piwik no script img

Die Linke und der UkrainekriegChance auf Glaubwürdigkeit

Gastkommentar von Thorsten Holzhauser

Die Linkspartei sollte ihren Russland-Kitsch endgültig ablegen. So würde auch ihre Kritik am Westen überzeugender.

Demonstrierende der Linken mit Friedenstaube-Fahnen in Berlin Foto: Florian Boillot

D ie Partei Die Linke ist wieder auf Kurssuche. Die Partei- und Fraktionsspitze hat den Angriff Russlands auf die Ukraine klar verurteilt und damit die „Russia-Today-Fraktion“ in der Partei verprellt. Vor blau-gelben Solidaritätsbekundungen aber, erst recht vor der Unterstützung durch Waffenlieferungen, scheut die Partei weiter zurück. Sie zieht das neutrale Weiß der Friedenstaube vor. „Die Waffen nieder“ statt „Waffen für die Ukraine“ scheint die Losung zu sein.

Warum tut sich Die Linke so schwer damit, sich in der Ukraine-Krise auf die Seite der Angegriffenen und der westlichen Welt zu schlagen? Und wie sieht linke Sicherheitspolitik aus, die sich von alten Vorstellungen befreit? Wer die Haltung der Linken zu Russland und zum Westen verstehen will, muss auf die Geschichte blicken. Schon die Oktoberrevolution 1917 ließ in Teilen der deutschen Linken ein Russlandbild entstehen, das von tiefer Bewunderung geprägt war: In Moskau war der Fortschritt beheimatet – im Westen der Versuch, ihn aufzuhalten.

Ein Bild, das mit dem Zweiten Weltkrieg zur offiziellen Weltdeutung des europäischen Kommunismus wurde. Die SED und ihre Freunde in Westdeutschland sahen in der Nato ein Herrschaftsinstrument der USA zur „Versklavung der Völker Europas“. Die Sowjetunion dagegen war großer Bruder und Befreier vom Faschismus. Der Feind stand im Westen – im Osten wohnten Freunde. Auch nach 1990 wurden diese konträren Nato- und Russlandbilder in der „SED-Nachfolgepartei“ PDS wachgehalten – und dienten als Folie der Weltdeutung.

Nach dem Angriff des Irak auf Kuwait im Golfkrieg 1991 prangerten sozialistische Abgeordnete den „Bombenterror“ des Westens an. Das Eingreifen der Nato in den Kosovokrieg 1999 verurteilten sie als Angriffskrieg. Und nach den Terrorattacken vom 11. September 2001 gaben einige in der Partei den Amerikanern selbst die Schuld. Dass prominente Linke heute wieder lautstark auf die Provokationen des Westens verweisen, um die russische Aggression zu erklären, kommt daher nicht überraschend.

Andrea Schombara
Thorsten Holzhauser

ist Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter der parteiunabhängigen Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus in Stuttgart. Jüngste Veröffentlichungen: „Demokratie, Nation, Belastung. Kollaboration und NS-Belastung als Nachkriegsdiskurs in Frankreich, Österreich und Westdeutschland“ (2022) und „Die ‚Nachfolgepartei‘. Die Integration der PDS in das politische System der Bundesrepublik Deutschland 1990–2005“ (2019).

Von Russland-Freundschaft und Nato-Bashing

So offensichtlich die historischen Kontinuitäten sind – sie verdecken zugleich, dass die Partei auf ihrem Weg von der SED zur heutigen Partei Die Linke sicherheitspolitische Positionen entwickelt hat, die über Russland-Freundschaft und Nato-Bashing hinausgehen. Maßgebliche Vokabeln sind Verständigung, Multilateralismus und nicht zuletzt das Völkerrecht. Entsprechend begründete die PDS ihre Ablehnung des Nato-Einsatzes im Kosovo 1999 offiziell mit seinem völkerrechtswidrigen Charakter.

Die Allianz habe das Gewaltmonopol der Vereinten Nationen untergraben und einen problematischen Präzedenzfall geschaffen. Ein Vorwurf, den ähnlich auch Liberale wie Burkhard Hirsch erhoben. Dass Die Linke den Westen bis heute für unehrlich hält, wenn es um das Völkerrecht geht, ist also nicht nur ideologischer Ballast des Kalten Kriegs.

Auch die anhaltende Kritik der Partei an tödlichen Drohneneinsätzen der USA passt zu ihrer Völkerrechtsdogmatik. Der Anspruch ist klar: Wo andere dazu neigen, ein Auge zuzudrücken, wenn es um westliche Verstöße gegen Völker- und Menschenrechte geht, schaut Die Linke genauer hin und hält ihnen den Spiegel vor. Was aber ist daran falsch? Das Problem ist und war schon immer die Glaubwürdigkeit. Beim russischen Imperialismus wurden linke Augen in der Vergangenheit oft trüb.

Sei es im Fall Georgien oder nach der Annexion der Krim: Häufig flüchtete sich Die Linke in Relativierungen, statt den Aggressor klar zu benennen und Konsequenzen zu ziehen. Für die Partei- und Fraktionsführung ließ sich dieser Kurs nach dem Angriff auf die Ukraine nicht mehr halten: Der aggressive Völkerrechtsbruch geht eindeutig von Russland aus; die UNO ist durch das russische Veto im Sicherheitsrat blockiert; und Putin selbst hat bisherige Friedensinitiativen ins Leere laufen lassen.

Zwar gilt mehr denn je, dass ohne Russland kein Frieden in Europa zu machen ist. Ob er aber mit Putin zu machen ist, daran zweifeln auch Mitglieder der Linken. Was also tun, wenn die zentralen Maximen linker Sicherheitspolitik – Russland-Freundschaft und völkerrechtsorientierte Friedenspolitik – so offen im Konflikt miteinander stehen? Schon länger fragt sich ein zunehmend sichtbarer Teil der Partei, warum Linke Verständnis für einen autokratischen und imperialistischen Herrscher wie Putin aufbringen – für einen Rechten also, wenn man so will.

Angst vor Identitätsverlust

Eine Linke, die nahelegt, dass sie Putin durchgehen lässt, was sie am Westen kritisiert, ist unglaubwürdig

Sie fordern einen Kurs, der den innenpolitischen Emanzipationsanspruch der Partei auch außenpolitisch einlöst. Allerdings herrscht in der Linken die Sorge vor einem weiteren Identitätsverlust – nachdem sie schon ihren Status als „Ost-Partei“ verloren hat. Auf keinen Fall soll Die Linke so werden wie die heutigen Grünen, eine Partei des transatlantischen Konsenses, die Militäreinsätze im Ausland mitträgt und die Aufrüstung der Bundeswehr unterstützt.

Das aber ist nicht die Alternative. Dass Die Linke auf absehbare Zeit zum Nato-Fanklub wird, ist nicht sehr wahrscheinlich, selbst wenn sich die Parteispitze endlich dazu durchringen sollte, mit der Pro-Putin-Fraktion zu brechen. Auch die kremlkritischen Teile der Linken fürchten einen neuen deutschen Bellizismus und warnen den Westen vor einer „Eskalationsspirale“, wie es die Parteiführung formuliert. Eine klare Positionierung gegen Putins Russland wird daher auch kaum die prowestlichen Kritikerinnen und Kritiker der Partei beschwichtigen.

Sie könnte der Partei aber helfen, ihren eigenen Ansprüchen gerecht zu werden: Eine Linke, die nahelegt, dass sie Putin durchgehen lässt, was sie am Westen kritisiert, ist unglaubwürdig. Wenn sie aber ihren Russland-Kitsch ablegt und die Augen für den russischen Imperialismus öffnet, kann man ihre Kritik am Westen ernster nehmen, genauso wie ihre sicherheitspolitischen Konzeptionen. Ob man sie dann auch teilt, ist eine andere Frage.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

58 Kommentare

 / 
  • Die Linkspartei schafft nicht einmal deutliche Forderungen nach einem weitestgehenden Energieboykott. Nicht einmal diesen pazifistischen Weg unterstützt sie. Blamabel!

    • @Rudolf Fissner:

      "Nicht einmal diesen pazifistischen Weg unterstützt sie." (Fissner)



      Vielleicht wäre das eine "pazifistische" Idee. Aber wäre das denn auch ein erfolgreicher Weg um Putins Truppen umkehren zu lassen? Oder einfach nur eine nette Geste deren Auswirkungen in erster Linie uns selbst auf die Füße fallen? Leider beteiligen sich weltweit nur sehr wenige Länder daran, was an den Erfolgsaussichten schon zweifeln läßt:

      www.freitag.de/aut...Revue%20newsletter

  • "Eingreifen der Nato in den Kosovokrieg 1999" verharmlost der Autor wider besseres Wissen den Völkerrechtsbruch von NATO und BRD. Insbesondere der perfide Auschwbliebe viel Leid itz-Vergleich Joschka Fischers öffnete die Büchse der Pandora für die Verwilderung des Völkerrechts in den folgenden Jahrzehnten. Das tut der Autor nonchalant mit "Nato-Bashing" ab. Den Menschen in Serbien, Kosovo, Irak, Syrien, Afghanistan bliebe viel Leid erspart, hätten Nato und USA diese Kriege nicht geführt.

  • und die NATO und die Bundesrepublik sollte die Zusammenarbeit mit Erdogan und seiner Diktatur beenden und seine Kriege gegen Kurden wie auch in Libyen wirksamen Sanktionen unterwerfen. Das würde die Glaubwürdigkeit erhöhen.



    Konsequent gegen alle Diktatoren.

    • @nzuli sana:

      Da gehe ich mit, solange das nicht Putin relativiert. Der Putin und der Erdogan verstehen sich übrigens gar nicht so schlecht.

      Nebenbei sollte aber noch eine Sache hoffentlich klar sein. Russland ist das größte Land und laut Ranking die zweitmächtigste Armee der Welt. Direkt nach den Amis. Die drittmächtigste Armee hat China und die Rolle von China ist bisher unklar.



      Dieser Krieg ist moralisch nicht verwerflicher als das, was Erdogan mit den Kurden macht. Dieser Krieg ist aber deutlich gefährlicher für die gesamte Welt. Das sollte einem schon bewusst sein...

      • @Alfonso Albertus:

        " Dieser Krieg ist aber deutlich gefährlicher für die gesamte Welt."(A.Albertus)



        Ja, so stellt es sich für uns in Mitteleuropa verständlicherweise dar. Wenn dieser Krieg ausartet dann liegt bei uns alles in Schutt und Asche.



        Aber sieht das die "gesamte Welt" auch so? Oder ist das "nur" unsere eurozentrische Sichtweise?



        Alleine die Tatsache, dass die überwiegende Mehrzahl der Länder dieser Welt sich noch nicht mal an den Sanktionen beteiligen wollen, zeigt dass es da offenbar auch andere Sichtweisen gibt. Das macht mich schon nachdenklich:

        www.freitag.de/aut...Revue%20newsletter

    • @nzuli sana:

      Konsequent ist daran gar nichts



      Das würde das Bündnis gegen den Protofaschisten Putin massiv beeinträchtigen. Warum wollen Sie so etwas?

  • Boah. Schon wieder ein Artikel über die böse Linke.



    Liebe taz, bist du sicher, dass deine Berichterstattung ausgewogen ist?



    Linke Positionen haben es in der deutschen Presselandschaft ohnehin schon schwer genug. Da muss die taz doch nicht unbedingt mitmachen.



    Ich lebe im Osten und sehe tagtäglich, dass es nicht nur angeblich linke sind, die Putin relativieren. Das ist m.E. eher eine Frage des Alters bzw der älteren. Und die wählen querbeet: CDU, FDP, SPD, links und AFD. Nur grün nicht (aber das liegt an den Grünen😄).

    Selensky sagte heute vor dem Bundestag, dass er aus D immer nur "Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft" gehört hätte.



    War das die Position der Linken? Oder waren und sind das nicht die Positionen von CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen?



    Schon deshalb hatte ich mir eine Debatte über den Krieg statt die Impfpflicht gewünscht.

    • @Nansen:

      Klar wählen Putin-Freunde auch andere Parteien.

      Hier geht es aber um die offen agierende Pro-Putin-Fraktion der Linken, die es in den anderen Parteien aktuell so nicht gibt und die noch immer relativiert.

      Schröder ist isoliert und sagt nichts, Platzeck gab sich in dem Tat-Interview sehr kleinlaut.

      Die Putin-Freunde in den anderen Parteien schweigen weitgehend.

      Außerdem ist der Graben zwischen Anspruch und Wirklichkeit in den anderen Parteien weniger frappierend.

      Wer so hehre Ansprüche hat wie die Linke, muss sich gefallen lassen, daran selbst gemessen zu werden.

      Einen Oberoligarchen mit geschätzt 40 Milliarden Privatvermögen, der einen faschistischen Staate einrichtet und aus imperialistischen Ansprüchen heraus das Nachbarland überfällt, zu verteidigen, ist für eine pazifistische, antiimperialistische und antikapitalistische Partei ein Paradoxon.

  • "... kann man ihre Kritik am Westen ernster nehmen ..."

    Also die Kritik der letzten 30 Jahre, wird erst dann ernst genommen, wenn sich die Linke?, manche Linke? ja wer eigentlich? deutlicher von Russland distanzieren?



    Warum sollten sie das jetzt tun, wenn sie die letzten 30 Jahre ignoriert wurden.

    Und was ist, wenn sich insbesondere die Pazifisten gegen jeden Krieg ausprechen? Warum muss man jetzt für die Ukraine sein? Warum reicht es nicht mit der Friedenstaube für ein Ende des Krieges zu demonstrieren? Ist das jetzt ein "böser" Krieg? Gibt es dementsprechend auch "gute" Kriege?

    • @Herr Lich:

      Kriege sind alle eine böse Sache in ihrer Auswirkung.



      Aber angegriffen und gemeuchelt zu werden ist eine infame böse Sache des Angreifers.

  • In diesem Zusammenhang sei auf die „Rosa-Luxemburg-Konferenz“ (RLK) verwiesen, die alle ihre Newsletter nach wie vor mit der Titelzeile beginnt: „KRIEG UND LEICHEN – DIE LETZTE HOFFNUNG DER REICHEN: HÄNDE WEG VON RUSSLAND UND CHINA!“. Alle dort angebotenen Artikel gehen in genau diese Richtung.



    Diese Genossinnen und Genossen leben immer noch in der Zeit, als die Welt noch ideologisch „in Ordnung“ (d. h., die „Guten“ märchenhaft gut und die „Bösen“ märchenhaft böse) waren. Dass die Geschichte weitergangen ist und seit Ende Februar eine abrupte Wendung vollzogen hat, hat ihnen noch niemand gesagt!



    Interessiert? www.jungewelt.de/r...ecbd537dea12dccd42



    Wünsche heftiges Schulterzucken und Kopfschütteln!

    • @Pfanni:

      Von welcher "abrupten Wendung" seit Februar sprechen Sie?

      Bitte - wie in der Klimafrage - Wissenschaft, seriöse Forschung, endlose Texte seit Jahrzehnten zum Thema geostrategische Verwerfungen. Grossmächte, kapitalistische Ökonomie und deren Strategien und Wirkmuster wahrnehmen.

      Dazu überlegen, ob auch dieses gesammelte Fachwissen das von linksgrünversifften Parteigängern linksgrünversiffter Linker ist. Denen man nicht zuhören muss. Oder weil sie angeblich irgendwas mit "Altlinke" sind.



      Ist das das inhaltliche Niveau, das ich von Klimaleugnern kenne?

      Der oligarchisch-autoritäre Kapitalismus Chinas ist sowenig wunderbare Aussicht, wie der Putinrusslands.



      Aber der zunehmend oligarchisch-gewaltätige Kapitalismus der Grossmacht nordatlantisches Bündnis auch nicht. Vor allem ist er nicht einmal im Ansatz Ausweg. Er ist Teil und Motor, die Welt in Kriegsökonomie, Militarismus, Nationalismus und Chauvnismus versinken zu lassen.

      Ich muss den verbrecherischen Angriffskrieg Putinrusslands weder rechtfertigen, noch empört zurückweisen. Das ist was für Leute, die sich Sorgen um ihre Likes auf Instagram machen.

      Bin bis jetzt gar nicht gefragt. Ich ziehe weder mit oder für den Zar in den Krieg. Noch glaub ich Kaiser Wilhelm, dass mir die Sonne zusteht, in der jetzt angeblich ein Feind den Schatten macht. Der ukrainische Nationalismus ist mit dem Chauvinismus der EU-NATO-USA ein toxisch funktionales Bündnis eingegangen. Und nun bestimmt ein Kriegskabinett mit der Rhetorik der AfD die europäische Friedensordnung. Oder spielt mit nuklearem Schlachtfeld. Oder versucht es zumindest. Verfügt dazu über die grössten bewaffneten Verbände, die mit nationalistischer, rassistischer, autoritär-völkischer Agenda seit 45 auf europäischen Boden die politische und ökonomische Hegemonie beanspruchten.



      Wie soll man denn mit solchen Verbündeten einen verbrecherischen Angriffskrieger entwaffnen?



      Letztere ist mein Interesse. Mein Ziel. Bin Leistungs- und Ergebnisorientiert.

      • @Martinxyz:

        Ihnen scheint entgangen zu sein, dass das Kriegskabinett, was derzeit die europäische Friedensordnung bestimmt und mit nuklearem Kriegszeug spielt, im Kreml sitzt.

        Und von Eurasien träumt nicht mal die AfD.

    • @Pfanni:

      Unabhängig davon, wie man sich dazu inhaltlich positioniert: die RLK wird von der Jungen Welt organisiert, nicht von der Partei Die Linke; insofern ist letztere der flasche Adressat für Kritik an dieser spezifischen Veranstaltung. Diese Differenzierung sollte man machen - gerade dann, wenn man anderen allzu einfache Feindbilder attestiert.

  • Nie war die Chance größer, sich jetzt an DL abzuarbeiten und gleichzeitig linkes Denken ein für allemal zu desavouieren. Die taz wieder an vorderster Front.



    Jetzt lobt hier der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk sogar die faschistischen Asow Brigaden, die in Mariupol die Zivilbevölkerung zwingen, sich zu opfern. Und in Deutschland feiern sich einmal wieder die Selbstvergötzer mit ihrer Kritik an DL ohne einen Augenblick darüber nachzudenken, ob es außer Waffenlieferungen an die Ukraine nicht bessere Lösungen geben könnte zugunsten der Opfervermeidung.



    Das Bürgertum war schon immer großartig beim Leugnen eigener Widersprüche. Andrij Melnyk redet im Bundestag. Der gleiche Andrij Melnyk, der das Grab vom faschistischen Verbrecher Bandera in München besuchte, um seinen "Helden" zu ehren.



    Gut, dass es für das selbstgefällige Bürgertum DL gibt. Das macht die Doppelmoral wohl erträglicher.

    • @Rolf B.:

      Ach der Herr B. schon wieder. Er hat ja auch im Syrienkrieg Opfer-Täter-Umkehr betrieben und die Einwohner von Aleppo verantwortlich dafür gemacht, das Assad ihre Stadt mit russischer Hilfe eingeäschert hat. Und jetzt sind wieder nicht diejenigen verantwortlich, die in ein fremdes Land eingefallen sind und eine Stadt mit Artillerie und Bomben zusammenschießen... Nein, dieses "linke" Denken muss nicht desavouiert werden, es desavouiert sich selbst. Zum Glück gibt es andere Linke, die nach der Lektüre oder Anhören von Putins Reden wissen, wo der faschistische Spuk tatsächlich zuhause ist.

    • @Rolf B.:

      Ergänzt sei noch angemerkt, dass der Furor, mit dem man manchmal über die außenpolitischen Positionen der Linken herfällt (erinnert sich noch jemand an Afghanistan), umso seltsamer ist, weil deren Einfluss auf die reale deutsche Außenpolitik gleich null ist - würde man tatsächliches Regierungshandeln genauso kritisch begleiten wie die gelegentlichen Einlassungen einer marginalisierten Oppositionspartei, wäre schon viel gewonnen.

      • @O.F.:

        Ja, ich erinnere mich am Afghanistan. Ich bin sogar so alt, um mich zu erinnern, wie die sowjetischen Truppen 1978 dort eingefallen sind und jene Gewaltspirale in Gang gesetzt haben, die das Land bis heute in eine Hölle verwandelt.

        • @Hans aus Jena:

          Davon abgesehen, dass die Gewaltspirale in Afghanistan schon deutlich vor die sowjetische Intervention zurückreicht: es ging in meinem Beitrag nicht um die dortige Situation an sich, sondern darum, dass auch dort das de facto folgenlose Abstimmungsverhalten der de facto einflusslosen Linkspartei für mehr Debatten gesorgt hat als die tatsächliche Regierungspolitik - es war nicht die Linke, die dort einmarschiert ist, 20 Jahre Krieg geführt hat und nach der absehbaren Niederlage bei der Evakuierung bedrohter Helfer versagt hat.

      • @O.F.:

        Aber das Paradoxon der Linken ist so "schön", das kann man sich als Journalist nicht entgehen lassen.

        Wo begleitet die Taz eigentlich Regierungshandeln nicht kritisch?

  • Ob naive Pazifismus- Rechthaberei oder wütender der "Feind meines Feindes"- Irrglaube, es ist egal. Ob in der Linken oder bei Resten der SPD und der Grünen, es geht nicht um die Ukraine, es geht nicht um eine brauchbare Politik gegenüber Russland, es geht nur um das eigene Selbstbild um die Verteidigung von Glaubenssätzen und von Biografien. Das ist schrecklich egozentrisch und deshalb total langweilig.

  • @josan "Neuer Deutscher Bellizismus" auch...



    Gruselig, wie leicht es scheinbar SPD und Grünen/B'90 fällt für Aufrüstung und Wiedereinführung der Wehrpflicht zu trommeln :-/

  • Man könnte es auch regressiven Antiimperialismus nennen, was manche in der Partei und auch hier im Forum so umtreibt.

    Emma & Fritz haben es auf den Punkt gebracht:

    emafrie.de/was-ist-antiimperialismus/

    • @Jim Hawkins:

      Danke für den Link.

      • @Yossarian:

        Ach Du liebe Zeit. Der Text ist aber mächtig aus der Zeit gefallen und leistet nicht mehr als die Kritik von Emma & Fritz zu bestätigen.

        • @Jim Hawkins:

          Interessant, so liest wohl jede/r nur, was sie/er gerne bestätigt haben will. Ich lese den Text der Falken aus der Wesermarsch in weiten Teilen als ziemliche Zersägung des von Ihnen verlinkten. Abgesehen vom schwächeren Schreibstil.

          • @Kawabunga:

            Dann sind wir uns wohl nur darin einig, dass wir uns nicht einig sind.

        • @Jim Hawkins:

          Aha. Einen Text von 2013 verlinken und dann was von aus der Zeit gefallen erzählen wollen? Ach du liebe Zeit.

          • @Yossarian:

            Was soll ich sagen?

            Der ihre könnte von 1973 sein.

            • @Jim Hawkins:

              Und Sie sind von wann?

              • @Yossarian:

                Was tut das zur Sache?

                • @Jim Hawkins:

                  1973 ist 49 Jahre her. Ich wollte wissen, ob Sie da aus eigener Erfahrung Texte vergleichen können oder einfach mal eine Jahreszahl reingeschmissen haben.

                  • @Yossarian:

                    Na ja, ein bisschen von beidem.

                    • @Jim Hawkins:

                      Hab ich mir schon gedacht. Ein alter weisser Mann, denk ich mal. Gut, dass ich auch einer bin. Einig werden wir uns über die Texte trotzdem nicht.

                      • @Yossarian:

                        Das ist doch das gute an alten weißen Männern, wir sind gelassen wie alte Löwen.

                        Ein Text hin oder her, das bringt uns nicht aus der Ruhe.

    • @Jim Hawkins:

      Vielen Dank für den Link und den Homweis auf den Text.

  • Jede Partei bzw. Gruppierung, die mit zweierlei Maßstab misst, hat ein Problem. Nur ist das nicht nur die Linke.



    Klar, Putin und seine Lakaien gehören vor den Gerichtshof in den Haag. Allerdings müsste G.W.Bush und seine Verbrecherbande von diesem Gerichtshof schon vor Jahren abgeurteilt sein.



    Auffällig ist jedenfalls, dass alle Parteien in D sich an einen "großen Bruder" anlehnen. DAS sollte man mal thematisieren.



    Sehr spannend auch das Verhalten der Union. Die sich gerade (völlig zu recht ) echauffiert. Nur wolle Merkel damals, dass sich D am Überfall auf den Irak beteiligt.



    Ja, eine Änderung der Haltung von Teilen der Linken ist angesichts der aktuellen Ereignisse mehr im Focus. Und notwendig. Aber die anderen Parteien haben da auch einiges aufzuarbeiten.

    • @Kaboom:

      Mal ne dumme Frage: Welche Position nehmen Sie mit ihrem Verweis auf den Irak zum Überfall auf die Ukraine ein?

      Pro Angriff Irak und Pro Angriff auf dIe Ukraine, Pro & Contra, Contra & Pro oder Contra und Contra?

      Und warum wollen Sie in der jetzigen Situation den Irakkrieg aufgearbeitet wissen?

      • @Rudolf Fissner:

        Ich mag ganz grundsätzlich keine Angriffskriege, und dabei interessiert es mich einen Sche****, wer der Angreifende ist.



        Und ich habe darauf verwiesen, dass neben der Linken auch andere Parteien - ganz unabhägnig von der aktuellen Situation - ein wenig kritischer gegenüber ihren eigenen Positionierungen sein müssten.

    • @Kaboom:

      Das sind genau die Relativierungen, von denen im Text die Rede ist...

      • @Affi:

        Das stimmt natürlich. Gemeinsam mit den USA den Irak zu überfallen wäre ganz klar moralisch völlig einwandfrei gewesen, und gibt für die Union in keinster Weise irgend einen Anlass, die eigenen Positionen zu überdenken, gell?

      • @Affi:

        Sie verwechseln Relativierung mit differenziertem Denken.

        • @Rolf B.:

          überhaupt nicht. es handelt sich einfach um puren whataboutism. es geht hier doch um die linie der linken und in wie fern diese zu überdenken ist. da kommt kaboom mit dem argument, dass andere auch böse sind und selber nachdenken müssen.

          "Putin und seine Lakaien gehören vor den Gerichtshof in den Haag. Allerdings müsste G.W.Bush und seine Verbrecherbande..."

          natürlich hat die union unendlich viele anlässe sämltiche positionen ihrer rückwärtsgewandten politik zu überdenken. so wie sicherlich viele andere parteien. war hier aber nicht das thema...

          • @Affi:

            In dem Artikel gehts primär um den historischen Kontext der Position der Linken zu Russland, und nicht so sehr um die aktuelle Situation. Deshalb hat mein Kommentar NULL mit Whataboutism zu tun. Ich relativiere nicht, ich verharmlose nichts.



            Ich dachte eigentlich, die zwangsläufige Folgerung - und vielleicht Nachfrage - auf meinen Beitrag müsste sein, ob Europa (und natürlich auch D) sich nicht vom "großen Bruder" unabhängig machen muss. Egal wer der "große Bruder" ist.

  • 6G
    68514 (Profil gelöscht)

    Ja, den Russland-Kitsch ablegen. Das trifft den Nagel auf den Kopf.

  • "Warum tut sich Die Linke so schwer damit, sich in der Ukraine-Krise auf die Seite der Angegriffenen und der westlichen Welt zu schlagen?"

    Die Linke steht auf der Seite der Angegriffenen. Sie steht nur eben nicht auf der Seite der Rüstungsindustrie, die offenbar nun mit Unterstützung des realen Konflikts erfolgreich lobbyieren konnte, so dass ihr nun weitere 20% des Bundeshaushalts in den Rachen geworfen werden.

    Zum Thema Waffenlieferungen an die Ukraine: welches Leid haben die tatsächlich an die Ukraine gelieferten Waffen denn verhindert? Den Krieg haben sie offensichtlich nicht beendet.

    Und wenn man etwas hat, das nichts hilft, wirft man ihm noch mehr hinterher? Wenn der erste Liter Öl, den man zur Brandbekämpfung ins Feuer geschüttet hat, es nicht gelöscht hat, dann schüttet man 10 weitere hinterher?

    • @Jalella:

      "Zum Thema Waffenlieferungen an die Ukraine: welches Leid haben die tatsächlich an die Ukraine gelieferten Waffen denn verhindert? Den Krieg haben sie offensichtlich nicht beendet."

      Momentan leisten diese modernen Flug- und Panzerabwehrwaffen einen entscheidenden Beitrag dazu, dass die Ukrainer ihre Souveränität verteidigen können und sich nicht wehrlos der russischen Gewaltherrschaft unterwerfen müssen.

      Dieser Krieg wird nur zu beenden sein, wenn die russische Armee empfindlich getroffen wird. Ich wünsche den Ukrainern keine Friedensverhandlungen aus einer Position der Schwäche heraus, denn dann müssten sie als Opfer der Aggression auch noch Konzessionen machen, und Putin hätte mal wieder erfolgreich bekommen, was er haben will. Das ist keine nachhaltige Strategie gegenüber dem Pausenhofschläger (engl. "bully"), und es widerspricht auch dem gesunden Rechtsempfinden. "Es kann der friedlichste Mensch nicht in Frieden leben, wenn sein Nachbar ihn nicht lässt". Bedeutet: Manche Kämpfe MÜSSEN gefochten werden.

  • Arbeitet euch nicht zu sehr an dieser Partei ab, sie hat nicht grundlos arg an Wählern verloren. Die undogmatischen Linken haben sich doch längst abgewandt, wenn sie diese Partei je gewählt haben, der Name allein zeugt schon von angestaubter Arroganz.



    Nichtsdestotrotz ist es grade jetzt, wo nicht weit von uns ein Krieg tobt, wichtig, daß es noch eine grosse pazifistische Gruppe gibt, die sich dem aufrüstenden Mainstream verweigert..



    Die noch vorhandenen linken Grünen sind mir gerade viel zu leise.