Plagiatsvorwurf gegen SZ-Vize: Kommission entlastet Föderl-Schmid
Die Journalistin soll nicht systematisch abgeschrieben haben. Die „Süddeutsche Zeitung“ will aber einen korrekten Umgang mit Quellenangaben einführen.
Es geht darum, ob die Journalistin aus anderen Texten abgeschrieben hat. Man könne nicht sagen, dass Föderl-Schmid „systematisch plagiiert habe“, sagte Kommissionsmitglied Steffen Klusmann, ehemaliger Spiegel-Chefredakteur, auf einer von der SZ ausgerichteten Online-Pressekonferenz am Donnerstag.
Ob sie nun – sie ist gerade in einer Auszeit – in ihre Position als Vize-Chefredakteurin zurückkehrt, ist ungewiss. SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach sagte auf eine entsprechende Frage: „Das ist noch nicht klar.“ Die weitere Chefredakteurin Judith Wittwer meinte: „Wir freuen uns auf ihre Rückkehr. Offen sind aber der Zeitpunkt und die Position.“ Darüber fänden gegenwärtig Gespräche statt. Neben Steffen Klusmann bestand die Kommission aus Henriette Löwisch, Leiterin der Deutschen Journalistenschule München, sowie dem Eichstätter Journalistik-Professor Klaus Meier.
Vor allem bei Föderl-Schmids längeren und anspruchsvollen Artikeln wie Reportagen oder Analysen konnten laut der Kommission nur wenige Gleichheiten oder auffällige Ähnlichkeiten mit Texten anderer Autoren in anderen Medien festgestellt werden. In zwei Dutzend der insgesamt 1.100 seit 2017 erschienenen und untersuchten Artikeln sieht Klusmann „Grenzfälle“.
Nicht ausreichend Quellen genannt
Denn der Duktus, also der Schreibstil, sei in diesen Fällen „von anderen übernommen worden“, etwa dem Spiegel oder der Welt. Hier hätte man „härter umformulieren sollen“. Föderl-Schmid kam 2017 vom österreichischen Standard zur SZ, erst als Nahost-Korrespondentin in Tel Aviv, 2020 wurde sie Vize-Chefredakteurin.
Die Kommission hat die Texte durch die Plagiatssoftware „Turnitin“ laufen lassen. Sie fand 260 „nennenswerte Übereinstimmungen“ mit Texten. Davon waren allerdings zwei Drittel der Fälle genau andersherum gelagert: Passagen von Föderl-Schmid waren nach Erscheinen von anderen Medien verwendet worden. Ein Viertel der 260 Artikel bezogen sich auf dieselben Quellen wie etwa Nachrichtenagenturen oder Pressekonferenzen. Darunter sind auch gleiche Zitate.
Föderl-Schmid wird allerdings von der Kommission vorgeworfen, dass sie bei kürzeren Faktentexten nicht ausreichend Quellen genannt hat. „Das ist nicht gut und ein Gebot der Fairness“, meint Klusmann. So hat sie beispielsweise einen kurzen „Lexikon“-Text in der SZ über den jüdischen Feiertag Simchat Tora nahezu wortgleich von der Homepage des Jüdischen Museums Berlin übernommen, sich aber als Autorin angegeben.
Kein Versuch, zu verschleiern
Die Kommission hat auch mit Alexandra Föderl-Schmid selbst gesprochen. „Sie hat nie versucht, etwas zu verschleiern“, meint Klusmann. Gerade als Korrespondent:in sei man häufig auf die gleichen Gesprächspartner angewiesen wie andere Medien. Diese würden dann auch das Gleiche sagen. Bei Zitaten von Protagonisten in Artikeln habe Föderl-Schmid belegt, dass sie mit allen Zitierten auch selbst gesprochen hat.
Fakten hingegen, die allgemein zugänglich sind, habe sie als „öffentliches Allgemeingut“ angesehen. Sie habe gesagt, dass es keinen Sinn mache und keinen Mehrwert bringe, einzelne Sätze umzuschreiben, die nurmehr feststehende Informationen enthalten.
Um den Jahreswechsel waren heftige Plagiatsvorwürfe gegenüber Föderl-Schmid erhoben worden – zuerst von dem Branchenmagazin Medieninsider und dann auf noch weitaus drastischere Weise im rechten Boulevardmedium Nius im Internet. Dieses betreibt Julian Reichelt, ehemaliger Bild-Chefredakteur, der aufgrund persönlicher Verfehlungen vom Springer-Verlag entlassen worden war. Nius hatte den österreichischen „Plagiatsjäger“ Stefan Weber beauftragt und dafür bezahlt, Gutachten über die Texte von Alexandra Föderl-Schmid zu erstellen.
Ein Shitstorm folgte
Diesen Veröffentlichungen folgte ein großer Internet-Shitstorm gegen die Journalistin. Sie war im Februar 24 Stunden lang als vermisst gemeldet, Suchtrupps fanden sie lebend und unterkühlt am Ufer des Inns.
Als Konsequenz kündigt die SZ an, ein Handbuch darüber zu erstellen, wie korrekt mit Quellenangaben umgegangen werden soll – und dass man Quellen wie Nachrichtenagenturen oder allgemein zugängliche Homepages angibt. Die SZ war überzogen worden von „brutaler Zerstörungswut und Hass im Netz“, so Chefredakteur Krach. In der Redaktion will man etwa mit Schulungen dazu erreichen, dass sich „die eigenen Leute davor besser schützen“ können.
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