Lieferstopp für Kaliningrad: Die Falschen im Visier
Die Abschottung der russischen Exklave Kaliningrad trifft nicht Präsident Putin und seine Lakaien. Sie spielt nur seiner Propaganda in die Hände.
W enn Russland derzeit dunkle Drohungen gegen Litauen ausstößt, kann das als die übliche Methode der Angstmacherei vergebucht werden. Es ist aber auch nicht gänzlich auszuschließen, dass dies der Beginn einer Eskalation sein könnte, die am Ende eine militärische Konfrontation nicht ausschließt.
Das Nato-Mitglied Litauen hat den Transit von Gütern in die russische Exklave Kaliningrad stark eingeschränkt. Das betrifft Hochtechnologie, aber auch Güter wie Baumaterial, das nicht mehr vom russischen Kernland mit der Eisenbahn durch Litauen in die Enklave transportiert werden darf. Formal mag das von den Sanktionsregelungen gedeckt sein.
Aber tatsächlich produziert man damit das Gegenteil dessen, was beabsichtigt ist: Unverständnis und Protest in Kaliningrad, wo Baustellen zu Ruinen zu verkommen drohen. Eine Steilvorlage für die russische Propaganda, die damit den Beweis in Händen hält, dass der Westen eben doch in erster Linie die Bevölkerung drangsalieren will. Und die Gefahr einer militärischen Eskalation zwischen der Nato und Russland.
Die Sanktionen gegen Russland richten sich gegen die dortige Führung und ihre Lakaien. Sie sollen dem Regime mittelfristig die wirtschaftliche Basis für den Angriffskrieg entziehen. Dass durch die Handelsbeschränkungen auch die russische Bevölkerung getroffen wird, ist kaum vermeidbar. Die Sanktionen werden von der russischen Führung genutzt, ihrer Bevölkerung das Zerrbild eines dem Russischen feindlich gesinnten Westens zu malen.
Die Putin-Propagandisten sind Großmeister im Verbreiten von Ängsten. Wir sollten deshalb nicht auf ihre Provokationen hereinfallen. Aber im Falle des Transits von Baumaterialien für Kaliningrad steht der Anlass in keinem Verhältnis zur Wirkung. Niemand hat etwas davon, wenn Menschen in Kaliningrad nicht mehr in der Lage sind, ihre Wohnungen und Häuser zu bauen. Und es zeugt von Größe, wenn man eine unsinnige Maßnahme, die nur den Falschen nutzt, wieder einkassiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!