Aussichten auf eine Rezession: Nur mild, wenn Gas gespart wird
Deutschland rutscht im kommenden Jahr wohl in eine Rezession. Die könnte erstaunlich niedrig ausfallen – wenn der Gasverbrauch drastisch sinkt.

A uf den ersten Blick wirkt die Herbstprognose nicht besonders originell: Die deutsche Wirtschaft wird in eine Rezession rutschen. Das war zu erwarten. Schließlich befindet sich Deutschland indirekt im Krieg. Wir beliefern die Ukraine mit Waffen und überziehen Russland mit Sanktionen – umgekehrt hat Putin den Gashahn abgedreht.
Es ist richtig, dass Deutschland die Ukraine unterstützt und dafür wirtschaftliche Nachteile in Kauf nimmt. Zumal wir uns diese kleine ökonomische Delle mühelos leisten können. Denn die eigentliche und bemerkenswerte Nachricht der Forschungsinstitute ist: Mit einem erwarteten Minus von 0,4 Prozent wird die Rezession 2023 ziemlich mild ausfallen.
Im Gutachten findet sich allerdings eine entscheidende Einschränkung: Die Rezession verläuft nur mild, wenn Unternehmen und Haushalte freiwillig Gas einsparen. Der Gasverbrauch muss um 20 Prozent sinken, damit sich die Speicher nicht zu schnell leeren. Falls zu viel Gas verheizt wird und ein existenzieller Energiemangel eintritt, kann die Wirtschaft 2023 auch um minus 7,9 Prozent einbrechen. Das wäre ein neuer Negativrekord in der bundesdeutschen Geschichte.
Es muss daher alarmieren, dass die Deutschen bisher kein Gas sparen, wie die Bundesnetzagentur am Donnerstag warnte. Kaum wurde es in der vergangenen Woche kalt, wurden munter die Heizkörper aufgedreht. Es ist daher durchaus gefährlich, dass der Staat allen BürgerInnen bei den Gaspreisen umfangreich helfen will.
Die Bedürftigen müssen natürlich unterstützt werden, damit sie nicht in viel zu kalten Wohnungen sitzen, weil sie sich die hohen Gaspreise nicht leisten können. Aber alle anderen müssen im Portemonnaie drastisch erleben, dass Gas knapp ist. Sonst provoziert die Regierung genau jene Wirtschaftskrise, die sie eigentlich vermeiden will.
Bisher wird die Gaskrise behandelt, als wäre die Energie nur teuer. Doch tatsächlich fehlt sie. Wir haben ein Mengenproblem, das sich nur durch Sparen lösen lässt. Wenn die BürgerInnen dies nicht begreifen, wird die Krise heftig.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart