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Fehlender bezahlbarer WohnraumBauen alleine hilft nicht

Jasmin Kalarickal
Kommentar von Jasmin Kalarickal

Es wird gebaut, doch es fehlen Wohnungen für Nicht-Superreiche. Das ließe sich durch Auf- oder Umbau sowie strengeren Umgang mit Ferienwohnungen ändern.

Wohnungsbau ist gut – doch der Mangel an bezahlbarem Wohnraum bleibt bestehen Foto: Frank Peter/imago

A ls Klara Geywitz die Neubauzahlen in dieser Woche als „überraschend gut“ kommentierte, hatte das etwas Verzweifeltes. Die Bauministerin freute sich darüber, dass es nicht noch schlimmer gekommen war als befürchtet. Trotz der toxischen Mischung aus Inflation, hohen Zinsen und gestiegenen Preisen wurde in etwa das Niveau der Vorjahre gehalten. Dennoch hat die Bundesregierung ihr Ziel, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen, weit verfehlt. Fertig wurden 2023 nur 294.000.

Dabei werden dringend bezahlbare Wohnungen gebraucht. Das ließe sich durchaus bewerkstelligen, etwa durch: Büroflächen umbauen, aufstocken, mehr seriell bauen, das bunte Treiben mit Ferienwohnungen oder möbliertem Wohnraum eindämmen.

Die Wohnungsnot, die wir heute in vielen Städten erleben, ist mitnichten nur das Ergebnis der aktuellen Krise, sondern auch jahrzehntelanger, fehlgeleiteter Bau- und Wohnungspolitik. Kommunale Bestände wurden verscherbelt, der Staat hat sich nach und nach aus der Wohnungsversorgung zurückgezogen und es wurde nicht das gebaut, was die Bevölkerung braucht, sondern das, was lukrativ ist. Es braucht eine Trendwende hin zu einer Politik, die die Bedürfnisse der Menschen wieder in den Fokus rückt.

Das alles lässt sich nicht mit einem Fingerschnipps korrigieren. Man kann Klara Geywitz sogar zugutehalten, dass sie in ihrer Amtszeit den Sozialen Wohnungsbau zu einem ihrer Schwerpunkte gemacht hat – im gegebenen Finanzrahmen. Das hat den jahrzehntelangen Abwärtstrend schon etwas abgeschwächt, aber die Gesamtzahl der Sozialwohnungen sinkt nach wie vor.

Kontinuierlich bauen ist sozial- und klimapolitisch Irrsinn

Und das liegt daran, dass Sozialwohnungen nach einer gewissen Zeit immer ihre Preisbindung verlieren. Der Stadtsoziologe Andrej Holm bezeichnete den Sozialen Wohnungsbau deshalb einmal als „Wirtschaftsförderung für private Bauherren mit sozialer Zwischennutzung.“

Man muss quasi wie im Hamsterrad kontinuierlich Sozialwohnungen nachliefern, um nicht immer weiter ins Minus zu rutschen. Das ist sozialpolitisch und klimapolitisch absoluter Irrsinn – und das wird hingenommen ausgerechnet in dem Segment, das am dringendsten gebraucht wird. Die Idee, Obdachlosigkeit bis 2030 abzuschaffen, kann man sich auf diese Art echt ­schenken.

Genau an diesem Punkt könnte die Bundesregierung mit einer neuen Wohngemeinnützigkeit ansetzen. Diese soll gemeinwohlorientierte Akteure durch Steuervorteile stärken, die dauerhaft bezahlbaren Wohnraum schaffen. Das wäre zumindest ein Hebel, der langfristig einen Wandel einläuten könnte. Es ist fatal, dass die Regierung das nicht priorisiert hat. Die Verhandlungen mit dem Finanzministerium dauern an.

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Jasmin Kalarickal
Redakteurin
Jahrgang 1984, ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
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46 Kommentare

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  • Gemeinnützigkeit und Demokratisierung von Unternehmen sind Zwillinge. Lenkende und flankierende Maßnahmen zur finanziellen Förderung spezieller Konzepte sind auch langfristig gut geplante Präventionsmaßnahmen gegen eine zunehmend radikalisierte und geteilte Gesellschaft.



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    "Die Grundprinzipien einer Genossenschaft sind Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung. Die Genossenschaft setzt sich aus ihren Mitgliedern zusammen. Sie ist eine demokratische Unternehmensform."



    Quelle



    www.wohnungsbaugen...ert-genossenschaft

  • Vielleicht sollte man den weiteren Zuzug in Städte mit Wohnungsnot begrenzen.

    Wenn die Städte mehr Zuzug wollen, müssen sie eben erst mehr Wohnraum schaffen.

    Für Schwerin kann ich leider sagen, dass die Stadtverwaltung gezielt und aktiv die Schaffung billigen Wohnraums verhindert. Angestrebt werden Schicki-Micki Projekte, die sich erstens nur als Eigentumswohnungen rechnen und für die im Prinzip in Schwerin nur Beamte und Ärzte als Nutzer in Frage kommen. Zugegeben städtebaulich ist das dann alles sehr gekonnt und architektonisch gelungen.

  • "Kommunale Bestände wurden verscherbelt,"



    Rot/rot in Berlin lässt grüßen.



    "Büroflächen umbauen, aufstocken, .."



    Mit unseren Bauvorschriften gar nicht möglich, bzw. unbezahlbar.



    "Diese soll gemeinwohlorientierte Akteure durch Steuervorteile stärken"



    Was sind gemeinwohlorientierte Akteure? Barmherzige Mitmenschen, die ihr Geld mit Verlusten anlegen? Werden sie keine finden.

    Diese Wohnungskrise wurde durch maßlos überregulierte Bauvorschriften und durch dummes handeln der Politik (Wohnungsverkauf) verursacht. Und so lange die Städte selbst Horrorpreise für ihr Bauland nehmen, so lange kann man keine bezahlbaren Wohnungen bauen.

    • @Rudi Hamm:

      Die Wohmungsgemeinnützigkeit ist ein gutes Konzept, das 1990 abgeschafft wurde.

      Es sollte nicht so ein riesiges Problem sein, das Wohnungsproblem für die breite Bevölkerung zu lösen.

      Das hat die alte BRD mit 12 Millionen Vertriebenen und zerbombten Städten unter schlechteren Bedingungen auch schon mal geschafft.

      Weil es den Willen dazu gab.

      Wir müssen einfach konsequent die Parteien an der Wahlurne bestrafen, die diesen Willen nicht zeigen.

      Angst um Pfründe (wenn schon keine Menschenfreundlichkeit) bewirkt vieles.

  • Ich glaube nicht daran, dass Kommunen und Städte gegen Spekulanten und Vermieter vorgehen. In Köln, Hamburg, Frankfurt, München, Düsseldorf, Berlin und Stuttgart bestimmen die Immobilienbesitzer, wie das Spiel läuft.



    Gesetzliche Einschränkungen werden grundsätzlich nicht angewendet oder genutzt. Deswegen glaube ich daran nicht, dass es geändert wird oder überhaupt gewünscht ist.



    Und dann fallen Wohnungen aus der Sozialbindung, viele kommunale Unternehmen verkaufen Sozialwohnungen.



    Fazit:Das Ziel ist nicht die Versorgung mit Wohnraum, sonder die Gewinne der Besitzer. Es geht um diese (kleine ) Gruppe, die können bestimmen. Für die ist Knappheit Gold, es stabilisiert und treibt nach Oben. Die wollen, dass es so bleibt. Und dabei helfen viele Politiker und Behörden.

  • Das ist wahrscheinlich eine Variante der alten und nie bestätigten trickle down Theorie : wenn wir für die Reichen 200qm Wohnungen bauen machen die beim Umzug 3 65qm Wohnungen für die Ärmeren frei....

  • "Genau an diesem Punkt könnte die Bundesregierung mit einer neuen Wohngemeinnützigkeit ansetzen. Diese soll gemeinwohlorientierte Akteure durch Steuervorteile stärken, die dauerhaft bezahlbaren Wohnraum schaffen. "

    Das würde nur zu sozialen Ghettos führen, in denen nur noch Menschen wohnen, die Sozialwohnungen brauchen. Das ist soziale Segregation auf Hausebene und Förderung privater Bauherren bis in alle Ewigkeit.

  • "Büroflächen umbauen, aufstocken, mehr seriell bauen..."

    Bei solchen Vorschlägen geht das Elend schon los:

    - Büroflächen umbauen, leichter gesagt als getan. Üblicherweise ist ein Bürogebäude einer bestimmten Nutzung zugeordnet und wird vom Betreiber/Vermieter entsprechend feil geboten. Gewerbemieten sind auch deutlich höher als Wohnungsmieten. Wer soll also umbauen? Wie soll das geschehen? Üblicherweise muss ein komplett neuer Bebauungsplan entworfen werden Und wer entschädigt den Bauträger bzw. Vermieter?

    - Aufstocken, also verdichten: mal abgesehen davon, dass lange nicht jedes Gebäude für einen Dachgeschoss Auf- und Ausbau geeignet ist, sind auch Fragen des umliegendes Milleus zu berücksichtigen. Häuser dürfen nicht beliebig in die Höhe gebaut werden wenn es die umliegenden nicht dürfen, das Stadtbild geschädigt, die Nachbarn Einspruch erheben etc.

    - mehr seriell bauen, also Platte a la DDR.

    Ernsthaft jetzt?

    • @Tom Tailor:

      Seriell bauen ist eben nicht "Platte a la DDR". Das ist uralt Propaganda aus den Quellen, die bei seriellem Bauen etwas zu verlieren haben.

  • Jupp, genau. Der Staat soll schlüsselfertig und billig liefer. Bloß keine Eigeninitiative oder Arbeit und Stress. Meine Eltern haben nur ein Grunstück gekauft und dann mit Hilfe von Freunde, Familie und Kollegen gebaut. Das würde aber der Work-Life-Balance widersprechen, das geht gar nicht!

    • @Lars Sommer:

      So eine Art zu bauen wurde in Deutschland durch das Baurecht praktisch abgeschafft. Mit der Baugenehmigung wird immer auch die Vorgabe eines schnellen termingerechten Baufortschritts gemacht. Den angeblich sind Baustellen für Eigenheime zu hässlich zu gefährlich und die Nachbarn wollen ihre Ruhe haben. Das wird höher bewertet.

    • @Lars Sommer:

      Wenn genügend Wohnraum für alle Menschen nur noch mit Sklavenarbeit zu bewerkstelligen ist, sprich alles was die Work-Life-Balance voll auf Work umschlägt, dann hat das System versagt.

      Klar, ist schwierig, genügend Arbeiter zu finden, um soviel Wohnraum zu bauen. Und das innerhalb von wenigen Jahren.

      Aber das beweist auch, dass der Staat den Wohnungsbau einfach total vernachlässigt hat.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Korrigieren Sie mich bitte wenn ich Ihren Kommentar falsch verstanden habe.



        Es liest sich für mich so als würden Sie es "Sklavenarbeit" bezeichnen wenn man sein eigenes Haus selber baut (und es nicht günstig gestellt bekommt?) oder jemand anderem freiwillig dabei Hilft? Und weiter dass es ein Versagen des Staates sei wenn nicht jede Dienstleistung im gerade jetzt verlangtem Maße bereitsteht?

        Wir haben unser Haus auch selbst aus, bzw. umgebaut und hatten dabei viel Hilfe von Freunden und Nachbarn und haben bei Bedarf natürlich auch dort geholfen, jeder kann ja was anderes. Und das hatte meist eher Familienfest-Charakter als den von Zwangsarbeit.



        Wenn ihre Definition von "Work-Life-Balance" so aussieht dass man nach seiner Angestellten-"Work" im "Life"-Teil bloß keinen Finger mehr krumm zu machen hat und dann bitte alles ausreichend bereitgestellt zu sein hat, dann geht diese Rechnung in meinen Augen nicht auf.

  • Und wie viele von den neuen 294.000 Wohnungen sind Sozialwohnungen, und wann fallen die dann wieder aus der Preisbindung heraus? Private Investoren müssen sich nämlich nur eine bestimmte Zeit an die Preisbindung von Sozialwohnungen halten, danach können sie die Wohnungen zu Marktpreisen vermieten und wie die Miete dann in die Höhe schießt, das kennt man ja. Der heutige Raubtierkapitalismus macht die kleinen Leute obdachlos, denen man dann auch noch frech erzählt, sie hätten ja selbst schuld an ihrer Obdachlosigkeit. Und die Politik macht nichts dagegen, sondern stellt sich bei "Deutsche Wohnen & Co enteignen" auch noch schützend vor die gierigen Miethaie. Artikel 15. des Grundgesetzes muss endlich diese Zustände beenden.

    ***Die Anzahl der Sozialwohnungen nimmt seit langer Zeit ab. Gab es in der alten Bundesrepublik noch fast vier Millionen, waren es 2010 noch rund 1,66 Millionen und 2020 nur noch rund 1,13 Millionen. Auch 2022 sank die Anzahl der Sozialwohnungen – um rund 14.000 auf 1,088 Millionen. In den Ländern wurde in dem Jahr der Bau von 22.545 Sozialwohnungen bewilligt. Zugleich fielen aber 36.500 Wohnungen aus der staatlichen Preisbindung heraus.*** [Deutschlandfunk, 2023]

  • Gute Vorschläge. Aber angesichts des riesigen Bedarfs an Sozialwohnungen und an bezahlbaren Wohnungen ein Tropfen auf den heißen Stein.

    Es braucht ein riesiges Sondervermögen wie bei der Bundeswehr, damit Städte und Kommunen Hunderttausende fehlende Wohnungen nach Wiener Modell bauen können. Hier gilt es, auch einkommensschwache Haushalte miteinzubeziehen.



    Solange ein abwenden vom liberal-kapitalistischen Baumodell nicht in Gang kommt, wird sich nichts ändern.

    Es findet keine politische Diskussion darüber statt, wie günstiger Wohnraum als sozialpolitisches Rückgrad unserer Gesellschaft als Jahrhundertaufgabe geschaffen werden könnte, nämlich als Volkseigentum, ein Begriff der aus der DDR stammt, der mit neuen innovativen Ideen gefüllt werden müsste.

    Denn die SPD sagt Spekulanten und großen Fonds nicht den Kampf an.

    Das Wiener Modell war nur möglich, weil Reiche in Wien steuerlich die Hälfte des Finanzvolumens beitragen mussten, Spekulation mit Wohnungen und Grund sich nicht mehr lohnte.

  • Im europäischen Vergleich steht Deutschland (kurz hinter der Schweiz) an der Spitze, was die Abhängigkeit von Mietwohnraum angeht. Das Eigentum an Grund und Boden konzentriert sich in den Händen weniger. Auch das ist ein Teil des Problems, weil es bedeutet, dass wir als Gesellschaft Geld aufbringen müssen, um diesen Wohnraum bereitzustellen.



    Und wenn keine Steuern auf Vermögen erhoben werden, auch nicht auf „betriebliche“ Vermögen, die vererbt werden, und Kapitalgewinne aus Immobilienanlagen niedriger besteuert werden als Erwerbseinkommen ab einem relativ niedrigen Einkommenswert, wenn zudem die Förderung des Erwerbs von Immobilieneigentum durch Banken und den Staat nur mangelhaft geschieht, dann wird von unten nach oben umverteilt und die Wohnungsnot ist eine (erwünschte?) Nebenwirkung.



    Die Bielefelder Forschungsgruppe von Wilhelm Heitmeyer nannte das einen Aspekt von „Etabliertenvorrecht“, man könnte auch sagen Privileg für Wohlhabende. Daher ran an die Vermögens- und Erbschaftssteuer, Kapitalerträge als Einkommen besteuern und Förderbedingungen für privat genutztes Wohneigentum deutlich verbessern, zum Ausgleich runter mit der Einkommens- und Mehrwertsteuer.

    • @Zangler:

      Einnahmen aus Immobilien und Zinshäusern werden ganz normal wie jede andere Einkommensart voll versteuert. Nennt sich Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, ich zahle jedes Jahr satt Steuern darauf. Das so weniger Menschen in D im Eigentum leben ist tatsächlich ein Problem, aber häufig auch eine Mentalitätsfrage. Ich kenne einige Dutzend Menschen die weiterhin lieber zur Miete wohnen anstatt sich etwas zu kaufen, obwohl sie die Möglichkeiten dazu haben.

      • @Tom Tailor:

        Direkte Einnahmen aus Vermietung ja, Gewinne aus Wertanlagen in Immobilienfonds oder Anteilen an Immobilienverwaltungsgesellschaften nicht. Macht auch weniger Arbeit.



        Und in manchen Großstädten gibt es noch funktionierende Genossenschaften mit Mietpreisbindung, da wird Wohnen irgendwann tatsächlich richtig günstig und bleibt das dann auch.

      • @Tom Tailor:

        "Fun" fact : Bis vor etwa 10 Jahren lebten sehr viele Immobilienvermittler, die durchaus gut verdienten, selbst durchaus großzügig und komfortabel zur Miete. Einfach, weil sie rechnen konnten, was der Bau eines Eigenheims in vergleichbarer Größe kosten würde und an Nebenkosten an Zeit und Geld verursacht...

  • Durchschnittsverdiener sind keine Superreichen.



    Es fehlen allerdings für unterdurchschnittliche Verdiener bezahlbare Wohnungen und Arbeitsplätze dort, wo es solche bezahlbaren Wohnungen noch gibt bzw. wo Platz dafür wäre.

    • @meerwind7:

      Das war meines Wissens schon immer so. Heute sind aber nicht mehr ganz so viele Leute bettelarm und nagen am Hungertuch wie noch vor 200 oder 300 Jahren. Daher fällt es mehr auf.

  • Büroflächen umzubauen oder Gebäude aufzustocken ist teuer, bürokratisch umständlich und dauert. Wer soll das machen? Wer will das zahlen? Bürogebäude befinden sich i. d. R. in Gewerbegebieten, Gewerbeflächen in gemischten MFH lassen sich nicht einfach so in Wohnraum umwidmen.



    Ich persönlich halte überhaupt nichts davon, billig zu bauen. Sozialwohnungsneubauexzesse haben wir in den 70er Jahren zur Genüge erlebt. Der entstandene Bauschrott verschandelt immer noch viele Städte. Auch wenn Luxuswohnungen gebaut werden, wird der frei werdende Wohnraum nach unten durchgereicht: Irgendwann wohnen in den Schlössern von einst ganz normale Leute.



    Obdachlosigkeit liegt meist nicht an fehlendem Wohnraum, sondern daran, dass z. B. die Miete nach Jobverlust nicht mehr gezahlt wurde, die Menschen krank und depressiv wurden, keinen Job mehr bekamen, keine Perspektive für sich sahen.



    Es gibt noch eine Menge Leerstand in Deutschland (sogar in Oberbayern), um den sich die Gemeinden aus juristischen Gründen nicht kümmern wollen oder können. Da passiert teilweise jahrzehntelang nichts und die Gemeinden wollen/können die Eigentümer nicht zwingen, die Häuser bewohnbar zu machen und wieder zu vermieten.

  • Günstig wohnen wollen ja möglichst alle. Aber hierfür selber etwas zu tun. Bitte nicht. Es ist ja so bequem anderen ihr Leid zu klagen, die Ungerechtigkeit der Welt an zu prangern als selbst tätig zu werden.



    Denn bauen sollen natürlich andere für mich..., egal ob Staat oder privates Kapital.



    Geld investieren, Risiken eingehen bitte auch alle anderen...nur ich nicht. Ich will nur billig wohnen. Und bezahlen sollen das andere. Sorry Leute. Bitte aufwachen. Solche Träume sind leider unausgegorene Phantasien.

    • @Mike Lehmann:

      Sie haben was vergessen: Ich hätte die billige Wohnung bitte in bester Lage in der Innenstadt, denn ich bin nicht Willens im Speckgürtel der Stadt oder gar außerhalb zu wohnen.

    • @Mike Lehmann:

      Okay, welches Kapital sollen diejenigen, die Grundsicherung, Niedriglohn, "HartzV" aka Büger*ingeld, kleine Rente oder Asylubterstützung beziehen denn ansammeln, um zu bauen? Die Wohnverhältnisse sind auch ein Ausdruck der Kapitalverhältnisse. Diesbezüglich wird in Deutschland seit vielen Jahren festgestellt, dass die Vermögensschere stetig weiter auseinander geht. Ihr Kommentar entbehrt also einer faktisch korrekten Grundlage bzw. stellte womöglich gar Zynismus dar.

  • Danke, Frau Kalarickal. Dem ist wirklich nichts hinzuzufügen.

  • Wohnungsbau ist ja in erster Linie Ländersache.



    Die CDU verkaufte bereits vor 20 Jahren die landeseigenen Wohnungen in NRW.



    Es ist schön, dass die Autorin des Artikels die Bemühungen der Bundesbauministerin lobt.



    Nur zur Erinnerung: der Koalitionsvertrag und seine Zielsetzungen wurden VOR dem Ukrainekrieg geschlossen.



    Mit dem Ukrainekrieg brach der Zulieferer Russland für Holz und Zement und der Zulieferer Ukraine für Zement weg.



    Die Preise steigerten sich um 100%.



    Daneben stiegen die Energiepreise und Lieferketten in diversen Sparten wurden unterbrochen, nachdem die Coronabedingt noch nicht wieder so ganz am Laufen waren.



    Die Flut an der Ahr hat viele Betriebe, aber auch viele Planungsbüros gebunden.



    Das nur als kleine Gedächtnisstütze zur jüngsten Vergangenheit, die wir Alle erlebt haben.



    Auch wenn die Inflation nun abgeschwächt ist, die Materialpreise sind natürlich nicht auf vor Ukraine Niveau gesunken.



    Bauen ist teuer.



    Der Bund schafft Anreize zum Erhalten des Bestands durch Fördermaßnahmen z.B. für Dämmung und Heizung.



    Das ist genau richtig, da hier die BesitzerInnen Altbau CO2 schonend renovieren, statt Abriss und Neubau, wie der letzte Trend zeigte.

  • Was auch helfen würde ist, wenn unsere elitär nerdige Großstadtblase nicht so herablassend auf Nicht Städter runterschauen würde. Wenn Städte mit 150.000 EW als provinzelle Kleinstadt und vollkommen outside betrachtet werden. Letztlich nur Berlin cool ist und alle anderen etwas unterbelichtet dümmlich...



    Hier 'auf dem Land' stehen so viele alte Häuser leer, gäbe es für relativ wenig Geld so viele Optionen. Und wenn man dann das Geld statt in teure Großstadtsozialbaublöcke für eine geile Verkehrsanbindung verwenden würde. Ja dann, dann wäre auch das Thema sozial-kultureller Ausgleich Stadt-Land deutlichst auf "Haben".

    • @Tom Farmer:

      Stellen Sie Arbeitsplätze zur Verfügung! Dann ziehen die Leute auch wieder auf's Land! Wenn es aber auf dem Land nur schlecht bezahlte Hilfsjobs und die in geringer Zahl gibt, wird das nichts. Die Leute ziehen dorthin, wo sie beruflich etwas erreichen können und das ist in Hamburg, Frankfurt, München, Berlin, Düsseldorf, Stuttgart, Dresden etc. nun mal eher der Fall als zwischen Sorge und Elend im Harz (ja, die beiden Orte gibt's wirklich!).

      Ich war diese Woche in Frankfurt. Dort sprudelt die Wirtschaft, wird das Geld gescheffelt, wird gebaut, was das Zeug hält und hat das Freßgass-Fest gerade begonnen. Natürlich wollen die meisten - besonders die Jüngeren - dort eher hin als in irgendein Dorf, wo das Schützenfest das Highlight des Jahres ist.

      • @Aurego:

        Es wäre hilfreich auf den Text auf den man sich bezieht auch einzugehen. Es geht nicht nur um das kleinste Dorf, sondern auch um mittlere Städte. Und insbesondere habe ich abgestellt auf eine optimale Verkehrsanbindung in die man Geld stecken sollte: Vom ganz flachen Land in die mittleren Städte, von dort in die nächst größeren usw.. dann wären viele Argumente (da ist nix los, bis es gibt nur schlecht bezahlte Jobs) obsolet.



        Wie lange pendelt denn der durchschnittliche Gutverdiener in FFM täglich?

        • @Tom Farmer:

          Ich kenne jede Menge "mittlerer Städte", wo sich etwas mehr machen ließe, aber es hängt alles, wirklich alles(!) an der Zahl möglichst gut bezahlter Arbeitsplätze, die man dort findet. Alle Art von Infrastruktur ist auf dem Land pro Kopf viel teurer als in den Metropolen, daher werden ländliche Regionen immer ein wenig abgehängt bleiben, einfach weil sich Großstädte mit geringeren Kosten betreiben lassen. Da spielt es auch keine Rolle, wie lange der durchschnittliche Gutverdiener in FFM täglich pendelt (in FfM ist der ÖPNV ohnehin einer der besten der Republik und von den Orten um FfM herum ist die Innenstadt sehr gut und schnell mit der S-Bahn erreichbar, viel besser als in München).



          Aber hier ein Beispiel für eine Stadt, in der es mit mehr höherwertigen Arbeitsplätzen wesentlich besser laufen würde: Chemnitz. Mit dieser Stadt sollten Sie sich ein wenig beschäftigen. Warum läuft es dort nicht besser? Chemnitz ist ja jetzt wirklich keine Kleinstadt, aber im Vergleich zu ähnlich großen Städten doch irgendwie immer noch im Dornröschenschlaf.

      • @Aurego:

        Ja, alles gut. Aber dann zahlt's halt auch. Gibt halt keinen Benz zum Dacia Preis.

        • @QuerBeetLeser:

          Wir zahlen es doch, sogar den Benz. Wir haben nämlich kein Problem, das zu zahlen.

      • @Aurego:

        Der „ländliche Raum“ in Deutschland ist mitnichten „irgendein Dorf, wo das Schützenfest das Highlight des Jahres ist.“ Um die Metropolen herum gibt es hunderte Klein-und Mittelstädte, teilweise mit Universitäten und Forschungseinrichtungen, vielfach mit aktiven Kultur-, Museums- und Fremdenverkehrsvereinen. Da kommen Sie oft gar nicht hinterher, welche Veranstaltungen Sie alle besuchen wollen.



        Das Problem ist, dass wir bei den Bürojobs immer noch eine Anwesenheitskultur pflegen. Viele Arbeitgeber konnten nach der Pandemie die Homeoffice-Möglichkeiten gar nicht schnell genug zurückbauen. Und wenn Sie jeden Tag in einen Büroturm im Zentrum der Metropole gezwungen werden und aber nur Wohnraum finden, der mindestens eine Pendelstunde entfernt ist, dann haben wir ein Riesenproblem als Gesellschaft.

        • @Zangler:

          Nein, sorry, Sie irren sich da gewaltig. Das, worüber Sie zu reden belieben, ist nicht "der ländliche Raum", sondern der sogenannte Speckgürtel kleiner Städte um die Metropolen herum. Ohne die Metropolen wären diese Klein- und Mittelstädte arm wie Kirchenmäuse.



          Was Sie über Bürojobs sagen, ist auch falsch. Es gibt erstaunlich viele Firmen, bei denen die Mitarbeiter die halbe Zeit im Homeoffice sind. Wenn Sie übrigens die Gehälter in München anschauen, kann man sich von vielen dortigen Jobs sehr wohl eine Mietwohnung in München leisten, nur vielleicht kein Haus in Alt-Bodenhausen kaufen.

          • @Aurego:

            Doch, doch, im Alltagssprachgebrauch dort sind die „Speckgürtel“ der „ländliche Raum“. Das Niemandsland um Elend und Sorge herum ist weitgehend irrelevant für die Diskussion. Die lokale Wirtschaft hat sich angepasst. Natürlich ist Ahrensburg (ich kenne Hamburg besser als München) im Vergleich zum abgelegeneren Schleswig völlig anders aufgestellt, aber beide sind lebenswert und auch Schleswig ist nicht arm.



            Im Öffentlichen Dienst und der reinen internen Verwaltung von Konzernen lassen sich halbe Zeiten im Homeoffice ermöglichen, der Clou der Digitalisierung ist aber ja, dass man außer dem direkten Kundenkontakt und vielleicht einem halben Meeting-Tag in der Woche alles von zu Hause erledigen könnte, will nur niemand.



            Und preisgünstige Mietwohnungen in heruntergekommenen Geschossbauten in abgehängten Stadtteilen gibt es auch überall. Aber von Neu-Allermöhe brauchen Sie länger zu den Büros der Stadtentwicklungsbehörde als von Buxtehude (außerhalb der Stadtgrenzen), wo Sie billiger ein Mittelreihenhaus finanziert bekommen. Wenn Sie die Wahl haben, nehmen Sie natürlich Buxtehude.



            Wir müssen schon den Normalfall betrachten und nicht die absolute Ausnahme.

            • @Zangler:

              Zangler meint: "Und preisgünstige Mietwohnungen in heruntergekommenen Geschossbauten in abgehängten Stadtteilen gibt es auch überall."



              Bitte anmietbare Beispiele in München oder in Berlin nennen (heruntergekommene Geschossbauten und preisgünstige Bestandsmieten gibt es in Berlin natürlich schon)!

              • @meerwind7:

                In München findet man aktuell Mietwohnungen zu folgenden Konditionen:



                2 Zi., ≥50m² ab ca. 1.100€ warm



                4 Zi., ≥90m² ab ca. 2.000€ warm.



                In Berlin kosten solche Wohnungen etwas weniger:



                ≥50m², 2 Zi. ab ca. 700€ warm,



                ≥90m², 4 Zi. ab ca. 1.400€ warm.



                Es ist jedoch nicht so, dass man gar keine finden könnte.

    • @Tom Farmer:

      Wenn man als "unterbelichtet dümmlich" angesehen wird kommt man nur ungern. Natürlich muss mehr im Ländlichen Raum investiert werden um das Leben dort attraktiver zu machen. Aber dem Land oder in einer Stadt zu leben sind zwei komplett unterschiedliche Lebensstiele. Man mag es oder auch nicht. Vorurteile sind hier völlig kontraproduktiv.

  • Sehr richtig. Und vor allem muss mit dem Mietwucher Schluss gemacht werden! Das hätte weitreichende Konsequenzen auf die gesamt Politik. Warum sehen sich in Niedriglohn geknechtete Menschen den Bürgergeldempfängern gegenüber so benachteiligt: weil die Wohngeld bekommen. Und solange die Mieten mehr als die Hälfte eines Einkommens ausmachen, ist das auch so.

    Was würde es für die Sozialausgaben bedeuten, wenn der Staat nicht Mietwucherern in Form von Wohngeld ihre leistungslosen Großeinnahmen bezahlen würden? Genau: die Kassen wären voll. Es wäre eine grandiose Umverteilung von riesigen Vermögen zu den ärmeren Bevölkerungsschichte. Die sind es nämlich, die unter den Mieten leiden.

    Und wenn die MieterInnen sich politisch engagieren würden, müssten alle Parteien in Deckung gehen: ~50% aller Menschen wohnen zur Miete. Ein beachtliches Wählerpotential.

    Wie kann es also sein, dass in einer vermeintlichen Demokratie solche Ungerechtigkeit der Mehrheit gegenüber existiert?

    • @Jalella:

      Sie denken vom Gehalt her. Denken Sie doch mal von den Bau-, Erhaltungs- und Finanzierungskosten her.

    • @Jalella:

      ...seit wir unteranderem auch Bürgergeldempfänger als Mieter haben - sagt meine Frau immer, schau Alex, so beziehen wir doch auch eigentlich dieses Bürgergeld, obwohl unser Vermögen doch ganz ordentlich is...



      Naja, so bekommen wir jedenfalls auch was von den Steuergeldern ab....

    • @Jalella:

      Eher müssten die niedrigen Löhne angehoben werden, als die Möglichkeiten für Mieterhöhungen noch weiter einzuschränken.



      Aber, wie Sie richtig zum Wählerpotential der Mieter bemerken: Es ist beachtlich. Aber im Moment wählen die Mieter ihre Vermieter und ihre Politiker selbst und es sieht mir nicht so aus, als teilten alle Mieter linke Ideen, sonst hätten SPD und Linke mehr Stimmen.

    • @Jalella:

      Die Demokratie ist schon echt.



      Nur wählen auch die Mieter nicht immer in ihrem eigenen Interesse.



      Problematisch ist leider, dass man sich immer für eine Stimme entscheiden muss, auch wenn jedes relevante Politikfeld von einer anderen Partei gut bedient wird.

    • @Jalella:

      Das frage ich mich jeden Tag.



      Vor Allem aber frage ich mich auch: Wie kann es sein, dass alleinlebende - hauptsächlich - Rentnerinnen, die knapp über allen Transfairleistungen liegen, bereits bei ca 1300 Euro mickriger Rente und ein paar Zerquetschte Steuern zahlen müssen? Dann aber Anspruch auf Wohngeld haben, das sie sich in manchen Städten nach 1,5 Jahren Wartezeit in der Schlange abholen können - weil zu wenig Sachbearbeiter von ihren nach über 40 Jahren eingezahlten Durchschnittsgehältern eingestellt wurden? Und bis dahin überm Winter in kalten Wohnungen sitzen, weil sie die Heizung nicht bezahlt bekommen - weil kein Anspruch auf Grundsicherung? Wohnprojekte für solche Leute gibts ja auch nicht. also bezahlbare. Wie nennt man das? absurdes Theater, überdachte Klapsmühle, absolute Respektlosigkeit vor der Lebensleistung jahrzeehntelang arbeitender Menschen? Wieso schreibt dazu niemand was?

      • @ruhrreisen:

        Kommt sehr darauf an: Man zahlt ab ca. 1340€ Rente Steuern, wenn man erst in diesem Jahr Rentner geworden ist. War der Renteneintritt früher, beginnt die Steuerpflicht erst bei einer höheren Rente. Das liegt an der Umstellung von vorgelagerter auf nachgelagerte Besteuerung der Rente. Früher wurden die Beiträge von versteuertem Geld bezahlt, während sie (seit vielen Jahren übrigens) zunehmend steuerfrei werden. Die nachgelagerte Besteuerung ist für die Einzahlenden besser (das nennt sich "Steuerstundungseffekt").



        Das Problem ist eigentlich nicht die Zahl der Sachbearbeiter sondern deren Produktivität! Man denke an dieser Stelle an den Trailer von Zoomania, auch wenn das ein fieser Vergleich ist.



        Ein anderes Problem, das fast automatisch zu niedrigen Renten führt, sind niedrige Einkommen. Daran sollten wir verstärkt arbeiten, z. B. indem man Mindestlohn und Bürgergeld genauso an den Nettolohnindex koppelt wie die Abgeordnetenentschädigungen. Der Nettolohnindex wird ja ohnehin jedes Jahr vom Statistischen Bundesamt ermittelt.