Queere Palästina-Solidarität beim 1.Mai: Ignorante Trittbrettfahrer

Anti-israelische Gruppen nutzen die Mai-Demos für ihren politischen Kampf. Wer die Parolen mitsingt, sollte wissen, wer den Wagen anspannt.

Autonome am 1. Mai 2009

Autonome am 1. Mai 2009 in Berlin-Kreuzberg Foto: dpa

Internationale Solidarität ist eine super Sache, erst recht am Tag der Arbeit. Doch Solidarität bedeutet nicht Ignoranz, dies gilt vor allem für die am 1. Mai in Deutschland so solidarische LGBT-Community. Die palästinensischen Queers wären in einem freien Palästina, das sich vom Jordan bis zum Mittelmeer erstreckt – also ohne Israel –, gleich nach den Jüdinnen und Juden dran, sich nach einer neuen Heimat umschauen zu müssen.

Und das nur dann, wenn sie das Glück haben, dem Zorn der Islamisten und des Mobs rechtzeitig zu entkommen. Denn was viele dieser Demonstrierenden nicht wahrhaben wollen: In Palästina ist es lebensgefährlich, queer zu sein. Der anti-israelische Trend ist schon länger zu beobachten.

Schwer vergessen kann man die Bilder dreier junger Leute, die am Rande einer früheren 1.-Mai-Demonstration in Berlin mit einer Miniatur-Israelfahne winkten, um kurz darauf von einer aufgebrachten Männerhorde umzingelt, angespuckt und mit Cola übergossen zu werden. Sie jagen einem kalte Schauer über den Rücken. So funktioniert Ausgrenzung und Mundtotmachen. Und das bei einer Veranstaltung für Solidarität. Gruselig.

Den Zwischenfall, der noch einigermaßen glimpflich ausging, weil sich einige couragiert zwischen die kleine pro-israelische und die riesige anti-israelische Gruppe drängelten, könnte man als Einzelfall abtun, wäre da nicht das gesamte anti-israelische Umfeld, das beim diesjährigen 1. Mai seinen Höhepunkt fand. „Zionisten sind Rassisten“, hallte es durch die Flüstertüten, und: „Es lebe der palästinensische Widerstand.“ Palästinensischer Widerstand?

Was ist gemeint? Selbstmordattentate, brennende Busse, Bomben in Kinos oder nur Raketen aus dem islamistisch kontrollierten Gazastreifen auf die benachbarten Kibbuzim? Zwischen der Forderung „Freiheit für Palästina“, die berechtigt ist, und der geografischen Eingrenzung „vom Jordan bis zum Mittelmeer“, wie es Plakate forderten, liegen Welten. Ein Ende Israels wäre der Anfang einer neuen Vertreibung jüdischer Menschen. Das hatten wir doch schon mal. Und es nahm kein gutes Ende.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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