Die Grünen in der Migrationspolitik: Der Angst etwas entgegensetzen

Mit der Forderung, Flüchtlinge schneller arbeiten zu lassen, kommen die Grünen wieder in die Offensive und zeigen Verantwortung, statt nur zu klagen.

Fraktionsvorsitzende Dröge und Haßelmann im Bundestag.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Dröge und Haßelmann im Bundestag Foto: Bernd Elmenthaler/imago

Die Grünen ringen in der Migra­tionspolitik gerade heftig mit sich selbst und es ist nicht schön, ihnen dabei zuzusehen. Man mache derzeit Migrationspolitik „in einem Spannungsfeld zwischen Humanität und Verantwortung“, hatte Co-Frakt­ions­chefin Britta Haßelmann kürzlich gesagt.

Ja, so kann man das wohl sehen: Man erinnert sich der eigenen Grundsätze – Eintreten für eine humanitäre Flüchtlingspolitik – und muss leider, leider das Gegenteil machen. Etwa, wie diese Woche geschehen, der Krisenverordnung der EU zustimmen, die unter anderem erlaubt, Menschen wochenlang in Abschiebehaft an den europäischen Außengrenzen festzuhalten. An der Grünen-Basis rumort es, doch das Spitzenpersonal trägt die harte EU-­Linie mit: Verantwortung in der Regierung, „humanitäre Mindeststandards“ gesichert, und so weiter.

Die Rechtspopulisten freuen sich: Die linken Kräfte müssen sich von ihren Grundsätzen verabschieden, die „Mindeststandards“ werden mal wieder erfolgreich nach unten korrigiert. Und es wird, Überraschung, trotzdem nicht „besser“ – die Geflüchteten kommen weiterhin, weil Elend, Krieg und Tod eben immer die schlechtere Alternativen sind zum Abschiebeflieger aus Deutschland.

Raus aus die Defensive

Es wäre Zeit, mal aus der Defensive zu kommen, für alle, die wissen, was sie mit „humanitärer Flüchtlingspolitik“ eigentlich meinen. Haßelmanns Co-Fraktionschefin Katharina Dröge hat nun gefordert, dass auch Asyl­be­wer­be­r*in­nen im laufenden Verfahren eine Arbeitserlaubnis bekommen sollen, genauso wie Menschen mit einer temporären Duldung.

Das ist keine revolutionäre Idee: Auf Seite 30 im Koalitionsvertrag steht, dass die Ampel „bestehende Arbeitsverbote“ im „Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten beenden“ will. Mi­gra­ti­ons­ex­per­t*in­nen bezweifeln übrigens, dass wegen einer vagen­ Jobaussicht mehr Menschen nach Deutschland flüchten werden.

Abschottungspolitik ist ein Ausdruck von Angst, die Rechtspopulisten nutzen dieses Gefühl. Dem etwas Konkretes, Machbares entgegenzusetzen, kann man Verantwortung nennen.

Anm. der Redaktion: In einer frühen Fassung stand versehentlich über dem Text, die Grünen kämen wieder in die „Defensive“. Gemeint war natürlich das Gegenteil. Wir haben die Unterzeile korrigiert.

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Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.

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