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Drohnenattacke auf den KremlAngriffe in Russland nehmen zu

Drohnen sollen den Kreml attackiert haben. Der Präsident blieb dabei wohl unversehrt. Auch sonst findet der Krieg vermehrt auf russischem Boden statt.

Videos in den sozialen Medien sollen einen Drohnenangriff auf das Senatsgebäude des Kremls zeigen Foto: Ostorozhno Novosti/reuters

Zum ersten Mal in diesem Krieg ist der Kreml direkt mit Drohnen angegriffen worden. Dies berichten ukrainische und russische Telegram-Kanäle übereinstimmend. Der Angriff war bereits in der Nacht auf Mittwoch erfolgt, wurde jedoch erst im Laufe des Tages gemeldet.

„Dem russischen Präsidenten ist bei dem Angriff nichts passiert“, meldet der ukrainische Telegram-Kanal „Charkow1654“ mit einem Unterton von Genugtuung. Und die meisten KommentatorInnen drücken mit einem „Schade“ und „Das tut mir leid“ ihr Bedauern darüber aus, dass Kremlchef Wladimir Putin bei diesem Angriff eben nicht getroffen wurde.

Kein Verständnis für diese Schadenfreude hat man erwartungsgemäß im Kreml. Im Gegenteil: Moskau hat am Mittwoch umgehend die Ukraine für die Attacke verantwortlich macht. „Die russische Seite behält sich das Recht vor, Vergeltung zu üben, wo und wann sie es für richtig hält“, heißt es in einer Erklärung des Kreml. Mit Bekanntwerden des Drohnenangriffs haben die Moskauer Behörden jeglichen mit den staatlichen Stellen nicht abgestimmten Einsatz von Drohnen verboten. Gleichwohl soll die für den 9. Mai geplante Parade zum Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges auf dem Roten Platz stattfinden.

In der Ukraine zeigt man sich überrascht von diesem Angriff auf den Kreml. Man habe keine Informatio­nen über diesen Angriff, ließ der Sprecher von Präsident Wolodimir Selenski, Serhij Nikiforov, verlauten, so „Charkow1654“. Der Ukraine gehe es um die Befreiung der eigenen Gebiete und nicht um einen Angriff auf anderer Territorien, so Nikiforov.

Ein kleiner russischer Telegram-Kanal hatte zuerst von dem Angriff berichtet. Dieser hatte Augenzeugen zitiert, die einen Knall wie einen rollenden Donnerschlag beschrieben und Funken am Himmel gesehen haben wollen. Die Drohnenattacke auf den Kreml zeigt aufs Neue, dass der Krieg gegen die Ukraine längst auf russischem Territorium angekommen ist. Der Vorfall reiht sich dabei ein in eine Serie weiterer Angriffe und Anschläge auf russischem Territorium.

In Russland regt sich Kritik am Krieg

Bereits am Dienstagabend ist in der Region Brjansk ein Anschlag auf die Eisenbahn verübt worden. Dabei waren nach einer Explosion nahe dem Bahnhof Sneschetskaya 20 Güterwagen und eine Lokomotive entgleist. Auch der Gouverneur der Region, Aleksandr Bogomaz, hatte von einer Explosion gesprochen. Bereits am Montag hatte es dort einen ähnlichen Angriff auf einen Zug gegeben.

Gleichzeitig ist am Mittwochmorgen in der Region Krasnodar ein mit Ölprodukten beladenes Tankschiff nahe dem Hafen von Taman in Brand geraten. Der Gouverneur der Region Krasnodar, Wenjamin Kondratiew, stufte das Feuer als sehr gefährlich ein. So sei ein Tank mit einem Volumen von 20.000 Kubikmetern in Brand gesteckt worden. Insgesamt seien 1.200 Quadratmeter von dem Brand betroffen, zitiert das Portal svoboda.org den Chef des Gebietes Temrjuk, Fedor Babenkow. Auch hier wollen Anwohner zuvor eine Explosion gehört haben. Hinzu kommt der Brand in einem Öldepot Ende April in Sewastopol.

Erstmals seit Monaten scheint sich in Russland öffentlich Kritik an Moskaus Krieg zu regen. So berichtet der Moskauer Kommunist Kirill Medwedew auf seiner Facebook-Seite von einer Kundgebung sibirischer Kommunisten in Nowosibirsk, die mit den Parolen „Keinen Krieg – außer den Klassenkampf!“, „Friede den Völkern“, „Nein zum politischen Terror“ am 1. Mai auf die Straße gegangen waren.

Die Menschen würden nicht verstehen, wofür sie ihr Leben her­geben, hatte ein Redner auf dieser von den Behörden genehmigten Kundgebung ausgerufen. Irgendwelche Verrückte würden über die staatlichen Fernsehkanäle aufrufen, London und Washington mit Atomwaffen zu bombardieren, beklagte sich der Redner. Und wenn schon alles nach Plan verlaufe, „ja dann zeigt uns doch diesen Plan“, zitiert Medwedew den Redner der kommunistischen 1.-Mai-Kundgebung in Nowosibirsk.

Derweil ist die Ukraine erneut von einer Serie russischer Angriffe erschüttert worden. Am Mittwoch schlugen Raketen in der südukrainischen Stadt Cherson ein. Dabei sind nach Angaben ukrainischer Ermittler vom Mittwochnachmittag 16 Menschen getötet worden. Zwei Raketen haben zudem Saporischschja getroffen. In der Stadt Kostjantyniwka ist bei russischen Angriffen eine Person verwundet worden.

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58 Kommentare

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  • Der Zeitpunkt ist hier maximal peinlich für Russland.



    Vor Kurzem griff die Ukraine ein Treibstofflager in Sewastopol an, zur Vergeltung griff Russland mit Luft-Bode-Marschflugkörpern an. Die Bomber waren nur halb beladen – mutmaßlich wegen Munitionsknappheit.

    Nach den Einschlägen in Moskau zitiert die Tagesschau den Kreml mit



    "Man behalte sich das Recht vor, darauf mit Vergeltungsmaßnahmen zu reagieren, wo und wann man dies für richtig halte." – Man traut sich also nicht mal mehr zu ernsthaften Ankündigungen.



    www.tagesschau.de/...enangriff-100.html



    Es gab bis jetzt eine neue Welle an Shahed-Drohnen gegen die Ukraine, aber auch das war von der Größenordnung kaum mehr als der Marschflugangriff nach Sewastopol. Und ein Treibstofflager ist nunmal eine andere Kategorie als das miltärische und politische Schaltzentrum. Das Ganze wirkt auch eher nach Sparflamme verglichen mit den Angriffen über den Winter.

    Nun werden auch Paraden zum 9.Mai abgesagt.



    Ofifziell wegen Sicherheitsbedenken. Aber es ist eine Art offenenes Geheimnis, dass sich so auch der hohe Blutzoll der "Spezialoperation" besser verstecken lässt.

    Unter der Prämisse, dass man der Welt vorführen wollte, wie sehr Russland auf dem Zahnfleisch geht, hätte es wohl kaum einen besseren Zeitpunkt gegeben.

  • @ Machiavelli und Suryo:

    Gerne erkläre ich was ich mit dem Begriff Sparflamme meine. Die Verluste bei den Soldaten sind auf beiden Seiten enorm. Natürlich auch beim Material.



    Russland hat bisher erst eine Mobilisierungswelle eingeleitet, die Ukraine schon über 10. Russland hat beim Material Vorteile (dort wo es Mängel gibt springen leider andere Länder ein) und bei der "manpower" natürlich auch. Russland könnte theoretisch noch Millionen von Soldaten mobilisieren und hat im Osten, um seine Flanke bzgl Japan und China abzusichern auch noch Zehntausende teilweise erfahrene Soldaten.



    Warum macht Putin (bisher) erst wenig Gebrauch vom Potential? Ganz einfach; das Leben in Russland soll so normal wie möglich weitergehen. Und bisher klappt das auch sehr gut. Putin versucht mit möglichst "geringem" Einsatz das Maximum rauszuholen. Ja, er hat sich enorm verkalkuliert und erhöht Schritt für Schritt seinen Einsatz.



    Ich glaube viele im Westen machen sich gar nicht deutlich wie prekär die Situation mittelfristig für die Ukraine ist.



    Wir sollten vielleicht im Westen mehr einen Fokus auf Wohl der Menschen in der Ukraine legen. Ich finde die Zahlen bei einem "kleinen" Land wie der Ukraine sehr



    erschreckend.



    www.proasyl.de/pre...galen-weg-zu-asyl/

    • @Alexander Schulz:

      "Russland könnte theoretisch noch Millionen von Soldaten mobilisieren" bleiben wir bei den Fakten Russland hat 2 Millionen Reservisten die irgendwann in den letzten zehn Jahren Wehrdienst geleistet haben, die müsste man erst-mal trainieren. Davon sind min. aber schon 500.000 mobilisiert, wieiviele davon geflohen sind, gar nicht mehr tauglich sind etc. wissen vermutlich nichtmal die Russen selbst. Klar kann man ungediente einziehen und trainieren aber die Kapazitäten hat Russland nicht. Schon jetzt sind viele Ausbilder an der Front. Wer in der Armee sein will ist in der Armee.

      Materiell setzt Russland inzwischen T-54/55 Panzer ein, die T-62 wurden auch eingesetzt. Überall beklagen sich russische Soldaten über Material und Munitionsmangel. Mit was sollen die Millionen Soldaten ausgerüstet werden? Lendenschurz und Speere?

      "Wir sollten vielleicht im Westen mehr einen Fokus auf Wohl der Menschen in der Ukraine legen. Ich finde die Zahlen bei einem "kleinen" Land wie der Ukraine sehr "

      Da Russland nicht zu Verhandlungen bereit ist gibt es dann nur eine Lage die NATO interveniert. Dann zieht sich Russland nach spätestens 72h zurück oder die russische Armee in der Ukraine wird ausgelöscht.

    • @Alexander Schulz:

      "Wir sollten vielleicht im Westen mehr einen Fokus auf Wohl der Menschen in der Ukraine legen." Das tun wir, wenn wir die Ukraine bei ihrem Kampf unterstützen. Oder ist für Sie für das "Wohl der Menschen" dort besser, dass Putin die Ukraine beherrscht?

      • @Hans aus Jena:

        Sie machen sich es etwas zu einfach. Das Putin die Ukraine beherrscht sollte doch nun wirklich kein akzeptables Ziel. In der Ukraine gibt es immer mehr Menschen, die eine friedliche Lösung bevorzugen. Es hat ja bisher schon einige Verhandlsfenster gegeben. Es bleibt zu hoffen, dass das nächste Fenster besser genutzt wird. Natürlich hat ein langer Krieg auch Vorteile, aber eben nicht für die betroffenen Menschen! Letzteres sollte im Vordergrund stehen.

    • @Alexander Schulz:

      Prigozhin hat heute in einer öffentlichen Videobotschaft angekündigt, dass sich die Wagnersöldner am 10. Mai wegen Munitionsmangels aus Bakhmut zurückziehen werden.



      Wie ordnen Sie diese Nachricht ein?



      Fällt das jetzt, angesichts der bislang 100.000 russischen Toten/Verletzten an diesem Frontabschnitt unter "mit geringem Einsatz wurde das Maximale herausgeholt", oder unter "bisher klappt das auch sehr gut"? Denken Sie, dass Prigozhin seine öffentlichen, mit Mutterflüchen garnierten Angriffe auf den russischen Generalstab mit Putin abgesprochen hat? Welcher weise strategische Plan steckt hinter dem, wenn man ihren Ausführungen folgt, künstlich erzeugten Munitionsmangel bei einem Eroberungsversuch, der seit Monaten von der russischen Propaganda als kriegsentscheidend verkauft wird?

      • @Barbara Falk:

        Prigozhin wird den Machtkampf gegen das Verteidigungsminesterium verlieren. Aber glauben Sie, dass das Auswirkungen auf den Kriegsverlauf hat?

        Andere Frage;

        Gibt es Ihnen nicht zu denken, dass es in der Ukraine mehr Männer vor dem Wehrdienst fliehen als in Russland?

        www.proasyl.de/pre...galen-weg-zu-asyl/

    • @Alexander Schulz:

      Was fasziniert Sie so an Russland, dass Sie sich ihm unbedingt unterwerfen wollen? Ihre ganzen Kommentare seit Monaten drücken eine regelrechte Ehrfurcht vor der angeblichen Macht und Stärke dieses faschistoiden, uns und allen Freiheiten feindlichen Landes aus.

      • @Suryo:

        Ich denke, dass ich Russland (und auch die Ukraine wo notwendig) deutlich und klar kritisiere in meinen Beträgen, aber ich lasse meinen Blick sicherlich nicht durch Emotionen oder Sympathien blenden. Für mich sind Fakten und das Wohl der betroffenen Menschen am wichtigsten.

  • Ja das Kremlregime muss besiegt werden. Selbstverständlich. Sie sehen ja, wie von den verbliebenen RussInnen keine offensive Kraft ausgeht, um den Kreml zum Rückzug aus der Ukraine zu zwingen.

  • Mir fiel da sofort Gleiwitz ein...

  • Der Drohenangriff scheint inszeniert zu sein. So, dass es es jede Menge Auffälligkeiten gibt. Nicht mal das bekommen die hin.... Zu befürchten ist, dass dies als Vorwand für eine erhebliche Racheaktionen dienen wird. Aber da sollte der Westen mal klare rote Linien ziehen, damit die Verbrecher im Kreml nicht auf dumme Ideen kommen. Es wäre überhaupt an der Zeit, die Ukraine mit allem auszustatten was sie benötigt, inkl. moderner Kampfjets. Und hoffentlich bleibt von den russichen Angreifern dann nicht mehr viel übrig.Inkl. der pyhsischen Entfernung von Medjedew und Putin.

    • @maestroblanco:

      Scheint inszeniert zu sein ist vielleicht gut. Aber um Racheakte geht es offenbar nicht, eher darum, das peinliche Eindampfen der Siegesparaden vermitteln zu können, denn das ist wirklich peinlich und peinlich mag der Kreml gar nicht. Auch nicht so dass sie bisher einen Anlass brauchten oder es nötig hatten, ihre Gräuel zu begründen oder gar zu rechtfertigen, wie auch immer man das anstellt. Hier kam jetzt mal keiner zu Schaden, bisschen Pyrotechnik für's Abendprogramm. Ich erinnere aber noch mal und daran wie alt das ist: vor knapp 25 Jahren traf es ganze Wohnkomplexe. Weit über 1.000 Opfer, über 1.000! Hunderte tot. Aber da ist noch (lange) gutes Gas geströmt. Nun, da kein Sprit mehr kommt, da solle der (...) Westen doch bitte mal klare rote Linien ziehen. Also das Selbstverständnis hierzulande ist auch ein wenig speziell.

  • Das ist halt Russische Propaganda und alle springen drauf an.

    Die Drohnen sehen auch nicht aus wie die, welche von der Ukraine eingesetzt werden, auf der Kuppelvom Kreml sind Menschen zu sehen und die Drohen sind von alleine Explodiert.

    Es gibt kein Abwehrfeuer und die Drohnen müssen sehr klein gewesen sein, also wenn man Putin töten möchte, dann würde man das auch schaffen, über Gift oder sniper direkt.

    Putin will halt seine Kriegsverbrechen in der Ukraine Rechtfertigen, nicht mehr und nicht weniger hat es sich mit dem angeblichen Anschlag auf sich!

    • @udo123:

      "...wenn man Putin töten möchte, dann würde man das auch schaffen, über Gift oder Sniper direkt."



      Das hat die CIA über Fidel Castro auch geglaubt. Erfolgreich war sie trotzdem nicht.



      Nicht dass ich irgendwelche Theorien aufstelle. Ich weise nur darauf hin, dass derartige kernige Aussagen auf tönernen Füßen stehen.

  • Vielleicht sollte man nicht unerwähnt lassen, dass eine ziemlich hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass es sich um eine russische False Flag Operation handelt. Zufällig wurde das Ganze in HD und Farbe gefilmt, zufällig wurde die Drohne abgeschossen, als die symbolträchtigen Gebäude des Kreml schön im Bild waren.

    Nichtsdestotrotz muss man sich als Aggressor darauf gefasst machen, dass der Krieg, den man angefangen hat, irgendwann zu einem nach Hause kommt. Deutschland weiß das bekanntlich ziemlich gut.

  • So Makaber das ist,je mehr Russland angegriffen wird, desto mehr Russen werden anfangen Nachzudenken.

    • @ulf hansen:

      Ist das so?

      Ähnlich hat man im Zweiten Weltkrieg beim sog. "Moral Bombing" auch gedacht und im Prinzip genau das Gegenteil damit erreicht. Ist der Krieg weit weg (wie z.B. damals bei den Amerikanern in Vietnam oder den Russen in Afghanistan), lässt sich viel leichter ein Kriegsende herbeiführen, als wenn die Bevölkerung sich selbst als angegriffen und Teil des Krieges betrachtet. Dann rechnet man die Opfer auf und fordert als "Kompensation" schnell einen Siegfrieden, damit die Opfer nicht "umsonst gestorben" sind.

      Ich denke, solche Operationen nützen eher den Falken und weniger den Tauben.

      • @Cerberus:

        Falls diese Attacke tatsächlich der Ukraine zuzuschreiben sein sollte, dann glaube ich kaum, dass sie durchgeführt wurde im Sinne eines moral bombings.

        Mal ganz abgesehen davon, dass der Vergleich absurd, denke ich eher, dass in diesem Fall der Angriff nur die Möglichkeit eines solchen Angriffs verdeutlichen sollte.

        Ein Hauch von "der Krieg kommt nachhause".

  • Objektiv betrachtet sollte man solchen Aktionen keinen Erfolg wünschen. Putin hat die ganze liberale Opposition ausgeschaltet - ein Nachfolger wäre weniger "moderat". Man darf nicht vergessen, dass Russland bisher den Krieg auf "Sparflamme" führt, um die Auswirkungen auf die russische Gesellschaft gering zu halten. Bei den potentiellen Nachfolgern dürfte das nicht mehr der Fall sein.

    • @Alexander Schulz:

      "ein Nachfolger wäre weniger "moderat""

      Das hat man vor dem Krieg in Ukraine auch erzählt und davor vor der Krimannexion.

    • @Alexander Schulz:

      Der gegenteilige Ausgangpunkt ist oft der effektivste. Ein "Falke" im Kreml, der nicht - wie Putin - sein Schicksal an den Krieg verpfändet hat, braucht nach einem Firedensschluss im Zweifel weniger um seine Haut zu fürchten als ein West-offener Oppositionskandidat. Denn er ist selbst eigentlich die potenzielle Opposition zu einem Friedenskurs. Wenn ER schon sagt, "Lasst uns dieses unselige Experiment beenden", wer wird ihn dafür angreifen wollen?

      Es wäre auch nicht das erste Mal, dass gerade große, unangenehme Schritte in politisch vermintem Gelände erst möglich wurden, wenn jemand an die Macht kam, dem man die eigentlich idelogosch absprechen würde. So brauchte es - neben der reinen Sachlage -:

      - die friedliebenden Isolationisten Wilson und Roosevelt, um die USA zur Teilnahme an den Weltkriegen zu bewegen



      - den Erz-Republikaner Nixon, um umgekehrt die USA aus Vietnam wieder zu extrahieren



      - den berüchtigten Aussitzer Kohl, um die Wiedervereinigung im Galopp durchzuziehen



      - den Ex-Jusochef Schröder, um schmerzhafte Einschnitte im Sozialstaat vorzunehmen



      - die Unions-Ikone Merkel, um den Atomausstieg endgültig zu machen und (Noch-)CSU-Kronprinzen Guttenberg, um den Wehrdienst abzuschaffen usw.

      Ich sage nicht, dass all das "segensreiche" Entwicklungen waren. Sie haben nur gemein, dass sie allesamt Schwerstgeburten waren, die wahrscheinlich gar nicht politisch MÖGLICH gewesen wären, wenn nicht ihre vermeintlichen Gegner selbst diejenigen gewesen wären, die sie verantwortlich umzusetzen hatten.

      • @Normalo:

        Interessanter Ansatz!

    • @Alexander Schulz:

      Ein Nachfolger wäre weniger moderat?

      Das sollten Sie erklären und vielleicht sollten Sie auch erklären, warum die Ukraine nicht das Recht hat, das zu tun, was Russland seit über einem Jahr tut.

      • @Jim Hawkins:

        Es geht hier nicht ums Recht haben sondern um die Effekte, die es hätte, den Krieg durch Anschläge auf russische Städte mehr nach Russland selbst und näher an die russische Zivilbevölkerung heranzutragen. Z. B. waren die Mobilmachungen Putins in der russ. Bevölkerung bisher wohl eher unpopulär. Das sollten sie auch möglichst bleiben, wenn die Ukraine nicht noch mehr Blutzoll zahlen soll, als sie es jetzt schon tut. Je mehr Anschläge auf russ. Boden und je näher an der Zivilbevölkerung dran, desto grösser das Risiko, dass die russ. Bevölkerung endgültig auf Putins Narrativ von der "Selbstverteidigung Russlands" in der Ukraine hereinfällt. Worauf die Schwierigkeiten der russ. Mobilisierung ab- u. die ukr. Verluste zunehmen würden.



        Im Übrigen nervt es langsam wirklich, das jedes auch noch so begründete in Fragestellen einer Taktik o. Strategie reflexhaft mit einem Gerechtigkeitsfuror abgewürgt werden soll.

        • @Fossibaerin:

          Danke für ihre Ausführungen. Hinzufügen möchte ich noch, dass es für die ukrainische Regierung nicht erstrebenswert sein sollte sich ähnlich wie Russland zu verhalten. Sollte man nicht vielleicht eher versuchen einen "Gegenmodell" zu Russland zu bilden?

    • @Alexander Schulz:

      Wer kommt auf die Idee, Putin sei das Ziel der Angriffe gewesen? Drohnen sind ein hervorragendes Mittel, um kleine Ziele, wie z.B. Panzer, Infrastruktur und Fahrzeuge, zu bekämpfen. Eine Bombe, die ein immens gesichertes Gebäude, wie den Kreml, durchschlagen könnte, kann eine Drohne jedoch nicht tragen. Dafür ist sie schlicht zu klein und eine bunkerbrechende Bombe wiegt ca. 13 Tonnen.

    • @Alexander Schulz:

      Was soll Russland noch aktivieren wenn es auf Sparflamme? Krieg führt? Es hat noch die Wehrpflichtigen und das wars.

    • @Alexander Schulz:

      Putin hat in den letzten zwei Jahrzehnten einen Personenkult um sich herum aufgebaut, der einiges zur Unterstützung des Krieges durch das Staatsvolk beiträgt. Ohne Putin kein Kult. Jedweder Nachfolger, so es denn überhaupt einen reibungslosen Übergang gibt, hätte es ungleich schwerer, den selbstmörderischen Unsinn, den Russland in der Ukraine betreibt, zu rechtfertigen.

    • @Alexander Schulz:

      Wie gut dass es Putin gibt!



      "ein Nachfolger wäre weniger "moderat".



      Wer sind denn aus ihrer Sicht Putins "potentielle Nachfolger"?

      • @Barbara Falk:

        Ich finde das Thema viel zu Ernst um darüber Witze zu machen! Vielleicht sollten Sie sich verdeutlichen, dass Krieg eine ernste Angelegenheit ist bei denen sehr viele unschuldige Menschen ums Leben kommen!

        Nennen Sie mir doch bitte nur einen potentiellen Nachfolger, der "moderater" wäre! Diese ganz Wunschträumerei bringt nichts!

        • @Alexander Schulz:

          "Ich finde das Thema viel zu Ernst um darüber Witze zu machen! "



          Und ich finde das Thema zu ernst, um, wie Sie, leere, raunende unheilheischende Phrasen zu dreschen, vor allem wenn es um Fragen geht, die reine Sachfragen sind, auf die es eine eindeutige, konkrete Antwort gibt.



          Sie warnen nebulös vor einem Attentat auf Putin, weil seine "potentiellen Nachfolger" noch schlimmer sind. Der einzige (!) Nachfolger, den ich Ihnen nennen kann, ist der, der es in ihrem Attentatsszenario IST, das hat nichts mit meinem Wunschdenken zu tun.



          Wenn Putin gestern Nacht eine Kamikazedrohne auf den Kopf gestürzt wäre, wäre heute morgen Michail Mischustin, der Ministerpräsident der Russischen Föderation, als kommissarischer Präsident mit allen Vollmachten aufgewacht, außer der Vollmacht, das Parlament aufzulösen. Das steht hier:



          www.nomos-elibrary...2021-heft-1?page=1



          Artikel 92, Absatz 2 und 3.



          Und jetzt erläutern Sie mir bitte, warum Michail Mischustin schlimmer als Putin ist.

          • @Barbara Falk:

            Ich fürchte, dass sie die "demokratischen" Strukturen in Russland überschätzen. Mischustin würde sicherlich nicht der Nachfolger von Putin dafür hat er gar nicht die entsprechenden Seilschaften.

            • @Alexander Schulz:

              „Mischustin würde sicherlich nicht der Nachfolger von Putin dafür hat er gar nicht die entsprechenden Seilschaften.“



              Da Sie es scheinbar nicht verstanden haben: Wenn Putin plötzlich tot umfällt, IST Mischustin Kraft der Verfassung Präsident, er braucht dafür keine Seilschaften. Er ist die legitime Quelle der Machtausübung, u.a. ist er der Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Kein Soldat und Offizier ist an irgendwelche Befehle gebunden, die jemand anders gibt. Was meinen Sie was in der aktuellen Situation, mitten in einem bereits verlorenen Krieg, passiert, wenn sich jemand gewaltsam an Mischustins Stelle setzt? Die Armee wird sich auflösen, und nicht nur die.



              Oder aber niemand begeht die Dummheit eines Staatsstreichs, dann sind innerhalb von drei Monaten Präsidentschaftswahlen durchzuführen. Die sind zwar schon immer gefälscht, aber als Ritual unabdingbar (sogar Putin selbst braucht dieses Ritual). Und irgendwer wird Kandidat, oder sogar mehrere? Gibt es einen „Wahlkampf“? Auf welchen Falken einigt man sich, und wieso überhaupt auf einen Falken? (Jetzt kommt Ihr Einsatz, Sie wissen es ja scheinbar, sowohl das wer als auch das warum).



              Und dann gibt es da noch das Volk, von dem auch in der russischen Verfassung „alle Macht“ ausgeht (Artikel 3). Wird Mischustin, der Präsident auf drei Monate, der keine informelle Macht besitzt, die Menschen auch, wie Putin, von der Straße prügeln lassen? Wird er es überhaupt versuchen? Wieso sollte er so einen eklatanten, offensichtlichen Verfassungsbruch (gegen Artikel 31, das Recht auf Versammlung) begehen? Er hat ja schließlich auch Eigeninteressen, z.B. sein Leben nicht in einer Gefängniszelle zu beenden. Verfassungswidrige Befehle, die er erteilt, werden nicht überall und nicht von allen befolgt werden.



              Und so ganz „nebenbei“ muss er noch Krieg führen. Für die Entscheidung, ob er den weiterführt, hat er keine 3 Monate Zeit, allenfalls ein paar Tage, sonst wird er Putins Taten mit ausbaden müssen.

              • @Barbara Falk:

                Ich glaube, dass Sie die den Zustand den russischen Staates nicht ganz verstehen.



                Russlands "demokratische" Strukturen sind inzwischen nur noch Dekoration.

    • @Alexander Schulz:

      Krieg auf Sparflamme?

      100.000 Mann Verluste allein um Bachmut. Das Ganze hat nun mal nicht drei Tage gedauert und man wurde auch nicht von jubelnden Ukrainern empfangen.

      Wenn Sparflamme, dann deswegen, weil man einfach kaum Ausrüstung und auch kaum Kampfmoral hat.

      Die russische Bevölkerung ist dem Kreml wie eh und je vollkommen egal.

  • Naja, wenigstens hat der fsb Humor. Eine false flag op gegen eine Flagge.

    Vielleicht hätten die auch noch zwei TV Teams vor dem Einschlag hinschicken sollen, damit die Videoqualität und -menge noch besser wäre.

  • Ich denke das ist inszeniert. Damit kann man nun den Einsatz von Vernichtungswaffen legitimieren, zum Schutz Russlands. Und die anstehende ukrainische Offensive bearbeiten. Anders hat doch Russland keine Chance, die verlieren sonst den Krieg jämmerlich.

  • Hm. Wie war das 1999 mit den Anschlägen, angeblich durch tschetschenische Terroristen durchgeführt [1]? Die dann den zweiten tschetschenischen Krieg rechtfertigten?

    Das Drehbuch sieht verblüffend ähnlich aus. Der Regisseur damals auch... Putin.

    @A-- Danke für den Text. Sehe ich auch so.

    [1] en.wikipedia.org/w...apartment_bombings

  • Ich bin aus Russland und hier lesen wir Zeitungen und Artikel uber diese Situation.



    Dieser Angriff - es ist nichts fur uns (fur normale Leute). Wir verstehen und sehen, dass es passiert gegen Faschist Putins und seine Faschisten-Gehilfe.

    Unsere russische faschistische Propaganda spricht taglich von einem Fernseher, dass Leute und Regierung con Ukraine sind "Terroristen" und "Moerdern". Aber wir konnen sehen:



    Diese Burgerkrieg in der Ukraine dauerst schon seit 9 Jahre und alle diese Zeit gab es keinen Angrief zu Russland. Einfach keinen...

    Und was ist jetzt? Jetzt gibt es nur Angriffe zu unsere Militar und Staatliche Objekte - nur Ol-Werke, ein Guterzug und jetzt - Kreml.



    Keinen friedliches Objekt oder friedliches Mensch...

    Was bedeutet das? Das bedeutet, dass Leute in Ukraine sind normale Leute - genau so wie wir. Sie haben Recht ihre Heimat zu schutzen.

    Und was machen unsere (aber ich hasse dieses Wort - "Unsere") russische "Die Neue Waffen SS"? Sie zerstoren ukrainische Stadten und bleiben Leute ohne Hauser...

    So, was kann ich sagen? Nicht alle Russen sind Faschisten - es gibt viele normale Leute. Und wenn Kreml wird in eimen Feuer brenne, wir werden nur froh sein...

    Das einzige, wovor wir Angst haben - eine neue Mobilmachung - wir wollen nicht sterben, aber auch wir wollen keine undschuldige Leute toten...

    P.S. Ich entschuldige fur Fehler ind diesem Text - leider ich beherrsche Deutsch nicht besonder gut...

    • @A--:

      Vielen Dank für diese Worte - ich wünsche Ihnen alles Gute 🍀👍🏻!

      • @TerryX:

        Danke :)

    • @A--:

      Natürlich gibt es genug Russen die gegen den Krieg sind, aber sie sind zu leise, wenn sie überhaupt noch was sagen, egal ob privat oder öffentlich. Vielleicht braucht es sogar eine Mobilmachung Russlands oder einen russischen Angriff auf Finnland, Polen oder einen der baltischen Staaten damit die Stimmung auch in der Armee und in den Geheimdiensten endlich gegen Putin kippt.



      Die Frage wird aber weiterhin sein, wie geht es mit Russland nach Putin weiter. Eine Problematik die wir Deutschen hatten und im zweiten Versuch gelöst haben.

  • Good luck, kann ich da nur sagen.

    Warum sollte die Ukraine auch nicht den Kreml angreifen?

    • @Jim Hawkins:

      das war ziemlich sicher Russland selbst.

      • @Machiavelli:

        @Machiavelli

        Nein, das war keine false flag Aktion Russlands, dafür ist eine Drohne über dem hochgerüsten und als sicher verstanden Kreml eine zu peinliche Blamage.

      • @Machiavelli:

        Ich stimme ausnahmsweise R. Veser von der FAZ zu:



        "Falls es ein Angriff der Ukrainer oder russischer Regimegegner war, ist das Geschehen ein Offenbarungseid für Militär und Geheimdienste in Russland. Und falls es – was freilich unwahrscheinlich scheint – ein inszenierter Angriff gewesen sein sollte, um vor den Russen und der Welt eine neuerliche Eskalation des Kriegs zu rechtfertigen, dann müsste die Verzweiflung im Kreml schon sehr groß sein."



        Beide Szenarien sind unwahrscheinlich, weil der Angriff weder der Ukraine noch Putin nützt.

        • @Günter Picart:

          Nicht Putin aber Wagner oder Rechten Hardlinern.

        • @Günter Picart:

          "Beide Szenarien sind unwahrscheinlich, weil der Angriff weder der Ukraine noch Putin nützt."



          Dann war es wohl Matthias Rust.



          Aber ernsthaft: Nicht erst seit Kriegsbeginn inszenieren Akteure im aufgeblähten russischen Polizei- und Sicherheitsapparat die Probleme und Gefahren, die sie dann erfolgreich und öffentlichkeitswirksam "bekämpfen", selbst. Irgendwie muss man seine Existenz ja rechtfertigen.

    • @Jim Hawkins:

      Ich weiß ja nicht. Der praktische Nutzen der Aktion an der Front, dürfte, anders als etwa abgebrannte Treibstoffdepots, gegen Null gehen. Und, dass man sich Chancen ausgerechnet haben sollte damit tatsächlich Putin auszuschalten scheint mir eher unwahrscheinlich.



      Propagandistisch dürfte davon jedenfalls vor Allem Putin profitieren weil er nun etwas hat um die absurden Behauptungen zu untermauern es drohten Angriffe russisches Territoriums oder gar eine Invasion und die 'Spezialoperation' sei zu deren Abwehr notwendig.

      • @Ingo Bernable:

        "Propagandistisch dürfte davon jedenfalls vor Allem Putin profitieren weil er nun etwas hat um die absurden Behauptungen zu untermauern"



        Das ist zwar grundsätzlich richtig, aber... ich hab irgendwie nicht den Eindruck, dass er das bislang gebraucht hätte?

        • @Encantado:

          Na ja, das ultra-rechte Spektrum will Erfolge sehen, selbst Prigoschin übt offene Kritik und die ukrainische Gegenoffensive steht unmittelbar bevor. So ganz ohne jeden Rückhalt wird selbst Putin nicht agieren können.

      • @Ingo Bernable:

        Wenn man mit zu viel "Logik" versucht zu analysieren müsste man zb auch einen Anschlag von Russland auf die Pipelines ausschließen. Krieg hat leider nur bedingt Logik und Selenski ist druchaus für emotionale Entscheidungen bekannt.



        Möglich ist alles, aber der Nutzen von Putin seinen eigenen Bürgern zu zeigen wie verwundbar er ist, dürfte sich in Grenzen halten.



        Jeder der sich ein wenig mit Putin beschäftigt hat, sollte wissen, dass "Stärke" und "Unverwundbarkeit" wichtige "programmatische" Punkte für ihn sind.

        • @Alexander Schulz:

          "Selenski ist durchaus für emotionale Entscheidungen bekannt."



          Nennen Sie doch mal bitte beipielhaft emotionale Entscheidungen Selenskys.

        • @Alexander Schulz:

          Aber Putin ist halt auch nur ein Akteur unter vielen. Wagner und Rechte Gruppen könnten meinen Russland müsse jetzt endlich richtig Krieg führen bevor alles verloren ist. Da kann so eine Aktion Sinn machen.

          • @Machiavelli:

            Putin kontrolliert das Militär und die Geheimdienste. Er ist die mächtigste Person in Russland.

        • @Alexander Schulz:

          Ich sehe da keinen Widerspruch, die glorreichen russischen Sicherheitskräfte haben Putins Unverwundbarkeit doch demonstriert in dem sie gezeigt haben, dass sie so eine Drohen selbst noch ein paar Meter vor dem Einschlag abfangen konnten.

      • @Ingo Bernable:

        Ich sehe das einfach als kleines Zeichen.

        Warum sollte man das infrage stellen, wo Russland Tag für Tag ukrainisches Territorium angreift?

        Football ist coming home.