Asylpolitik in Deutschland: Ampel streitet über Maghrebstaaten

Die FDP will die Liste der „sicheren Herkunftsstaaten“ noch mehr ausweiten. Die Grünen sind dagegen. Die SPD ist unentschlossen.

Fluchtweg-Symbol an einem Zaun.

0,5 Prozent Asylanträge aus den Maghrebstaaten, Erstaufnahmeeinrichtung in Köln Foto: Oliver Berg/dpa

BERLIN taz | Der Streit in der Ampel geht weiter. Die FDP will jetzt auch die Maghrebstaaten Algerien, Marokko und Tunesien als „sichere Herkunftsländer“ einstufen lassen, um Abschiebungen dorthin zu erleichtern. Die Grünen lehnen das ab. Die SPD ist noch unentschlossen.

„Für mich macht das keinen Sinn“, sagte der SPD-Innenpolitiker Hakan Demir der taz. „Wir sollten erst einmal abwarten, wie sich die Einstufung von Moldau und Georgien als sichere Herkunftsländer auswirkt. Außerdem sollten wir den Fokus nicht auf Rückführungen verengen, sondern legale Wege zur Arbeitsaufnahme schaffen.“ Doch in der SPD gibt es auch andere Stimmen. Dirk Wiese, Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion, zeigte sich gegenüber dem Spiegel grundsätzlich offen dafür, die Liste der „sicheren Herkunftsländer“ zu erweitern. Es müsse nun geprüft werden, „aus welchen anderen Ländern Asylanträge geringe Erfolgsaussichten haben“, so Wiese.

Ende August hatte die Ampel die Liste der angeblich „sicheren Herkunftsstaaten“ um Moldau und Georgien erweitert. Darauf einigten sich die Ko­ali­ti­ons­part­ne­r:in­nen bei ihrer Kabinettsklausur in Meseberg. Die Grünen hatten nachgegeben.

In Schleswig-Holstein hat sich die schwarz-grüne Landesregierung am Montag darauf geeinigt, dieser Entscheidung im Bundesrat zuzustimmen. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte dazu ein Machtwort gesprochen. Die schleswig-holsteinische Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) hatte sich dafür eingesetzt, dass sich ihr Land im Bundesrat enthält, rückte davon aber nun ab.

Baerbock kontert Merz

CDU-Chef Friedrich Merz fordert ebenfalls, noch weitere Staaten als „sichere Herkunftsstaaten“ auszuweisen. Neben den nordafrikanischen Staaten Tunesien, Algerien und Marokko nannte er auch Indien. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) wies dieses Ansinnen zurück. „Aus innenpolitischen Gründen außenpolitisch mit dem Rasenmäher vorzugehen, halte ich für einen gewagten Ansatz“, sagte sie am Freitag den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Offensichtlich sind die letzten Entwicklungen in Tunesien – darunter die Verhaftung prominenter Oppositioneller und die Aushöhlung der geltenden Verfassung – im bayrischen Wahlkampf an ihm vorbeigegangen“, so Baerbock an die Adresse von Merz.

Am Dienstag bekräftigte Ulrich Lechte, außenpolitischer Sprecher der FDP im Bundestag, im Deutschlandfunk, seine Partei wolle die drei Maghrebstaaten als „sicher“ einstufen lassen, und er erklärte, damit wolle man die Behörden entlasten. Das hatte vor ihm Fraktionschef Christian Dürr gefordert.

Durch die Einstufung als „sicheres Herkunftsland“ wird die Beweislast umgekehrt: Wer aus einem solchen Land flüchtet muss konkret nachweisen, dass er dort politisch verfolgt wird. Sonst wird der Antrag umgehend als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Dadurch, glauben die An­hän­ge­r:in­nen dieser Methode, würden aussichtslose Asylverfahren verkürzt. Sollten die Maghrebstaaten als „sicher“ eingestuft werden, dürfte der Effekt auf die Dauer von Asylverfahren aber überschaubar bleiben. Von Menschen aus Maghrebstaaten stammen derzeit nur 0,5 Prozent aller Asylanträge in Deutschland.

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