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Proteste in IranAus für die Islamische Revolution

Silke Mertins
Kommentar von Silke Mertins

Die Hidschab-Proteste richten sich auch gegen die klerikale, korrupte Führung. Es geht um die Abschaffung der Islamischen Republik.

In Teheran breiten sich die Proteste gegen die iranische Führung immer weiter aus Foto: ap

W ann wird eine Revolte zur Revolution? Der erzkonservative iranische Präsident Ebrahim Raisi hat dazu aufgerufen, „entschiedener“ – also brutaler – gegen die De­mons­tran­t*in­nen vorzugehen. Doch auch der letzte Schah in Iran, Mohammed Reza Pahlavi, hatte einen ausgeklügelten und gefürchteten Unterdrückungsapparat aufgebaut. Dennoch wurde er letztlich aus dem Land gejagt.

Wird ein bestimmter Kipppunkt erst einmal erreicht, ist es wie beim Klima: Es gibt kein Zurück mehr. Natürlich kann niemand voraussehen, ob die aktuellen Proteste diesen einen entscheidenden Funken haben werden, der für eine Revolution nötig ist. Der „Grünen Revolution“ von 2009 fehlte trotz der Massendemonstrationen dieser Funke. Das könnte dieses Mal anders sein.

Schon jetzt verändert der Hidschab-Aufstand den Iran ebenso wie den Nahen und Mittleren Osten. 1979 hat die Islamische Revolution ein internationales Beben ausgelöst. Erstmals übernahmen Geistliche ein großes und wegen seines Ölreichtums bedeutendes Land. Die Ölkonzerne wurden verstaatlicht, die Amerikaner rausgeworfen. Man fürchtete zudem eine „Ansteckungsgefahr“, und die Ajatollahs selbst nährten diese Ängste.

Spätestens jetzt ist klar: Diese Islamische Revolution ist längst gescheitert. Sie hat lediglich erreicht, dass die iranische Bevölkerung säkularer und antiklerikaler ist als die aller Nachbarn zusammen. Iran könnte das erste islamisch geprägte Land der Region werden, das eine Trennung von Staat und Religion erzwingt. Die Bilder von brennenden Kopftüchern sind jedenfalls in der Welt. Sie schocken das Regime, aber auch die Menschen im Libanon, Irak, in Ägypten und Saudi-Arabien.

Korruption ist verbreiteter denn je

Die Ira­ne­r*in­nen bekommen genauso wenig vom Rohstoffreichtum ihres Landes ab wie unter dem Schah, sie sind genauso arm geblieben. Über die deutsche Inflationsrate von 7 bis 8 Prozent können die Ira­ne­r*in­nen nur lachen. Sie kämpfen mit über 50 Prozent Inflation. Die Korruption ist verbreiteter denn je und die internationalen Sanktionen machen vor allem jenen zu schaffen, die keinen Zugang zu den Fleischtöpfen der Macht haben.

Bei früheren Protestwellen ging es darum, die Islamische Republik zu reformieren. Jetzt geht es um ihre Abschaffung. Die brennenden Kopftücher in Iran sind deshalb nicht allein Sinnbild für einen Aufstand der Frauen. Sie sind das Symbol für den Hass auf die Ajatollah-Diktatur. Aus diesem Grund können sich so viele Menschen dahinter sammeln.

Tot ist das Regime aber noch nicht. Auch wurden die Revolutionsgarden nicht auf die De­mons­tran­t*in­nen losgelassen. Wenn das geschieht, wird noch viel Blut fließen.

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Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
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34 Kommentare

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  • Es ging bei der islamischen Revolution um zwei die Dinge

    a) Sturz der Monarchie



    b) Errichtung einer Herrschaft von Geistlichen (welayat-e faqih)

    Punkt a) wurde schnell erreicht. Die Monarchie ist Geschichte und auch das Narrativ einer endlosen Folge von Monarchen und imperialen Herrschern haben sie beerdigt, oftmals in Anlehnung an eine linke-marxistische Geschichtsschreibung.

    Punkt b) haben sie zum Teil erreicht, aber genau dieser Punkt führt immer wieder dazu, dass die Elemente islamische Republik mit Wahlen und islamischer Debatte im Parlament sich an der Herrschaft von intransparenter Kreise reibt.

    Ich sage daher, es wird wohl nicht zu einer Reformierung von Innen, einem positiven Reformprozess durch eigene, innere Kräfte kommen, sondern es muss zu einer weiteren Revolution kommen.

    Und da sind wir bei den Revolutionen in Iran, oberflächlich zählt der Leser eine, die islamische 1979, aber es gab vielleicht, je nach Lesart doch mehrere Revolutionen, mehrere Modernisierungsschübe und Veränderungen, die dann zu Verbesserungen führten.

    Seit 1979 hat es auch das gegeben, es sind aber die andauernden und aus dem Ruder laufenden Menschenrechtsverletzungen, die die Islamische Republik wirklich auszeichnen. Die extreme Härte, die in diesem System genutzt wird, um jeden Widerstand, jede Debatte, jede Reaktion oder jede Veränderungsmöglichkeit ersticken soll. Hier ist das Regime ohne Beispiel auf dieser Welt. Das liegt auch daran, dass der Staat in Iran schwach und dennoch fähig ist, Erdöleinnahmen und ein intransparenter Kreis der Herrschenden rüsten vor allem den Repressionsapparat vorzügllich aus - hier liegt der Schwerpunkt. Das Land ist wie ein großes Gefängnis.

    Deswegen ist die islamische Revolution am Ende vor allem eines: Die Errichtung eines extremen repressiven Herrschaftssystems ohne Gnade oder Ausgleich oder Debatte. Es geht darum Kritiker zu töten und einzusperren, dann auch zu foltern. Das ist der Kern dieses Systems.

  • Ein langer Kampf, der noch viele Opfer fordern wird. Überall despotische Regimes, dir von religiösen, nationalistischem oder imperialistischem Wahn besessen sind. Wann wachen die Menschen auf?

    • @Elena Levi:

      Das wird noch dauern. Die Ideologie rechtfertigt alles, einfach alles....

  • Ohne Frau wäre der Islaminterpret und Gottesstaatführer Ayatollah Ali Khamene'i gar nicht auf der Welt. Also bitte mehr Respekt gegenüber den Frauen. Der ursprüngliche Islam war früher eine der tolerantesten Religionen. Im 8. Jahrh. brachten die Muslime Wissen, technischen Fortschritt und Gelehrsamkeit nach Europa (Spanien), bis fanatisierte Jesusgläubige dem 1492 ein Ende bereiteten. Die Muslime tolerierten seinerzeit sogar andere Religionsangehörige wie Juden und Christen. Daran sollten sich die ausgeschickten staatlichen Schlägergruppen in ihrem Kadavergehorsam zu ihrer verwirrten Führung eine Scheibe abschneiden.

  • Die “Islamische Revolution“ ist ein euphemistischer Terminus den die Mullahs selbst geschaffen haben.



    Es gab eine liberale Revolution, welche von den Universitäten ausging.



    Dann gab es eine islamistische Konterrevolution.



    Viele Revolutionäre und Intellektuelle sind geflohen.

  • Religion wird man so schnell nicht los.



    Das ist zäh und erfordert gute Schulbildung.

  • Es ist ja schön und gut abermals die Verkommenheit des klerikal-faschistischen Systems in Iran in hiesigen Medien anzuprangern und "westliche Werte" einzufordern. Doch ist es nicht etwas geschichtsvergessen, die Ursachen außen vor zu lassen, wie es überhaupt dazu kommen konnte? Nachhaltige Lösungen zu formulieren wird ebenfalls nicht nachgekommen. Es werden sich leider auch nicht so leicht welche finden. Wer soll denn auf die Mullah-Marionetten folgen, die lediglich die jahrzehntelange Militärdiktatur der Pasdaran verdecken? Etwa eine Monarchie mit einem gealterten, unerfahrenen Kronprinz, der seit über 40 Jahren im amerikanischen Exil weilt? Das scheint wohl eher ein Rohrkrepierer zu werden, bzw. der abermalige Beginn einer westlich-imperialistischen Einflussnahme wie vor 1979. Und wohin das geführt hat sehen wir ja gerade.



    Eine eigene erfahrene Opposition in Iran existiert nicht, da sie seit Beginn der islamischen Republik rigoros verfolgt und eingeschüchtert wird. Die "Revolutionären" hatten das ja am eigenen Leib unter dem Shah-Regime erfahren und daraus perfiderweise die Überwachung und Unterdrückung perfektioniert. Und sog. "Lichtgestalten" wie Musawi und Karubi, die seit 2009 unter Hausarrest sind, stammen ursprünglich selbst aus dem Unterdrückungsapparat und aber keine Legitimation. Finanziell und wirtschaftlich ist das Land am Boden, die Bevölkerung nach jahrelangen US-amerikanischen Sanktionen mürbe und müde, und dazu noch kollektiv traumatisiert nach über 70 Jahren unter diktatorischen Unrechtsregimen.



    Es ist herzzerreisend mitanzusehen, wie aussichtslos der berechtigte Kampf scheint.

    • @Kabutardoborj:

      Ok . . also sollen die Verzweifelten das Rebellieren besser bleiben lassen? Worauf wollen Sie hinaus? Freiheit, Menschenrechte, Selbstbestimmung - auch nicht besser, weil "westliche Werte"?

  • In den letzten Jahren hat das Regime mindestens 1500 Menschen umgebracht, ja es kann und wird die Proteste blutig niederschlagen, aber wir haben in Myanmar gesehen das dies auch zu Gegengewalt führt und während sich im Westen niemand für Myanmar interessiert gibt es hier Interessengruppen die Ausbildung und Material bereitstellen würden. Das iranische Regime kann einen Stellvertreterkrieg daheim nicht gewinnen, vorallem weil es der ideale Vorwand für eine Intervention der USA wäre. Es hat also nur eine realistische Lösung und das ist der Kompromiss.:

    - Abschaffung der Hijab Pflicht (ob de jure oder nur de facto).

    - Einschränkung der schlimmsten Exzesse der Korruption

    - mehr Meinungsfreiheit und weniger Unterdrückung.

  • Cool! Hoffentlich wird das was!

  • Ist es auch schon in Deutschland angekommen? Die Unterdrückung der Frau durch den Hijab oder ist es immer noch ein nettes kulturelles Accessoir?



    Religion an der Macht kann nur Scheisse sein.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Die Ira­ne­r und Iranerinnen bekommen genauso wenig vom Rohstoffreichtum ihres Landes ab wie unter dem Schah, sie sind genauso arm geblieben.""



    ==



    Die islamische Revolution 1979 ist untrennbar verbunden mit der Ablehnung des Klerus gegen die beabsichtigte "Weiße Revolution"



    des Schahs -- siehe



    1.. Abschaffung des Feudalsystems



    2.. Verstaatlichung der Wälder



    3.. Privatisierung staatlicher Industrieunternehmen zur Finanzierung der Entschädigungszahlungen an die Großgrundbesitzer



    4.. Gewinnbeteiligung für Arbeiter und Angestellte von Unternehmen



    5.. Allgemeines aktives und passives Frauenwahlrecht



    6.. Bekämpfung des Analphabetentums

    Die am meisten kontrovers diskutierten Punkte dieses Reformprogramms des Schahs, welches sich wie das Programm einer linken Partei anhört, waren die Landreform und die Stärkung der Rechte der Frauen.

    Warum nun die Linke im Iran 1979 den islamistischen Klerus unterstützte - die allesamt sozialreformerische Pläne bis heute ablehnt - ist die Tragik dieser Geschichte. Nicht zuletzt auch deswegen, weil die Linke dem Klerus zum Sieg verhalf und zum Dank später mit Massenmord in den Gefängnissen aus den politischen Machtpositionen verdrängt wurde.

    Die Verdrängung sekularer & liberaler Positionen aus der Politik hält bis heute an - siehe Ebrahim Raisi - es ist der extremste Präsident den der Iran je hatte, der aufgrund seiner Mitverantwortung für die Massenhinrichtungen linker Gefangener im Jahr 1988 ein Aushängeschild dieser Radikalisierung ist.

    2.. Im Vergleich war der Geheimdienst SAVAK des Schahs ein Witz gegenüber dem heutigen Unterdrückungsapparat der Mullahs - siehe die Niederschlagung der Proteste der "Grünen Bewegung" in den Jahren 2009/2010.

    3.. Den Protesten steht ein riesiges Heer von Revolutions-Gardisten und ein ausgeklügeltes Unterdrückungs-System gegenüber.

    Das zu erwähnen wäre nur fair gegenüber der iranischen Protestbewegung - welche den Iran alle 5 bis 10 Jahr erzittern läst.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Der Schah war ziemlich übel. Vergessen wir nicht, dass es Mossadegh war, der sich zuletzt im Auftrag des Volkes für Persien einsetzte. Durch üble illegale Machenschaften der CIA kam der Schah an die Macht. Ansich war die sog islamische Revolution ein Versuch, der wenigstens den Iranern die Macht über ihr Land zurückgegeben hat. Der Schah war ein Kolonialverwalter. Der Punkt an dieser Sache ist sehr gut! Das ist der einzige Punkt, über das korrupte Unterdrückungssystem dort gibt es nichts Gutes zu sagen.

      • @sachmah:

        Es ist beim Schah aber wirklich nicht so einfach, gegen Ende seiner Regentschaft hat er es durchaus ernst gemeint mit Reformen, wohl schon allein um es nicht zum Umsturz kommen zu lassen:



        Das Ziel war eine moderne demokratische Verfassung bis zum Jahr 2000, hätte das geklappt wäre der Iran jetzt wohl zumindest mit so einigermaßen moderaten Monarchien wie Jordanien oder Marokko zu vergleichen. Auch die von Coriander23 erwähnte „Weiße Revolution“ mit ihren durchaus fortschrittlichen Maßnahmen hat mich stutzig gemacht, vielleicht haben besser situierte bürgerliche Schichten 1978/79 die islamische Revolution auch deshalb unterstützt um die für sie nachteiligen sozialen Reformen zu verhindern. Und nein, damit möchte ich natürlich nicht die grausamen Verbrechen des SAVAK-Geheimdienstes während des Schahregimes relativieren, nur ändert das nichts an der Tatsache dass mit der Machtübernahme des Klerus bald alles nur noch schlimmer wurde.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Unter dem Shah wurden 5000-10.000 Menschen umgebracht (wobei hierzu auch Aufstände in Azerbaijan und Kurdistan gezählt werden müssen), die Ayatollahs haben ein vielfaches von dem ermordet.

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    Das sind nicht nur korrupte, klerikale und diktatorische Gewaltherrscher.



    Das sind (auch), wie die taz vor einer Woche zurecht schrieb, Massenmörder.



    Und es ist für die Bevölkerung im Iran nur zu hoffen, dass diesmal die wieder mit vielen Toten, Verhafteten, Gefolterten und Eingesperrten "bezahlten" Proteste endlich Erfolg haben und die ganze Bande der Regierenden samt ihrer Spießgesellen aus Amt und Land gejagt werden können.

  • Man sollte sehr aufpassen, nicht dem eigenen Wunschdenken zu verfallen. Gerade wenn andere Menschen Freiheit, Gesundheit und Leben riskieren. Und gerade falls es zutreffen sollte, dass es den demonstrienden Menschen im Iran diesmal tatsächlich um die Abschaffung des Systems gehen sollte, dann wird sich das System nur umso stärker wehren. Echte Anzeichen einer Schwächung der Herrschaft der Mullahs sind aber eigentlich nicht zu erkennen. Und gerade weil dieses Regime eine starke wirtschaftliche Komponente hat und weil es auf Korruption beruht, hat es auch viele Unterstützer. Und das Regime hat mit den Revolutionsgarden eine Art Privatarmee. Vielleicht kommt es unter dem Eindruck der Proteste ja zu einer Machtverschiebung innerhalb des Regimes, vielleicht auch zu einem Machtverfall, eine Revolution aber ist wenig wahrscheinlich. Vielleicht ist die Tatsache, dass die Revolutionsgarden noch nicht "losgelassen" wurden, ein Indiz dafür, dass die Machthaber eine Eskalation scheuen, vielleicht aber auch dafür, dass sie sich noch gar nicht bedroht fühlen.

  • Die Proteste kommen in immer kürzeren Abständen, aktuell jährlich, es könnte zu einer Kernschmelze kommen. Wichtig werden könnte die Haltung der Volksmudschahedin und von Gruppen, die sich bereits wirksam und stabil vernetzt haben. Viele Ethnien und Religionen, ein höchst kompliziertes Geflecht mit hochexplosivem Potenzial im Iran.



    /



    www.welt.de/politi...s-ein-Problem.html



    /



    taz.de/Proteste-ge...le2=1579478400052/



    /



    taz.de/Repression-im-Iran/!5128086/



    /

    • @Martin Rees:

      Wie sich die "Volksmudschahedin" verhalten, wird auf die Entwicklung im Iran keinen Einfluss haben, weil diese Gruppe dort völlig irrelevant ist: die MeK sind medial recht präsent, weil sie viel Geld und eine devote (manch einer würde sagen sektenhafte) Anhängerschaft haben - aber ihr Rückhalt im Iran ist, selbst unter Oppositionellen gleich null. Auch das ist ein Problem der Außenwahrnehmung: hier werden noch allzu oft die immer selben Shah-, Tudeh-Partei- und MeK-Anhänger als Sprecher wahrgenommen, die seit Jahrzehnten im Exil sitzen und mit der iranischen Gesellschaft - auch mit ihrem oppositionellen Teil - einfach nichts mehr zu tun haben. Das ist ungefähr so, als würde man die MLPD als repräsentativ für die Opposition in Deutschland wahrnehmen.

      • @O.F.:

        Mag sein, oder nicht. Ist wohl nicht alles voll transparent in diesem Geflecht. Danke für den Hinweis, werde ich berücksichtigen./



        /



        www.spiegel.de/pol...ppe-a-1207157.html



        /



        Im Westen gab es durchaus Hoffnungen, dass die Bedeutungslosigkeit "relativ" ist und sein wird.

  • ich bin da leider weniger optimistisch. die Mullahs wissen, dass sie zuviel Blut an den Händen haben, abtreten ist da keine Option. Mit einer geringfügigen Haftstrafe und gemütlichem Lebensabend an dem sie ihre Biographie aufschreiben, werden sie nicht davonkommen. Eher würden Sie am Ende selbst am Kran baumeln. In weiser Voraussicht haben sie sich deshalb die Revolutionsgarden aufgebaut, die auch Anteil u Pfründe an der Wirtschaft haben, auch in der armen Landbevölkerung hat man sich Unterstützer geschaffen. Die Jungen bekommen gegen Dienst im Repressionsapparat die Möglichkeit an die Universität zu gehen, etwa die Einheiten, die auf Motorrädern in die Demonstrationen fahren. Die Mullahs haben ihre Herrschaft gut abgesichert. Es gibt noch andere Beispiele, wie Nordkorea, Kuba usw. man Unterschätze nicht die Beharrungskraft solcher Regime, die haben gesehen wie die osteurop. Diktaturen mehr o. weniger friedlich abgetreten sind, diesen Zeitpunkt haben die Mullahs verpasst, da sie mit aller Gewalt an der Macht festgehalten haben, dafür würden Sie bei Machtverlust die Rechnung bekommen. Sie haben seit langem rote Linien überschritten vor denen man in Osteuropa noch Hemmungen hatte, sie haben zu oft schon Blut vergossen, um noch Hemmungen zu haben. Das einzige Rezept dass sie kennen u das leider funktioniert, ist noch mehr Gewalt.

  • Ich habe meinen Unmut über diese Art der Iran-Berichterstattung hinreichend klar gemacht und will mich auch gar nicht wiederholen, würde aber zumindest darum bitten, Fakten zu beachten: die Aussage, Iran könnte das "erste islamisch geprägte Land in der Region" sein, in dem Staat und Religion getrennt werden, ist einfach absurd falsch. Ein erster Schritt zu einer adäquaten Wahrnehmung der "islamischen" Welt wäre es, sich von solchen orientalistischen Klischees zu lösen.

  • Es gibt Erkenntnisse zu einer "großen säkularen Verschiebung" im Iran. Den Wandel der Einstellung in der Bevölkerung kann auch Repression nicht aufhalten.



    /



    www.deutschlandfun...blik-ohne-100.html



    //

  • Vielen Dank für den Kommentar.

    Die iranische Publizistin und Feministin Mina Khani kommt in ihrem Beitrag in analyse & kritik zu einem ganz ähnlichen Schluss:

    "Nachdem die Proteste in Kurdistan begannen, ist das Einmalige in der iranischen Geschichte seit der Gründung des Islamischen Staates passiert. Frauen haben bei der Beerdigung von Zhina Amini kollektiv ihre Kopftücher abgelegt. Männer standen dabei und haben sie unterstützt. Sehr rasch danach haben sich weitere Städte den Protesten in Kurdistan angeschlossen. Frauen und weiblich gelesene Menschen stehen in diesem Kampf in der ersten Reihe. Kurz gesagt: Der Fall von Zhina Amini hat eine Explosion innerhalb der iranischen Gesellschaft ausgelöst."

    www.akweb.de/beweg...lamische-republik/

    Wer Interesse an Videos über die Proteste im Iran hat, dem sei die Facebook Seite von "My Stealthy Freedom", der von Masih Alinejad gegründeten Online-Bewegung empfohlen.

  • "Iran könnte das erste islamisch geprägte Land der Region werden, das eine Trennung von Staat und Religion erzwingt."



    Hatte man das nicht im Nachbarland Türkei schon vor rund 100 Jahren versucht und das für immerhin gut 90 Jahre auch einigermaßen erfolgreich?

    • @Ingo Bernable:

      Nein, hatte man nicht. In der kemalistischen Version des Laizismus steht der Staat über der Religion. Die Religion ist vom Staat nicht gelenkt, sondern wird vom Staat gesteuert. Die Imame sind vom Staat ausgebildet und angestellt, der Staat unterhält die Moscheen.

    • @Ingo Bernable:

      Da kann man durchaus geteilter Meinung sein.

      Anders, als die aus dem arabischen und nordafrikanischen Raum stammenden vorigen islamischen Großreiche, waren die Osmanen nie wirklich islamistisch. Vielmehr haben die osmanischen Sultane den Klerus von Anfang an "eingefriedet", d.h., sie haben die Kirche quasi verstaatlicht und die Kleriker - allen voran die wichtigen, mit Rechtsgutachten betrauten, Muftis - zu Beamten gemacht. Damit waren die Sultane zwar offiziell noch immer der Scharia unterworfen, sie konnten jedoch mit den von ihnen besoldeten und angeleiteten Klerikern Einfluss auf Entscheidungen des Klerus ausüben und im Zweifel einen zu stark religiös und zu wenig staatlich handelnden Kleriker schlicht dem Beamtenrecht folgend entlassen.

      Damit wurde das Osmanische Reich viel mehr durch politische als religiöse Entscheidungen geführt und geprägt, als alle anderen islamischen Reiche zuvor oder folgend.

      Von daher könnte man sagen, nicht Atatürks Reformen waren der Anfang, sondern das Osmanische Reich an sich hat diesen Schritt bereits vor Jahrhunderten zumindest begonnen.

  • Na dann wollen wir doch hoffen,das der Iran die Transformation zu einem von korrupten säkularen Politikern regierten Land hinbekommt. ;-)

    • @Mustardmaster:

      "korrupten säkularen Politikern"

      Der politischen und religiösen Elite des Irans geht es wirtschaftlich fantastisch, weil die den Iran ausplündern. Die Vorstellung der "armen" und sittenstrengen Theokratie hat nichts mit der Realität zutun.

      Ajatollah Rafsandschāni Familie haben sich ein Milliarden Imperium im Iran aufgebaut, auch die Familien von Ajatollah Ali Taschiri, Ali Dschannati, Abolghassem Khazali oder Mohammad Yazdii haben jeweils hunderte Millionen Dollar durch Geschäfte gemacht, weil sie Teil der einflussreichen Elite sind.

      Und wenn Sie mal in Teheran durchs Nobelviertel Zafaraniye spazieren, können sie Ihr Geld genauso für westliche Luxusmarken ausgeben, wie in Dubai oder Qatar. Cavalli, Rolex, Louis V oder Benetton, was ihr Herz begehrt können sie da kaufen und dann posten sie das, damit auch alle neidisch auf sie werden, auf Insta bei Rich Kids of Teheran... denn da zeigt man, wo der Luxushammer im Iran hängt.

      www.instagram.com/...idsoftehran/?hl=de

      wwd.com/fashion-ne...n-iran-10360220/#!

      • @Sven Günther:

        Gemeint war "...die Transformation [von einem von korrupten Klerikalen] zu einem von korrupten säkularen Politikern regierten Land..."



        Wobei ich das Eingeklammerte als selbstverständlich angenommen und deswegen nicht extra betont hatte. So kann man sich irren! ;-)

    • @Mustardmaster:

      Na, Empathie geht anders....

      • @TerryX:

        Ist ja auch Sarkasmus.

  • Ich hatte schon Angst, die islamische Revolution sei beendet. Quatsch, das ist die islamische Revolution, endlich holen sich die Leute ihre Glaubenswerte zurück. Der geistig moralische Diebstahl einer überkommenen Glaubenssekte kann dank einer freien religiösen Geisteshaltung beendet werden.

    • @Picard:

      Vielleicht haben die Iranerinnen und Iraner aber generell keinen Bock mehr auf Religion?

      Das wäre doch noch besser.