschen im Meer, in der Sahara und in europäischen Wäldern.

      Und die Familien sitzen im Herkunftsland weiterhin in der Situation und hoffen.

      Die richtig Armen, kommen nicht mal so weit, weil sie kein Geld für die Schlepper haben.

      Aber in Deutschland fühlt man sich ja ach so menschlich mit der Asyllotterie.

    • @tomás zerolo:

      Sehe ich (Katzenberger) nicht so. Aber leider empfinden sehr viele Leute, daß wir ein Migrationsproblem (und sehr viele andere Probleme) haben in Deutschland und daß es nicht problemorientiert gelöst wird. Und nichts deutet darauf hin, daß Demokraten zusammenarbeiten, um es zu lösen. Groko und Ampel haben beide versagt. Wenn da nicht sehr bald Wirkung gezeigt wird, schießt die Afd durch die Decke. Die kompromißlose Linie der Open Border Leute wird im Land nicht verstanden.

      • @Katzenberger:

        "Die kompromißlose Linie der Open Border Leute"



        Wer sind die denn? Das "Migrationsproblem" besteht ja vor allem darin, dass Migration nicht stattfindet, weil man für High Potentials wie auch für einfache Fachkräfte schlicht nicht attraktiv genug ist und die um sich greifende Xenophobie macht das nicht gerade besser. Und für diejenigen die nicht migrieren, sondern zur Flucht gezwungen sind weil an Leib und Leben bedroht, gibt es eben nicht nur nach dem Grundgesetz, sondern auch nach EU-Recht und Genfer Flüchtlingskonvention einen berechtigten und Anspruch darauf Schutz zu erhalten. Was also wollen sie tun Staaten wie die Ukraine, Syrien und Afghanistan zu sicheren Herkunftsländern erklären? Aus EU und basalen internationalen Verträgen austreten um die Menschen dann vor geschlossenen Schlagbäumen verrecken zu lassen?

        • @Ingo Bernable:

          Aus Verträgen austreten, welcher Politiker sagt das?

          • @Katzenberger:

            Das war eine Frage. An sie. Weil es die notwendige Voraussetzung für die Abkehr von dem wäre was sie hier als 'Open Border' diffamieren.

  • Asylbewerber bekommen also angeblich nicht viel Geld, gleichzeitig spricht er über die Rücküberweisungen.

    Das Problem, das viele derer die zu uns kommen abgelehnt werden und ungeachtet dessen trotzdem ins Land kommen, wird ganz und gar ausgelassen. Vor dem Hintergrund der geringen Rückführungsquote erscheint ein Asylverfahren derzeit als vollkommen redundant.

    Und das die geforderten Investitionen erhebliche Kosten verursachen fällt einfach unter den Tisch.

    • @DiMa:

      "geringen Rückführungsquote"



      Nur resultiert die eben nicht aus mangelndem Engagement der Behörden Abschiebungen auch durchzuführen, sondern aus der Diskrepanz zwischen der Schwelle einen Schutzstatus zu bekommen und möglichen Abschiebehindernissen. Es ist doch vollkommen absurd, dass man Menschen keinen Schutz gewährt weil es dafür angeblich keine Grüne gäbe, sie dann aber nicht abschieben kann, weil das bedeuten würde sie in akute Lebensgefahr zu bringen.

      • @Ingo Bernable:

        "sie dann aber nicht abschieben kann, weil das bedeuten würde sie in akute Lebensgefahr zu bringen."

        Diese Begründung kann ich nicht nachvollziehen. Korrigieren Sie mich, wenn ich mich irren sollte, aber in so einem Fall müsste der subsidiäre Schutz nach $4 Asylgesetz greifen, die Person also einen Schutzstatus bekommen.

        www.gesetze-im-int...lvfg_1992/__4.html

        Können Sie mir den ein solches Szenario darstellen, in dem jemand trotz Lebensgefahr keinen Subsidiären Schutz erhält, aber dennoch ausreisepflichtig ist?

    • @DiMa:

      Eloquenz verschleiert leider nicht das unmenschliche Ihrer Aussage.

      • @----------:

        Es ist nicht unmenschlich, daraufhinzuweisen, dass der Professor für Soziales Recht Lücken und Widersprüche in seiner Darstellung.

  • Danke für diese klaren Worte.

    Und ein bisschen peinlich, wie die Interviewerin versucht, doch noch etwas Positives aus diesem ganzen menschenverachtenden Mist herauszukitzeln.

    • @Jim Hawkins:

      Wieso kommt denn eigentlich noch einer trotz des 'Menschen verachtenden Mists'?

      • @Hans Hermann Kindervater:

        Ist das wirklich so schwer zu verstehen?

        Die eine Gruppe flieht vor Krieg, Terror und Elend.

        Die andere Gruppe besteht aus Menschen, die aus Lebensverhältnissen kommen, die elend und perspektivlos sind.

        Beide setzen ihr Leben aufs Spiel und für beide sind die unmenschlichen Umstände an den Grenzen und im Mittelmeer eben ein weiteres Risiko neben vielen anderen.

        Sie werden sich auch in Zukunft weiter in unsere Richtung bewegen. Der Versuch sie daran zu hindern, bedeutet nur mehr Tod, mehr Elend, mehr Gewalt.

        Und letztendlich eine Barbarisierung zum einen der Debatte über dieses Thema, wobei ja schon mächtig Fortschritte erzielt wurden und zum anderen wird diese Barbarisierung auch auf die gesellschaftlichen Verhältnisse der europäischen Länder abfärben, in denen die Faschisten überall auf dem Vormarsch und teilweise bereits an der Macht sind.

        Uns stehen schreckliche Zeiten ins Haus und es gibt wenig Opposition dagegen.

        • @Jim Hawkins:

          Bravo

  • 2015 gab es grosse Hilfsbereitschaft. Die Menge an Menschen, die jetzt kommt, überfordert viele.



    Der Sozialstaat wird das auf Dauer so nicht bewältigen können.



    In D gibt es die beste Versorgung. Selbst Abgelehnte bekommen nach 18 Monaten die volle Leistung der Krankenkasse. Das ist einzigartig in Europa und spricht sich herum. Das Bürgergeld fällt auch darunter.



    Das gibt es sonst nirgendwo.



    Faktencheck bei Maybritt Illner.

    Natürlich fragt sich derjenige, der arbeitet und in die Systeme einzahlt, wie dss weitergeht. Wird meine spätere Rente gekürzt? Steigen die Beiträge?Finde ich noch eine Wohnung? Kann ich meine jetzige weiter zahlen?



    Gutbetuchte bekommen davon gar nichts mit oder klagen sich frei.

    www.google.com/url...o0SLjKZ-Asa4-jVXEQ

    Die anderen Menschen bleiben ohne Antwort und wenden sich dem vermeintlichen Heilsversprecher zu.

    Wenn alles gesichert ist , zukunftsmässig, kann ich leicht mit dem Finger aus meinem Leben auf die anderen Zeigen.



    Das ist auch menschenverachtend!

  • Der letzte Absatz trifft genau den Punkt. Man gibt nicht nur der AgD indirekt recht mit der aktuellen Diskussion und normalisiert so rechtsradikales Framing, schlimmer noch: Man gibt Versprechen ab, die unmöglich zu halten sind. Wer nach rechts abdriftet, tut das oft deswegen, weil die Realität seinen Ansprüchen nicht genügt, weil er von den Politiker:innen im demokratischen Spektrum, denen er vertraut hat, enttäuscht und belogen wurde. Insofern haben wir hier ein Förderprogramm für Faschist:innen, wie es sich Kaczynski, Orban, Meloni besser gar nicht ausmalen könnten! Und die Grünen verteidigen das auch noch.

  • Man muss einfach mal den Realitätscheck machen - ein unbegrenztes Migrationsversprechen und die Gleichbehandlung aller Migranten mit Bürgern auf dem deutschen Bürgergeld-Niveau, auch nach Ablehnung und bei Ausreisepflicht war und ist dauerhaft schlicht unhaltbar - und unbezahlbar. Ein unbegrenztes Recht auf Asyl ist eine Lüge, denn wird diese Unbegrenztheit tatsächlich herausgefordert, durch stetig steigende Zahlen der Migranten, kann sie nicht mehr erfüllt werden und wird irgendwann eingeschränkt oder ganz abgeschafft. Sie wirkt nur auf unser gutes Gewissen, bis wir dessen dann überdrüssig sind.



    Unsere Gesellschaft ist im Mittel reich, aber das gilt nicht für alle Menschen darin - und gerade die ärmeren treten schneller in Verteilungskonkurrenz mit den Migranten als begüterte Bildungsbürger. Die politischen Kipppunkte liegen hier viel niedriger als das viele wahrhaben wollen. Das Asylrecht in der aktuellen Form unreformiert einfach weiterzufahren und nicht heute die Weichen zu stellen auf stärkere Selektion und mehr wirksame Ablehnung, also am Ende Kontrolle und Begrenzung, bedeutet nur, es dann früher ganz aufgeben zu müssen, weil es schneller untragbar wird mit kommenden Dauerkrisen mit steigender Dauermigration - nur mit dann noch schärferen Konsequenzen für die Politik, sprich Rechtsruck ohne dessen Kontrolle und Eindämmung. Wenn der bürgerliche Liberalismus die Mitte verliert, dann wird es hier schneller rechts-autoritär als man „das darf doch nicht“ sagen kann.



    Ich sag das nicht, weil ich mir das wünsche, sondern weil es absehbar so kommen wird, nur die Form und Stärke sind veränderbar - jetzt einfach die Augen zu verschließen und wie bisher weiterzumachen, ist in der Asylpolitik so schlecht wie in der Klimapolitik. Die Dinge werden sich einfach ändern - lieber früher mitgestalten als später keine Rolle mehr dabei zu spielen. Das zumindest haben selbst die Bundesgrünen schon verstanden. Die Realität ist die Realität, und Wunschdenken nicht hilfreich.

    • @hup:

      "ein unbegrenztes Migrationsversprechen" gibt es nicht. Ein Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte allerdings schon. Wenn sie Obergrenzen für Grundrechte einführen wollen wäre dabei schon zu klären nach welchen Kriterien sie dabei vorgehen wollen und auch ob ein vergleichbarer Ansatz bei anderen Grundrechten nicht eventuell unter humanitären Gesichtspunkten demgegenüber nicht doch zu bevorzugen wäre.



      "nicht heute die Weichen zu stellen auf stärkere Selektion"



      Das mit der Selektion hatten wir doch schon mal. War keine gute Idee.

  • Menschenrechte?

    Welche Rechte haben die Kinder, die auf globaler Ebene im 10-Sekunden-Takt verhungern?

    Mal Bilder dieser Kinder gesehen?

    Um das zu verhindern braucht es etwa drei Milliarden Dollar jährlich.

    Um es langfristig zu verhindern, braucht es Bildung, vor allem für Frauen im globalen Süden. Zum Beispiel:



    www.dsw.org/projek...rmellen-Siedlungen

    Drei Milliarden Dollar für etwa drei Millionen verhungernde Kinder pro Jahr.

    Deutschland bindet etwa 45 Milliarden Euro jährlich im Migrationssystem für ca. drei Millionen Migranten, vorwiegend junge Männer, von denen vorher keiner gehungert hat.

    Eine weitere Hilfe um für Menschenrechte zu kämpfen wäre die Kritik an Organisationen wie Christentum und Islam, die das UN-garantierte Menschenrecht Familienplanung, Empfängnisverhütung, Geburtenkontrolle sabotieren.

    • @shantivanille:

      "vorwiegend junge Männer"



      Die derzeit größte Gruppe an Geflüchteten stammt aus der Ukraine. Dabei handelt es sich deutlich überwiegend um Frauen und Kinder, wobei schon zu fragen wäre warum junge Männer weniger Anrecht auf Schutz vor Verfolgung haben sollten als andere.



      "von denen vorher keiner gehungert hat."



      In Afghanistan, derzeit ebenfalls eines der Hauptherkunftsländer, ist die Lebensmitelversorgung durchaus problematisch. Nicht minder problematisch ist es aber fragwürdige Hierarchien für die Legitimität von Fluchtgründen aufzustellen. Eine Kugel kann genauso tödlich sein wie Hunger oder homophober Hass.

      • @Ingo Bernable:

        Ich hatte vom Migrationssystem gesprochen. Damit sind die Geflüchteten aus der Ukraine selbstverständlich nicht mit gemeint. In der Nähe unseres Hauses gibt es eine ukraische Gemeinde. Hauptsächlich Frauen.

        Auch weiß ich um die Lebensmittelversorgung in Afghanistan, einem Land, dessen Bevölkerung von etwa acht Millionen in 1960 auf 42 Millionen in 2022 gestiegen ist.

        Wobei die Nahrungsmittelproduktion natürlich nicht mitkam. Wie auch auf den kargen Böden?

        In Afghanistan sind seit einer Reihe von Jahren Millionen Menschen von Getreidelieferungen aus dem Westen abhängig, und besonders hart trifft es grade Frauen und Kinder. Wie üblich in solchen Ideologien.

        Andrerseits: Zwischen Kabul und Berlin liegen 7000 Kilometer.

        Wie viele Länder in der Umgebung könnten den Menschen dort helfen, von denen anyway Frauen und Kinder die meiste Hilfe brauchen?

        Und sicher ist es absolut legitim Afganistan zu verlassen. Was ich auch tun würde. Was sonst?

        Die Hölle.

        Andrerseits, je voller die Welt, desto größer die Hölle. Dazu gibt es reihenweise soziologische Studien.

        Was will man noch machen?

        • @shantivanille:

          Ach so, Afghan:innen dürfen nicht, Ukrainische Geflüchtete ja? Ist das nicht Selektiv? Außerdem ist die Lage in den Länder rund um Afghanistan oft selbst prekär, Iran, Irak etc. Pakistan schickt Afghan:innen nach einmaliger Verlängerung nach Afghanistan zurück, egal ob diejenigen auf der Todesliste der Taliban stehen oder nicht.

    • @shantivanille:

      Kann nur zustimmen!

  • Auch wieder einer, der konsequent ignoriert, daß in einer Demokratie die Afd mit Abwimmelei nicht bekämpft werden kann.

    • @Katzenberger:

      Wenn man in einer Demokratie anti-demokratischen Positionen den Raum gibt sich bis zur absoluten Mehrheit ausbreiten zu können ist es recht bald mal eine Demokratie gewesen.

    • @Katzenberger:

      Die Regierung ist doch dabei, genau das umzusetzen, was die AfD fordert.

      Und das wird mit Sicherheit dazu führen, dass kein Mensch mehr diese Partei wählen wird.

      So wie es nach den Pogromen in den 90-er-Jahren und den darauf folgenden Gesetzesverschärfungen über Nacht keine Nazis mehr in Deutschland gab.