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Krieg in der UkraineKein Frieden mit Putin

Kommentar von Barbara Oertel

Wer glaubt, Moskau gäbe sich mit den bisherigen Gebietsvorstößen zufrieden, hat nicht kapiert, wer der Chef im Kreml ist. Und was Putin am Ende will.

An seiner Position hat sich seit Kriegsbeginn nichts geändert: Wladimir Putins Foto: Vyacheslav Prokofyev/sputnik/ap

S eit über 1.000 Tagen tobt nun der Krieg in der Ukraine und rückt in der Öffentlichkeit mehr und mehr in Vergessenheit. Bezeichnend ist, welche Themen in Deutschland die Debatte dominieren: Es sind nicht die persönlichen Tragödien so vieler Ukrainer*innen, nicht die täglich steigende Zahl von Toten und Verletzten, flächen­deckende Bombardements und die Aussicht darauf, angesichts einer fortschreitenden Zerstörung der kritischen Infrastruktur bei Minusgraden zu erfrieren.

Vielmehr geht es – wieder einmal – um Waffen. Die jüngst von einigen als „Abschiedsgeschenk“ titulierte Freigabe von ATACMS-Raketen für Angriffe auf russisches Territorium durch den scheidenden US-Präsidenten Joe Biden, die Lieferung international geächteter Antipersonenminen sowie den Einsatz britischer Storm-Shadow-Raketen.

Werden diese Waffen jetzt zum „Gamechanger“ und damit endgültig „rote Linien“ überschritten? Droht eine weitere Eskalation? Wird Kanzler Olaf Scholz, derzeit im Wahlkampf und erklärter Gegner von deutschen Alleingängen, jetzt doch noch sein kategorisches Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern überdenken? Stehen die bisherigen westlichen Verbündeten wirklich fest an der Seite der Ukraine, solange es notwendig ist?

Ist das gebetsmühlenartig vorgetragene Credo, Russland dürfe diesen Krieg nicht gewinnen und die Ukrai­ne ihn nicht verlieren, noch Richtschnur politischen Handelns? Viele dieser Fragen beschäftigen uns seit dem Beginn von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukrai­ne am 24. Februar 2022 und harren bis heute einer Antwort. Aus gutem Grund. Denn die Zahl der Unbekannten, um diese komplizierten Gleichungen zu lösen, wächst stetig.

Putin bleibt sich treu

Und wir sollten in den vergangenen 1.000 Tagen dieses ­Grauens mitten in Europa gelernt haben, auch das Unvorstellbare zumindest zu denken. Dem zum Trotz gibt es sie: die Schlaufüchse, die uns weismachen wollen, sie wüssten, wie dieser Krieg zu beenden sei. Da geht allen voran Sahra Wagenknecht. Waffenlieferungen an Kyjiw einstellen und ab an den Verhandlungstisch, lautet ihre Forderung. Schließlich müsse das sinnlose Sterben endlich ein Ende haben. Wer möchte sich der Forderung nicht gleich anschließen.

Im Falle Wagenknechts zielt sie jedoch auf die eigene politische Dividende, ohne jede Empathie für die Ukrai­nie­r*in­nen. Hier lohnt sich ein Blick auf den Aggressor in Moskau. An Wladimir Putins Position hat sich seit Kriegsbeginn nichts geändert. Nur seine anfänglichen Auslöschungs- und Entnazifizierungsfantasien mit Blick auf die Ukraine sind derzeit seltener zu vernehmen. Moskaus Vorbedingungen für Verhandlungen sind unverrückbar.

Der Mindesteinsatz für Kyjiw, um zu Kreuze kriechen zu dürfen, ist die Anerkennung der aktuellen „territorialen Realitäten“, sprich: der Verzicht auf rund ein Fünftel des eigenen Landes. Dass Russland sich mächtig genug wähnt, um allen diesen Preis diktieren zu können, musste Olaf Scholz unlängst auch nach dem Telefonat mit Putin einsehen. Eine bittere Erkenntnis. Trotzdem ist es immer schön, mal miteinander zu sprechen.

Tatsächlich geht es längst nicht mehr nur um die Ukraine. So rüstet Moskau auch verbal weiter in Richtung „kollektiven Westen“ auf. Bidens ATACMS-Entscheidung quittierte der Kreml mit Drohgebärden. Die Anspielungen auf einen möglichen Einsatz von Atomwaffen waren unüberhörbar. Dazu passt auch die Atomdoktrin, die der starke Mann in Moskau diese Woche unterzeichnete. Die ist übrigens nicht neu – genauso wenig wie entsprechende Tiraden von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.

Kein Zeichen der Stärke

Doch ist das ein Zeichen der Stärke, wie auch der Umstand, dass über 10.000 nordkoreanische Soldaten jetzt an der Seite Russlands kämpfen? Kaum. Und Wolodymyr Selenskyj? Den Machtwechsel im Weißen Haus, mit allen Unwägbarkeiten, vor Augen und militärisch am Limit, gibt sich der ukrainische Präsident verhandlungsbereit. Weil er muss. Von temporären Abtretungen völkerrechtswidrig russisch besetzter Gebiete ist da die Rede. Dabei weiß niemand besser als Selenskyj, was das bedeutet.

Dort schafft Russland Fakten: Repressionen, Gewalt, Deportationen, Zwangsumerziehung – das ganze Programm. Mit all dem könnte sich der Westen allenfalls abfinden, wenn doch nur die Waffen endlich schweigen würden. Aber wäre es wirklich so?

Der Angriff auf die Ukraine ist noch nicht das Ende. Georgien, die Republik Moldau, vielleicht Estland oder Lettland? Wer steht als Nächstes auf Putins Liste? Zumindest eine Erkenntnis sollte sich in den gut 1.000 Tagen durchgesetzt haben: Naivität, Wunschdenken und Illusionen im Umgang mit Russland – diese Zeiten sind endgültig vorbei.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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26 Kommentare

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  • Was Naivität betrifft, so sind auch die Stimmen weniger geworden, die den Sieg der Ukraine als Ziel setzen.



    Nachdem in der kommune bereits behauptet wurde, bei der ukrainischen Armee handle es sich um "die beste der Welt" , tauchen nun doch erste Fragezeichen auf.



    Selenskys naive Vorstellung einer Gegenoffensive, die Viele unterstützten, scheiterte 2023 krachend.



    Selenskys Angriff in Kursk, der naiverweise Einfluss auf den Frontverlauf haben sollte, sorgte, im Gegenteil, für einen rascheren Vormarsch russischer Truppen.



    Naiv ist auch, dass Putin still halten würde, wenn die Erlaubnis für weitreichende Waffen von westlichen Staaten erteilt wird. Der Einsatz der neuen Mittelstreckenrakete ist ein Beleg dafür.



    Interessant ist, dass Putin so Einiges zugetraut wird, wir aber scheinbar im gelobten Land leben.



    Naiverweise wird angenommen unser, erst in Planung befindlicher, europäischer Schutzschild steht. Im Gegenteil hat die Abgabe von Flugabwehrwaffen die Lage hierzulande verschlechtert.



    Von Gamechsngerfans wird völlig ignoriert, dass Taurus zu unserer nationalen Verteidigungsstrategie gehört und nicht im Überfluss vorhanden ist.



    Auf die USA können WIR uns auch nicht mehr



    verlassen!

    • @Philippo1000:

      Und ganz besonders naiv ist es, immer noch nicht wahrhaben zu wollen, dass es Putin nicht nur um die Krim und ein paar Provinzen geht, sondern um die ganze Ukraine, möglicherweise auch des Baltikums, und darüber hinaus um eine Totalrevision der europäischen Sicherheitsordnung ausschließlich unter russischen Vorzeichen. Die Verteidigung der Ukraine liegt also in unserem ureigenen Interesse.

    • @Philippo1000:

      Hätten die alle "Alliierten" der Ukraine das ganze Material das sie jetzt auf (fast) drei Jahren geliefert haben in den ersten 6 Monaten geliefert währe der Krieg schon beendet. Russland hätte sich eine blutige Nase geholt und hätte sich getrollt. So hat Putin die Chance genutzt das in Europa NUR schwache Regierungschefs da sind, die lieber Stahlhelme geliefert haben als wirkliche Waffen. Die (anstehende) Niederlage der Ukraine haben nur Scholz, Macron, usw. zu verantworten.

  • Putin hat das Ende der Sowjetunion nie verkraftet. Sein Ziel ist eine Weltmacht Russland unter seiner Führung auf dem Territorium der Sowjetunion. Diese Ziel wird er kompromisslos verfolgen, alles andere wäre in seinen Augen unerträgliche Schwäche.



    Das sollte der Westen endlich klar anerkennen und dem entschieden mit allem was nötig ist, geschlossen und unmissverständlich entgegentreten. Diese Hasenhaftigkeit von Scholz, Mützenich Stegner und Co wird uns teuer zu stehen kommen. Putin lacht sich doch schlapp im Kremel, wenn er deutsche Nachrichten schaut.

  • Wenn man die letzten Bilder von Putin sieht, wie er lächelnd und entspannt vor seinen Vasallen, die erfolgreiche Entwicklung der neuen Mittelstrechenrakete und deren Abschuss Richtung Ukraine mit tödlichen Folgen begrüßt, kann einem Angst und Bange werden.

  • So ziemlich jeder Militärexperte sagt, die Ukraine wird die verlorenen Gebiete nicht (ohne Kriegsbeitritt der Nato) zurückgewinnen, schon gar nicht die Krim. Wir schauen der Ukraine seit Monaten beim Verfehlen ihrer selbst gesteckten Ziele zu. Zudem ist dieser Konflikt von Anfang bis Ende mehr von amerikanischer Innenpolitik geprägt, als von europäischen Interessen.



    Wie weit will man die eigene Verhandlungsposition noch schwächen? Wie hoch muss man einen Krieg verlieren, bevor man an den Verhandlungstisch geht? Oder alternativ den Krieg eskalieren, bevor man sich die Frage stellt, welchen Preis das alles eigentlich wert ist?



    Wir wissen doch alle, dass der Westen seinen Teil dazu beigetragen hat, dass es so weit gekommen ist und wir wussten alle, dass Putin sich das nicht ewig gefallen lassen kann. Zeit Verantwortung zu übernehmen!

    • @Moralapostbote:

      "Wir wissen doch alle, dass der Westen seinen Teil dazu beigetragen hat, dass es so weit gekommen ist"



      Stimmt. Der Westen hat viel zu wenig und immer sehr spät etwas getan.



      "...und wir wussten alle, dass Putin sich das nicht ewig gefallen lassen kann."



      Hier formulieren Sie grammatisch etwas falsch... was Sie sicherlich meinen, ist dass wir uns von Putin das nicht ewig gefallen lassen können.

    • @Moralapostbote:

      Ich habe den Eindruck, Sie haben den Artikel entweder nicht gelesen, ihn nicht verstanden (es geht darum, dass wir uns über Putins imperiale Ziele, die von ihm angestrebte neue Weltordnung und die Konsequenz, mit der er diese Ziele verfolgt, nach mehr als 1000 Tagen Krieg in der Ukraine keine Illusionen mehr machen dürfen) oder aber sie haben tatsächlich mindestens Verständnis, wenn nicht Sympathien für den von Ihnen als legitime Gegenwehr Russlands gegenüber dem Westen/den USA umgedeuteten kolonialen Unterwerfungskrieg gegen die Ukraine. Hört sich nach Täter-Opfer-Umkehr an. Schlimm!

      • @O sancta simplicitas:

        Ja den Kommentar kann ich mir so aber auch selbst schreiben. Klar, das sind so die Narrative, ich stelle doch aber nur eine einfache Frage, wenn man den Krieg nicht gewinnen kann, ohne ein Preis zu zahlen, den man nicht zahlen will oder kann, wann zieht man sich zurück? Der Rückzug aus Vietnam oder von der Konfrontation zwischen USA und Russland im Kuba-Konflikt sind doch nicht zuerst Niederlagen, sondern pragmatische und ethisch bestens begründbare Entscheidungen.



        Ich persönlich lasse das Argument nicht gelten, dass Putin als nächstes die Nato angreift, wenn er den Ukraine-Krieg gewinnt. Und da fast die ganze Argumentation der Kriegstreiber auf diesem Argument aufbaut, kann ich auch diese Position so nicht akzeptieren. Und wenn das so ist, dann wäre es äußerst zynisch, für einen nicht gewinnbaren Kampf noch weiter Leben und Ressourcen zu opfern.

    • @Moralapostbote:

      Da ist sie wieder, die alte Mär des vom Westen betrogen Opfers Putin, das gar nicht anders kann, als so zu handeln wie es jetzt passiert. Schuld- und Verantwortungsumkehr, nix anderes.

  • Russland führt seit über 500 Jahren Eroberungskriege mit immer dem exakt gleichen Strategie-Handbuch.



    Dieses mit immer den exakt gleichen brutalen, blutrünstigen Taktiken vorallem gegen die Zivilbevölkerung.



    Massenvergewaltigung, Massenfolter, Massendeportationen, Massen-Kindes-Entführungen mit Umerziehung vorallem Richtung russische Armee usw usw.....



    Russland kann garnicht anders, weil alle Strukturen , vorallem auch die Wirtschaft, auf diese Eroberungskriege ausgerichtet sind.

  • Der Artikel, so etwas wie ein Zwischenfazit zum Ukraine-Krieg, endet mit einer Weisheit aus dem (Un-)Glückskeks. Barnum-Effekt nennt man das, wenn eine vage Aussage den LeserInnen Spielraum gibt, darin eine Bestätigung der eigenen Meinung zu lesen.







    Es scheint so, dass selbst die westlichen Geheimdienste nicht wissen, was Putin eigentlich erreichen will, welche Strategie Russland verfolgt und was diese antreibt. Unklar ist auch, über welches militärische Potenzial Russland tatsächlich verfügt. Putin ist und bleibt ein entscheidender Player und er versteht es, unberechenbar zu bleiben.

    Nebenbei wird im Fazit jeder Gedanke an gewaltfreie Wege zu einer Konfliktlösung zurückgewiesen. Putin gehe es um Ausdehnung des eigenen Machtbereichs mit militärischen Mitteln und dem könne nur mit militärischen Mitteln begegnet werden. Alles was wir in Jahrzehnten über (De-)Eskalation und Konfliktmoderation gelernt haben, wird durch ein alttestamentarisches 'Auge um Auge' verdrängt. Alte Werte, wie Stolz und Ehre, kriegen Konjunktur und 'demokratische' Werte, wie Recht und Freiheit, werden zu Kampfbegriffen. Wer sich unseren Werten nicht unterwirft, ist unser (Tod-)Feind.

    • @Stoersender:

      Na klar, mit ein paar professionellen Konfliktmoderatoren wird es gelingen, Putin davon zu überzeugen, dass er als sich als Imker in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet und Russland fortan friedlich mit allen Nachbarstaaten zusammenleben wird, deren Territorien es derzeit beansprucht, die es in seine Einflusssphäre (re)integrieren möchte oder deren Staats- und Gesellschaftsformen es als Bedrohung sieht (z.B. Demokratien und liberale Rechtsstaaten). Vielleicht erklären Sie mal unter Berücksichtigung der vom Kreml aggressiv beanspruchten völkischen, imperialen und geopolitischen Ziele sowie von Putins mindset im Detail wie Ihre Vorschläge Aussicht auf Erfolg haben könnten. Das hört sich in etwa so an, als hätte es den 2 Wk. nur deshalb gegeben, weil Churchill nicht diplomatie- und deeskalationsfähig genug war, bzw. dass er diesen mit einer klugen diplomatischen und auf Deeskalation abzielenden Strategie hätte verhindern können. Irgendwann sollte man auch mal die Entschlossenheit Putins und ihre ideologischen bzw. psychologischen Wurzeln erkennen können.

  • Der Artikel ist an sich nicht schlecht geschrieben, auch wenn ich nicht alle Punkte so unterschreiben würde.



    Aber die Überschrift "Kein Frieden mit Putin" suggeriert, dass es ja dann nur eine Möglichkeit im Umgang mit Putin gibt und das ist Krieg solange er an der Macht ist.



    Das können gut und gerne noch 10 Jahre sein oder mehr. Oder ist jetzt das Ziel des Krieges in Russland einen Regime change zu erzielen? Dazu müsste man Russland wohl militärisch komplett besiegen, inklusive gegenseitigem Atomwaffeneinsatz.



    Selbst wenn die Autorin das nicht im Sinn hatte, ist so eine Überschrift objektiv falsch und inhaltlich gefährlich, denn sie schürt einen Militarismus, der diesen Kontinent und vielleicht die ganze Welt in die Katastrophe führt.

  • "Naivität, Wunschdenken und Illusionen im Umgang mit Russland – diese Zeiten sind endgültig vorbei."



    Leider so gar nicht. Zunehmend mehr Leute scheinen es mit der unangenehmen Realität nicht mehr weiter aushalten zu wollen und flüchten sich in die süßlich-kuschelige Parolenwelt der Pazifists.



    Kopf in den Sand und "ich will aber nicht!!"

  • "Kein Frieden mit Putin" ist die Überschrift.

    Aber mal an alle, die solche Reden schwingen: Was dann? Weitere fünf Jahre Krieg mit Russland, mit allen Konsequenzen und Risiken? WAS sind die Konsequenzen? Und WER will oder muss die Konsequenzen tragen? WER will und kann das verantworten?



    .



    Das soll dann mal klar dargelegt werden! Und nicht immer nur ausweichendes Wischiwaschi in der Art: Die Schuldenbremse ist an allem schuld, wenn wir die nicht hätten, könnten wir gleichzeitig Russland besiegen, das Klima retten und die Infrastruktur ausbauen ...

  • Putin braucht die Bilder, die ihn als entschlossenen Staatsführer präsentieren. Denn schließlich muss er seinem Volk permanent die Bedrohung für Russland durch den Westen suggerieren um es bei der Stange zu halten. Denn das geht mittlerweile auf dem Zahnfleisch. Die Lebensmittelpreise sind teilweise höher als hierzulande und das bei einem Durschnittseinkommen von 700€. Die Inflation steigt weiter an und beträgt mittlerweile 8,5% und auch in anderen Bereichen herrscht Sparflamme, die massiven Kürzungen im Bereich der Kriegsinvaliden oder der Hinterbliebenenrente wirken sich besonders auf die finanzielle Lage der Bevölkerung aus.

    Der Druck entsteht im Inland und Putins Drohgebärden dienen dazu, diesen im Ausland abzulassen, in der Hoffnung den Westen hinsichtlich der Unterstützung der Ukraine zu spalten und die Bevölkerung dahingehend zu verunsichern, dass sie öffentlichen Druck ausübt. In Deutschland hat er sogar grossen Erfolg damit.

    Auch deshalb, weil wir an der Spitze einen Churchill bräuchten, aber nur einen Scholz haben. Da ist dann nichts mit Stärke, sondern nur mit Zaudern, welches der Bevölkerung auch noch als Besonnenheit verkauft wird.

  • Der will seine Datscha in Dresden zurück, falls sich autoritärfixierte Rechtsrabiate in Sachsen da noch Illusionen machen. Naja, zumindest alles, was Sowjetunion war, unter direkte oder indirekte Kontrolle. Russland darf alles, die Nachbarn nix. Nicht gut.



    Die Destabilisierung durch fehlenden Solidarität wäre ferner enorm.

    Wir sollten aus der Friedensbewegung z.B. lernen, nicht "die Russen" zu dämonisieren. Aber ebenso, was Putin da gerade als Powerplay versucht, verstehen und ungute Präzedenzfälle verhindern.

  • "Naivität, Wunschdenken und Illusionen im Umgang mit Russland – diese Zeiten sind endgültig vorbei."

    Im Gegenteil ich finde, dass Sie vorhanden sind auf beiden Seiten des Spektrums.



    Natürlich ist es naiv anzunehmen, dass einer fairer Frieden sich mit der Einstellung von Waffenlieferung erreichen lässt. Genauso naiv ist es anzunehmen, dass man Russland besiege könnte. Ich möchte nochmal darin erinnern, dass im Herbst 22 eine nukleare Eskalation real war und wir inzwischen wissen sollten, dass Putin nicht bereit ist eine Niederlage zu aktzeptieren.



    www.fr.de/politik/...g-zr-93353317.html

  • Wir verhandeln nicht mit Kreml-Imperialist*innen

  • Recht hat sie, die Kommentatorin. Aber Empathie würde ich bei der Firma Wagenknecht auch nicht erwarten.

  • Liebe Frau Oertel,



    haben Sie vielen Dank für Ihre klaren und wahren Worte!

    Allen die meinen, der Westen dürfe "nicht weiter eskalieren" kann man nur sagen: Kein Problem, dann eskaliert Putin eben weiter, bis er irgendwann an unsere Schmerzgrenze stösst, früher oder später. Georgien, Moldau, Baltikum, eventuell später einmal Polen, Es führt kein Weg daran vorbei, ihm irgendwann seine Grenzen aufzuzeigen, und im Zweifel je eher um so besser.

    Zarenknecht ist schon ein besonderes Kaliber. Die Ukraine waffentechnisch aushungern ist okay, die Menschen den Eroberern und Besatzern auszuliefern auch. Aber wenn diese Menschen zu uns flüchten?! Glaubt ernsthaft jemand, man könnte die Ukrainer an der Grenze aufhalten? Glaubt ernsthaft jemand, die Polen und Slowaken würden diese Menschen ebenso liebevoll beherbergen wie an der Weiterreise nach Deutschland hindern?



    Und was wäre hier los, wenn wir auf einmal 5 Millionen mehr Menschen im Land haben? Haben wir Unterkünfte? Würde der Arbeitsmarkt sie aufnehmen?



    Nur eines ist sicher: Unsere rotblaunen Putrioten würden diese Destabilierung zu Hetze und zum Wahlkampf nutzen.

  • Scholz wird seine Haltung zu Tauruslieferungen nicht überdenken, denn es ist seine einzige vermeintliche Trumpfkarte, die er im anstehenden Wahlkampf noch ausspielen kann - indem er sich törichterweise als "Friedenskanzler" inszeniert und von Merz und Habeck abzugrenzen sucht - und damit einen Teil der leichtgläubigen Bundesbürger für dumm verkauft und sie in ihrer infantilen, von Russland gezielt gesteuerten und gezielt genährten Angst bestärkt, anstatt den Bürgern reinen Wein einzuschenken, zu führen und die Angst zu nehmen.

    Scholz wird hier im Bezug auf Russlands Krieg dem gleichen Irrtum aufsitzen wie die CDU in der Migrationsfrage: Die CDU liefert sich da einen Wettbewerb mit der AFD, möglichst ekelig gegen Migranten aufzutreten. Am Ende wählen die Bürger das "Original" und machen ihr Kreuz bei der AFD, die sich bei der CDU klammheimlich für die Wahlkampfhilfe bedankt.

    In Scholz' Fall liefert er sich einen Wettbewerb mit BSW um "Frieden", und am Ende wählen auch hier die Bürger eher das Original eines "Friedens russischer Prägung" (also Mord, Folter, Vergewaltigung, Vertreibung). Währenddessen bleiben wir weiterhin wehr und willenlos gegen jegliche russische Aggression.

  • 'Zumindest eine Erkenntnis sollte sich in den gut 1.000 Tagen durchgesetzt haben: Naivität, Wunschdenken und Illusionen im Umgang mit Russland – diese Zeiten sind endgültig vorbei.'

    Leider kann davon keine Rede sein. Ganz im Gegenteil: Insbesondere in der SPD mehren sich die Stimmen für eine Annäherung an den Aggressor Putin. Siehe Mützenich, Woidke, Stegner. Aber auch Scholz' Telefonat mit Putin geht in diese Richtung. Ein solches Telefonat könnte allenfalls dann Sinn machen, gäbe es eine Bereitschaft auf Seiten von Scholz, Druck auf Putin auszuüben, z.B. durch die Drohung, Taurus zu liefern und Einsatzbeschränkungen aufzuheben. Davon kann aber keine Rede sein, weswegen das Telefonat von Scholz nur ein Signal an Putin war, daß Deutschland schwankt und zögert, und nicht zuverlässig auf der Seiten der Ukraine und im westlichen Lager steht.

    • @yohak yohak:

      Dummerweise heißt "Deutschland" in diesem Zusammenhang "Scholz".

    • @yohak yohak:

      Gilt das nicht auch für die USA während und nach dem Vietnamkrieg! Hervorzuheben wäre weiterhin der IRAK Krieg! Waren es nicht die USA, die mit dem Taliban in Doha verhandelten! Die vielen moralischen Zeigefinger verdeutlichen die Doppelmoral und Scheinheiligkeit der westlichen Zivilgesellschaften! 60 Jahre Sanktionen gegen Cuba, das wird immer wieder vergessen!



      Ich kann von anderen nur etwas erwarten, wenn ich selbst Vorbild bin!