Elliot Page outet sich als trans: That’s not my name
Schauspieler Elliot Page („Juno“) macht öffentlich, dass er trans ist. Die Reaktionen legen Wissenslücken und diskriminierende Strukturen offen.
„Hallo Freunde, ich wollte euch mitteilen, dass ich trans bin. Meine Pronomen sind „he/they“ und mein Name ist Elliot.“ Mit diesen Worten beginnt das schriftliche Coming-out des kanadischen Schauspielers Elliot Page, bekannt aus „Juno“ oder „The Umbrella Academy“, das er am Dienstag mit seinen knapp vier Millionen Follower:innen bei Instagram teilt. Die eigene Geschlechtsidentität ist eine intime Angelegenheit, doch ein Coming-out von Prominenten birgt auch politische Wirkkraft.
Auch heutzutage gilt, wer heterosexuell und cis ist, sich also mit dem Geschlecht identifiziert, das einem bei der Geburt zugewiesen wurde, als „normal“. Alle andere Formen von Sexualität und Geschlechtsidentitäten werden als „anders“ markiert. Wer von der Norm abweicht, erfährt Diskriminierung. Und während wir als Gesellschaft zwar in bestimmten Aspekten Fortschritte verzeichnen können, ist die strukturelle Diskriminierung von trans Personen noch immer gewaltig.
Diese schlägt sich in der medizinischen Behandlung, in der Gesetzgebung und im öffentlichen Umgang nieder. Trans Personen werden ausgegrenzt, beleidigt, bedroht, sind Gewalt ausgesetzt oder werden getötet. Aufgrund von Hassverbrechen und Suiziden ist die Lebenserwartung von trans Menschen deutlich niedriger als von cis Personen – und das weltweit.
Page richtet sich in seinem Statement auch an diejenigen, die Verantwortung dafür tragen. An alle Politiker:innen, die der trans Community die nötige Gesundheitsversorgung verweigerten, und an alle, die mit ihrer Reichweite weiterhin Hass gegen trans Menschen verbreiteten, schreibt er: „Ihr habt Blut an euren Händen.“
Wenig sensibilisierte Redaktionen
Schuld sind nicht nur einzelne mächtige Personen. Es sind ihre Befürworter:innen und diejenigen, die nicht widersprechen. Es sind Feminist:innen, die die Rechte von trans Personen als Gefahr für den Feminismus sehen. Es ist die Mehrheitsgesellschaft, die die Existenz von trans Personen immer wieder infrage stellt. Es sind die Medien – auch die taz – mit ihrer unsensiblen, exotisierenden und stereotypen Berichterstattung. Sie alle tragen zu einem transfeindlichen Klima bei.
Das Coming-out von Elliot Page legt nun wieder einmal die Wissenslücken und diskriminierende Ansichten von Medien und Gesellschaft offen. Medien weltweit berichteten über sein Coming-out.
Gerade deutsche Medien zeigten, wie wenig sensibilisiert ihre Redaktionen sind. Ob beim ZDF, dem Spiegel, n-tv oder RND, in fast allen Texten wurden falsche Pronomen, in diesem Fall also weibliche, und der Deadname, also der vorher bekannte Name der Person, genutzt. Das kann unabsichtlich passieren, ist aber auch ein Machtinstrument, um einer Person die Identität abzusprechen.
Wie es besser gehen kann, haben internationale Medien gezeigt. So titelte der Guardian: „Elliot Page: star of X-Men and Juno announces he is transgender“. Ähnliche Formulierungen gab es auch bei der New York Times, der BBC oder der Washington Post. Der Streamingdienst Netflix entfernte zügig bei allen Filmen und Serien den Deadname. Nach Kritik bei Twitter veröffentlichte die Nachrichtenagentur dpa eine aktualisierte Nachricht von Dienstag. Dort werden zwar nur noch männliche Pronomen genutzt, doch Pages Deadname kommt noch vor.
Elliot Page
Elliot Page ist nicht die erste prominente trans Person, doch jede Person, die trotz der möglichen beruflichen Schwierigkeiten und einer nicht unwahrscheinlichen Bedrohungslage ein Coming-out wagt, birgt Hoffnung.
Denn mit ihrer öffentlichen Reichweite können sie jahrzehntelange Kämpfe von Aktivist:innen sichtbarer machen, Medien können aus ihren Fehlern lernen, die Gesellschaft kann Wissenslücken schließen und die trans Community Unterstützung erfahren. Das will auch Page tun. „Ich biete jede Unterstützung an, die ich leisten kann, für eine Gesellschaft mit mehr Liebe und Gleichberechtigung“, schreibt er. Und wofür? „Um alles zu tun, um die Welt besser zu machen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs