Prämie für vermittelte Arbeitslose: Vergiftete Debatte
An sich ist die Prämie eine gute Idee. Doch das eigentliche Problem ist der geringe Lohnabstand – ein höherer Mindestlohn könnte kurzfristig helfen.
W enn es noch ein Beispiel gebraucht hätte, dass die Ampelkoalition zur Zusammenarbeit nicht mehr in der Lage ist, hier ist das siebenunddreißigste: Erst vergangene Woche hatte sich das Kabinett geeinigt, BürgergeldempfängerInnen eine Prämie von 1.000 Euro zahlen zu wollen, wenn diese eine Arbeit aufnehmen und ein Jahr in Beschäftigung sind. Wohlgemerkt als eine von 120 Maßnahmen, von denen die meisten besser mit dem Schlagwort Fordern als mit Fördern beschrieben sind.
Doch es genügt der kleinste Gegenwind, geföhnt aus der Bild-Zeitung, damit die Koalitionspartner mit dem Finger aufeinander zeigen. So sagt die SPD, dass die Prämie eine Idee der Grünen gewesen sei. Die FDP ist eh immer dafür zu haben, Koalitionspartner zu sabotieren.
Die Idee stammt wohl aus dem Wirtschaftsministerium, aber das spielt keine Rolle, denn sie adressiert ein tatsächliches Problem: Beim Wechsel in Arbeit können Leistungen wie die Übernahme der Miete oder das Wohngeld wegfallen. Studien aus der Arbeitsmarktforschung zeigen, dass eine Prämie Arbeitslose motivieren kann, trotzdem in eine Arbeit zu wechseln. Und mit jedem vermittelten Arbeitslosen spart die Allgemeinheit deutlich mehr als 1.000 Euro.
Man kann trotzdem gegen die Prämie sein. Denn das tieferliegende Problem ist der teils geringe Lohnabstand. Wer für einen niedrigen Lohn arbeitet und in einer Stadt mit hoher Miete lebt, hat unter Umständen nicht viel mehr Geld zur Verfügung als mit dem Bürgergeld. Die naheliegende Lösung: den Lohnabstand erhöhen, und zwar nach oben. Kurzfristig ein höherer Mindestlohn, mittelfristig günstigerer Wohnraum. Beides ist mit dieser Koalition nicht zu machen.
Die Debatte um die Prämie zeigt, dass nicht nur die Zusammenarbeit in der Ampel, sondern der Diskurs über Armut und Reichtum vergiftet ist. Statt für höhere Löhne und Umverteilung wird darüber gestritten, ob es den Ärmsten zu gut geht. Das sind in einer Phase der Rezession und vor einer Bundestagswahl keine guten Aussichten.
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