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Ungerechte GasumlageEin Schuss nach hinten

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Von der Gas-Umlage profitieren auch Unternehmen, die weiterhin Gewinne machen. Wirtschaftsnahe Teile der Ampel dürften dafür verantwortlich sein.

Das Bündnis für Umverteilung protestiert vor der FDP-Zentrale am 18.08.2022 in Berlin Foto: M. Golejewski/AdoraPress

D ie Gasumlage entwickelt sich zu Robert Habecks erstem Polit-Desaster. Seit Monaten bewegt sich der grüne Bundeswirtschaftsminister galant durch die verschiedentlichen Krisen, gibt sich abwägend und kommuniziert verständlich. Und jetzt das: Die Umlage, die die Bundesregierung ab Oktober auf die ohnehin astronomischen Gaspreise aufschlagen will, kommt nicht nur Energiekonzernen zu, die sonst durch die verringerten Gaslieferungen aus Russland pleitegehen würden – was eventuell ein Problem für die Versorgungssicherheit hätte werden können.

Stattdessen profitieren auch Unternehmen davon, die insgesamt sogar deutliche Gewinne machen, wenn auch gerade nicht mit dem Gasgeschäft. Das betrifft zwar nur einen kleinen Teil der Umlagesumme, aber trotzdem. Der Grund dafür liegt in juristischen Fragen: Im Sinne der Gleichbehandlung wäre es offenbar nicht möglich gewesen, manchen Unternehmen die beim Gasimport entstehenden Verluste per Umlage erstatten zu lassen und anderen nicht.

Es ist aber schwer vermittelbar, dass die Regierung in sowieso teuren Zeiten die Preise für Ver­brau­che­r:in­nen bewusst steigert – obwohl sie offenbar nicht einmal die Möglichkeit hat, das Geld gezielt in den eigentlichen Zweck fließen zu lassen.

Natürlich, die Regierung hat nachgesteuert und zur Entlastung eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas beschlossen. Manche Öko­no­m:in­nen befürchten aber schon, dass dieser steuerpolitische Eingriff den Sparanreiz beim Gas mindert, so die Nachfrage erhöht und die Preise insgesamt weiter steigen lässt. Darüber kann man sich streiten, schließlich ist Gas auch so deutlich teurer als früher.

Insgesamt klingt dieses zusammengestückelte Konstrukt aber eigentlich nicht wie eine Lösung, die Habecks ausgewiesene und progressive En­er­gie­wirt­schafts­ex­per­t:in­nen normalerweise empfehlen würden. Und so liegt der Verdacht zumindest nahe, dass dieser Schuss nach hinten eher auf den Druck anderer Regierungsbeteiligter hin losgegangen ist, denen Gaskonzerne traditionell wichtiger sind.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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34 Kommentare

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  • Die Aktien für erneuerbare Energien sind ein Renner. Sie profitieren von zwei Krisen gleichzeitig, dem Ukraine krieg und dem Klimawandel.

    Also bloß nichts dort investieren! Lohnt sich nicht. Wird eh alles durch eine Steuer wieder abgeschöpft. 🤓

  • taz: "Von der Gas-Umlage profitieren auch Unternehmen, die weiterhin Gewinne machen. Wirtschaftsnahe Teile der Ampel dürften dafür verantwortlich sein."

    Wirtschaftsnahe Teile der Ampel? Damit ist doch wohl hoffentlich nicht die 'Freie-Fahrt-für-Porschefahrer-Partei' gemeint, die keine »Gratismentalität« im ÖPNV haben möchte, da das Auto bekanntlich ja viel klimaschonender ist als die Bahn.

    taz: "Und so liegt der Verdacht zumindest nahe, dass dieser Schuss nach hinten eher auf den Druck anderer Regierungsbeteiligter hin losgegangen ist, denen Gaskonzerne traditionell wichtiger sind."

    In Anbetracht der Tatsache, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufklappt und der Klimawandel sich über noch mehr klimaschädliches Wirtschaftswachstum freut, jetzt auch noch die neoliberale und wirtschaftsfreundliche 'Mövenpick-Porsche-Partei' an der Backe zu haben, beschleicht einem mit Sorge.

  • "Wirtschaftsnahe Teile der Ampel" - wieso nennt ihr eigentlich das Kind nicht gleich beim Namen, nämlich FDP?

    • @Herbert Eisenbeiß:

      Weil auch die SPD einen sehr wirtschaftsnahen Kanz äh Flügel hat?

    • @Herbert Eisenbeiß:

      Weil das für alle drei Parteien passt.

  • www.vsa-verlag.de/...erte-demokratie-1/



    ....sehr lesenswert, wer mal hinter den Vorhang "linsen" möchte und etwas Hintergrundwissen benötigt.

  • Wärmepumpe und Tesla, also fördernswert umweltbewusst, merkste was?! Die zahlen sogar Ausgleich für ihre Flugreisen, im Frühjahr nach Bali wird für Mangroven gespendet im Herbst wenn's in die Schweiz geht (isso weit von Hamburg aus, lohnt sich kaum mit Auto die 5 Tage Skifahren) dann für Wale. ... Wegen dem Kunstschnee zahlen sie natürlich Ausgleich bei "Wasser für Afrika", man ist ja auch Menschenfreund. Bei den allmonatlichen dienstlichen Inlandsflügen zahlt die Firma den Ausgleich, schließlich arbeiten Grüne nur bei sehr umweltbewussten Unternehmen, die da ihrer Verantwortung gerecht werden. Das sind die aufgeklärten Leistungsträger, die belohnt man für ihr vieffliegerisches 3(e!) KFZ pro Haushalt Wohlverhalten. Selbst schuld wer sich kein E Auto kauft und seine undichte Plattenbau Wohnung mit Öl heizt als gäbe es kein Morgen, einfach mal ein Energieeffizienz Haus mit Wärmepumpe hinstellen und vor jeder Flugreise brav spenden. Wer das nicht bereit ist zu tun, der braucht auch nicht erwarten dass er unterstützt wird. Die ein, höchstens zwei Millionen wird ja wohl wirklich jeder aufbringen wenn er nur will. Wer das Geld nicht hat, der nimmt halt einfach einen Kredit, mit einem Aufsichtsrat Posten ist der doch gleich abbezahlt. Muss man halt bei RWE in den Vorstand, auch das kann ja wohl wirklich jeder, der will, die haben da schließlich 5.600.789 offene Stellen. Aber muss man halt einfach machen, raus aus der Komfortzone, selbst schuld wer gemütlich in der Krankenpflege bleiben will um im umweltschädlich schlecht isolierten Plattenbau zu wohnen und im Urlaub geizig ausgleichsfrei an den Baggerweiher zu radeln.

    • @Eva Kern:

      ...spätestens bei "gemütlich in der Krankenpflege" hattest Du mich...Danke!

  • Hey! Wir zeigen es denen da oben mal so richtig: Nicht heizen, nicht kochen, kalt duschen.



    Generalkaltstreik!

    • @Nansen:

      Wie wäre es mit einem Zauberspruch für Gasvermehrung?

  • Besser konnte Habeck seine Ignoranz gar nicht beweisen: Jetzt sollen Unternehmen, die eigentlich dem Gemeinwohl untergordnet werden sollten, noch von den von ihnen abhängigen `Kunden`gerettet werden und das ohne dass die Retter sonst irgendeinen Zugriff auf diese Akteure dabei hätten. Später finden sich dann `Grüne`gut dotiert in den Aufsichtsräten wieder. Ein makrabes Spiel um die Allgemeinfürsoge, das die grüne Blase da mitmacht. Weiss Habeck, was er da treibt oder will er `nur`mitmischen?

    • @Dietmar Rauter:

      Seine Sprecherin hat es so begründet: „Ein Unternehmen braucht eine gewisse Gewinnspanne, um weiter agieren zu können“

      Cool, oder?

      Das ganze Desaster ist hier nachzulesen www.merkur.de/poli...e-zr-91742218.html , plus Twitter-Clip, in dem die gerade zitierte Sprecherin Susanne Ungrad zu sehen und zu hören ist.

      Diese Unverfrorenheit zieht einem echt die Schuhe aus.

  • "Wirtschaftsnahe Teile der Ampel"



    da denkt doch jeder wieder FDP.

    Was man vergisst: viel näher als die SPD kann man den Großkonzernen auch nicht sein.

    • @R R:

      Nicht nur Großkonzernen, sondern auch



      Hamburger Privatbanken



      (Warburg/Scholz,Tschenscher)

  • Schön, wenn man in der FDP eine Partei in der Regierung hat, auf die man alles schieben kann. Das wird aber nicht verfangen.

  • Wieso wird im Bild oben Protest gegen die FDP gezeigt, wenn die Gasumlage doch eine grüne Habeck-Idee ist?

    • @Rudi Hamm:

      Wenn die FDP einen Sparkurs verordnet und schon überall dringend nötigen Investitionen einen Riegel vorschiebt, damit man ja keine roten Zahlen schreibt... dann hat auch ein Habeck keine andere Wahl, als seine zusätzlichen Unternehmungen neu zu finanzieren.



      Nicht das ich diese Abgabe verteidigen will, aber tatsächlich hat die FDP an allem was Geld kostet ihren Anteil, sie haben das Finanzministerium.



      Was das Beschenken von Unternehmen und schützen von Profiten angeht, haben alle Schuld, ohne Frage. Aber das man es nicht aus Schulden finanzieren kann, das liegt nunmal am gelben Teil der Ampel.

  • Das passt zum neoliberalen Gleichheitsmantra: alle dürfen studieren, sich ein Haus und eine Yacht kaufen... Wie wurden denn in der Vergangenheit Unternehmen und Banken durch staatliche Eingriffe gerettet? Was macht Buschmann für einen Job? Oder können wir es auf die EU schieben (in der wir ja kein kleiner Akteur sind)?

  • Das ist dann wohl "ökosozial".

    Hier wird sich zwar alle Mühe gegeben, die Grünen so darzustellen, als würden sie doch irgendwie soziale Politik wollen, aber darum ging es bei denen noch nie. Öko-FDP mit ausgeprägter transatlantischer Unterordnung ist die realistische Einschätzung.

    Bei der SPD sucht auch kaum jemand nach sozialer Politik, und wenn, dann 50 Jahre zu spät. Die FDP kann ihre Agenda abarbeiten, und die anderen zwei setzen dem nichts entgegen, weil ihnen gar nichts daran liegt, denn im Grunde ist man sich ja einig.

    Die inszenierten Meinungsverschiedenheiten können darüber nicht hinwegtäuschen. Und dann gab es hier allen Ernstes Artikel mit dem Tenor "Die Grünen sind unbemerkt sozial" (komisch, wieso merkt das keiner) und "Ja jetzt müsste doch mal Die Linke was machen" Hallo? Auf einmal sollen *die* mit ihren 5% die Missstände thematisieren, die die Regierungsparteien seit Jahrzehnten ignorieren? Netter Versuch, von der Verantwortung der Regierungsparteien abzulenken. Wozu sind die eigentlich in der Regierung?

  • Die Autorin liegt mit Ihrer Schuldzuweisung bestimmt falsch. Statt die (aktuellen) Übergewinne aus den jahrelang subventionierten Bereichen der Energiewirtschaft abzuschöpfen, werden diejenigen geschröpft, die sich nicht wehren können. Warum habe ich eigentlich mittels EEG-Umlage über Jahre die Solarenergie und Windenergie unterstützt, wenn die jetzt ihre Energie teuer und teuerer vermarkten? Statt dessen darf ich nochmal für Kohle blechen, deren Abschaffung ich ebenfalls schon bezahlen musste. Billige ( weil ebenfalls schon bezahlte) Atomkraft darf ich nicht kaufen, weil jemand an Knappheit und hohen Preisen interessiert ist … es wird Zeit, dass wir mal genau benennen, wenn die Umlage nützt.

    • @Taztui:

      Solar- und Windenergie wird doch gar nicht teuer vermarktet. Kohle- und vor allem Gas treiben die Preise nach oben.

      • @Andreas J:

        Windkraftbetreiber und die Solarbranche fahren derzeit super Gewinne ein: die hohen Strompreise machen es möglich.

        • @Taztui:

          Das tun sie, aber nur dadurch wie der Preis berechnet wird und der wird gerade durch Gaskraftwerke nach oben getrieben. Beim Einkauf hat immer die billigste Energie Vorrang. AKW und Erneuerbare. Reicht das nicht aus, kommt Kohle dazu. Der Irrsinn ist nun, dass immer der höchste Preis für alle gilt. Zur Zeit kommen Gaskraftwerke dazu, wegen Frankreich. Gaskraftwerke sind am teuersten und bilden nun den Strompreis für alle, auch wenn sie nur geringfügig beteiligt sind. RWE hat dadurch schon riesen Profite eingefahren obwohl die Kosten für ihre Kohlekraftwerke nicht gestiegen sind. www.ardmediathek.d...C02ZmJjZjc3ZmY4MWE

  • "Wirtschaftsnahe Teile der Ampel dürften dafür verantwortlich sein."

    Irreführender Header. Das liest sich, als gäbe es noch andere Teile...

  • Gesellschafter u. Aktionäre der



    Unternehmen, die die Hilfe beantragen,



    sind ja wohl zuerst in der



    Verpflichtung zu zahlen, sie und nicht die Gaskunden haben von Gewinnen in den Vorjahren durch Ausschüttungen profitiert.

  • Gerd hat sich über Gazprom abgesichert. Robert versucht's anderswo. Kann dann in 20 Jahren aufgearbeitet werden, z.B. über einen Parteiausschluß (wenn es die Grünlichen dann noch gibt).

  • man sollte Habeck nicht so dermassen verteidigen, und die Schuld nur woanders suchen..

  • 4G
    44733 (Profil gelöscht)

    Gut für meine Psyche: Erst rette ich Banken, dann rette ich Automobilkonzerne und jetzt braucht´s mich um die Gaskonzerne zu retten. Mach´ ich. Noch was?

    • @44733 (Profil gelöscht):

      Sie haben vergessen, Pharme, Öl, Rüstung....als nächstes Elektro vielleicht, dann Versand, wir wollen doch unseren "Wohlstand" absichern oder?

    • @44733 (Profil gelöscht):

      Bitte am Thema weiterhin recherchieren, u.a. Profit-, Lobby- und Verantwortungsketten aufklären. Danke! .. Gemäß Ihrer Kollegin Ulrike Herrmann zur individuellen CO2-Verursachung emittieren die finanziell oberen 10% im Schnitt 170 Tonnen pro Jahr und die unteren 50% nur noch 5 Tonnen pro Kopf. Das muss zu denken geben.

    • @44733 (Profil gelöscht):

      Klasse! 😂😂👍

  • RS
    Ria Sauter

    Ach, der Habeck verliert seinen Glanz?



    Ne, macht er nicht. Alles passt hervorragend zur grünen Politik.



    Sozial stand noch nie auf der Agenda.



    Die Wähler/innen dieser Partei sind mittlerweile gutbetuchte mit Solar und Wärmepumpen im Haus.

    • @Ria Sauter:

      "Das betrifft zwar nur einen kleinen Teil der Umlagesumme, aber trotzdem."

      Nee, nicht "trotzdem". Das Meiste Geld sind Bailouts für Uniper und Gazprom Deutschland. Von der Uniper-Tranche verbleiben 30% bei der öffentlichen Hand, 35% gehen an die finnischne Staatskassen, und 35% an die Privatwirtschaft.

      Ich würde mich freuen, wenn irgendjemand mal für die Gesamtsumme aufschlüsseln würde, wo das Kapital konkret landet. Wären zB die beiden großen Milliardengräber komplett verstaatlicht worden, würde der Gropßteil lediglich von einer Tasche in die andere wandern; die Eigentumsverhältnisse blieben unverändert. Aber da hat sich ja Lindner wieder gesperrt.

    • @Ria Sauter:

      Sie mögen ihn nicht - geben Sies zu. 😃



      Jedenfalls schreiben Sie immer wieder pauschale Kritik an den Grünenin die Kommentare...