Plagiatsvorwurf gegen Robert Habeck: Schneller als sein Jäger
Ein umstrittener Plagiatsjäger will Robert Habecks Dissertation in die Pfanne hauen. Noch vor dessen Veröffentlichung reagiert Habeck.
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Einen wertvollen Entlastungszeugen haben die Grünen da aufgetan. Und auch sonst funktioniert ihre Krisenkommunikation an diesem Montag. Als im Wahlkampf 2021 Plagiatsvorwürfe gegen die damalige Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock auftauchten (und sich später bestätigten), reagierte die Partei noch kopflos. Seitdem haben sie offensichtlich dazugelernt: Proaktiv entkräften sie am Vormittag Vorwürfe gegen Habeck und dessen Doktorarbeit, noch bevor diese überhaupt öffentlich wurden.
Das geschah dann am Montagnachmittag durch den umstrittenen Plagiatsjägers Stefan Weber, der 2021 schon Baerbocks Plagiatsaffäre losgetreten hatte. Schon vor Monaten kündigte er auf seinem Blog an, es werde zu Habecks Doktorarbeit „in den nächsten Monaten Unangenehmes zu berichten geben“. Nun hat er geliefert. Der Vorwurf, den auf seinem Blog plagiatsgutachten.com nun macht: „Habeck hat auf geradezu unglaubliche Weise eine Belesenheit vorgetäuscht, die er nicht hat.“
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Jede Menge Schnipsel
Es geht um Quellenangaben in Fußnoten. Habeck soll Primärquellen genannt und zitiert haben, die er nur aus Sekundärliteratur gekannt haben kann, so Webers Vorwurf. In seinem Blog liefert er eine umfangreiche Liste mit vorgeblichen Belegen. Welches Gewicht etwaige Zitierfehler im Vergleich zur gesamten Dissertation haben, erschließt sich dabei nicht. Es werden nur Schnipsel geliefert.
Weber selbst, der auch schon mal im Auftrag des Faktenverdreherportals „Nuis“ eine Doktorarbeit auf Fehler abgesucht hat, tut in seinem Blog so, als glaube er nicht, dass seine Erkenntnisse Folgen haben werden. „Da Habeck ein (Links-)Grüner ist, wird man sagen, dass der Plagiatsvorwurf unzutreffend sei“, schreibt er und macht sich so vorsorglich schon mal zum ersten Opfer einer Plagiatsaffäre, die er selbst losgetreten hat. Leopoldina-Präsident Haug hatte zuvor in seinem Statement geschrieben, er sehe kein Skandalmaterial in der Dissertation. „Dies gilt unabhängig von der parteipolitischen Zugehörigkeit der betroffenen Person.“
Die Grünen hatten schon vor Wochen erfahren, was es mit Webers Vorwürfen auf sich hat. Im Stillen bereitete sich die Partei seitdem vor: Habeck bat die Universität Hamburg, an der er die Arbeit im Jahr 2000 geschrieben hat, um eine Überprüfung. Sie kam nach eigenen Angaben zu dem Ergebnis, dass „weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gegen die Standards der guten wissenschaftlichen Praxis verstoßen wurde“.
Nachdem Weber am Sonntag im Kommentarbereich seines Blogs angedeutet hatte, dass es am nächsten Tag Neuigkeiten gibt, starteten die Grünen am Montagvormittag ihre Kommunikationsoffensive. In einem Web-Video berichtet Habeck selbst von Vorwürfen, der Einschätzung des Leopoldina-Präsidenten und der Überprüfung durch die Universität. „Jetzt, kurz nach Abschluss der Prüfung durch die Uni Hamburg, erfuhr ich noch von weiteren Fußnoten, die Herr Weber bemängelt“, fügt er hinzu – wiederum, ohne seine Informant*innen zu nennen. Unter anderem habe Weber „penibel Tippfehler aufgelistet“. Auch die neuen Vorwürfe hat Habeck der Uni zur Prüfung vorgelegt, das Ergebnis steht noch aus.
Weber war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Auf der AfD-nahen Internetplattform X, vormals Twitter, bezichtigte er Habeck derweil der Lüge. Es gehe nicht nur um „Ungenauigkeiten in den Fußnoten“.
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