Waffenbesitz und seine Folgen: Sport­schüt­z:in­nen entwaffnen

Nach dem Schuss eines Reichsbürgers auf einen Polizisten wird über Waffenbesitz diskutiert. Um für Sicherheit zu sorgen, ist Kreativität gefragt.

Männer an einem Schiesstand mit Pistolen in der Hand

Wenn es um Sport ginge, gäbe es mit Druckluft- oder Lichtpunktpistolen harmlosere Alternativen Foto: Imago

Als im Herbst 2016 im fränkischen Georgensgmünd ein Reichsbürger auf Polizisten schoss, markierte das einen Wendepunkt. Ein SEK-Beamter wurde getötet, und die Sicherheitsbehörden stufen seitdem die Männer und Frauen, die die Existenz der Bundesrepublik leugnen oder ein neues altes Deutsches Reich anstreben, grundsätzlich nicht mehr als harmlose Spin­ne­r:in­nen ein.

Jetzt schoss wieder ein Reichsbürger auf Polizisten, in Reutlingen in Baden-Württemberg, glücklicherweise wurde dabei nur ein Mensch verletzt. Ein Polizist wurde in den Arm getroffen. Der mutmaßliche Schütze besitzt den bisherigen Ermittlungen zufolge 22 legale Waffen und trainierte in einem Schützenverein. Dieser Mordanschlag muss endlich ein weiterer Wendepunkt sein. Und zwar beim Umgang mit privaten Schüt­z:in­nen und ihren Waffen.

Die Schüsse auf Polizisten in Reutlingen sind nach dem Attentat auf die Gemeinde der Zeugen Jehovas in Hamburg wieder ein Angriff mit einer legalen Waffe. Die Waffenlobby von traditionellen Schützenvereinen bis zu den vermeintlichen Freiheitskämpfern der FDP darf nicht mehr ein strengeres Waffenrecht blockieren. Aber die nun von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) geplanten Regelungen gehen nicht weit genug. Warum dürfen Sport­schüt­z:in­nen überhaupt zu Hause Waffen und Munition lagern?

Es wird wieder das Gegenargument kommen: Eine zentrale Lagerung von Waffen und Munition sei auch nicht unbedingt sicherer, weil man sie dort einfach gebündelt klauen könne. Hier sind aber die Schützenvereine in der Bringschuld, eine sichere Lösung zu finden. Da ist Kreativität gefragt. Die Lagerung zu Hause ist jedenfalls auch keine Lösung, das hat sich jetzt nach vielen Fällen einmal mehr gezeigt. Allein schon die faktisch unregulierte Masse an Munition, die Schüt­zen:­in­nen in Wohnhäusern rumliegen haben, ist ein Riesenproblem.

Harmlosere Alternativen mit Druckluftpistolen

Aus diesem Grund konnte der Hamburg-Attentäter mehr als hundert Schuss abgeben. Noch extremer war es bei den Mitgliedern der rechtsextremen Preppergruppe Nordkreuz in Mecklenburg-Vorpommern, deren Chef in seinem Wohnhaus zehntausende Patronen für den „Tag X“ hortete. Die meisten waren zwar nicht unbedingt vorschriftsgemäß gelagert, aber er besaß einen Großteil völlig legal. Denn auch er war Sportschütze und trainierte mit seinen Kameraden im Schützenverein.

Wenn sich keine andere Lösung auftut, dann können die Sport­schüt­z:in­nen eben nicht mehr mit scharfen Waffen schießen. Keiner will ihnen ihr Hobby wegnehmen. Aber wenn es wirklich um den Sport geht, um die Konzentration, um das Miteinander, da gibt es mit Druckluft- oder Lichtpunktpistolen harmlose Alternativen. Es gibt kein Menschenrecht auf Ballern.

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Von 2011 bis April 2023 bei der taz. Zuletzt Reporter im Ressort Reportage & Recherche mit Schwerpunkt auf investigativen Recherchen. Er hat Sozialwissenschaften studiert und die Deutsche Journalistenschule in München absolviert. Themen u.a. Rechtsextremismus in Bundeswehr und Polizei (#Hannibal), Geheimdienste und Missstände in NGOs. Er gibt Seminare zur (Online-)Recherche. Sicher zu erreichen per Threema: 7D8P2XSV

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