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Ukraine-Vorstoß von Nato-StabschefFrei Haus ans Messer liefern

Kommentar von Barbara Oertel

Ein Mitarbeiter des Nato-Generalsekretärs schlug vor, die Ukraine könne Gebiete abtreten, um Nato-Mitglied zu werden. Solche Gedankenspiele senden ein fatales Signal an die Ukra­iner*innen.

Gebietsabtretungen für Nato-Beitritt? Selenskyj und Stoltenberg beim Nato-Gipfel im Juli Foto: Ints Kalnins/reuters

As long as it takes“ – war da mal was? Die Ausführungen des Büroleiters von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, Stian Jenssen, lassen gehörige Zweifel aufkommen. Bei einem runden Tisch in Norwegen brachte er die Option ins Spiel, die Ukraine könne Mitglied des westlichen Verteidigungsbündnisses werden, müsse dafür aber im Gegenzug einige Gebiete an Russland abtreten – um des lieben Friedens willen, versteht sich. Gleichzeitig betonte er, dass Kyjiw entscheiden müsse, unter welchen Bedingungen Verhandlungen aufgenommen werden.

Ja, geht’s noch? Da wird etwas zusammengedacht, das nicht zusammenpasst. Und weist die Nato nicht immer wieder selbst darauf hin, dass Staaten mit ungelösten territorialen Konflikten, wie Georgien und die Republik Moldau, nicht beitreten können?

Ausnahmen bestätigen die Regel, aber man stelle sich einmal vor, was dieses Szenario für die Ukraine – beziehungsweise das, was dann von ihr noch übrig bliebe – in der Praxis bedeutete. Die Territorialfrage wäre elegant gelöst und der Kreml würde für seinen Angriffskrieg gegen den Nachbarn mit tausenden Toten und komplett verheerten Landstrichen auch noch belohnt.

Realitätsferne Hoffnung

Die Ukrainer*innen, die in den besetzten Gebieten leben, würden frei Haus ans Messer geliefert. Um zu begreifen, was das bedeutet, gibt es Anschauungsmaterial zuhauf. Ein Blick in den Donbass oder in die seit dem 24. Februar 2022 von Russland besetzten Gebiete genügt. Auch die Hoffnung, derartige faule Kompromisse könnten als eine Art Appetitzügler den Kreml künftig von weiteren Waffengängen abhalten, ist realitätsfern.

Davon abgesehen: Derartige Gedankenspiele, wie Land gegen „Frieden“, senden ein fatales Signal an die Ukra­iner*innen. Sie haben schon jetzt einen hohen Preis entrichtet, der täglich steigt. Unter den Menschen geht die Angst um, die Unterstützung des Westens könnte bröckeln. Denn so kann Jenssen auch gelesen werden. Sollten sich diese Befürchtungen bewahrheiten, es wäre eine Katastrophe.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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35 Kommentare

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  • Der Kreml ignoriert Abkommen. Der Boss führt nur deshalb Krieg weil die Rückzügler des Westens keinen Bock haben einen Krieg zu gewinnen. Es ist nur lustlose Governance.

  • Gehen wir die Alternative durch:



    Die Ukraine - zahlenmäßig unterlegen und mit viel weniger Feuerkraft und ohne Atomwaffen- kämpft heldenhaft. Und geht doch langsam, aber sicher unter. Weil der Westen nicht die Art von Artilleriepower liefern kann, die benötigt werden. Weil die Ukrainer viel weniger Menschen hat als Russland. Und weil die Ukraine keine gute Luftabwehr mehr hat und die Russen im Winter nach Belieben buchstäblich "das Licht aus" d.h. die Elektrizität zerstören können.



    Dann, in ein, zwei Jahren dürfte Russland noch Odessa, Kharkiv und Dnipro nehmen.



    Die Ukraine hat keinen Meereszugang mehr, große Teile der Bodenschätze verloren. Und der Dnipro ist de facto die neue Staatsgrenze.



    Das ist m.E. die Alternative.



    ODER man bietet "ewige Neutralität" an. Das hätte man in Istanbul letztes Jahr haben können.

    • @Kartöfellchen:

      Nach ihrer Logik gibt es dann keine chance auf Verhandlungslösung den wenn Russland die Ukraine erobern kann warum sollte es sich dann mit weniger zufrieden geben.

      • @Machiavelli:

        Ganz einfach:



        Weil die Ukrainer auch in der Niederlage mit westlichen Waffen den Russen Schaden zufügen, auch wenn sie verlieren. Dann würde es wohl lieber ohne weitere Verluste seine Gewinne vom Tisch nehmen, die derzeit nicht gering sind (Landbrücke zur Krim, den Donbas, Bodenschätze, Exklusiven Zugang zum Asowschen Meer).

        • @Kartöfellchen:

          Die Russische Führung scheint da anders zu denken: www.n-tv.de/politi...ticle24337726.html

          Russland muss die ganze Ukraine unterwerfen oder es ist keine Weltmacht mehr. D.h. ihr Frieden würde vielleicht einige Jahre halten und mehr nicht.



          Ihr Friedensplan würde auf weitere Kriege hinauslaufen und eine revanchistische Ukraine die sich nuklear bewaffnet.

  • @ Administrator: bitte eigene Richtlinien beachten und auch Kommentare veröffentlichen, die in keinster Weise ihrer Meinung entsprechen. Selbstverständlich stehe ich für Rückfragen zur Verfügung.

    Letztendlich sind solche Forderungen sowieso unrealistisch, da eines der Hauptziele von Russland ist einen Nato Beitritt der Ukraine zu verhindern und dieses DAS Ziel ist was in der russischen Bevölkerung am meisten Unterstützung findet. Man kann davon ausgehen, dass es am Ende einen Friedensvertrag geben wird, der vorsieht, dass die Ukraine nicht der Nato beitreten wird. Deswegen haben sich Länder wie die USA und Deutschland ja auch so zurückhalten beim letzten Nato Gipfel gezeigt.



    Mittelfristig wäre es zu wünschen, wenn der Westen moderate Stimmen in der Ukraine unterstützt, wie zb Arakhamia (Selenskis ehemaligen Chefunterhändler). Auch wäre eine kritischere Ausseindersetzung mit Selenski angebracht (ohne seine vorhanden Verdienste zu ignorieren).

    www.srf.ch/news/in...ritisiert-selenski

    eurojournalist.eu/...itisch-betrachten/

  • Ein schlauer Schachzug der USA

    Zitat: „Und weist die Nato nicht immer wieder selbst darauf hin, dass Staaten mit ungelösten territorialen Konflikten, wie Georgien und die Republik Moldau, nicht beitreten können?“

    Nun, der Deal, so er denn zustande käme - was zu bezweifeln ist -, impliziert die Vorstellung, daß dann die territorialen Konflikte zwischen Rußland und der Ukraine als „gelöst“ zu betrachten seien, mithin diese Bedingungen für einen NATO-Beitritt der Restukraine erfüllt wären. Der Versuchsballon der NATO zeugt von der Erkenntnis, daß angesichts der Kräfteverhältnisse auf dem Schlachtfeld militärisch nicht mehr viel zu gewinnen ist. So gesehen, erschiene damit der Spatz der Schrumpfukraine in der NATO-Hand lieber als die Taube eine illusionären Wiedergewinnung aller annektierten Gebiete. Auch dann dürften die territorialen Konflikte solange als ungelöst gelten, wie die Niederlage Rußlands nicht völkerrechtlich besiegelt ist. Der jetzige militärische Immobilismus böte dem Kreml mithin den Hebel, den NATO-Beitritt der Ukraine bis zum St. Nimmerleinstag hinauszuzögern. Dazu reichten neue Gebietsansprüche. Aus Sicht der USA-Interessen, Rußland so weit wie möglich militärisch auf die Pelle zu rücken, bedeutete dieser Deal einen strategischen Quantensprung, denn dann könnte NATO-Truppen ganz legal unmittelbar an der südlichen russischen Grenze stationiert werden.

    Der Kreml würde die Inkorporation der Ost-Ukraine in das Staatsgebiet der russischen Föderation natürlich seiner kriegsmüden Bevölkerung als Sieg verkaufen, der sich aber sehr rasch strategisch als Pyrrhussieg und Danaergeschenk erweisen könnte. Ein schlauer Schachzug, den sich der alte Fuchs Kissinger da ausgedacht hat.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Belege für die Herkunft von Kissinger?



      Die "Vorschläge" kamen von dem Norweger Nato-Stabschef Stian Jenssen.

      • @Land of plenty:

        Kissinger für einen Deal

        „Für die Sicherheit Europas ist es besser, die Ukraine in der Nato zu haben. Dort kann sie keine nationalen Entscheidungen über territoriale Ansprüche treffen.“ Zugleich könne auch Rußland von einem Beitritt der Ukrainer profitieren. „Ich würde Putin sagen, daß auch er sicherer ist, wenn die Ukraine in der Nato ist.“ Der frühere US-Außenminister kann sich ein Kriegsende vorstellen, bei dem Rußland die Krim überlassen wird. („Kissinger: for the safety of Europe, get Ukraine into NATO“, „The Economist“, 17.3.2023)

        Bereits zuvor hatte Kissinger auf eine Verhandlungslösung gedrungen: „Es ist an der Zeit, auf den bereits vollzogenen strategischen Veränderungen aufzubauen, um Frieden auf dem Verhandlungsweg zu erreichen. Aus diesem Grund habe ich im Mai empfohlen, eine Waffenstillstandslinie entlang jener Grenzen einzurichten, an denen der Krieg am 24. Febr. begonnen hat. Rußland müßte somit seine jüngsten Eroberungen aufgeben, nicht aber das Gebiet, das es vor fast einem Jahrzehnt besetzt hatte, einschließl. der Krim. Dieses Gebiet könnte nach einem Waffenstillstand Gegenstand von Verhandlungen sein. International überwachte Volksabstimmungen über die Selbstbestimmung könnten in geteilten Gebieten durchgeführt werden. Das Ziel eines Friedensprozesses wäre die Bestätigung der Freiheit der Ukraine und die Festlegung einer neuen internationalen Struktur. Letztendlich sollte Rußland einen Platz in einer solchen Ordnung finden.

        Manche bevorzugen ein Rußland, das durch den Krieg ohnmächtig wird. Dem stimme ich nicht zu. Trotz seiner Neigung zur Gewalt hat Rußland über ein halbes Jahrtausend lang entscheidende Beiträge zum globalen Gleichgewicht und zur Machtbalance geleistet. Seine historische Rolle sollte nicht herabgewürdigt werden. Das Streben nach Frieden und Ordnung hat Sicherheitselemente und die Forderung nach Versöhnung. Wenn wir nicht beides erreichen können, werden wir auch keines von beidem erreichen können.“ („The Spectator“ 17.12.22)

    • @Reinhardt Gutsche:

      “Ein schlauer Schachzug, den sich der alte Fuchs Kissinger da ausgedacht hat.”



      Danke, dass Sie die Rolle der USA für den weiteren Verlauf des Krieges herausstellen. Die ist nämlich entscheidend, nicht die Haltung des deutschen Kanzlers (das ist lediglich ein Profilierungsthema für die Union, speziell Friedrich Merz als Oppositionsführer im deutschen Bundestag).



      “Land gegen Frieden” ist ja kein neuer Vorschlag von dem alten Fuchs, diesmal qua Umweg über die NATO-Bürokratie. Kissinger hat ihn schon im Januar anlässlich des Weltwirtschaftsgipfels in Davos vorgelegt:



      www.tagesspiegel.d...augen-9202299.html



      Und richtig, je länger der Krieg fortdauert und auch den USA viele weitere Milliarden Dollar kostet, desto weniger wird man sich in Washington diesem Vorschlag verschließen können. Deshalb wäre ein schneller Erfolg der ukrainischen Gegenoffensive ja auch so wichtig gewesen. Jetzt lauert erneut das Trump(eltier) vor der US-amerikanischen Haustür und die Zeit für einen ukrainischen Erfolg schwindet bedrohlich dahin.



      Ob Joe Biden und die massgeblichen NATO-Repräsentanten dann aber den Ukrainern noch in die Augen blicken können?

  • Das "Undenkbare" und ja doch nahezu vom Punkt weg Angelegte auch auszusprechen, möglichst bevor es dann eintritt, wenn man viell. auch nicht mehr den Einfluss hat auf Zeitpunkte und ggf. Art und Weise, ist denk ich mehr noch an uns gerichtet. Als Vorbereitung, auch um Reaktionen zu prüfen. Aber doch bemerkenswert ein missliches Signal hier zunächst bei den Ukrainern zu fürchten: die kommen ja nun die ganze Zeit, auch schon vor Vilnius. Für mich alles Versuche von Distanzierungs- und Absetzbewegungen, den zu entgleisen drohenden Waggon möglichst früh abzukoppeln. Man ahnt dass es angesichts drohender Niederlage vielleicht nur noch auf (westl.) Schadensbegrenzung ankommt. Sogesehen viel mehr hilfreich natürlich auch so'n Narrativ und möglichst rechtzeitig in die Welt zu setzen, ist eben wieder'n Ansatzpunkt wo man einmal sagen kann: naja, sie hätten ja, wir sagten ja, sie wollten nicht. Selbst schuld! Das Peterspiel hat lange begonnen. Bisher glänzt der Westen nur u.a. besonders mit Fehlkalkulationen und dieses m.E. gleich die nächste, das wird nicht aufgehen. Es ist zu offensichtlich, was passiert und wer hier so richtig auf dem Way Out ist des 21. Jahrhunderts. Und ein Signal ist das vor allen Dingen mal an Moskau, aber was für eins. Nämlich eine pure Kapitulation. Putin wär ja bescheuert, jetzt nicht auf alles zu gehen. Wenn sie an dem Punkt sind, sowas auszusenden, können sie sich genauso gut in Badehosen auf den Roten Platz stellen, demonstrativ das letzte Handtuch werfen und den großen Zaren doch noch mal um seinen Wunschzettel bitten, zum eingehenden Studium.

  • Wir sind nicht bereit auf unseren Wohlstand zu verzichten um einem anderen Land die Freiheit und die Sicherheit zu ermöglichen die wir für uns so lieben.



    Und es geht nicht nur um Waffen wie oft argumentiert wird! Mal die Sanktionen so hochfahren, dass sie auch wirklich wirken? Deutsche Infenion Chips in russischen Drohnen wurde gestern berichtet!! Wir wollen nicht oder wir können nicht? Bei den vielen Problemen in unserem Land tippe ich derzeit auf 'nicht können'.

    • @Tom Farmer:

      Wegen der Infineon-Chips (auch NVIDIA wurde gefunden): Nun, solche Chips werden überall auf dem Planeten gehandelt. Sie können also als russischer "Tourist" in China oder Indien oder Kasachstan sagen wir einen PC kaufen mit starker Grafikkarte. Und schon haben sie einen Chip. Oder sie bestellen 50.000 Laptops in China und schrauben sie auseinander.



      Wir müssten ALLE LÄNDER mit denen Russland handelt sanktionieren. Also alle außer den USA & Friends.



      Und dann bliebe immer noch der Schwarzmarkt. Ich meine, wenn harte Drogen geschmuggelt werden können, wäre es naiv anzunehmen, dass man keine Chips schmuggeln kann. Und Russland hat immer noch Gold, mit dem man bezahlen kann...

  • Es ist ein schwacher Trost, dass derjenige, der die im Beitrag genannte Meinung von sich gibt, „nur“ Büroleiter ist und somit keine inhaltliche Entscheidungsgewalt hat. Vielleicht haben aber in den obersten Führungsebenen der NATO auch manche Entscheidungsbefugte ähnliche Ansichten? Putin würde's freuen!



    Denn wenn der Aggressor Russland seine „Belohnung“ erhalten hat und DIESER Krieg beendet ist, werden die nächsten „Projekte“ drankommen: Moldawien und Georgien wurden bereits hin und wieder erwähnt. Speziell Georgien hat schon einschlägige Erfahrungen: In zwei Kriegen entriss Russland dem georgischen Staatsgebiet Abchasien und Teile Südossetines (und damit 20 % des Staatsgebietes)!

  • Schon viele Male war bei genauerer Betrachtung die Scheinheiligkeit der NATO das Mittel der Wahl.



    Der Vorschlag Stoltenbergs ist nichts anderes als der Versuch auf Kosten der Ukraine die Ressourcenschonung der NATO Staaten zu betreiben. Die NATO ist und bleibt ein Verteidigungsbündnis. Sie dient der Abschreckung. Für Angriffe auf Nichtmitglieder fehlt ihr das Konzept und der politische Wille. "Wasch mich, aber mach mich nicht nass" funktioniert jetzt nicht mehr. Das ist das Dilemma der Geldkoffermentalität der Konservativen Politik der letzten 30 Jahre. Sie können nichts Anderes.



    Die Zukunft einer „Freien“ und „Autonomen“ Ukraine mit Ihrem Präsidenten Selenskyj ist auf Gedeih und Verderb auf den Westen und dessen Hilfe angewiesen.



    Bei den vielen Problemen die die westlichen Staaten haben muß ein mittelfristiges Ende des Konflikts erkennbar sein. Alles andere können und wollen wir uns nicht leisten. Das weiß auch die NATO.



    Aber genau darauf zielt Putins Politik. Wenn wir darauf nicht reagieren und Putin gemeinsam in die Schranken weisen wird es keinen Frieden geben.

  • Leider steigt der Preis jeden Tag weiter. Trotzdem wird es am Ende zu Gebietsabtretungen kommen. Wie viele dieser Menschen umsiedeln müssen/dürfen liegt in der Hand der westlichen Allianz. Ich glaube so gut wie kein Volk der Erde lebt auf einem Gebiet, welches zuvor nicht von einem anderen Volk besiedelt war. Nichts rechtfertigt diesen Angriffskrieg. Aber absolute Forderungen werden zu keinem Frieden führen.

  • Wird da n Job frei ?

  • Land gegen Frieden wäre fatal. Aber die Krim wurde 2014 so leichtfertig von der ukrainischen Armee aufgegeben und ist seit Jahrhunderten für Russland wichtig. Militärisch und touristisch. Sogar kulturell durch Krimsekt und Tataren. Und prestigeträchter Datschenstandort für Reiche - sowas wie Sylt und Sotschi. Sie wurde in einem militärischen Handstreich 2014 genommen, und es gab kaum Widerstand gegen die russische Eroberung. Damit wurden der Ukraine wichtige Ressourcen völkerrechtswidrig weggenommen, i.e, Gasquellen und Tourismus. Russland wird die Krim ums Verplatzen nicht wieder rausrücken, selbst wenn Nawalny an die Macht im Kreml käme - er ist von Haus aus auch russischer Nationalist. Bei einem Abtretungsvertrag für Frieden könnte nur die Krim abgetreten werden, und das nicht für Frieden, sondern für eine ordentliche Entschädigungssumme, die die Ukraine dann auch für den Wiederaufbau braucht. Land gegen Entschädigung. Das wäre Abtretung im wirtschaftlichen Sinne. So eine materielle Abtretung muss eben einen materiellen Gegenwert liefern. Russland kann sich so die Anerkennung der Krim als wieder russisch erkaufen.

    Wenn der Entschädigungsrubel rollt, ist der Einkauf von Wiederaufbau-Materialien aus Russland naheliegend, aber auch aus Ländern, die seit 2022 ihr russisches Gas in Rubel bezahlen müssen. Entschädigungsrubel an die Ukraine würden so nicht zwangsläufig alle direkt an Russland zurück fließen. Die russische Landgier ist aber seit 2022 größer geworden - siehe weitere Annexionen in diesem Krieg. Für die alle kann oder will Russland aber wahrscheinlich keine Entschädigung leisten, d.h. will es überhauptkeine ordnungsgemäße Abtretung.

    Für echte Abtretungen müsste Russland ordentlich was zahlen. Putin hofft aber, dass die Macht des Faktischen. i.e. seine handfeste kriegerisch gewaltsame Machtbereichserweiterung, am Ende mehr zählt als alles Recht der Welt, weil er doch militärisch ausgerüstet ist als Supermacht und mit dem Weltkrieg droht. Er ist Gröfaz 2.0

  • Alles außer einem NATO Beitritt ist wertlos. Die Ukraine erhielt Sicherheitsgarantien und gab dafür ihre Nuklearwaffen ab, später gab sie Bomber und Raketen ab (die jetzt gegen sie eingesetzt werden). Es gibt zwei Möglichkeiten für ukrainische Politiker die Existenz ihres Volkes zu sichern: NATO oder Atomwaffen. Wer also keine nuklear bewaffnete revanchistisch gesinnte Ukraine in Europa haben will muss auf einen NATO Betritt der Ukraine drängen.

    Das die Ukraine diese Gebiete nicht befreien kann, da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

    Die ganze Diskussion ist jedoch derzeit Makulatur. Russland will nicht verhandeln und ich denke es wird eher noch mehrere Wellen der Mobilisierung in Russland geben als das Russland auch nur bereit ist über ein Einfrieren des Konfliktes zu reden. In der Sicht Putins und seiner Eliten geht es um die Zukunft Russlands als Weltmacht, alles außer totalem Sieg ist eine Niederlage. Erst wenn der Krieg die Existenz des Regimes selbst - ausgelöst durch eine ständige Kette an Niederlagen - bedroht besteht die Hoffnung den Krieg zu beenden. Solange Putin glaubt er kann gewinnen wird er Krieg führen, all jene die nach Verhandlungen und Kompromissen rufen bestärken ihn nur darin das er nur lange genug durchhalten muss um zu gewinnen. Es ist hart, aber Kompromissbereitschaft zu signalisieren verlängert nur den Krieg und das Sterben. Erst wenn Putin keine Chance auf Sieg sieht gibt es eine Chance auf Frieden.

  • Der Krieg dürfte auf Jahre noch im jetzigen Frontverlauf in etwa bleiben und die Ukraine hat diese Gebiete bis auf weiteres de facto abgetreten. Siehe bspw Transnistrien oder Koreakrieg -- eingefronene Konflikte, mit denen sich abgefunden werden musste.

  • Ja, das ist die allgemeine Tendenz der Gegenwart: die Weigerung richtig zu kämpfen und richtig den Menschenfeinden entgegenzutreten.



    Schröder, AfD und co feiern am Tag des Sieges (9.Mai) in der russischen Botschaft. Und niemand verhindert es.

    • @Land of plenty:

      In Anbetracht unserer historischen Verantwortung sollte an den Feiern immer ein Repraesentant anwesend sein, solang wir nicht im Krieg mit Russland sind.

  • Es mag ja sein, dass es am Ende so kommt, weil bestimmte Gebiete nicht zurckerobert werden können. Und wenn die Ukraine sagen würde: Okay behaltet den Donbass in den Grenzen vor dem 23.2.22 dann wäre das auch kein ungelöster territorialer Konflikt. Und ich würde auch behaupten, dass es mitnichten eine Belohnung des russischen Agressors ist, wenn dieser auf die Grenzen vor dem Beginn des Krieges zurückgeworfen würde. Aber: Das sag ich doch nicht öffentlich. Und in diplomatischen Kanälen, erst wenn die Ukraine (aber auch der sie unterstützende Westen) sagt: Mehr geht nicht. Abgesehen davon, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich bevorzuge eine Rückeroberung des Donbass und der Krim und den Sturz der Regierung Putin durch eine russische Revolution (die haben die Welt ja schon mal überrascht :-)). Dann sollte der Westen (oder die UN) aber auch robust darauf drängen, dass die dort lebenden Russen bzw. russisch sprachigen Menschen nicht einer ähnlichen "Behandlung" unterworfen werden, wie z.B. die Sudetendeutschen (jaja, historische Vergleiche hinken)

  • Danke für den Kommentar. Wer den Angriffskrieg belohnt, wird noch mehr Krieg ernten.

    • @Gnutellabrot Merz:

      "Wer den Angriffskrieg belohnt, wird noch mehr Krieg ernten"



      Das stimmt als allgemeine Aussage so nicht, siehe Finnland, die im Friedensvertrag Gebiete an die Sowjetunion abtrat und seitdem keinen (weiteren) Krieg mit dieser bzw. deren Nachfolger Russland hatte.



      Ob dem Putin-Russland eine gleichartige Zuverlässigkeit attestiert werden kann, ist aber in der Tat zweifelhaft. Und das sehen die Finnen offenbar auch so, siehe ihren NATO-Beitrittsantrag.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Gibt es dafür Belege, z.B. eine wissenschaftliche Arbeit, die ihre Aussage von notwendiger Gegengewalt wenigstens halbwegs empirisch bestätigt?



      Außerdem, belohnt wird dieser Angriff auf lange Sicht eben nicht, wenn man jetzt das töten stoppt. Man muss selbstverständlich konsequent mit anderen Mittel operieren, als mit Gewalt die den Tod hunderttausender meist junger Menschen zur Folge hat.



      Mich stört an den Sofabellizisten, dass sie den Horror, die Verzweiflung, das Elend und die Trauer, oder anders, den furchtbaren immerwährenden frühen Tod vieler Menschen als Einsatz für ‚ihre‘ Werte fordern. Wer das tut, sollte sich freiwillig zum Kriegsdienst vor Ort melden, alles andere ist wohlfeil.

      • @guzman:

        "(...)Mich stört an den Sofabellizisten, dass sie den Horror, die Verzweiflung, das Elend und die Trauer, oder anders, den furchtbaren immerwährenden frühen Tod vieler Menschen als Einsatz für ‚ihre‘ Werte fordern. (...)"

        Ist Ihnen mal der Gedanke gekommen, dass man gleiches auch über die guten Ratschläge der "Sofapazifisten" sagen könnte?



        Die Entscheidung liegt bei den Ukrainern - und die wollen offenbar kämpfen. Und es ist am Westen, sie dabei so gut wie möglich zu unterstützen.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Es geht schon lange nicht mehr um Belohnung, sondern um die Frage, wie weitere zehntausende Opfer vermieden werden können. Und da sollte es keine Denkschablonen geben. Wohlfeil, hier auf dem Sofa sitzend Krieg zu predigen.

      • @Rolf B.:

        Korrekt, es geht (unter anderem) darum, weitere Opfer wie in Butscha und anderswo zu verhindern. Wohlfeil, hier dem Sofa sitzend Frieden zu predigen.

  • In der Tat, "Land gegen Frieden" wäre der Sieg Putins. Natürlich werden die Gegner von militärischer Hilfe an die Ukraine sagen, dass nur so Frieden geschaffen werden könne. Frieden bedeutet aber nicht Putins völkische Diktatur, sondern kann nur auf der Basis von Gerechtigkeit und dem Respekt des Völkerrechts entstehen. Das heisst aber auch, dass die Ukraine in ihrer Verteidigung weiter unterstützt werden muss, so lange das Land um seine Existenz und Souveränität kämpfen will. Dass "die Linke" sich in Sachen Ukraine gemein macht mit dem Putin- Budy Kretschmer aus Sachsen und der AFD ist erschreckend und ein weiterer Sargnagel für den Niedergang dieser Partei, die einen ihren wichtigsten politischen Pfeiler, nämlich die Internationale Solidarität mit dem Opfer, mit Füssen tritt.

  • "...um des lieben Friedens willen, versteht sich" - verstehen Sie eigentlich nicht, wie deplaziert die Formulierung in diesem Kontext ist?

    Üblicherweise gebraucht, um Konfliktvermeidung ('ich sag jetzt mal nichts') z.B. bei der Urlaubsplanung oder Familienfesten zu beschreiben dort meint sie 'nur keinen Ärger', verwenden Sie sie zum wiederholten Male in Bezug auf diesen Krieg.

    Als sei 'der liebe Friede' in der Ukraine eine Marotte konfliktscheuer Kleinbürger, die sich scheuen, Klartext zu reden...

    Völlig unangemessen!

    • @ke1ner:

      Korrektur: #als sei der Wunsch nach Frieden in der Ukraine eine Marotte konfliktscheuer Kleinbürger, die sich scheuen, Klartext zu reden...

  • Lieber ein Ende mit Verlusten, als Verluste ohne Ende.

    • @guzman:

      Darf ich davon ausgehen, dass Sie damit ausschließlich Gebietsverluste meinen?



      Solange damit ausschließlich die »Gewinne« Russlands seit 2014 zu den Verlusten zählen, stimme ich Ihnen da voll zu.



      Das Völkerrecht, das Recht in Frieden und Freiheit zu leben, das Recht in einem eigenen souveränem Staat zu leben, das Recht sich seine Bündnispartner und Mitgliedschaften in supranationalen Organisationen selbst auszusuchen, das Recht darauf, eine pluralistische, freiheitliche, Demokratische Republik selbst zu gestalten, das Recht auf Rechtstaatlichkeit usw., sollte meiner Ansicht nach nicht zu den Verlusten zählen, die man oder frau ohne Kampf preisgibt.

  • Die Empörung mag ja gross sein aber letztendlich wird es so kommen.