Desaster in der Wohnungsbaupolitik: Umbau jetzt!

Gegen die Wohnungskrise anbauen? Das funktioniert nicht mehr. Besser wäre eine radikale Abkehr von der bisherigen Politik.

Klara Geywitz spricht beim Wohnungsbau-Tag 2024

Klara Geywitz spricht beim Wohnungsbau-Tag 2024 Foto: Kay Nietfeld/dpa

Klara Geywitz freut sich. Rund 294.000 Wohnungen wurden im vergangenen Jahr neu gebaut. Das sei überraschend gut, jubiliert die SPD-Bundesbauministerin. Dass sie sich über diese Zahlen freuen kann, zeigt, in welcher katastrophalen Lage die Wohnungspolitik in Deutschland ist. Zum einen war befürchtet worden, dass das von der Bundesregierung selbst gesetzte Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr noch deutlicher verfehlt würde. Zum anderen ist es sicher, dass es in den kommenden Jahren noch viel schlimmer wird.

Denn der Bau der im vergangenen Jahr fertig­gestellten Wohnungen wurde im Schnitt rund zwei Jahre zuvor genehmigt. Damals aber bewegte sich die Zahl der Baugenehmigungen noch auf dem mehrere Jahre konstanten Level von gut 30.000 pro Monat. Das schon war viel zu wenig, um die Spannungen des völlig überhitzten Wohnungsmarktes abzubauen. Doch seither fällt die Zahl auch noch ins Bodenlose. Zuletzt vermeldete das Statistische Bundesamt einen Rückgang um fast 50 Prozent seit dem Frühjahr 2022.

Das hat mehrere Gründe. Da sind die infolge des Krieges in der Ukraine gestiegenen Kosten für Baumaterialien. Zudem ist Neubau mittlerweile so teuer, dass er für die breite Masse unbezahlbar geworden ist. Zwar bleibt die Nachfrage enorm. Aber auf dem ach so oft gelobten freien Markt kommen Bauherren und Wohnungssuchende einfach nicht mehr zusammen.

Was nichts anderes heißt: In den kommenden Jahren wird Neubau als Gestaltungsinstrument in der Wohnungspolitik komplett ausfallen. Dumm nur, dass die Regierung kein anderes hat. Und die rechte Opposition erst recht nicht.

Weg mit Steuerabschreibungen

Helfen könnte nur ein Umbau. Eine intensive Nach- und Neunutzung bestehender Gebäude, wie sie zukunftsorientierte Ar­chi­tek­t:­in­nen anregen, ist ein überfälliger Ansatz. Noch drängender aber wäre ein Umbau der Wohnungspolitik.

Als erste Notfallmaßnahme müsste der noch existierende Restbestand günstiger Wohnungen gesichert werden, etwa durch einen Mietpreisdeckel, was nach bundespolitischen Eingriffen ja möglich wäre. Zweiter Schritt wäre die radikale Abkehr von sämtlichen Bauförderungen wie Steuerabschreibungen von renditeorientierten Investmentprodukten hin zu gemeinnützigen, langfristig sich selbst finanzierenden Wohnungsfonds.

Das wäre im Wortsinne eine Jahrhundertaufgabe. Fatalerweise ist die Politik hierzulande nicht darauf ausgelegt, in solchen Dimensionen zu denken. So werden auch die gerade fertig gewordenen Wohnungen längst Altbauten sein, bevor sich wirklich etwas ändert.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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