Ungelöstes Problem der Erneuerbaren: Ein November voller Dunkelflauten
Wenn Sonne und Wind als Energiequelle ausfallen, müssen fossile Kraftwerke zugeschaltet werden. Denn der Energiewende fehlt ein wichtiges Detail.
Extrembeispiel war der 6. November gegen 18 Uhr: Die Sonne war schon untergegangen und die gesamte deutsche Windkraft lieferte gerade mal 100 Megawatt. In diesem Moment deckten Sonne und Wind nicht einmal 0,2 Prozent des Strombedarfs. Praktisch die gesamte Nachfrage musste durch steuerbare Kraftwerke gedeckt werden.
Diese sogenannte Residuallast lag laut den Energie-Charts des Fraunhofer ISE in der Spitze bei fast 66 Gigawatt. Dass die Erneuerbaren in ihrer schwächsten Stunde immerhin noch 11,6 Prozent des Bedarfs decken konnten, war Biomasse und Wasserkraft zu verdanken. Zugleich stieg der Strompreis im kurzfristigen Großhandel auf bis zu 82 Cent – ein klares Zeichen von Knappheit.
So brachte eine stabile Hochdrucklage, die Tiefs vom Atlantik abblockte und zugleich häufige Nebellagen hervorrief, Braunkohle, Erdgas und Stromimporte an die Spitze des deutschen Strommixes. Dieser setzt sich im bisherigen Monatsverlauf zu 55 Prozent aus fossilen Energien, zu 31 Prozent aus erneuerbaren und zu 14 Prozent aus Importen zusammen.
Reserve für 45 Minuten
Die bestehenden Speicher helfen in solchen Dunkelflauten kaum weiter. Mit gut 16 Millionen Kilowattstunden können alle installierten Batterien das Land rechnerisch nur für eine Viertelstunde versorgen, die Pumpspeicherkraftwerke schaffen mit ihren 40 Millionen Kilowattstunden rund 40 Minuten.
Ausreichende Speicherkapazitäten für eine Dunkelflaute bieten nur Gase. Biogas trägt heute rund 30 Milliarden Kilowattstunden jährlich zum Strommix bei. Dessen Manko jedoch: Die meisten Anlagen erzeugen auch dann Strom, wenn es genug Solar- und Windstrom gibt. Eine Option für die Dunkelflaute ist die Flexibilisierung von Biogasanlagen durch Gasspeicher – dann laufen die Aggregate im Jahr nur 1.000 bis 2.000 Stunden und erzeugen in diesen Stunden umso mehr Strom. Und Wasserstoff ist ohnehin eine Speicheroption – wenn es denn irgendwann gelingt, das Gas wirtschaftlich zu erzeugen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Toxische Bro-Kultur
Stoppt die Muskulinisten!
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Scholz telefoniert mit Putin
Scholz gibt den „Friedenskanzler“
Von wegen Untergang des Liberalismus
Wird der Wahlkampf eine nationale Katastrophe?
Vermeintliches Pogrom nach Fußballspiel
Mediale Zerrbilder in Amsterdam