Härte gegenüber China: Ende der Katzbuckelei

Die Ampelkoalition will eine neue China-Politik betreiben: Differenzen klar benennen. Der Fall Litauen zeigt, dass das möglich ist.

Portrait von Annalena Baerbock.

Neue Außenministerin: Annalena Baerbock nach der Urabstimmung der Grünen am 6. Dezember Foto: Kay Nietfeld/dpa

Ihre konservativen Kritiker sprechen schon von einer „Azubi- statt einer Ampelregierung“. Dabei hat die künftige Außenministerin Annalena Baer­bock nur versucht, Deutschland aus seiner bigotten Duckmäuserrolle gegenüber Despotenregimen wie dem in China herauszuführen: Ihre „wertegeleitete Außenpolitik“ werde aus „Dialog und Härte“ bestehen, kündigte sie in der taz an. Gleichzeitig schloss Baer­bock Importverbote für Produkte aus der Uigurenregion Xinjiang und sogar einen Boykott der Olympischen Winterspiele nicht aus.

Das Auswärtige Amt kommt damit im 21. Jahrhundert an. Angela Merkel hat 16 Jahre lang in Peking auch gekatzbuckelt, damit China erster Handelspartner der Deutschen wird. Dabei allein darf es nicht bleiben, denn Chinas Diktatur gefährdet unsere Demokratien. Nun hat sich die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag dazu bekannt, Differenzen zu Peking in Sachen Taiwan oder Hongkong und auch die Rivalität der Systeme klar zu benennen. Was ist die Alternative? Weiter wie Fidel Castro, Robert Mugabe – und Merkel – von Staatschef Xi Jinping „alter Freund des chinesischen Volkes“ genannt werden zu wollen?

Ein neuer Kurs gegenüber Peking – und auch gegenüber Moskau – muss nicht heißen, dass hier alles kollabiert. Der Fall Litauen zeigt deutlich: Das baltische Land verkauft nur Waren im Wert von 300 Millionen Euro nach Fernost – und nahm deshalb in Kauf, für bessere Beziehungen zu Taiwan von der Liste der Länder getilgt zu werden, mit denen China Handel treibt. Das kann sich Deutschland nicht leisten: Es geht um Exporte im Wert von fast 100 Milliarden Euro ins Reich der Mitte. Die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft ist asymmetrisch, aber sie ist nicht einseitig. Die neue Ehrlichkeit kann jedoch nur als europäische Entente funktionieren. Schon im Konflikt mit Trumps USA bei Flugzeugsubventionen und Strafzöllen hat sich gezeigt, dass die EU Schwergewicht sein kann. Der Neuanfang bietet viele Chancen. Annalena Baerbock muss sie nur nutzen.

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Ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt. Er hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz.

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