Queere Palästina-Solidarität beim 1.Mai: Ignorante Trittbrettfahrer
Anti-israelische Gruppen nutzen die Mai-Demos für ihren politischen Kampf. Wer die Parolen mitsingt, sollte wissen, wer den Wagen anspannt.
I nternationale Solidarität ist eine super Sache, erst recht am Tag der Arbeit. Doch Solidarität bedeutet nicht Ignoranz, dies gilt vor allem für die am 1. Mai in Deutschland so solidarische LGBT-Community. Die palästinensischen Queers wären in einem freien Palästina, das sich vom Jordan bis zum Mittelmeer erstreckt – also ohne Israel –, gleich nach den Jüdinnen und Juden dran, sich nach einer neuen Heimat umschauen zu müssen.
Und das nur dann, wenn sie das Glück haben, dem Zorn der Islamisten und des Mobs rechtzeitig zu entkommen. Denn was viele dieser Demonstrierenden nicht wahrhaben wollen: In Palästina ist es lebensgefährlich, queer zu sein. Der anti-israelische Trend ist schon länger zu beobachten.
Schwer vergessen kann man die Bilder dreier junger Leute, die am Rande einer früheren 1.-Mai-Demonstration in Berlin mit einer Miniatur-Israelfahne winkten, um kurz darauf von einer aufgebrachten Männerhorde umzingelt, angespuckt und mit Cola übergossen zu werden. Sie jagen einem kalte Schauer über den Rücken. So funktioniert Ausgrenzung und Mundtotmachen. Und das bei einer Veranstaltung für Solidarität. Gruselig.
Den Zwischenfall, der noch einigermaßen glimpflich ausging, weil sich einige couragiert zwischen die kleine pro-israelische und die riesige anti-israelische Gruppe drängelten, könnte man als Einzelfall abtun, wäre da nicht das gesamte anti-israelische Umfeld, das beim diesjährigen 1. Mai seinen Höhepunkt fand. „Zionisten sind Rassisten“, hallte es durch die Flüstertüten, und: „Es lebe der palästinensische Widerstand.“ Palästinensischer Widerstand?
Was ist gemeint? Selbstmordattentate, brennende Busse, Bomben in Kinos oder nur Raketen aus dem islamistisch kontrollierten Gazastreifen auf die benachbarten Kibbuzim? Zwischen der Forderung „Freiheit für Palästina“, die berechtigt ist, und der geografischen Eingrenzung „vom Jordan bis zum Mittelmeer“, wie es Plakate forderten, liegen Welten. Ein Ende Israels wäre der Anfang einer neuen Vertreibung jüdischer Menschen. Das hatten wir doch schon mal. Und es nahm kein gutes Ende.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden