Eckpunkte im Sondierungspapier: Hat die SPD zu wenig erreicht?

Kritiker beklagen, dass die Sozialdemokraten vor allem Scheinerfolge verbucht hat. Eine Übersicht über die wichtigsten Themen.

Viele Kinder und Jugendliche sitzen nebeneinander an einem langen Tisch und essen

Für einkommensschwache Familien wird der Eigenanteil am Schulessen entfallen Foto: dpa

Vor allem in der Sozialpolitik hat die SPD häufig weniger erreicht als erhofft.

Die Rente soll bis 2025 bei einem Niveau von 48 Prozent bleiben. Das klingt gut, ist aber kein Fortschritt. Denn bisher hätte das Rentenniveau 2025 bei 47,4 Prozent gelegen. Erst ab 2026 sinkt das Niveau deutlich ab – auf nur noch 44,6 Prozent im Jahr 2031. Doch an diesem Verlust ändert sich nichts.

Da die Altersarmut jetzt schon zunimmt, soll eine Grundrente eingeführt werden: Wer mindestens 35 Jahre lang eingezahlt hat, soll 10 Prozent mehr als die jetzige Grundsicherung bekommen. Das klingt fair – allerdings fehlt die Finanzierung.

Immerhin soll es zusätzlich eine Milliarde Euro jährlich geben, um Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dies ist richtig, musste der Union aber nicht abgerungen werden. Sie versprach in ihrem Wahlprogramm ebenfalls, die „Re-Integration in den Arbeitsmarkt deutlich zu verbessern“. Zudem werden nur die Kürzungen der vergangenen Jahre kompensiert. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach fordert: „Es muss genügend Geld zur Verfügung gestellt werden, und zwar eine Milliarde on top.“

Auch bitter für die SPD: Einige Sozialleistungen werden per Gießkanne gewährt. Es profitieren also auch die Wohlhabenden, die das Geld gar nicht nötig haben. So soll das Kindergeld um 25 Euro pro Monat angehoben werden – für Gutverdiener steigt der steuerliche Freibetrag entsprechend.

Das Prinzip Gießkanne gilt auch für die Mütterrente, die auf Wunsch der CSU ausgebaut wird. Steuermittel sind nicht eingeplant, sodass die Rentenkasse geplündert wird. Folge: Für „normale“ Renten ist weniger Geld da.

Auch bei der Leiharbeit ändert sich nichts. Im Koalitionsvertrag heißt es nur, man werde 2019 den bisherigen Stand „evaluieren“.

Zwiespältig ist auch, dass Midijobs „ausgeweitet“ werden sollen. Dabei handelt es sich um eine Gleitzone von derzeit 450,01 bis 850 Euro, in der die Sozialbeiträge der Arbeitnehmer nur langsam steigen. Die Beschäftigten sparen zwar Geld, haben aber später nur niedrige Renten. Buntenbach kritisiert: „Prekäre Beschäftigung muss eingedämmt werden – nicht ausgeweitet.“

Auch die Wochenarbeitszeit wird gelockert. Es soll eine Tariföffnungsklausel geben, die „Experimentierräume“ ermöglicht, sodass Betriebe „flexibel“ die wöchentliche Höchstarbeitszeit regeln können. Buntenbach: „Wir wollen nicht noch mehr Verfügbarkeit rund um die Uhr, das sollte ein Koalitionsvertrag in aller Klarheit ausschließen.“

Die Gewerkschaften schmerzt besonders, dass die Befristung von Stellen weiter unbegrenzt möglich ist. „Die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung ist eine unserer Kernforderungen“, erklärt Buntenbach. „Dies darf in einem Koalitionsvertrag nicht fehlen.“

Die sozialpolitischen Erfolge der SPD sind also übersichtlich. Immerhin wird etwas gegen Kinderarmut getan: Für einkommensschwache Familien wird der Kinderzuschlag erhöht und der Eigenanteil am Schulessen entfällt.

Für Mieten soll gelten, dass Modernisierungskosten künftig nicht mehr zu einer Mietsteigerung von 11 Prozent führen. Diese Modernisierungsumlage soll angesichts der niedrigen Zinsen sinken.

Bleibt der einzige echte Erfolg der Sozialdemokraten: Die paritätische ­Finanzierung der Krankenkassen wird wieder eingeführt. Künftig werden die Arbeitgeber wieder genauso viel einzahlen wie die Arbeitnehmer, was die Beschäftigten um etwa 7 Milliarden Euro entlastet. Damit wird ein Fehler der rot-grünen Agenda 2010 korrigiert.

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