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NATO-Beitritt Schwedens und FinnlandsSchweden liefert Kurden aus

Die Türkei verbindet die Nato-Erweiterung mit Bedingungen. Schweden liefert Kurden aus, die angeblich mit der PKK zusammenarbeiten.

Der Ministerpräsident von Schweden besuchte den Präsidenten der Türkei Anfang November in Ankara Foto: Burhan Ozbilici/dpa

Stockholm taz | Schweden hat am Freitag zwei Kurden in die Türkei abgeschoben. Während die Identität des einen Mannes am Sonntag noch nicht offiziell bekannt war, handelt es sich bei dem zweiten um den wegen angeblicher Zusammenarbeit mit der PKK in der Türkei verurteilten Mahmut Tat. Er wurde Freitagnacht bei seiner Ankunft am Flughafen Istanbul festgenommen und am Samstag inhaftiert. Türkische Medien waren vorab informiert worden und veröffentlichen Foto- und Filmaufnahmen der Festnahme.

Die Ausweisung wird in mehreren türkischen Medien als großer Erfolg der Regierung dargestellt. Sie habe es geschafft, Stockholm zu Gegenleistungen für eine Ratifizierung des schwedischen NATO-Beitrittsantrags zu der Auslieferungen gezwungen zu haben. Recep Tayyip Erdoğan hatte Schweden vorgeworfen, ein regelrechter Hort für kurdische Terroristen zu sein. Als Bedingung für eine türkische Zustimmung zur NATO-Norderweiterung hatte der türkische Präsident die Auslieferung von 73 namentlich genannten „Terroristen“ gefordert.

Der Name von Mahmut Tat war nicht auf dieser Liste. 2015 flog er nach Schweden, nachdem ein türkisches Gericht ihn zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten wegen „Zusammenarbeit mit einer Terrororganisation“ verurteilt hatte.

Laut Tat handelt es um „eine Lüge“, er habe nichts mit der PKK zu tun gehabt. Der einzige Beweis, der vor Gericht vorgelegt wurde, sei die Aussage eines ehemaligen PKK-Mitglieds gewesen. Er hatte inzwischen Seiten gewechselt und wurde zum Polizeiinformanten.

Tat stellte in Schweden einen Asylantrag, den die Migrationsbehörde erst im März 2020 negativ beschied. Im Februar 2021 lehnte das Migrationsgericht eine gegen diese Entscheidung erhobene Klage ab. Eine Ausweisung hatte aber offensichtlich keine Priorität.

Tat versuchte nicht abzutauchen, sondern arbeitete weiterhin in einer Pizzeria in Göteborg und stellte mit Hinweis auf eine mittlerweile diagnostizierte Krebserkrankung einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Ein Antrag, der in vergleichbaren Fällen gute Chancen auf eine positive Entscheidung hat.

Verhaftet Ende November

Plötzlich wurde dann Tat am 22. November verhaftet. Zwei Tage später kam dann er in Abschiebehaft. Die Abschiebung erfolgte eine Woche nachdem sich Repräsentanten der Regierungen Schwedens, Finnlands und der Türkei in Stockholm getroffen hatten, um „über die Umsetzung des Übereinkommens von Madrid“ zu verhandeln.

Beim NATO-Gipfel in Madrid Ende Juni hatten die Länder ein „trilaterales Memorandum“ unterzeichnet, in dem sich Finnland und Schweden verpflichteten, die „Aktivitäten aller terroristischen Organisationen“ zu unterbinden. Am vergangenen Mittwoch hatte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu von „positiven Schritten“ gesprochen, die man mittlerweile machen konnte. „Konkrete Handlungen“ erwartete allerdings nun die Türkei.

Tats juristischer Vertreter Abdullah Deveci kritisiert die Abschiebung als „fürchterlich – für Tat, aber auch für Schwedens Demokratie und für die Menschenrechte“. Schwedens Migrationsministerin Maria Malmer Stenergard bestritt jede Einflussnahme ihrer Regierung auf das Handeln von Migrationsbehörden und Polizei.

Finnland lobt Ungarn

Um Ungarn, das zweite NATO-Land, das die Norderweiterung noch nicht ratifiziert hat, kümmert sich derweil Finnland. Während die EU die Tonlage gegenüber Ungarn zuletzt deutlich verschärfte, lobte Finnlands Staatspräsident Sauli Niinistö neulich Viktor Orbán nach einem Telefonat mit dem ungarischen Ministerpräsidenten: „Wie gut kann man sich auf Ungarn verlassen“, betonte Niinistö. Er freue sich „über eine weitere Stärkung der finno-ugrischen Verbindungen“.

Mit Hinweis auf die „rückgratlosen finnischen Politiker der Nachkriegszeit“ gegenüber der Sowjetunion, spricht nun der Kulturchef der finnischen Tageszeitung Hufvudstadsbladet von einer „Finnlandisierung 2.0“.

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64 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Wir werden unseren Schwedenurlaub umgehend stornieren. Basta - und zu dem unmöglichen Möbelhaus geht's auch nimmer mehr.

    Menschenhandel und EU geht nicht zusammen.



    Wir sind mega entsetzt und irritiert.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Grundsätzlich liefert auch DE nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen von 1957 an die Türkei aus. Dazu ob das nach 2016 noch zulässig ist oder diese Auslieferungen generell ausgesetzt werden müssten gibt es wohl bislang unterschiedliche Urteile.

      • @Ingo Bernable:

        Auslieferungen mögen in einigen wenigen Grenzfällen ja denkbar sein - aber doch nicht nach einer so offen von Erdogan vorgetragenen Erpressung....

        Hier wurde anscheinend ein ganz trauriger Deal gemacht ... weil die baldige Mitgliedschaft in der NATO eine höhere Priorität hat. Ich fürchte nur, Erdogan wird nicht aufhören, immer mehr zu fordern, nachdem es einmal geklappt hat....

        • @Monomi:

          Nach dem 'Flüchtlingsdeal' hat er damit ja auch nicht aufgehört. Immerhin stehen die Chancen auf seine Abwahl wohl ganz gut ...

      • @Ingo Bernable:

        ...vor Einführung des EU Auslieferungsgesetz , war es Deutschland doch untersagt.



        Habe jetzt auch keinen vorgekommenen Fall auf dem Schirm....

  • Realpolitik heißt halt, auch jene Entscheidungen zu treffen, die keine "richtige" Alternative kennen.

    Mal ganz ehrlich: Ich würde mich als Mitglied der Regierung von Schweden oder Finnland auch lieber als Verräter an den diesen "Bauernopfern" (als die man die betroffenen Kurden oder die "Wahrheit über Orban" wohl sehen kann) brandmarken lassen, wenn ich dadurch verhindern könnte, mir unfreiwillig später den blutverschmierten Heldenstatus eines Volodimir Selenskiy verdienen zu "dürfen". Die ausnahmslose Achtung der Menschenrechte darf kein nationales Selbstmordkommando werden.

    Eins sollte uns Ex-Frontstaatlern, die immer schon in der Nato waren, klar sein: Die Schweden und Finnen kriegen gerade am Beipiel der Ukraine mit, wie hoch der Preis dafür sein kann, NICHT rechtzeitig - koste es, was es wolle - unter den verbindlichen Nato-Schutzschirm gesprungen zu sein. Mir fällt es daher schwer, für die Nachgiebigkeit ihrer Regierungen KEIN Verständnis aufzubringen.

    Es ist ja - auch - die "Schuld" der Nato, dass sie Typen wie Erdogan die Möglichkeit gibt, potenzielle Mitglieder derart zu erpressen. Eigentlich müssten wir uns also selbst auf die Brust hauen und uns fragen, ob wir nicht ohne die Türkei besser fahren würden (was, mal von bündnisrechtlichen Formalien ganz abgesehen, ehrlicherweise eben nicht der Fall ist - die militärische Westbindung der Türkei ist geostrategisch betrachtet ein Pfund, mit dem man WIRKLICH wuchern kann). Wer sind wir also, Schweden vorzuwerfen, dass es keinen sauberen Weg hat, die ihm eingebrockte Suppe auszulöffeln?

    • @Normalo:

      Right or wrong - my country“ - wo gehobelt wird - da fallen Spähne!“



      “Menschenrechte? Sorry - das war halt sone Idee!“ •



      O Normal! - mit dem Hintern im Trocknen.

      kurz - Sie können noch so zynisch von Bauernopfern rumschwadronieren!



      Das alles einen Skandal nennen. Ist das Gebot der Stunde. Ihr verquaster Zynismus schafft doch allenfalls ehna Gewissensberuhigung!



      Wie billig ist das denn! Woll.

      • @Lowandorder:

        Ich weiß nicht, was der größere gewissensberuhigende Selbstbetrug ist - mein "Zynismus" oder das Schwadronieren über älternativlose ethische Grundsätze, für die dann bitteschön ANDERE (als der gerade schwadronierende ethische Hohepriester) gegebenenfalls willig und reinen Gewissens ins Gras beißen sollen. Fühlt sich bestimmt super an, immer Recht zu haben und vom sicheren heimischen Sofa aus auf den unmoralsichen Rest der Welt herabzuschauen...

        Die unangenehme Wahrheit ist aber, dass wir Politiker unter anderem dafür bezahlen, dass sie auch jene Entscheidungen treffen, bei denen man KEINE der sich bietenden Alternativen gerne selbst verantworten müssen würde. Es gehört aus meiner Sicht zu einem moralisch konsequenten Blick auf die Welt dazu, sich einzugestehen, dass es solche "Falsch oder Falsch"-Situationen nunmal gibt - und dass es dann IMMER Menschen geben wird, die auf DEM "Falsch" herumreiten, für das sich der verantwortliche Politiker dann letztlich entscheidet.

        Sie nennen das dann "Zynismus", ich nenne es "Realismus".

        • @Normalo:

          Glauben Sie ernsthaft - ich lebte als kleines Rechtsanwenderseelchen hinterm Mond.



          Die vor allem von Ihnen aufgezeigten Konstellationen & Zwangssituationen - soweit ich cum grano salis darin folgen kann - sind mir doch geläufig! BUT!!



          Sie - beten alles dess als “schulterzuck“ notwendig nach! Statt die dagegen sprechenden Parameter ausdrücklich zu benennen - wie hier andere im around!



          Vor allem aber: Damit begeben Sie sich - wie Claqueur - ohne Not des einzigen Mittels: nämlich einer widersprechenden Öffentlichkeit •



          Wie sie hier bescheiden via e-Kommune di taz entfaltet wird!



          & nochens =>



          Wenn gerade hier & hierzu die demokratischen Defizite der EU - in Brüssel angeprangert werden! Gelle!



          Weist das in die gleiche Richtung!



          Wenn ich meinen Freund Weggefährten & EU-big-gun nochmals zitieren darf



          “Kommission wie Stein-Hardenbergsches Reformkabinett =>



          Hochintelligent Hocheffizient &



          KOMPLETT UNDEMOKRATISCH • “

          kurz - Ihnen & ua Ihrem Claqueur Freebodian nehme ich einfach nicht ab.



          Daß sie das Ganze im Ergebnis - wie die EU-Politkaster - nicht in Wahrheit ganz in Ordnung finden! Gellewelle&Wollnichtwoll •

        • @Normalo:

          Aus politischem Kalkül wird ein als in Schweden als freier Mitmensch leben dürfender dann ruckartig in ein für ihn lebensbedrohliches Staatsgebiet gnadenlos abgeschoben. Alles im Sinne also auch Ihrer natoaffinen Sehweise? Lowandorder trifft hier den Nagel auf den Kopf :"Verquaster Zynismus".

      • @Lowandorder:

        Wir brauchen unbedingt einen Kontroll Mechanismus, was im ' heiligen " Brüssel so ausgeheckt wird.



        Ich habe schon länger den Eindruck, Demokratie wird in Brüssel falsch, zumindest anders interpretiert - und entspricht nicht unserem Demokratieverständnis ...

      • @Lowandorder:

        Militärische Entscheidungen sind oft so. Und Schweden hat letztlich eine militärische Entscheidung getroffen.



        In einem Krieg werden auch ständig Entscheidungen getroffen: Truppen hier zur Verteidigung hin zu schicken oder dort für einen Angriff. In jeder dieser Entscheidungen steckt: ein paar vorn euch werden dabei sterben.

    • @Normalo:

      “… die militärische Westbindung ist geostrategisch betrachtet ein Pfund, mit dem man WIRKLICH wuchern kann.”



      Eben, so ist es und war es schon zu Zeiten des Kalyan Krieges … und versuchen Sie jetzt einmal, sich nur ansatzweise in die russische Position zu versetzen: ist die Türkei schon ein Stachel im Fleisch der russischen Sicherheitsinteressen - oder sagen Sie von mir aus auch Hegemonialinteressen -, wie kann man dann glauben, eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine wäre es nicht bzw. Russland würde nicht alles versuchen, genau das zu verhindern und die Ukraine geopolitisch wieder unter seine Kontrolle zu bekommen?



      Betrachten wir das Handeln und die Interessen von Staaten ausschließlich durch die geostrategische Brille - und lassen wir das ganze Menschenrechtsgedöns mal außen vor - , so fällt es natürlich nicht schwer, Verständnis für den NATO-Beitrittswunsch der Schweden und Finnen aufzubringen, selbst angesichts des an Erdogan zu zahlenden Preises.



      Zynisch gesprochen ist der Preis sogar sehr niedrig, wenn am Ende nur eine Handvoll kurdischer Dissidenten Erdogans ans Messer geliefert werden müssen … und der Westen die Füße stillhält, wenn die Türkei beständig seine Nachbarstaaten militärisch und völkerrechtswidrig bedroht.

      • @Abdurchdiemitte:

        Was Rero sagt, denn: Es steht jedem Land und jedem Bündnis frei, andere Länder für sich zu begeistern. Das tut Russland auch - und zwar ebenfalls ohne Rücksicht auf die brenzlige Lage, in die das die jeweiligen Anrainerstaaten bringen könnte.



        Was KEINEM Land zusteht, ist seine Nachbarn als Pufferzone oder "Interessengebiet" zu beanspruchen und Selvstverteidigungsrechte zu reklamieren, wenn diese Nachbarn es wagen, sich wie souveräne Staaten zu verhalten. Das ist purer Imperialismus und zu Recht als solcher schon verdammt, wenn z. B. die USA und China es auf nichtmilitärischem Wege versuchen.

        • @Normalo:

          Ja, aber offensichtlich schafft es die Weltgemeinschaft nicht, diese imperialistischen Strukturen in zwischenstaatlichen Beziehungen aufzubrechen, ob es sich nun um Russland, die USA oder China handelt … denn imperialistisch/aggressiv verhält sich grundsätzlich nur die Gegenseite, während die eigene Seite natürlich/selbstverständlich nur legitime Interessen verfolgt. Wie sollte es auch anders sein😉.



          Das Problem bzw. Dilemma, das ich dabei auch sehe: aus einer geopolitischen Perspektive - sozusagen einer “neutralen” Position von außen - können Konflikte immer sehr leicht nüchtern und analytisch in den Blick genommen werden … schwieriger wird es, wenn Werte und Überzeugungen ins Spiel kommen, die jeweils durchgesetzt oder verteidigt werden sollen.



          Darum dreht es sich nach meiner Meinung auch bei den Themen NATO-Erweiterung und Umgang mit der “Kurdenfrage” aus westlicher Sicht: Sicherheitsinteressen, ja, dem kann ich zustimmen. Freedom&democracy, hm ja, da sieht es für die NATO nicht so gut aus … vielleicht sollte man auf “wertebasierte” Außenpolitik besser doch verzichten? Aber da bin ich leider nicht nahe genug an Frau Baerbock dran.

          • @Abdurchdiemitte:

            Am Ende wird man drei Dinge klären müssen:

            1. Was will man für SICH?

            2. Was will man möglichst für die ganze Menschheit?

            3. Was von beiden kann man außenpolitisch tatsächlich durchsetzen, und kostet mich gegebenenfalls das eine zu viel vom anderen?

            Das gilt für "wertebasierte" Außenpolitik nicht mehr oder weniger für als knallhart interessengesteuerten Kissinger- oder Lawrow-Stil: Auch Frau Bärbock kann nicht umhin, Punkt 1 UND Punkt 3 zu berücksichtigen.

            Davon abgesehen ist Außenpolitik immer ein Gebiet der Nuancen. Von daher kann man "wertebasierte" Außenpolitik realistisch betrachtet auch betreiben, ohne gleich bei jedem erkannten Bruch besagter Werte das komplette Rumpelstilzchen zu machen. "Steter Tropfen höhlt den Stein" ist in meinen Augen - auch - eine legitime Devise bei der Wahl der Mittel. Die Frage ist aus meiner Sicht eher, ob man überhaupt außenpolitische Gummipunkte für werteorientierte Einwirkung auf andere Länder einsetzt, statt sie komplett für eigene Wirtschafts- oder Machtinteressen aufzusparen und wertemäßig nur die Hände in nicht-einmischender Unschuld zu waschen.

            • @Normalo:

              Ich bin kein Freund von “wertebasierter” Außenpolitik, nicht, weil die Werte an sich gut oder schlecht sind, sondern weil eben um knallharte geostrategische Interessenpolitik geht … da bin ich eigentlich immer dafür, Ross und Reiter ehrlich beim Namen zu nennen.



              Das schließt übrigens nicht aus, das kurdische “Bauernopfer”, das Schweden für den Preis der NATO-Mitgliedschaft zu zahlen bereit ist, nicht nur moralisch anzuprangern, sondern es auch als ein fatales außenpolitisches Signal zu bewerten. Es ist schlicht falsch, hier Erdogan nachgegeben zu haben, was offenbar von den meisten Mitforisten hier auch nicht anders gesehen wird … und es wird der NATO bei entsprechender Gelegenheit noch mächtig vor die Füße fallen (auch wenn jetzt die russischen Gräueltaten in der Ukraine absolut im Vordergrund stehen).



              Und dann: Kissinger und Lawrow in einem Atemzug? Also, ich bin ein ziemlicher Fan von Kissingers nüchterner Art, mit der er seinerzeit US-Außenpolitik gestaltet und analysiert hat. Es war immer hilfreich, die Interessen anderer Staaten klar zu erkennen - ohne in ihnen Werke des Teufels zu sehen - und sich selbst entsprechend dazu zu positionieren … und Kissingers geopolitischer Ansatz hebt sich natürlich wohltuend von Baerbocks wertegeleiteter “feministischer” Außenpolitik ab. Das erinnert mehr an Reagans “Moskau als Zentrum des Bösen” … da sind wir offensichtlich leider wieder angekommen.



              Hingegen Lawrows von hasserfüllten imperialistischen und revanchistischen Gedanken und Emotionen getriebene “Außenpolitik” fußt in keiner Weise auf rationalen, vernünftigen Einschätzungen, sie folgt der Stimme seines Herren Putin … sonst würde es diesen schrecklichen Krieg wohl nicht geben. Das hat mit Kissingers Sicht der Dinge - die man ja nicht in allen Punkten teilen muss - eigentlich so gar nichts zu tun.

      • @Abdurchdiemitte:

        Russland hat nicht alles versucht, um eine NATO-Mitgliedschaft zu verhindern.

        Das ist nicht wahr

        Russland hat es seit Putin nie mit freundschaftlichen und respektvollen Beziehungen zur Ukraine auf Augenhöhe versucht.

        Auch nicht zum Baltikum oder Polen.

        • @rero:

          “Russland hat es seit Putin nie mit freundschaftlichen und respektvollen Beziehungen zur Ukraine auf auf Augenhöhe versucht.”



          Kein Widerspruch meinerseits … ein Staat, der sich von imperialistischen oder revanchistischen Interessen leiten lässt, kann natürlich keine freundschaftlichen Beziehungen zu Nachbarstaaten aufbauen, zumal wenn diese zu seinem ehemaligen Machtbereich gehören.



          Ich weiß, dieser aggressive russische Revanchismus ist ziemlich hirnrissig, denn beide Staaten - Russland wie die Ukraine - könnten von freundschaftlichen Beziehungen derart profitieren, in ökonomischer wie kultureller Hinsicht, nur liegt es nie an einer Seite alleine, wenn das nicht gelingt.



          Freie Bündniswahl hin oder her … und da kommen dann auch schon die externen Akteure wie NATO und EU ins Spiel, die ebenfalls handfeste geopolitische Interessen in diesem Konflikt haben. Das lässt sich doch überhaupt nicht verleugnen.

          • @Abdurchdiemitte:

            Was hätten Nato und der EU tun sollen?

            "Oh, der große Schulhofschläger geht mal wieder um und verhaut Alle seine Klassenkameraden, die mit uns reden. Dann reden wir natürlich mal nicht mit denen - zu ihrem eigenen Schutz."

            So etwa?

            Es gibt ein Wort für diese Einstellung, wenn sie auf internationale Beziehungen mit aggressiv revanchistischen Regimen angewandt wird: "Appeasement". Hat immer schon super funktioniert (und gerade in Russland und der Ukraine etliche Millionen Menschenleben mehr gekostet, als vielleicht nötig gewesen wäre) und ist jetzt bestimmt noch viel sicherer, wo der aggressive Revanchist Atomwaffen hat...

            • @Normalo:

              Um mal in Ihrem Bild von Schulhofschläger zu bleiben - obwohl wir beide wissen, dass es für die Analyse von Konflikten auf internationaler Rnene schlicht zu simpel ist, selbst um Putins Handlungsweisen zu beschreiben - , ist auf dem Schulhof normalerweise immer eine aufsichtsführende Lehrperson anwesend, die Schulhofschlägereien gerade verhindern soll.



              Wer könnte das - übertragen auf den russisch-ukrainischen Konflikt - wohl sein bzw. hätte dieser Aufgabe nachkommen müssen?



              Die Schulaufsicht zu vernachlässigen ist kein Qualitätsbeweis für eine gute Schule … ich jedenfalls würde meine Kinder nie in eine solche Schule schicken.



              Jetzt, da das Kind in den Brunnen gefallen ist, ist es billig, nach disziplinarischen Maßnahmen zu schreien, wenn im Vorfeld keine präventiven oder deeskalierenden Maßnahmen ergriffen wurden … und auch der Schulhofschläger hat seine Motive, die es zu erkennen gilt, was nicht bedeutet, sie anzuerkennen oder zu relativieren.

  • Ach was! ©️ Vagel Bülow

    “Schwedens Migrationsministerin Maria Malmer Stenergard bestritt jede Einflussnahme ihrer Regierung auf das Handeln von Migrationsbehörden und Polizei.“



    Wer‘s glaubt zahlt 5 👑 👑👑👑👑 - 🙀🥳 -

  • Da wird mal wieder eindrucksvoll gezeigt, was wir von unseren westlichen Werten halten können....so kann uns doch niemand mehr ernst nehmen

    • @PartyChampignons:

      Was Sie von Ihren eigenen Werten halten, ist natürlich Ihen überlassen - wenn Sie die nicht mehr ernst nehmen, dann werden Sie als Experte für Ihre Werte sicherlich wissen warum.

      Meine Werte werden ganz bestimmt nicht von der Außenpolitik irgendwelcher Länder entschieden. Auch nicht von Nationalmannschaften, Politiker, Medien oder (Gott bewahre) den sogenannten "Sozialen Medien".

      • @Questor:

        Ja meine Werte bestimme auch ich selber, ändert nichts daran wie das nach Aussen hin auf andere Länder wirkt.....die westlichen Werte, welche unsere Politiker so oft propagieren sind in diesem Fall nicht ernst zu nehmen.....das ändert in keinster Weise meine eignene Werte , aber es ist ein Problem wenn die restliche Welt uns als Land oder als Staatenbund nicht mehr ernst nehmen können, aber der Zug ist wohl schon länger abgefahren

  • Schade, nee voll Sch..ße! dass Schweden jetzt die falsche Priorität setzt. Die EU-Beistandsklausel wäre ausreichend gewesen.



    Anderseits hätte Abhilfe für die Nato-Staaten mit Anspruch auf Einhaltung der Menschenrechte schaffen können, eine eigene Nato-Austrittsdrohung gegenüber Erdogan und den USA zu formulieren. Der Eklat blieb aus; Doch wen wundert´s. Still gehalten haben alle auch, als schon Schweden Julian Assange an UK auslieferte, nachdem zuerst eine fadenscheinige Vergewaltigungsanzeige gegen ihn konstruiert wurde. In Sachen Schleifen der Menschenrechte sollte für die ganze EU gelten: Mit gehangen, mit gefangen!



    Ich bin enttäuscht, vor allem darüber, dass ein EU- bzw. Nato-Regelwerk diesbezüglich keine rigorosen Sanktionen vorsieht.



    Was ist das nur für ein Sa.haufen!

    • @zeroton :

      "eine eigene Nato-Austrittsdrohung gegenüber Erdogan und den USA zu formulieren"



      Der Gewinner einer solchen Aktion wäre wohl Putin, der sich kaum etwas sehnlicher wünschen dürfte als ein Auseinanderbrechen der NATO.

    • @zeroton :

      Schweden hat Assange nicht an die UK ausgeliefert. UK wollte ihn an Schweden ausliefern.

      Weil er Angst davor hatte, dass die ihn an US ausliefern, ist er in die Ecuadorianische Botschaft geflüchtet.

      • @R R:

        Schweden hat aber lange Zeit den Vorwand geliefert, Assange festzuhalten.

      • @R R:

        Schweden war aber auch daran beteiligt; Assange traute den Schweden zu, dass diese ihn an die USA ausliefern. Das angedrohte Gerichtsverfahren wegen Vergewaltigung war ein Vorwand, ihn nach Schweden zu holen; das hat sich als richtig herausgestellt hat.

      • @R R:

        äh, klar doch, danke!

  • "Mit Hinweis auf die „rückgratlosen finnischen Politiker der Nachkriegszeit“ gegenüber der Sowjetunion, spricht nun der Kulturchef der finnischen Tageszeitung Hufvudstadsbladet von einer „Finnlandisierung 2.0“."

    Finnland ging es aber in der Position zwischen den Blöcken blendend. Also haben die "rückgratlosen finnischen Politiker" doch alles richtig gemacht.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Die finnischen Politiker waren keineswegs ohne Rückgrad. Es blieb ihnen gar nichts anderes übrig. Die ganze Welt -einschließlich Schweden- ist den Finnen im Winter- und Fortsetzungskrieg nicht wirklich zu Hilfe gekommen. Hitler hat es ausgenutzt und Stalin hat Finnland dafür geknechtet, z.T. auch mit Waffen, die von den Alliierten an die UdSSR geliefert wurden. Das Hufvudstadsbladet ist eine schwedischsprachige Zeitung, man sollte sich genauer die Hintergründe ansehen, die den Redakteur zu seiner merkwürdigen Aussage gebracht haben.

      • @Perkele:

        "Die finnischen Politiker waren keineswegs ohne Rückgrad."

        Völlig richtig. Deshalb auch die Anführungsstriche.

        Die finnischen Politiker der Nachkriegszeit waren einfach klug. Sie haben ihre Aufgabe erfüllt, die beste Politik für ihr Land zu machen.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Tja. Zeiten ändern sich.

          Heute sieht die beste Politik für Finnland offenbar anders aus.

          • @rero:

            Darüber reden wir am besten in 10 Jahren noch mal.

  • Kurden als als Ware bei einem miesen Tauschgeschäft. Das ist die widerwärtigste Verachtung von Menschenrechten und Zivilisation.

  • Vielleicht wäre ein europäisches Verteidigungsbündnis mit der Möglichkeit, Mitglieder mittels 2/3-Mehrheit auszuschließen, doch ganz praktisch. Nur dann bräuchte dieses Bündnis eine schlagkräftige Armee und strategische Atomwaffen, damit Russland nicht auf dumme Gedanken kommt. Momentan übernehmen beides die USA.

    • @Luftfahrer:

      Tja und müsste sehr viel Geld in die Hand nehmen, Munitionslager, Produktionsstädten etc.

  • Bärbock muss sich diesen entwürdigenden Kotau vor dem Autokraten Erdogan verurteilen, will sie mit ihrer



    angeblichen "werteorientierten Aussenpolitik" noch ernst genommen werden..

  • Mit Autokraten gegen Autokraten, wie war das, wertegeleitete westliche Politik?

    • @nutzer:

      Der eine Autokrat sitzt ja schon im Boot drin.

      Man kann es sich also nicht aussuchen.

      Wert trifft auf Realität.

      Wenigstens hat Recep nicht noch Atomwaffen wie der liebe Wolodja.

    • @nutzer:

      Na klar. Wir leben im Kapitalismus. Und was sind dessen Werte? Euro und Dollar. Und davon ist die Außenpolitik geleitet.



      Ich kann verstehen, das "wertegeleitet" von Menschen wie z.B. mir natürlich anders verstanden werden möchte. Aber man muss es sich halt übersetzen.

      • 6G
        665119 (Profil gelöscht)
        @Jalella:

        Schweden will nur in die NATO um "Euro und Dollar" in die Taschen zu bekommen? Können Sie das erklären?

      • @Jalella:

        Die Würde des Menschen - für Geld 'würde' er alles tun ...

  • Wie erbärmlich.

  • Wird Schweden jetzt aus der EU ausgeschlossen ? GB is schon draußen, und kann auch gerade deshalb mit Assange so gut wie unwidersprochen umspringen, wie unmensch grad will. Und was sagt der Europarat ?

    • @lesnmachtdumm:

      Wie GB mit Assange umspringt, hat nichts mit dem Brexit zu tun, sondern mit GBs größter Freundin über dem Teich. Man ist stets gefällig.

  • Türkei erpresst Schweden, die liefern die Oppositionelle (angebliche PKK-Terroristen), aus und die landen direkt im Gefängnis. Das tragische daran ist dass ein demokratischer Staat sowas mit sich machen lässt.

    Türkei bombardiert Kurden in Syrien und wir schauen zu. In der Presse keine Bilder davon und keine Berichte über Einzelschicksale wie im Ukraine-Krieg.

    Assange sitzt immer noch im Gefängnis, Biden unterstützt die amerikanische Wirtschaft mit Milliarden Dollar zu unserem Nachteil, schöne Freunde haben wir da.

    Langsam platzt mir der Kragen, wenn's passt wird der Moral-Schalter angeknipst und wenn's unsere Freunde betrifft wird auf off gedrückt.

    Und von Frau Baerbock, die sonst sehr wortgewaltig die Moralkeule schwingt hört man nichts mehr.

    • 0G
      06455 (Profil gelöscht)
      @AndreasHofer:

      Würde nur endlich noch mehr Menschen der Kragen platzen!



      Diese Verlogenheit, die Menschenleben opfert, ist unerträglich

  • Die NATO ist eine Organisation zur Durchsetzung von US-Interessen, mehr nicht. Die Kurden im Iran kann man nutzen, die in anderen Regionen nicht.

    Die EU ist eine Organisation für Banken und Industrie, da braucht man Ruhe um die Pläne durchsetzen zu können. Und man braucht die Türkei, um die Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten der NATO und der Koalition der Willigen am Betreten der EU zu hindern.

    Sollten wir nicht über den Widerspruch zwischen angeblichen Werten und Taten diskutieren?

  • 0G
    06455 (Profil gelöscht)

    Es macht einfach nur fassungslos.!

  • Die Türkei und Ungarn haben sich nach ihrer Mitgliedschaft in der NATO in automatische Richtung "entwickelt" und die Türkei führt einen Angriffskrieg (es gibt nur Angriffskriege!) gegen die Kurden außerhalb der Türkei. Passt nicht zu einem Verteidigungsbündnis, das die NATO ja sein will. Und wie sich die USA entwickelt?Wer weiß? Wie wäre es mit einem Kaiserreich unter Donald I? Und danach die Sintflut - oder ein anderer Weltuntergang .

  • dem antidemokratischen frauen- und queer-rechte gegner, der massiv jede oppopsition im land unterdrückt, wieder in den hintern gekrochen...auf kosten geflüchteter kurden. eine schande für alle natostaaten. sich von diesen machtgeilen männern erpressen zu lassen kommt uns teuer zu stehen. bezahlen wir doch gerade für... nichts gelernt...

  • Sein Leben wird zerstört sein und die, die ihn ausliefern ließen, wussten dies. Es ist ein Tauschgeschäft: Menschenleben gegen Natomitgliedschaft. Auch dies weiß jeder, der es wissen will.

    • @PolitDiscussion:

      Ich weiß, es lässt das Idealistenherz bluten, aber: Wenn man mal überlegt, dass Schweden und Finnland gerade anschaulich vorgeführt bekommen, wie viel MEHR Menschenleben man potenziell opfert, indem man auf die Natomitgliedschaft verzichtet, wird es vielleicht leichter, dieses Tauschgeschäft moralisch zu verstehen.

      Am Ende bezahlen wir Politiker (auch) dafür, dass sie für uns jene Entscheidungen treffen, bei denen wirklich Leben gegen Leben aufgewogen werden. Das gibt zwar niemand offen zu und verweist auf den ehernen Grundsatz, dass sich das ethisch verböte. Aber am Ende sollten wir uns schon klar sein, dass es solche Entscheidungen gibt und dass wir dankbar sein können für Leute, die sich ihnen pragmatisch stellen und Leben gegen Leben abwägen. Alles Andere würde noch viel mehr Unschuldige auf dem Altar der (Moral-)Ideologie opfern.

      Das ist so ein Fall.

  • Es ist so unglaublich, wie sich NATO und EU von diesem Egomanen erpressen lassen.

  • Er bekommt, was er will. Hierbei Versager sind NATO und die EU!

  • Europäische Werte! Rah! Rah! Rah!

    Sorry, Leute. Ich weiss, ich wiederhole mich.

    Mir wird übel.