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Trump und KryptoBrandgefährliche Bitcoin-Versprechen

Simon Poelchau
Kommentar von Simon Poelchau

Donald Trumps Versprechungen lassen die Kurse von Kryptowährungen steigen. Doch seine Vorhaben sind rechtslibertär und brandgefährlich.

Hongkong, 5. Dezember: vor einer Wechselstube wird auf einem Display eine Illustration von Donald Trump gezeigt Foto: Tyrone Siu/reuters

D onald Trumps zweite Amtszeit als US-Präsident ist das Beste, was Kryptospekulanten passieren, und das Gefährlichste, was das internationale Finanzsystem ereilen konnte. Seit der Republikaner Anfang November die Präsidentschaftswahlen gewann, steigen die Kurse der Kryptowährungen. In der Nacht zum Montag knackte der Bitcoin die 106.000-Dollar-Marke. Auslöser war ein Interview mit Trump, in dem er seine Vorhaben für eine „strategische Bitcoin-Reserve“ bekräftigte. Ähnlich wie der Staat Ölreserven habe, solle er auch Bitcoin halten.

Das hört sich nach einer irren Idee an, doch es zeigt auch, welch eine extrem libertäre Agenda er und seine Mitstreiter verfolgen. Und wie eine Sache, die zunächst als ein eher linkes Phänomen verortet wurde, nun Anhänger vor allem im rechten Spektrum hat. Kurz zur Erinnerung: Bitcoin wurden Anfang 2009 von einem anonymen Hacker erfunden. Sie sollten eine digitale Alternative zum normalen Geld sein, das von den Zentralbanken ausgegeben und von den Geschäftsbanken via Kreditvergabe an Menschen und Unternehmen weitergereicht wird.

Kurz zuvor wütete mit der Finanzkrise 2007 und 2008 die größte Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit. Banken mussten mit Steuermilliarden gerettet werden, Menschen verloren Jobs und Häuser. In Europa folgte die Eurokrise. Soziale Bewegungen wie Occupy prangerten diese Ungerechtigkeiten der Krisenpolitik an.

Jetzt, rund eineinhalb Jahrzehnte später, feiert die Kryptoszene, also jene Spekulanten, die mehr oder weniger professionell mit Bitcoin, Ether & Co. spekulieren, Trump für seine Versprechungen. Vor knapp zwei Wochen ließ er den Bitcoin die 100.000-Dollar-Marke knacken, weil er mit Paul Atkins einen Finanzunternehmer als neuen Chef der Börsenaufsicht SEC nominierte, der Kryptowährungen deregulieren will. Die Idee einer „strategischen Bitcoin-Reserve“ indes ist nicht neu. Trump werde die USA im Falle einer zweiten Amtszeit zur „Kryptohauptstadt des Planeten und zur Bitcoin-Supermacht“ machen, sagte der designierte US-Präsident in diesem Sommer auf einer Konferenz in Nashville.

Trump plant eine Bitcoin-Reserve

Ob er das tatsächlich macht, ist fraglich. Trotzdem zeugt das Versprechen von einem Weltbild, in dem unabhängigen Notenbanken als zentralen Instanzen des Geld- und Bankensystems zutiefst misstraut wird. So hat Trump mehrfach angekündigt, dass er als neuer US-Präsident stärker Einfluss auf die Geldpolitik der Notenbank Fed haben will.

Mit seiner Bitcoin-Ankündigung geht er noch einen Schritt weiter. Eine vom Staat vorgehaltene Bitcoin-Reserve würde nicht nur die Macht der Fed beschneiden, den Kurs des US-Dollars zu bestimmen. Sie würde die Kryptowährung auch gegenüber dem US-Dollar aufwerten, Bitcoin zum Wertanker hinter der globalen Leitwährung machen, wie es einst Gold war. Die USA hätten dadurch zwei Währungen: Dollar und Bitcoin.

Radikalere Ideen hat in jüngster Zeit nur Trumps libertärer Gesinnungsgenosse Javier Milei formuliert. Der argentinische Präsident brachte in seinem Wahlkampf 2023 sogar die Abschaffung der argentinischen Notenbank ins Gespräch. Der Peso sollte den Dollar ersetzen. Dahinter steckt ein Denken, das die aktive Geldpolitik einer unabhängigen Notenbank als illegitimen Eingriff des Staates in die freien Kräfte des Marktes ansieht. Die Notenbanken sind mit ihren Zinsänderungen demnach hauptverantwortlich für Wirtschaftskrisen.

Deshalb vertrat der neoliberale Vordenker des 20. Jahrhunderts, der österreichische Ökonom und Sozialphilosoph Friedrich August von Hayek, die Ansicht, dass Regierungen kein Monopol auf die Geldausgabe haben sollten. Stattdessen sollten Privatbanken die Möglichkeit haben, ihr eigenes Geld auszugeben. Diese Privatwährungen sollten gegeneinander konkurrieren können. Und Währungen mit einem stabilen Wert sollten weniger stabile Währungen vom Markt verdrängen.

Facebook-Gründer Zuckerberg scheiterte mit Libra

Verfechter eines solchen Libertarismus, der in der individuellen Freiheit den höchsten politischen Wert sieht, gehen also so weit, den Staat sogar aus einer seiner wichtigsten hoheitlichen Verantwortung zurückdrängen zu wollen. Denn neben der Erhebung von Steuern und der Schaffung von innerer und äußerer Sicherheit ist die Ausgabe einer eigenen Währung eine der wichtigsten Aufgaben und Vorrechte eines Staates. Deswegen scheiterte auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg mit seiner Kryptowährung Libra am Widerstand der Notenbanken.

Ein wichtiges Argument, das No­ten­ban­ke­r immer wieder gegen das Facebook-Projekt sowie Kryptowährungen wie Bitcoin vorbrachten, ist ihre mangelnde Wertstabilität. Denn gerade weil hinter ihnen kein Staat steht, schwanken sie massiv im Wert. Und so eignen sie sich auch nicht als allgemeines Äquivalent, also Geld. Denn dieses hat letztlich drei Funktionen: Es dient als Tauschmittel, Recheneinheit und Wertaufbewahrungsmittel. Und insbesondere für die letzte Funktion ist es elementar, dass Geld beziehungsweise Währungen keinen großen Kursschwankungen ausgesetzt sind. Denn dadurch besteht die Gefahr, dass sie schnell massiv an Wert verlieren können.

Staatliche Notenbanken machen den Kapitalismus also stabiler. Sie sind auch noch gar nicht so alt. Die US-Notenbank Fed wurde erst 1913 gegründet. Die europäischen Staaten waren da schon etwas schneller. Die Schaffung moderner Notenbanken geschah dabei meist aus ein und demselben Grund: Zuvor gaben Privatbanken immer wieder mehr Kredite und Banknoten aus, als sie eigentlich durften, weil es niemanden gab, der sie regulierte. Die Folge waren wiederkehrende heftige Zusammenbrüche der Wirtschaft.

Die Herausbildung des modernen Zentralbanksystems ist also auch eine Lehre aus den Krisen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Dies will die neoliberale Internationale offenbar nicht wahrhaben. Und insofern spielt Trump auch ökonomisch mit dem Feuer, wenn er mit dem Bitcoin spielt.

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Simon Poelchau
Redakteur
ist für Ökonomie im taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt zuständig.
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21 Kommentare

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  • Das Finanzsystem ist sowieso schon völlig überdreht. Ob der Bitcoin ihm nur noch den Rest gibt?

  • Wie ich es verstanden habe, rechnen sich BitCoins nur, wenn denn der Preis konstant steigt. Dass heisst, wenn ich investiere, muss ich darauf hoffen, dass sich später jemand findet, der oder die bereit ist, wesentlich mehr zu bezahlen.



    Wenn man der Logik folgt, würde ich eher mal fragen, wo die entsprechenden Leute gerade ihre Schäfchen haben.

    • @Hoehlenmensch:

      Entschuldigung, da fehlt noch ein Gedanke dazwischen.



      Wenn die USA jetzt massiv BitCoin aufkauft(auch die Ankündigung), wird das zu einem starken Anstieg des Kurses führen, was ja schon passiert ist. Das nützt hauptsächlich denen, die schon welche haben.

  • „Kryptohauptstadt des Planeten und zur Bitcoin-Supermacht“

    Die USA wollen also auf Tulpenzwiebeln setzen. China wird's freuen...

  • Der Artikel ist nicht besonders aufschlussreich. Das ist schade, denn es gibt bestimmt einiges an Donald Trumps Krypto-Politik zu kritisieren. Insbesondere, dass er selbst (bzw. ein mit seiner Familie verbandeltes Unternehmen) einen eigenen Coin aufgelegt hat.

    Leider verliert sich der Artikel in Geraune über libertäre und neoliberale Ideologien, aber lässt im Dunkeln, wie diese von Bitcoin profitieren sollen und warum da eine Gefahr lauert. Ja, die Volatilität ist ein Problem, diese geht jedoch langsam zurück (siehe den Index BitVol).

    Übrigens kann Bitcoin auch heute noch für linke Projekte durchaus interessant sein, beispielsweise für Oppositionsbewegungen in rechts-autoritären Staaten wie Russland.

    Vielleicht sind Kryptowährungen auch eine Art Versicherung, dass der Staat nicht überall allmächtig eingreifen kann. Denn je mehr wir von überwachbaren elektronischen Zahlungsmitteln abhängig werden, um so einfacher hätte es auch eine AfD-Regierung, gegen Oppositionelle vorzugehen.

  • Das heisst Insiderhandel und Elon muss ihm von Dogecoin erzählt haben und wie er diesen völlig sinnfreien MemeCoin teuer machte, um seinen Mitarbeitern damals einen Gefallen zu tun, weil viele davon diesen Shitcoin hatten. Da oben findet man eben nichts anderes als im Bürgergeld, nur mit psychopathischem Drang immer mehr Geld haben zu wollen.

    Wozu sollte man bitte Bitcoin kaufen, wenn man jetzt schon weiß, dass ausnahmslos alle die dieses Schneeball/Pyramidensystem betreiben, verkaufen werden sobald sich genug Trottel finden, um später einzusteigen. Einmal Dunkelflaute über mehrere Monate und dann sehen wir, wie toll der Shitcoin als Währung dient.

  • Noch nicht ganz verstanden, was daran jetzt rechts ist.

  • Umgekehrt, Milei will Pesos durch US $ ersetzen, damit zulasten Mehrheitsbinnenkaufkraft Eliten Kaufkraft beim Shoppen nah und fernsichern wie es CFA Franc in ehemals französischen Kolonien heute 14 Sahelländern und in Übersee seit 1945 tut. Der Bitcoin ist seit 2009 Teil Krisenproblems im Umgang mit Geldmengenblasenweltwirtschaft, die aus ohnehin durch Notenbanken NegativZins Geldmengenpolitik entstandener Überhangkaufkraft oberer Zehntausend vieler Länder auch noch aus Massenkaufkraft so als ob Überhang generiert, am Bitcoin Hype hochriskant investiert zu sein, immer mehr an Geld umwandelt in Bitcoin Wallets durch klima-, umweltbelastendes Blockchain Technologieverfahren Tauschwertcharakter zu nehmen, weil Bitoin keine Güter, Dienstleistungen, andere Währungen, sondern durch Mining höher bewertete Bitcoins selbst durch Kredit zu erwerben. Das Wallets Zugang allein durch Stromausfall der Anbieter blockiert sein kann oder aufgrund Failed Staates Blackouts in denen Mining meist stattfindet, Krieg oder Hacker Crime geraubt werden ficht Bitcoin, Etherum Hype Akteure ungeregelter Schattenfinanzwelten bisher nicht an. Als Paralell- Reservewährung taugt Bitcoin nicht der ist ein Geldgrab

  • Krypto"währungen" und "KI" verbrauchen SEHR viel Strom. Viele AKW sind weltweit in Planung nur um diese beiden Technologiemonster zu betreiben.



    Diese Entwicklung ist zum Nachteil der ganzen Welt: Sinnlose Ressourcenverschwendung! Nur damit ein paar Milliardäre und Spekulanten noch mehr Geld bekommen!

    Bitte verbietet den Mist einfach, DANKE!!!

    • @realnessuno:

      Genau so ist das.

  • Da ist im Artikel aber ein bisschen was daneben gegangen!

    Die Anhänger von Krypto-Währungen (_ohne_ Zentralinstanz) misstrauen nicht _unabhängigen_ Zentralbanken, sondern überhaupt Zentralbanken.



    Denn selbst wenn sie tatsächlich unabhängig sind, stellen sie dann ja selbst mächtige Zentralinstitutionen dar. Allerdings sind alle Notenbanken wenigstens so abhängig, dass ihre Leitung von der Politik bestimmt wird. Und ein direkter Eingriff der Regierung auf die Geldpolitik nährt natürlich den Eindruck, dass die Zentralbanken doch nicht immer so unabhängig agieren, wie sie sollten.

    Trumps Linie ist also ideologisch völlig widersprüchlich und inkonsequent. Wer davon überrascht ist, kennt vermutlich auch seinen Vornamen noch nicht.-



    Besonders großen Schaden dürfte das Bitcoin-Projekt, im Gegensatz zu anderen seiner Ideen, wohl kaum anrichten.

    Ach ja, und ist die Ausgabe einer eigenen Währung wirklich eine der "wichtigsten hoheitlichen Verantwortung[en]" eines Staates?



    Dann ist in Deutschland, Frankreich und Slowenien aber etwas *ganz* schief gelaufen ...

  • Bitcoin als Reserve ändert nichts an der Macht der FED. Es ist nur ein Wechsel von Gold das ja schon als Reserve da ist. Sonst müssten alle Einwände ja auch für Gold gelten. Bitcoin ist nur weniger inflationär als Gold also ist so ein Schritt völlig rational. Das nicht zu machen wird für Zentralbanken nachteilig.

    • @xanu senckel:

      Sehr richtig!

    • @xanu senckel:

      Seit 1971 ist der Dollar nicht mehr an Gold gebunden!

  • Diese "Währungen" sind ja auch an sich undemokratisch und unsozial, wenn ich es nicht falsch verstehe: da sie mit Computern generiert werden, kann, wer reich genug ist, sich einige davon hinstellen und farmen lassen, macht sich somit einfach weiter eigenes Geld.

    • @Ciro:

      Und wo ist da der Unterschied zu anderen Produktionsmitteln? Gold z.b.?

      Ich sehe Krypto als Chance sich den ausbeuterischen Effekten des Kapitalismus zu entziehen. Wer 2020 sein Geld in Bitcoin gesteckt hat, war immun gegen die einsetzende Inflation.

    • @Ciro:

      Das Bitcoin-Mining kostet heutzutage eine Menge Geld und ist sozusagen eine Investition, in der Risiko belohnt (oder eine Fehlinvestition bestraft) wird. Insofern ist da Bitcoin nicht anders als andere Anlagegegenstände, die auch von Reichen dominiert werden.

      Bei denen, die mit Bitcoin bisher gute Profite eingefahren haben, sind zumindest einige Mittelschicht-Nerds, die bis ca. 2011-12 halt wirklich mal ihren Computer "minen" lassen konnten. Also dürfte die Bitcoin-Community sogar etwas weniger von der "alten" Elite schwerreicher Unternehmerfamilien (und nein, ich meine hier nicht nur die "Banker", sondern all die, die ihr Vermögen hauptsächlich Erbschaften verdanken) bestimmt sein als etwa die Gold- und Aktien-Community. Sozusagen einfach eine neue Art der "Neureichen".

    • @Ciro:

      Naja. Wer reich ist, generiert auch schon aufgrund Zinsen Geld.

    • @Ciro:

      Bitcoin zu generieren wird immer schwerer und teurer (ist so vorgesehen) und nie billiger als die Energie, die das kostet. Nur deswegen sind Bitcoins ja so viel wert, man kann sie nicht einfach billig erzeugen. Das ist gar nicht so viel anders als bei Gold, das ja auch nicht beliebig vermehrt werden kann.

    • @Ciro:

      Oder er kauft sich ne Goldmine ;-)

    • @Ciro:

      Ich war immer der Meinung, dass die Menge der Bitcoins begrenzt ist, Vermutlich durch immer aufwendigere Rechenprozesse - deren Energieverbrauch ins Unermeßliche zu steigen scheint, vermutlich Hand in Hand mit der sogenannten KI.