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Geschwärzte Palästinenser-Parole„From the xxx to the xxx …“

Ist die geschwärzte Parole, die bei propalästinensischen Demos gezeigt wird, strafbar? Für die Berliner Polizei besteht ein Verdacht.

Im Oktober kam es in der Berliner Sonnenallee bei propalästinensischen Kundgebungen zu Gewalt Foto: M. Golejewski/AdoraPress

Karlsruhe taz | Am Samstag beschlagnahmte die Polizei bei einer propalästinensischen Demonstration in Berlin ein Plakat, das eine mehrfach geschwärzte Parole zeigte: „From the xxx to the xxx, xxx will be free“. Der Träger des Plakats musste zur Personalienfeststellung mitkommen, konnte aber alsbald wieder gehen. Dennoch sorgte der Vorfall bei propalästinensischen Ak­ti­vis­t:in­nen für große Empörung.

Das weitgehend geschwärzte Plakat spielt natürlich an auf die Losung: „From the River to the Sea, Palestine will be free“, eine Parole, die zumindest teilweise so verstanden wird, dass sie das Existenzrecht des Staates Israel infrage stellt. Die Berliner Polizei bestätigte den Vorfall. Der polizeiliche Staatsschutz habe den Vorgang geprüft, möglicherweise liege eine Volksverhetzung, eine Billigung von Straftaten oder eine Straftat nach dem Vereinsgesetz vor. Die endgültige Entscheidung müsse allerdings die Staatsanwaltschaft treffen, bei der die polizeiliche Strafanzeige jedoch noch nicht angekommen ist.

Im konkreten Fall stellen sich vor allem zwei Fragen: Kann die verstümmelte Parole der Originalparole zugeordnet werden? Und wenn ja, ist die Originalparole „From the River to the sea …“ strafbar? Wenn es um Straftaten wie Volksverhetzung und Billigung von Straftaten geht, die auf die Störung des öffentlichen Friedens abstellen, könnte man argumentieren, dass die wenigsten Pas­san­t:in­nen mit der geschwärzten Parole „From the xxx to the xxx …“ etwas anfangen können.

Es genügt für die Zuordnung aber wohl, dass jedenfalls Personen, die sich mit dem Nahostkonflikt beschäftigen, genau wissen, was gemeint ist und zumindest teilweise empört sind. Auf das Schwärzen kommt es für die Strafbarkeit deshalb also wohl nicht an. Entscheidend dürfte eher sein, ob die Originalparole strafbar ist. Hier hat die Berliner Staatsanwaltschaft bisher eine klare Linie: „Die Parole an sich halten wir nicht für strafbar“, sagte Oberstaatsanwalt Sebastian Büchner auf Anfrage der taz.

Kennzeichnen oder allgemeiner Ruf nach Freiheit

Auch das Verwaltungsgericht Berlin entschied im August diesen Jahres: „Der Slogan ‚From the River to the Sea, Palestine will be free‘ enthält als solches weder einen Aufruf zu Gewalt und Terror noch negiert der Slogan für sich genommen das Existenzrecht Israels.“ Vielmehr könne auch ein allgemeiner Ruf nach Freiheit und Gleichberechtigung im Gebiet zwischen Jordanfluss und Mittelmeer gemeint sein.

Zudem verweist die Polizei auf die Verbotsverfügung des Bundesinnenministeriums von voriger Woche, wo die Parole “‚Vom Fluss bis zum Meer‘ (auf Deutsch oder in anderen Sprachen)“ als „Kennzeichen“ des palästinensischen Netzwerks Samidoun verboten wurde. Das ist fragwürdig, schließlich wird die Parole bereits seit den 1960er-Jahren in Palästina breit benutzt. Die Argumentation wird schon dadurch in Frage gestellt, dass das Innenministerium die gleiche Parole am gleichen Tag auch als „Kennzeichen“ der Hamas verboten hat.*

Der Inhaber des beschlagnahmten Plakats ist damit aber noch nicht auf der sicheren Seite. Letztlich kommt es immer auf die Umstände der konkreten Situation an. Wer das Plakat trägt und gleichzeitig zum Beispiel „Tod den Juden“ brüllt, gibt damit auch unweigerlich der Parole einen entsprechenden Sinn.

* Dieser Absatz wurde am 10.11.2023 nachgebessert.

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34 Kommentare

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  • Es ist interessant wie die religiös-nationalistischen Fundamentalisten in Israel das mit den Grenzen sehen.

    Die Jüdische Allgemeine beschreibt bspw., wie "Die Weisen diskutierten darüber, welche Gewässer und Inseln zum Land gehörten und welche nicht".

    Es wird dabei auf die Tora verwiesen wonach das Kernland Israels sich "vom Euphrat bis zum »Fluss von Ägypten«, der von vielen als der Nil identifiziert wird" erstreckt "Im 5. Buch Mose (11,24) heißt es: »Von der Wüste (dem Negev als südlicher Grenze) bis an den Berg Libanon (als nördlicher Grenze) und vom Strom Euphrat (als östlicher Grenze) bis ans (Mittel-)Meer im Westen soll euer Gebiet sein.«" www.juedische-allg...zen-eretz-israels/

    Der Traum von Eretz-Israel ( de.wikipedia.org/wiki/Großisrael ) des fundamental religiös nationalistische Zionismus, der seinen Ausdruck in der Siedlerbewegung findet, sollte bei der Betrachtung aggressiver Nationalisten im Nahostkonflikt immer mit einbezogen werden. Gerade auch deswegen, weil diese es momentan auch die einzigen sind, die ihren Nationalismus gegen die einheimische Bevölkerung auch durchsetzen.

    • @Rudolf Fissner:

      Hier fehlt ein bisschen Trennschärfe. Der Zionismus ist erst einmal keine religiöse Ideologie, sondern eine durch und durch säkulare, weltliche.



      Religöse Juden und Jüdinnen haben ihn Anfangs sogar abgelehnt, weil ihrer Meinung nach nur Gott dem jüdischen Volk die Rückkehr nach Eretz-Israel ermöglichen sollte.

      Die Siedlerbewegung und deren Ableger wie zum Beispiel die Hügeljugend sind nationalreligiöse Bewegungen, die Betonung liegt dabei aber ganz klar auf »national«, nicht auf »religiös«.

      Orthodoxe und ultraorthodoxe Juden und Jüdinnen haben erstmal nichts mit der Siedlerbewegung zu tun und sollten auch nicht pauschal mit ihr in einen Topf geworfen werden. Die orthodoxen Communities teilen überwiegend weder die politischen Ansichten noch die Ziele der Siedlerbewegung und werden auch durch andere Parteien und Organisationen vertreten. Das selbe gilt übrigens auch für alle anderen Israelis. Die absolute Mehrheit lehnt die Siedlerbewegung ab und findet die genauso Kacke und weird wie die meisten Leute hier.

      Ich verstehe ja, das die ein ausgezeichnetes Feindbild abgeben und man sich hervorragend an ihnen abarbeiten kann, das birgt aber eben auch die Gefahr der Überhöhung und kann Zerrbilder kreieren. Die Siedlerbewegung ist bei weitem nicht so einflussreich und mächtig, wie sie gerne dargestellt wird.

      Wer ein paar Irren auf den Hügeln erlaubt, Zionismus neu zu definieren tut das eben auch weil deren Definition so perfekt in das eigene Welt- und Feindbild passt. ;)

      • @Tim Klabim:

        "Wer ein paar Irren auf den Hügeln erlaubt, Zionismus neu zu definieren tut das eben auch weil deren Definition so perfekt in das eigene Welt- und Feindbild passt. ;)"

        Nun ja, 600.000 jüdische Siedler außerhalb Israels im Westjordanland würde ich nicht als "ein paar Irre auf den Hügeln" bezeichnen.

        Die haben, selbst wenn die absolute Mehrheit diese Ablehnen, sogar eine Repräsentanz über die rechtsextreme Partei in der Regierung. Das deren illegale Siedlungen vom Staat auch noch geschützt werden, war immer auch die Politik Israels. So deutlich ist die "absolute Ablehnung der Mehrheit" als nicht. Ganz und gar nicht.

        Der Zyonismus der rechten Siedler ist ein also en aktiver politischer Faktor in Israel und steht einem Frieden mit den Palästinensern massiv im Weg.

        Mit "ein gutes Feindbild abgeben"hat das nichts zu tun.Diese Bewegung sollte in Israel der politische Hauptgegner sein. Deren Bekämpfung in Israel verdient jede internationale Unterstützung.

  • Die PArole mit 'Tod ...' ist wohl strafbar, dumm und zeigt die unsoziale Einstellung desjenigen, der sie hinausbrüllt. Das kann man auf jede Gruppe von Menschen übertragen, denen der Tod gewünscht wird.

    VÖLLIG anders ist es mit dem Zitat auf dem Plakat. Im zweiten Teil des Artikels wird beschrieben, dass dies sogar gerichtlich festgestellt kein strafbares Sprüchlein ist. Wie oft hätte man uns früher bestrafen können, wenn wir die Spontisprüche bei Demos brüllten.

    Da bleibt nur zu hoffen, dass die Verantwortlichen bei der Polizei die Konsequenzen ziehen müssen. Jeder darf mal einen Fehler machen - aber das geht für einen Beamten zu weit. Und jeder dieser Kategorie hat einst in einer Prüfung bewiesen, dass er mit Recht und Gesetz nicht so sehr auf Kriegsfuß steht wie die Verantwortlichen!

    • @fvaderno:

      Ein Verwaltungsgericht macht noch keine absolute Wahrheit. Und mal ganz nüchtern, wenn es bei der Parole NICHT um einen palästinensischen Anspruch auf das GESAMTE israelische Staatgebiet geht, warum wird dann ausdrücklich der territoriale Claim für "Palestine" aufgestellt? Geht mir nicht rein.

  • Nur mal wieder zur Einordnung 'Gute Faschisten/böse Faschisten':

    Nazis laufen seit Jahrzehnten in Deutschland bei Ihren Veranstaltungen mit schwarzen Fahnen auf. Und zwar nicht etwa weil sie Gruftis oder Anarchisten geworden sind.

    Das wissen auch alle, die sich damit befasst haben.

    - Strafanzeige der Polizei? Eher nicht...

    • @Hannes Hegel:

      Darum geht es hier aber nicht - bitte keine /"lWhataboutismen" in den Diskussionen

      • @Emmo:

        Richtig. Man stelle sich ein Plakat auf einem Naziaufmarsch vor "Polen-Freies Deutschland - von der XXX bis an die XXX". - wäre das dann eine "prodeutsche Demonstration"? Hier sind die Maßstäbe schon ordentlich verschoben.

  • Wer auch die geschwärzte Parole "From xxx to the xxx, xxx will be free!" nicht verstehen und zuordnen kann, muß zumindest die letzten vier Wochen unter einem Stein gelebt haben.

  • "Wenn es um Straftaten wie Volksverhetzung und Billigung von Straftaten geht, die auf die Störung des öffentlichen Friedens abstellen, könnte man argumentieren, dass die wenigsten Pas­san­t:in­nen mit der geschwärzten Parole „From the xxx to the xxx …“ etwas anfangen können."



    Das darf bezweifelt werden. Beobachter und Teilnehmer dieser Veranstaltungen dürften ziemlich genau wissen, was gemeint ist.

  • Das Absurde daran ist, dass Palestina nach den letzten Wochen nur noch innerhalb Israels frei sein kann. Eine friedliche Zweistaaten-Loesung hat die Hammas beseitigt. Dieses Narrativ des "besetzten Landes" Palestina ist eine rein politische Lüge. Verbiene von solchen sinnlosen Spruechen hilft ueberhaupt nichts. Das einzige Land, das im mittleren Osten demokratisch und frei ist, ist ganz real gesehen, Israel.

    • @RainerBrendle:

      Das Absurde ist auch, dass viele gar nicht zu wissen scheinen, dass der Gaza-Streifen ja seit 2005 von Israel gar nicht mehr besetzt war. Die dort lebenden Palästinenser hatten alle Gestaltungsfreiheit, um etwas aus diesem Stück Land zu machen - friedlich, konstruktiv und in guter Nachbarschaft mit Israel.

  • Da gibt’s nichts rumzureden und zu spekulieren.



    Die Parole „From the River to the Sea, Palestine will be free“ (ob ausgeschrieben oder mit xxxxx) zielt auf die Vernichtung des jüdischen Staates und aller Juden ab, Punkt.

  • Danke für die wichtige Information über den Kontext dieser Parole.



    Ich war bisher davon ausgegangen dass es sich hierbei um eine Forderung der Siedlerbewegung handelte.



    Da wir, deutsche Staatsräson hin oder her, in unverbrüchlicher Solidarität das Existenzrecht des Staates Israel verinnerlicht haben,



    Da wir das Recht Israels anerkennen sich gegen Angriffe, im Rahmen des Völkerrechts, zu verteidigen,



    Da hier keine Berichte über Zuwiderhandlungen gegen das Völkerrecht vorliegen,



    Mit tiefem Bedauern habe ich meine schrecklichen Irrtum erkannt.



    Ich erkenne nun dass es nicht rechtens sein kann dass ein einziger Staat zwischen Jordan und Mittelmeer gefordert wird.

    Es scheint zukunftsweisend dass sich Juden und Palästinenser das Land, westlich des Jordans so teilen wir sie es tun. Die einen auf den Hügeln, die anderen in den Tälern.



    Mit der Ankunft eines Gesalbten, der 'Ev'ry Valley shall bei exalted... Fordert, wie in HWV56, Pt.1-2 Air kolportiert wird, ist in absehbarer Zeit wohl nicht zu rechnen. Auch wenn gehofft wird.

  • Was die Parole bedeutet weiß jeder. Und ja, man kann es auch anders interpretieren. Wenn man das will.

    Und ich denke mir dann: Jo, man muss sich auch verar..... lassen wollen.

  • "...die Losung: „From the River to the Sea, Palestine will be free“, (ist) eine Parole, die zumindest teilweise so verstanden wird, dass sie das Existenzrecht des Staates Israel infrage stellt."



    Teilweise? TEILWEISE???



    Wenn vom Mittelmeer bis zum Jordan Palästina ist, wo soll denn dann Israel sein? Im südlichen Zipfel, der Wüste Negev? Wohl kaum. Diese Parole kann nicht anders verstanden werden als Israel sein Existenzrecht abzusprechen, alles andere ist Schönfärberei.



    Die Frage ob die verstümmelte Parole "From the xxx to the xxx, xxx will be free" dem Original zugeordnet werden kann muss freilich gerichtlich geklärt werden - ich mach aber mal ein kurzes Gegenbeispiel auf: bei der nächsten rechten Demo werden Fahnen geschwenkt mit "Deutschland den xxx, xxx raus" oder "Deutschland, xxx heil".



    Na? Müssten wir da auch noch darüber diskutieren obs dem Original zugeordnet werden kann...



    Ich bin immer mehr erstaunt wie krampfhaft blind linke Kreise in Sachen Antisemitismus sind wenn er nicht aus der rechten Ecke kommt. Das ist beschämend.

  • Warum ist gerade unter Linken der Hass auf den Staat Israel so groß? Was haben wir übersehen?

    • @casio:

      Das sind keine Linken. Zumindest ist das nicht das Links, das ich als Links verstehe.

      Wer das Existenzrecht Israels anzweifelt, ist nicht links, sondern rechts. Ganz einfach.

      Es wird immer wieder von „der Linken“ gesprochen, ich glaube die existiert in dieser Form nicht. Hat ja auch Wagenknecht jedem zu verstehen gegeben.

      Wer Faschismus, Terrorismus, Islamismus usw. unterstützt ist rechts. Punkt.

      • @Gnutellabrot Merz:

        Doch. Das gibt es schon. Es gibt gerade im linken Spektrum genug, die "pro Palestina" sind und Israel die alleinige Schuld an dem Konflikt geben. Man kann in dem Konflikt sicher die eine oder andere Seite mehr in der Verantwortung sehen. Aber, dass der Nahostkonflikt die alleinige Schuld Israels ist, ist sicher nicht der Fall. Umgekehrt (also alleinige Schuld bei Palestinä) sicher auch nicht.

        [Bei den Angriffen im Oktober, sehe ich allerdings eine alleinige Schuld bei der Hamas und damit keine Schuld bei Israel.]

    • @casio:

      Gute Frage. Um das selbst zu reflektieren, da meine ich das googeln in sich selbst, könnte es helfen zu definieren wer Sie ("wir") sind. Was Sie gesehen haben und wer diese "Linken" sind unter denen der Hass so groß zu sein scheint.

  • " Die wenigsten Passsanten damit etwas anfangen können .." ?? Ich denke, dass die Beschlagnahmung des geschwärzten Plakates nötig ist, denn jeder zumindest nachrichtenverfolgende Mensch weiß, was mit dem Spruch tatsächlich gemeint ist und auch, wie es erreicht werden soll~ auch , wenn es nicht wortwörtlich genannt wird..was ganz zwangsläufig beeinhaltet, dass Israel nicht mehr existiert. Die Argumentation, es werde mit der Parole nicht zu Gewalt und Teror aufgerufen und Israels Existenzrecht nicht negiert, halte ich daher für falsch. Wunschdenken, dass ein solches Ergebnis zweier coexistierender Staaten im selben Gebiet zwischen Fluß und Meer und friedlich herbeigeführt werden könnte und würde? Wohl kaum...

  • In der NS-Szene gibt es eine ganze Palette von Tarnbezeichnungen, genauer gesagt Zahlencodes, die man als Camouflage für tatsächlich verbotene Symbole benutzt de.wikipedia.org/w...n#Abk%C3%BCrzungen

    Ist also nix Neues.

    "From the River to the Sea, Palestine will be free" ist dem strikten Wortlaut nach natürlich auslegungsfähig und insofern teile ich die rechtliche Einschätzung des Staatsanwaltes.

    Wie bei den Nazi-Codes dürfte sich die Mehrheit der Mitmarschierer dieser Demos aber einig sein, wie der Satz tatsächlich zu verstehen ist. Finde ich ja alles widerwärtig, aber: Meinungsfreiheit beginnt nun mal dort, wo es weh tut.

    • @Schalamow:

      ""..." ist dem strikten Wortlaut nach natürlich auslegungsfähig und insofern teile ich die rechtliche Einschätzung des Staatsanwaltes.

      Nuja, Höcke stellen sie gerade - VÖLLIG zu Recht - wegen "Alles für Deutschland" vor den Kadi. Dass das "Alles" ebenfalls "interpretantionsfähig" sein dürfte, muss man wohl eingestehen, oder? Der Punkt ist auch hier nicht die Parole selbst sondern, wo sie herkommt und welche Assoziationen damit absichtlich geweckt werden. Es ist nur möglicherweise für eine deutschen Staatsanwalt leichter nachzuvollziehen und "nachzufühlen", wie so ein Code funktioniert, wenn es sich um eine SA-Referenz handelt. Aber "Deutschheit" einer solchen Referenz sollte nicht der Maßstab sein. WENN man solche Codes strafrechtlich verfolgt (und da bin ich mit Blick auf die braunen Risse in der blauen Farbe manch eines unserer deutschen Faschos sehr dafür), dann bitte auch konsequent.

      • @Normalo:

        So sehr ich ansonsten Ihre Kommentare zu Israel schätze - hier vergaloppieren Sie sich gründlich!

        Assoziationen? Im Ernst?

        Strafbar soll also nicht nur sein, was konkret gesagt worden ist, sondern was GEMEINT sein KÖNNTE, und zwar in seiner denkbar schlimmsten Auslegung? Jeder Satz, den Sie sagen oder schreiben, wäre damit zugleich der Deutungswillkür der politischen Gegenseite ausgesetzt.

        Damit öffnen Sie nicht nur einer Gesinnungsschnüffelei und Gesinnungsjustiz Tür und Tor. Sie schränken auch die öffentliche Debatte massiv ein, weil jede Äußerung, zumal jede schiefe oder auch sprachlich verunglückte potentiell unter Verdacht stünde, dass damit in Wahrheit viel Übleres gemeint sei.

        Volksverhetzung, Aufruf oder Billigung von Straftaten und Beleidigungen sind jetzt schon strafbar. Wo hier im Einzelfall die Grenze zu ziehen ist, ist ohnehin immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Wo wollen Sie bei der von Ihnen gewünschten Ausweitung dann überhaupt noch vernünftige Grenzen ziehen?

        • @Schalamow:

          Vor Gericht gehören diese Dinge auch, denn ja, die Grenzen zu ziehen ist nicht einfach, und ja, Maßhaltung ist angebracht. Beispiel wieder aus der Nazi-Sphäre: Die "unschuldige" Zahl 88, auf einer rechten Demo hochgehalten, ist Volksverhetzung, der Satz "Es war nicht Alles schlecht damals." dürfte aber noch unter "geschmacklos aber erlaubt" laufen. Das kann man aber auch begründen, weil der Satz noch so gerade als Verbalisierung der (dummen) Illusion durchgehen kann, das eine vom anderen trennen zu können, die Zahl aber ein zwar codiertes, aber trotzdem unmissverständliches Bekenntnis ZU den Nazis mitsamt ihrer der Gräueltaten darstellt.

          Genauso differenziert sollte man an israelfeindliche Code-Äußerungen herangehen. Aber zur Maßhaltung gehört halt auch die Betrachtung WELCHE Assoziationen mit einer bestimmten Parole absehbar geweckt werden. Und da setzt eben erklärt intendierter Völkermord zumindest MEINE Toleranzschwelle eher weit nach unten.

    • @Schalamow:

      Die Aufforderung zum Völkermord ist mit "weh tut" nicht wirklich treffend beschrieben.

  • Ich bin zwar kein Jurist, aber ich denke hier ging die Polizei zu weit. Wenn so etwas durchkäme, dann ist es um den Rechtsstaat sehr schlecht bestellt. Ich bin der Meinung, dass eine Demokratie dies aushalten muss und aushalten kann. Hier wird, ohne jegliche Not, total überreagiert. Und so etwas schadet der Demokratie.

    • @Frankenjunge:

      "From the river to the sea" spricht darauf an, "die Juden ins Meer zu treiben".

    • @Frankenjunge:

      Ich weiß nicht, ob Sie von "ohne jegliche Not" sprechen würden, wenn Sie Jude wären und hier unter jenen Leuten leben müssten, die sich gegenseitig mit solchen Parolen anstacheln. Wie der massive Anstieg der antisemitischen Straftaten in den vergangenen vier Wochen zeigt, projizieren durchaus nicht alle diese Leute den so geschürten Hass so speziell auf die israelische Regierung, wie unsere aufrechten Palästinenser-Sympathisanten das immer gern herausstellen, sondern stellen auch den hier lebenden Juden nach.

      Ich verstehe so eine Eistellugn wie Ihre auch nicht ganz. Überall sehen wir Maßnahmen gegen hate speech, und bei allen möglichen Gruppen - Migranten, Sinti und Rome, Frauen, LGBTIQ, Behinderte, und wen die rechten Krakeeler sonst noch so auf dem Kieker haben - ist anerkannt, dass derartige öffentliche Zurschaustellung von Hass eine reale Gefahr darstellt. Warum soll das in Bezug auf Juden und Israel plötzlich alles hinnehmbar sein?

      Und dass die Berliner Staatsanwaltschaft die ausgeschriebene Parole an sich nicht für volksverhetzend hält, macht das nicht zur alleingültigen Meinung. Es ist EINE mögliche Sichtweise, die bislang offenbar auch nicht richterlich überprüft wurde.

      • @Normalo:

        Wenn ich von Israel rede und schreibe, dann schließt das ALLE Bevölkerungsgruppen mit ein und das sind nicht nur Menschen mit jüdischen Glauben, sondern auch die mit muslimischen Glauben und das sind immerhin 21%.

        • @Frankenjunge:

          Den Zusammenhang dieser Spezifizierung zu dem, was ich schrieb, müssten Sie mir bitte erklären. Ich habe keine Ahnung, was Sie mit dieser Klarstellung sagen wollen. Mir ging es nicht darum, wie die Bevölkerung Israels sich zusammensetzt, sondern dass es durchaus "Not tut", die hier - also in Deutschland - lebenden Juden vor den Aggressionen zu schützen, die durch verbalisierte Vernichtungsphantasien gegen Israel geschürt werden.

    • @Frankenjunge:

      Die Polizei hat sich einfach nicht für dumm verkaufen lassen. Wenn die NPD oder die AfD mit "Heil XXXXX" Schildern marschieren würde, wäre es ebenso klar, was gemeint ist, und man müssten konsequent dagegen einschreiten.

      • @Winnetaz:

        Es gibt keinen Verfassungsrechtler der Ihnen das so bestätigen würde. Die Kommentare die ich bisher hörte, waren die, dass selbst wenn nichts mit XXX gezeigt wird, ich rede jetzt vom nahen Osten, selbst dies kaum juristischen Bestand hätte. Insofern diskutieren wir hier über etwas, was juristisch nicht beanstandet wird.

      • @Winnetaz:

        Anschließe mich. Komplizierte Sachverhalte.



        Auch Dresscodes werden unter die Lupe genommen werden müssen.



        Das alles ist hierzulande in anderen Kontexten schon adressiert und analysiert worden.



        Analogien sind nicht zufällig, wenn es um Botschaften in verfassungsfeindlichen Milieus geht, die den Gruppenzusammenhalt fördern.



        www.eltern.de/schu...ltern-symbole.html