Trump und Krypto: Brandgefährliche Bitcoin-Versprechen
Donald Trumps Versprechungen lassen die Kurse von Kryptowährungen steigen. Doch seine Vorhaben sind rechtslibertär und brandgefährlich.
D onald Trumps zweite Amtszeit als US-Präsident ist das Beste, was Kryptospekulanten passieren, und das Gefährlichste, was das internationale Finanzsystem ereilen konnte. Seit der Republikaner Anfang November die Präsidentschaftswahlen gewann, steigen die Kurse der Kryptowährungen. In der Nacht zum Montag knackte der Bitcoin die 106.000-Dollar-Marke. Auslöser war ein Interview mit Trump, in dem er seine Vorhaben für eine „strategische Bitcoin-Reserve“ bekräftigte. Ähnlich wie der Staat Ölreserven habe, solle er auch Bitcoin halten.
Das hört sich nach einer irren Idee an, doch es zeigt auch, welch eine extrem libertäre Agenda er und seine Mitstreiter verfolgen. Und wie eine Sache, die zunächst als ein eher linkes Phänomen verortet wurde, nun Anhänger vor allem im rechten Spektrum hat. Kurz zur Erinnerung: Bitcoin wurden Anfang 2009 von einem anonymen Hacker erfunden. Sie sollten eine digitale Alternative zum normalen Geld sein, das von den Zentralbanken ausgegeben und von den Geschäftsbanken via Kreditvergabe an Menschen und Unternehmen weitergereicht wird.
Kurz zuvor wütete mit der Finanzkrise 2007 und 2008 die größte Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit. Banken mussten mit Steuermilliarden gerettet werden, Menschen verloren Jobs und Häuser. In Europa folgte die Eurokrise. Soziale Bewegungen wie Occupy prangerten diese Ungerechtigkeiten der Krisenpolitik an.
Jetzt, rund eineinhalb Jahrzehnte später, feiert die Kryptoszene, also jene Spekulanten, die mehr oder weniger professionell mit Bitcoin, Ether & Co. spekulieren, Trump für seine Versprechungen. Vor knapp zwei Wochen ließ er den Bitcoin die 100.000-Dollar-Marke knacken, weil er mit Paul Atkins einen Finanzunternehmer als neuen Chef der Börsenaufsicht SEC nominierte, der Kryptowährungen deregulieren will. Die Idee einer „strategischen Bitcoin-Reserve“ indes ist nicht neu. Trump werde die USA im Falle einer zweiten Amtszeit zur „Kryptohauptstadt des Planeten und zur Bitcoin-Supermacht“ machen, sagte der designierte US-Präsident in diesem Sommer auf einer Konferenz in Nashville.
Trump plant eine Bitcoin-Reserve
Ob er das tatsächlich macht, ist fraglich. Trotzdem zeugt das Versprechen von einem Weltbild, in dem unabhängigen Notenbanken als zentralen Instanzen des Geld- und Bankensystems zutiefst misstraut wird. So hat Trump mehrfach angekündigt, dass er als neuer US-Präsident stärker Einfluss auf die Geldpolitik der Notenbank Fed haben will.
Mit seiner Bitcoin-Ankündigung geht er noch einen Schritt weiter. Eine vom Staat vorgehaltene Bitcoin-Reserve würde nicht nur die Macht der Fed beschneiden, den Kurs des US-Dollars zu bestimmen. Sie würde die Kryptowährung auch gegenüber dem US-Dollar aufwerten, Bitcoin zum Wertanker hinter der globalen Leitwährung machen, wie es einst Gold war. Die USA hätten dadurch zwei Währungen: Dollar und Bitcoin.
Radikalere Ideen hat in jüngster Zeit nur Trumps libertärer Gesinnungsgenosse Javier Milei formuliert. Der argentinische Präsident brachte in seinem Wahlkampf 2023 sogar die Abschaffung der argentinischen Notenbank ins Gespräch. Der Peso sollte den Dollar ersetzen. Dahinter steckt ein Denken, das die aktive Geldpolitik einer unabhängigen Notenbank als illegitimen Eingriff des Staates in die freien Kräfte des Marktes ansieht. Die Notenbanken sind mit ihren Zinsänderungen demnach hauptverantwortlich für Wirtschaftskrisen.
Deshalb vertrat der neoliberale Vordenker des 20. Jahrhunderts, der österreichische Ökonom und Sozialphilosoph Friedrich August von Hayek, die Ansicht, dass Regierungen kein Monopol auf die Geldausgabe haben sollten. Stattdessen sollten Privatbanken die Möglichkeit haben, ihr eigenes Geld auszugeben. Diese Privatwährungen sollten gegeneinander konkurrieren können. Und Währungen mit einem stabilen Wert sollten weniger stabile Währungen vom Markt verdrängen.
Facebook-Gründer Zuckerberg scheiterte mit Libra
Verfechter eines solchen Libertarismus, der in der individuellen Freiheit den höchsten politischen Wert sieht, gehen also so weit, den Staat sogar aus einer seiner wichtigsten hoheitlichen Verantwortung zurückdrängen zu wollen. Denn neben der Erhebung von Steuern und der Schaffung von innerer und äußerer Sicherheit ist die Ausgabe einer eigenen Währung eine der wichtigsten Aufgaben und Vorrechte eines Staates. Deswegen scheiterte auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg mit seiner Kryptowährung Libra am Widerstand der Notenbanken.
Ein wichtiges Argument, das Notenbanker immer wieder gegen das Facebook-Projekt sowie Kryptowährungen wie Bitcoin vorbrachten, ist ihre mangelnde Wertstabilität. Denn gerade weil hinter ihnen kein Staat steht, schwanken sie massiv im Wert. Und so eignen sie sich auch nicht als allgemeines Äquivalent, also Geld. Denn dieses hat letztlich drei Funktionen: Es dient als Tauschmittel, Recheneinheit und Wertaufbewahrungsmittel. Und insbesondere für die letzte Funktion ist es elementar, dass Geld beziehungsweise Währungen keinen großen Kursschwankungen ausgesetzt sind. Denn dadurch besteht die Gefahr, dass sie schnell massiv an Wert verlieren können.
Staatliche Notenbanken machen den Kapitalismus also stabiler. Sie sind auch noch gar nicht so alt. Die US-Notenbank Fed wurde erst 1913 gegründet. Die europäischen Staaten waren da schon etwas schneller. Die Schaffung moderner Notenbanken geschah dabei meist aus ein und demselben Grund: Zuvor gaben Privatbanken immer wieder mehr Kredite und Banknoten aus, als sie eigentlich durften, weil es niemanden gab, der sie regulierte. Die Folge waren wiederkehrende heftige Zusammenbrüche der Wirtschaft.
Die Herausbildung des modernen Zentralbanksystems ist also auch eine Lehre aus den Krisen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Dies will die neoliberale Internationale offenbar nicht wahrhaben. Und insofern spielt Trump auch ökonomisch mit dem Feuer, wenn er mit dem Bitcoin spielt.
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