Wahlen in Frankreich: Ist links die Antwort auf rechts?
Nachdem der Nouveau Front Populaire die Wahl gewonnen hat, war die Erleichterung groß. Aber funktioniert das Paradigma links versus rechts noch?
![Jean Luc Melenchon schaut aus einer Luke und hebt die Faust, er trägt eine Krawatte Jean Luc Melenchon schaut aus einer Luke und hebt die Faust, er trägt eine Krawatte](/picture/7117263/624/Melenchon-hebt-die-Faust-1.jpeg)
Jean-Luc Mélenchon am Wahlabend nach dem zweiten Wahlgang in der Rotunde Stalingrad in Paris Foto: Michael Baucher/Panoramic/imago
BERLIN taz | Es ist großartig, dass die französische Mehrheitsgesellschaft die Möglichkeiten ihres Wahlrechts ausgenutzt und eine Parlamentsmehrheit für Marine Le Pens rechtspopulistischen Rassemblement National verhindert hat. Doch war das ein „linker“ Wahlsieg, wie nun seit Tagen Classic-Linke jubilieren, ein Triumph des Guten, ein „Aufbruch“ gar? Get a life.
„Natürlich findet man immer ein Haar in der Suppe, wenn man lange genug sucht“, schreibt Robert Misik in dieser Zeitung. Nun zielt der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon anders als Le Pen nicht auf ethnische Homogenität, aber für mich ist die Ablehnung von EU und Nato, die Unterstützung von Putin und dann auch noch Antisemitismus in Teilen seiner links-nationalistischen La France Insoumise (LFI) eben kein „Haar in der Suppe“, sondern das ist ein Unterschied ums Ganze.
Die Wahlen in Frankreich und Polen und speziell die Europawahl wurden auch nicht von oder durch „links“ gewonnen. Es sind vielmehr temporäre Verteidigungserfolge einer heterogenen Mehrheit gegen die Gegner der liberalen Demokratie. Um Zukunft daraus zu machen, müsste man nicht nur wissen, wogegen man ist, sondern sich auch darauf verständigen, wie man die Kernprobleme des 21. Jahrhunderts gemeinsam angehen will.
Diese Zukunftspolitik ist nicht durch das gute alte Paradigma links vs. rechts zu beschreiben. Deshalb ist es auch sinnlos, eine Debatte darüber zu führen, ob und wo der Wagenknecht-Trupp „links“ sei. Er positioniert sich in den zentralen Fragen – Klimapolitik, EU, Nato, Russland, offene Gesellschaft – genauso gegen den Westen, wie es, in Abstufungen, Trump, Le Pen, Mélenchon, Orbán, PiS, Meloni und AfD tun.
„Linke“ Sozialpolitik haben auch PiS und Orbán im Programm, nur wird Gerechtigkeit nicht inklusiv, sondern exklusiv und fossil definiert. Das Problem, das die eskalierende Erderhitzung und ihre Folgen verursachen, sind nicht die Produktionsverhältnisse (Kapitalismus), sondern die Produktionsmittel (Öl, Gas, Kohle), wie Armin Nassehi gern sagt.
Es braucht eine breite Mitte
Das Paradigma, in dem sich unsere Zukunft entscheidet, ist liberal versus illiberal. Offene gegen geschlossene Gesellschaften, emissionsfreie Zukunftspolitik gegen Verteidigung fossiler Gerechtigkeit bzw. Ungerechtigkeit, Europa oder national, Zukunftszugewandtheit gegen Destruktion.
Letztlich würde ich es versuchsweise mal auf eine Frage herunterbrechen: Wie hältst du’s mit dem Westen, seinen offenen Gesellschaften, Marktwirtschaften, und seinem kreativen Willen zum Fortschritt? Das ist die Bruchstelle, und sie wird sich für Europa verschärfen, falls Donald Trump ein zweites Mal US-Präsident werden sollte.
Übrigens sind fast alle Menschen konservativ, was ihre Bedürfnisse und ihren Alltag angeht. Die SPD hat die letzte Bundestagswahl gewonnen, weil Olaf Scholz den Leuten versprochen hat, dass sich nichts für sie ändern werde. Die Grünen werden von denen vehement abgelehnt, die ihnen unterstellen, dass sie etwas verändern wollen.
Daraus folgt: Es wird kein „Ruck“ durch Deutschland gehen und schon gar kein linker. Die fortgeschrittene Individualisierung in westlichen Gesellschaften schließt die hartnäckig gepflegte Illusion eines homogen strammstehenden Kollektivs eh aus, und zwar sowohl eines „rechten“ wie eines „linken“.
Wer eine Mehrheit für einen liberaldemokratischen Aufbruch gewinnen will, in einer teils wütenden, teils aufbruchsbereiten und zum Großteil mit der eigenen Lage zufriedenen Gesellschaft, muss jenseits von polarisierenden Populismusangeboten und überkommenem Lagerdenken eine breite Mitte zusammenbringen, die von gemäßigt progressiv bis gemäßigt konservativ reicht. Das ist die Aufgabe des Kanzlerkandidaten Robert Habeck.
Leser*innenkommentare
Jim Hawkins
"Das Paradigma, in dem sich unsere Zukunft entscheidet, ist liberal versus illiberal."
Da gehe ich mit. Links ist tot oder stinkt aus dem Mund.
Wie man an Mélenchon, Corbyn, AOC und einigen anderen demokratischen Würdenträgern in den USA, MERA25 und Podemos sehen kann, ist "links" ohne Antisemitismus oder zumindest massivem Antizionismus ganz einfach nicht mehr machbar.
Und wenn es auch keiner hören will, mit dem Kampf gegen den Antisemitismus steht und fehlt die Freiheit wie wir kennen und schätzen.
Diese Vernichtungsideologie gewandet sich heute in postkolonialen, identitätspolitischen Gewändern und verortet sich selbst auf eine völkische Art bei den "Unterdrückten".
Sie ist illiberal und antiwestlich.
So gesehen, Mitte ist das neue links im Sinne der Aufklärung und der Menschenrechte.
Lowandorder
@Jim Hawkins Schonn. Leider nur keine eine Frage.
Kategorie Frankreich & Robert Misik den
Asterix der Gallier in die Bartsuppe* spucken! Dachte - jetzt wird’s spannend.
Aber nix. le petit cheflereporter - Leinen los - Peterchens 🌑fahrt im bekannten ZickZackKurs bleiernd “Diese Zukunftspolitik ist nicht durch das gute alte Paradigma links vs. rechts zu beschreiben.“ ok gut abgehangen sei Unfried & sei bekannter Zettel🗃️! 🥱
& Däh s.o. “Das Paradigma, in dem sich unsere Zukunft entscheidet, ist liberal versus illiberal.“ Schnackeldidackel 🔂
& da kommts “…muss jenseits von polarisierenden Populismusangeboten und überkommenem Lagerdenken eine breite Mitte zusammenbringen, die von gemäßigt progressiv bis gemäßigt konservativ reicht.“
& ooch klar - wa! Nö. Nix mehr Kretsche!
Auf den Habie kommt es unserm Spätzle Vertreter an!
kurz - Verfassungsauftrag Art 20 GG
SOZIALER RECHTSSTAAT - Gellewelle -
FEHLANZEIGE - WAS ZU ERWARTEN WAR •
unterm——-
www.comedix.de/lexikon/db/haare.php
&
DEMOKRATIE - Get it?! Fein
Remember Hermann Heller
Kronjurist der Sozialdemokratie
“Rechtsstaat oder Diktatur
vs den Kronjuristen der Nazis
Carl Schmitt => entsetzlich
“Der Führer schützt das Recht“
Jim Hawkins
@Lowandorder Ja nun, wenn nicht "Zur Mitte, zur *****, zum ****", wohin dann?
Welche Linke soll’s richten?
Ich für meinen Teil bin da ziemlich desillusioniert und halte es mit Wolfgang Pohrt, der irgendwann gegenüber olle Gremliza postulierte, dass mehr als ein liberaler Sozialstaat nun mal nicht drin sei.
Und der steht ja, allerspätestens wenn die Nazis mitmischen, mehr als zur Disposition.
Die Revolution findet ja, wegen schlechten Wetters, nicht einmal mehr im Saale statt.
Und fände sie doch statt, wer könnte halbwegs garantieren, dass es nicht wieder, wie immer, im blutigen Terror endet.
Auch wenn Unfried draufsteht, ist für mich die Formel liberal vs. illiberal schon zutreffend.
Lowandorder
@Lowandorder Sorry - Format & Form alde Hüte!🎩 🎩
Lovando ff
“…PDF…
www.flechsig.biz/DJZ34_CS.pdf
& Hermann Heller =>
“Es gibt nichts materielleres als das
Haushaltsgesetz!“
&
“Hermann Heller - Sozialer Rechtsstaat statt „sozialem" Kapitalismus“
forum-recht-online.../96-2-frenkler.pdf
&
de.wikipedia.org/w...nn_Heller_(Jurist)…“
=> "wat de Übung all maakt sä de Snieder! Dor har hei siin eegen Tüch staalen!“ 😂
taz.de/Haushaltsen...uer-2025/!6020970/
kurz2 - sozial “…links im Sinne der Aufklärung und der Menschenrechte.“ …anschließe mich
Lowandorder
@Lowandorder bitte mein Säumen (Piccolomini;) mir nachzusehen: hatte grad was auf dem Herd!;)) 🥘 🥢
Mondschaf
@Lowandorder Demokraten verhindern Faschisten. Links oder liberal ist mir dabei egal. (Und ganz so nebenbei schmäht er das Wort „sozial").
Hoffentlich war der Weg in die Küche nicht zu weit. Es gibt vermutlich Auflauf, denn: Spät kommt er, doch er kommt. Ganz am Ende: „eine breite Mitte zusammenbringen, die von gemäßigt progressiv bis gemäßigt konservativ reicht. Das ist die Aufgabe des Kanzlerkandidaten Robert Habeck."
Gelungen. Die breite Mitte hat der schon zusammengebracht. Sie steht im allerdings gegenüber und nicht hinter ihm.
www.youtube.com/watch?v=WDM_ZohMCGk
(Links von B90/Die Grünen darf es nur noch eine Wand geben.)
Jim Hawkins
@Lowandorder Von der Sache her, kein Thema.
So sagt man in Berlin.
Ich hoffe mal, da brutzelt etwas Leckeres.