Friedensappell aus der SPD-Linken: Die Illusion des schnellen Friedens

Teile der SPD-Linken fordern einen Waffenstillstand in der Ukraine. Sie deshalb als Putin-Freunde auszugrenzen, ist falsch. Naiv sind sie trotzdem.

Menschen räumen in einem zertrümmerten Wohnhaus auf

Freiwillige räumen eine kriegszerstörte Wohnung nordwestlich von Kiew auf Foto: Danylo Antoniuk/dpa

Ein paar SPD-Linke, eher aus der zweiten und dritten Reihe, fordern einen Waffenstillstand und vom Westen initiierte Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew. Das Gleiche will auch CDU-Mann Michael Kretschmer, der prompt vom scheidenden ukrainischen Botschaften Andrij Melnyk ausgeladen wird. Zum Abschied ein Tritt vor das Schienbein.

Es gibt bei AfD, Querdenkern und auch in der Linkspartei manche, die eine fünfte Kolonne Putins bilden. Manche bewundern Putins rechtsautoritäre Diktatur, manche Steinzeit-Antiimperialisten halten alle, die gegen die Nato sind, per se für edle Gemüter. Und es gibt auch einen Wohlstands-Chauvinismus, dem russisches Gas wichtiger ist als das Schicksal der Ukraine.

Kretschmer und die versprengten SPD-Linken gehören nicht in diese Kategorie. Es ist ein Fehler, sie einfach als Putin-Versteher oder heimliche Sympathisanten eines Diktators aus dem Diskurs auszugrenzen. Das Verfahren, dem anderen unlautere Motive zu unterstellen, um seine Argumente zu diskreditieren, ist zwar effektvoll, aber wenig erkenntnisfördernd. Zudem rastet in Kriegszeiten schnell der Reflex ein, nur noch Freunde und Feinde, Verbündete und Verräter zu sehen. Deshalb ist reden und überzeugen besser als ausgrenzen und ausladen.

Eine falsch adressierte Botschaft

Aber der Friedensaufruf der SPD-Linken hat, wie auch alle offenen Briefe und Verhandlungsappelle zuvor, einen gravierenden analytischen Fehler und einen unübersehbaren blinden Fleck: Er adressiert die Botschaft an den Falschen.

Denn nicht der Westen hat die Macht, einen Waffenstillstand zu erwirken, es sei denn, man meint damit eine Kapitulation. Nicht nur die alleinige Verantwortung für diesen Angriffskrieg liegt bei Putin – der russische Diktator bestimmt auch dessen Dynamik, Härte und Dauer. Solange Putin glaubt, mit noch mehr Gewalt und Toten seinem Ziel, der Unterwerfung der Ukraine, näherzukommen, wird Russland diesen Krieg fortsetzen. Diese Tatsache ist bitter. Sie zu ignorieren, ist naiv.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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