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Ostdeutsche und ihr WahlverhaltenSchluss mit dem Verstehen

Michael Bartsch
Kommentar von Michael Bartsch

Die Parteien der Mitte meinen, mit empathischer Kümmerergeste „das Ossi“ für sich gewinnen zu können. Sie sollten sie lieber zum Mitwirken auffordern.

Das arme Ossilein, das unbekannte Wesen: Wahlkampfveranstaltung der AfD in Suhl/Thüringen am 13.08.2024 Foto: Markus Schreiber/ap

H ätten Bürger westlich der ehemaligen Staatsgrenze aus Ampelfrust auch in diesem Ausmaß Extremisten gewählt? Oder ziehen die Ostdeutschen die gesamte Republik nach rechts? Einmal mehr werden nun die professionellen Exegeten, die Ossi-Versteher bemüht. Sie sollen nach dem Wahlschock das Ossi, das unbekannte Wesen erklären. Dieses arme Ossilein ist dann in der Regel Opfer einer kolonialen Westattitüde seit 1990, sein Protestwahlverhalten damit erklär-, wenn nicht gar entschuldbar. Als sei die Bundesrepublik West 1989 über uns hergefallen. Keine Spur von Selbstkritik bei den hiesigen Schnellfrustrierten im Dauerempörungsstatus.

Wenn die Hälfte der Wählerinnen und Wähler Hass- und Hetzparteien wählt, dann schäme ich mich inzwischen für meine Artgenossen. Die hielt ich stolz mal für die besseren Deutschen: vital, lebensfroh, improvisationsfähig, gemeinschaftsfähig, robust. „Drüben“ hingegen eine in Ritualen erstarrte langweilige Verwandtschaft in potemkinschen Wohlstandskulissen.

Das hat sich seit etwa eineinhalb Jahrzehnten gründlich geändert. Wähler für die Folgen ihres Wahlverhaltens verantwortlich zu machen, ist keine Wählerbeschimpfung. Eine Anamnese dieser Wahlergebnisse ist dringender denn je!

Ost und West sind von Erzählungen geprägt, die beide mit „Es war einmal“ beginnen und von Märchenländern berichten. Auch in Westdeutschland ist der amerikanisch inspirierte Traum längst zusammengebrochen, man müsse nur genügend Teller waschen, um Millionär zu werden. Die Legende vom Aufstieg durch eigene Leistung glaubt niemand mehr.

Sinn und Unsinn wurden dem Zoni im Überschuss verordnet

Schlimmer noch: Im so genannten Abendland erodierte weit vor der vergifteten deutschen Umarmung 1990 die ideelle Basis eines gesellschaftlichen Grundkonsenses. Max Weber hielt schon 1904 den „Traditionalismus“ für den größten Feind des Kapitalismus. Also die Bindung an Ideale und eine Genügsamkeit, die immaterielle Lebensziele priorisiert.

Ein totalitärer Materialismus aber, der auf alle Lebensbereiche durchgreift, stiftet keinen Sinn. Sinn und Unsinn wurden dem Zoni im Überschuss verordnet. In die Einheit brachten wir einen nicht ganz freiwilligen, hedonistisch kompensierten Geist der Genügsamkeit mit. Der musste mit dem Beitritt ins Land der Verheißungen folgerichtig in maximales Anspruchsdenken umschlagen. Die Anbetung eines Westens im Konsumrausch musste dann ebenso folgerichtig enttäuscht werden.

Kein Besitz und kein Idealismus

Jeder, der bei Trost war – und sogar Oskar Lafontaine war es damals –, hätte wissen müssen, was mit einer schnellen Währungsunion und dem Beitritt auf uns zukam. Wir kannten doch auch das ökonomische Grundgesetz „Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen“!

Die ausbleibende Verheißung des Glücks durch Besitz wurde durch keinen Idealismus mehr aufgefangen. Spätestens die schleichende Radikalisierung des Beitreter-Teilvolks hat das Master-Narrativ, es sei dem Ossi 1989 vor allem um Freiheit und Demokratie gegangen, längst widerlegt. Zur ersten freien Volkskammerwahl am 18. März 1990 straften die Wähler das Bündnis 90, den Zusammenschluss der Bürgerrechtler, die gegen die SED wirklich etwas riskiert hatten, mit 2,9 Prozent ab.

Es gehörte schon damals zum guten Ton, gegen den Staat zu sein, aber zugleich alles von ihm zu erwarten

Nur eine Minderheit ist sich außerdem der latenten Deprivationsgefühle bewusst, die postum zu einer Ost-Identität führten. „Der Kompass ist weg“, höre ich aus Künstlerkreisen.

Das empfundene Vakuum ruft nach neuen Heilsbotschaften, die unbewusst den alten möglichst nahekommen. Frappierend, welche einst parodierten Grundmuster wieder zutage treten, bis in die Generation der Erstwähler hinein.

Zuerst: Es gehörte schon damals zum guten Ton, gegen den Staat zu sein, aber zugleich alles von ihm zu erwarten. In einer immer mehr von Partikularinteressen, von divergierenden narzisstischen Ansprüchen dominierten Gesellschaft wird es aber keiner Regierung mehr gelingen, eine Mehrheit zufriedenzustellen.

Demokratie verlangt Selbstermächtigung

Eine anthropologische Konstante: Es kann auf keinen Fall so bleiben, aber es darf sich um Himmels willen nichts ändern! Vor allem nicht bei mir. AfD und BSW bedienen genau diese Schizophrenie. Wie sehr jegliche Veränderung diese Gesellschaft überfordert, hat schon die Coronapandemie gezeigt.

Drittens: Sehnsucht nach autoritärer Führung. Welcher der 89er Demonstranten wusste schon, dass Demokratie anstrengend ist, Mitwirkung verlangt und Selbstermächtigung? Der von Mitverantwortung entlastende Spruch „die Genossen werden sich schon etwas dabei gedacht haben“ spukt weiter. Kommunalpolitiker berichten aus erster Hand vom populären Führerprinzip.

Der traditionelle Spruch „Lerne klagen, ohne zu leiden“ verweist auf die offenkundigste Schizophrenie. Laut Sachsen-Monitor und der Sächsischen Zeitung sind etwa drei Viertel der Bürger zufrieden mit ihren Lebensumständen. Und dennoch können die Apokalyptiker und Panikmacher von AfD und BSW, in Teilen auch von der CDU, auf die Motzer und Weltuntergangssüchtigen bauen.

„Wir wissen zwar nicht, was wir wollen, aber das mit ganzer Kraft!“, parodierten wir einst die Losungen zum 1. Mai. Abstinenz, Negativismus Naivität bis heute: Wenn ich AfD wähle, verschwindet der Klimawandel. Wähle ich BSW, lädt Väterchen Wladimir den Kollegen Wolodimir bald zum Prasdnik mit Wodka in den Kreml ein.Und die anderen Parteien meinen, mit der empathischen Kümmerergeste das Ossi, das unbekannte leidende Wesen, für sich gewinnen zu können. Anstatt es endlich zu selbstbewusster emanzipatorischer Mitwirkung und Gemeinsinn, zum Größerdenken aufzufordern.

Wie lautete doch der Buchtitel von Dirk Neubauer, der von den Rechten, also vom ignoranten Volk fertiggemacht wurde und als Landrat von Mittelsachsen nach zwei Jahren entnervt zurücktrat? „Das Problem sind wir!“

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Michael Bartsch
Inlandskorrespondent
Seit 2001 Korrespondent in Dresden für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Geboren 1953 in Meiningen, Schulzeit in Erfurt, Studium Informationstechnik in Dresden. 1990 über die DDR-Bürgerbewegung Wechsel in den Journalismus, ab 1993 Freiberufler. Tätig für zahlreiche Printmedien und den Hörfunk, Moderationen, Broschüren, Bücher (Belletristik, Lyrik, politisches Buch „System Biedenkopf“). Im Nebenberuf Musiker.
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82 Kommentare

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  • Da sind wir wieder in 1994.

    Gestern, bei der Wahl 1990 haben die falsch gewählt. Das kann ja nix werden.

    PS: Die >= 30 Jahre danach sind schlicht marginal.

  • Der Spiegel, die taz, Zeit, SZ, gelten als Westpresse



    da wird kein Rotwein getrunken, sondern Wodka.



    Das Ministerium für Staatssicherheit hatte die Abteilung Hauptverwaltung Aufklärung, die heißt bis heute so:



    "Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije" = GRU = "Hauptverwaltung für Aufklärung".

  • Weite Teile der Analyse haben mir sehr gut gefallen, gegen Ende kippte es: Da werden AfD und BSW in den gleichen Sack gesteckt, als gäbe es gar keinen Unterschied, "Apokalyptiker und Paniker" beklagen, als ob apokalyptische Ängste, auch teilweise vollkommen überzogene, nicht zur DNA von Bündnis90/den Grünen gehören würden, es sind halt nur andere Ängste, und eine Basis in der Realität haben die Ängste beider Seiten.

  • Danke, dass sie sehr deutlich darstellen, was die Ampel inkl. Linken-Politiker*innen aufhören sollten: rechtsradikalen und rechtspopuitischen Wahler*innen nachzurennen, dene es in der Mehrzahl finaziell gut geht.



    Mitwirkung und Selbstverantwortungsübernahme ist gefragt statt Rassismus und Hass.

  • Wenn sich die restlos Anständigen aus dem Wahlvolk verabschieden, dann bleiben, um sich legitimieren zu lassen, nur die Idioten und die nicht restlos Anständigen. Deren Gesinnung oder Forderungen muss man dann natürlich zu diesem Zweck übernehmen. Viel leichter, aber einen langen Atem erfordernd: Neoliberalismus eine Absage erteilen.

  • „Das Ossi“, ernsthaft? Kommt in der nächsten Kolumne über Islamismus dann „das Mossi“?

  • Ihr Kommentar trifft allerdings auch auf Teile der westdeutschen Bevölkerung zu. Das "wasch mich, aber mach mich nicht nass" ist leider allzu weit verbreitet.

    • @aujau:

      Sorry, aber hier geht es halt explizit um Ostdeutsche.



      Deshalb sehe ich Ihren Kommentar einfach als Whataboutism.

  • Wenn gewisse politische Kräfte den Menschen 34 Jahre wieder und wieder einreden, sie seien Opfer, dann zeigt das Wirkung.

    Dabei will ich gar nicht mal nur auf Linke, BSW und AfD hinaus.

    Schon seit geraumer Zeit ist es doch so, dass vor dem 3. Oktober in den Medien regelrechte Festivals des "Was bei der Wende falsch gemacht" gefeiert werden. In kaum einer Ansprache zu diesem Tag fehlt die Erwähnung der "Lebensleistungen" der Ostdeutschen, und fast immer mit einem "nicht anerkannte" davor. Gleichzeitig wird ständig betont, "die" Ostdeutschen hätten sich die Freiheit erkämpft. Wirklich ehrlich wäre es, wie z.B. Kowalczuk es tut, darauf hinzuweisen, dass es eben nicht die große Mehrheit war, die damals auf die Straßen gegangen ist, sondern eben eine kleine, mutige Minderheit, und dass - auch der Text hier tut es - es oft gerade die sind, die damals brav zu Hause geblieben sind, die heute am unzufriedensten sind.

    • @Suryo:

      Sehr richtig, das kann man in diesem dauerhaft präsenten Lamento nicht oft genug wiederholen.

  • Scholz (HH), Habeck (SW), Merz (NRW), Lindner (NRW) und all die anderen "Führungskräfte" müssen offensichtlich gezwungen werden, sich mit dem Osten einmal dezidierter zu beschäftigen. Die 35jährige Arroganz der Eliten der alten BRD kristallisiert sich jetzt in massiver Zustimmung zu den Antidemokraten von AfD und BSW, die merkwürdiger Wiese ostdeutsches Führungspersonal haben. Diese zielen nun auf Fundamentalkritik gegen die "etablierten" - das kann man albern, blöd etc. finden, aber so ist es nun einmal. Und riecht auch ein wenig nach Notwehr. Dass neuerliche Interesse am Osten (und ich nehme ein solches zum ersten Mal seit Jahrzehnten wahr) hat so auch einen faden Beigeschmack. Erst die Aufkündigung des demokratischen Konsenses motiviert die Damen und Herren überhaupt erst einmal sich mit der spezifischen Situation der "Ostler" zu beschäftigen.

  • So so, Politiker, die sich kümmern sind auch schon wieder falsch. Stattdessen sollen Politiker dass Ossilein zum aktiv werden auffordern.

    Ist das nicht die Aufgabe der schreibenden Zunft und der Priester auf den Kanzeln, Herr Bartsch?

    Und die Politiker sortieren dann das Wirrwarr unterschiedlicher Ziele der wild gewordenen Ossileins wieder auf.

  • Danke für diese regionale ostdeutsche Stimme. Es fehlt an kritischer, regionaler, kultureller und politischer Interpretation der gesellschaftlichen Lage, die aufgrund historischen Verständnis deutlich machen, warum starke ökonomische Umbrüche starke Bruchstellen und Veränderungen (der Erfolg der AFD) in einer Gesellschaft auslösen.



    Dem nimmt sich z. B. der Film "Die Stadt frisst ihre Kinder" des französischen Filmemachers Robert Guediguian aus dem Jahr 2000 an. Er beschreibt den Zerfall sozialer, gewerkschaftlicher und kultureller Strukturen in der Stadt Marseille aufgrund starker ökonomischer Veränderungen (Globalisierung des Hafens).



    Also genau zu der Zeit, als es zu einem ähnlichen ökonomischen Umbruch in der BRD kam. Das Aufkommen des Nationalismus, Deprivation der Migranten, der Zerfall der Gewerkschaftsbewegung, große Armut, Hass, Drogensucht, alles Dinge, die heute stark in Ost- und Westdeutschland zu beobachten sind.



    Ein Filmemacher wie Guediguian, der diesen Veränderungen und deren Auswirkungen in allen Gesellschaftsschichten nachspürt, fehlt stark in Deutschland.

    Film zurzeit bei Arte:

    www.arte.tv/de/vid...risst-ihre-kinder/

  • Warum sollen die "Ossis" mitwirken? Mit wem? Mit den "Wessis' die man Ihnen landauf und landab vor die Nase setzte? Wie kommt es, dass vor allem " Wessis" dort Immobilien, Land und Industrien besitzen?

  • Danke für diesen hervorragenden Kommentar, der ganz meiner Meinung zu diesem Thema entspricht, und logischerweise gefällt er mir deshalb. Trotzdem danke.

  • Immer wieder bemerkenswert, dass BSW in einem Atemzug mit der AfD genannt wird. Als ob man durch ständiges wiederholen dieser Lüge irgendwas erreicht....

    • @zzzap:

      BSW und AfD sind nicht gleich. Aber verbreiten ähnliche Illusionen. Und zwar dass sie Probleme lösen können auf die sie keinen Einfluss haben.



      Denn weder kann die AfD den Klimawandel verhindern, noch kann Sarah Wagenknecht für einen Frieden zwischen Russland und der Ukraine sorgen selbst wenn sie Kanzlerin wäre. Ja man kann aufhören die Ukraine zu unterstützen (wenn es ebenfalls die USA tut), dann verliert die Ukraine. Und Russland verleibt sich die Ukraine ein - nur dass wäre auch schon jetzt möglich wenn die Ukraine einfach aufgibt.

      Aber welches Recht haben wir die Ukraine zu opfern, kann man machen. Nur ist es verlogen dies als Frieden zu bezeichnen.

  • Natürlich hätten wir es theoretisch 89 besser wissen müssen. Wir hätten darauf vorbereitet sein müssen von der "Verwandtschaft" aus dem Westen über den Tisch gezogen zu werden. Es hätte eben lange Übergangsfristen geben müssen und die sofortige Wiedervereinigung war ein großer Fehler, eine Position die ich bereits damals vertreten habe. Nur waren damalige Warner gegen die Masse an Menschen mit D-Mark Zeichen in den Augen absolut chancenlos wie die Demontage des Bündnis90 exemplarisch zeigte. Meine ostdeutschen Brüder und Schwestern sind ja mehrheitlich nicht wegen Demokratie und Menschenrechten auf der Straße gewesen sondern wegen ökonomischen Eigeninteressen.

    • @Šarru-kīnu:

      Nein es gab genug Warner auch im Westen.



      Ich erinnere gerne dabei an den Wahlkampf der SPD, die von Schwierigkeiten der Wiedervereinigung sprach.



      Und wer wurde aus reinem Ost-Egoismus!! gewählt, die CDU die die blühenden Landschaften ohne Mühe! versprach.

      Also hat der Osten nicht die Freiheit sondern bewusst den Konsum gewählt.

      Das es nicht so schnell gehen konnte, musste! jeder sehen der sich die damalige DDR angeschaut hat.

      Es wollte halt Niemand sehen.

    • @Šarru-kīnu:

      Schön, dass das mal in aller Klarheit so gesagt wird, wobei ich hinsichtlich der Demokratie und den Menschenrechten nicht so streng mit vielen der (insgesamt doch wenigen) auf der Straße gewesenen Menschen sein würde. Dies war bei einer Minderheit sicher schon maßgeblich.

      Aber es dürfte sehr viel dran sein an der These, dass die DDR aufgrund ihrer wirtschaftlichen Unzulänglichkeiten bei der Masse der DDR-Bürger verloren hatte, nicht aufgrund des offenkundigen Demokratiedefizits.

    • @Šarru-kīnu:

      "Natürlich hätten wir es theoretisch 89 besser wissen müssen. Wir hätten darauf vorbereitet sein müssen von der "Verwandtschaft" aus dem Westen über den Tisch gezogen zu werden. "

      An den günstigen Tischen von früher in Hamburg, Berlin oder München sitzt doch längst die gut verdienende Verwandschaft aus dem Osten, die dort wo sie herkommen Immobilien zurück gelassen hat, an deren Tischen niemand sitzen will.

      Man hätte Ostdeutschland einen eigenen Weg vorgeben müssen, den sie wie andere osteuropäische Länder selber hätten gehen müssen.

      • @Rudolf Fissner:

        Wir haben damals sehr engagiert über neue Wege debattiert. Unter Bürgerrechtlern gab es viele Überlegungen zu einem neuen demokratischen Sozialismus und einer längeren Übergangszeit bevor über einen Beitritt abgestimmt werden sollte. Das ist von Kohl mit seinen Versprechungen der blühenden Landschaften und den Hinterzimmerdeals natürlich alles abgeräumt worden. Danach konnten sie natürlich mit solchen Vorstellungen bei der Masse die nur auf Konsum aus war nicht mehr punkten. Es wurde da leider sehr viel Potential verschenkt. Die Abwicklung des Komplexes DDR-Bürgerrechtler ging ja rasant vonstatten. Die Revolution aß ihre Kinder im Rekordtempo.

  • 3% Zustimmung für die Ampel?



    Könnte durchaus an der dürftiger Performance seitens der Parteien liegen,oder!?

    Letztes Jahr haben knapp 15% bei der Landtagswahlen in Bayern die AFD gewählt - sind über 1 Mio. Menschen..



    In Hessen waren es über 500.000 Menschen die die AFD gewählt haben...



    Also warum wieder so ein Ost-Bashing?



    Und bloß weil der Autor selber Ostdeutscher ist, hat das jetzt welchen Mehrwert?



    Ich komme aus Berlin, aber ich würde mir nicht anmaßen über den Berliner zu sprechen, wüsste auch überhaupt nicht, was der Berliner oder der Ostdeutsche sein soll!?



    Die Demokratie ist so lebendig wie selten zuvor...Parteiengründungen, Wahlbeteiligungen usw...Bei der Europawahl konnten die Partei und auch Volt durchaus zulegen...Dies ist aber der genehme Teil, gell!?



    In Sachsen hat die CDU gewonnen und Thüringen hat eine Vorgeschichte, die man nicht vergessen sollte...Die Wahl sollte wiederholt werden, aber dann kam Corona und dann wollten die Parteien doch nicht mehr usw..Gab es schonmal einen Absturz eines amtierenden Ministerpräsidenten um fast 18% bei einer Wahl? War wohl doch nicht alles so knorke in Thüringen unter Ramelow...Es liegt an der aktuellen Politik, nicht am Wähler..

    • @Dr_Yoda:

      Kurzer Hinweis zu Ihren genannten Zahlen der AFD Wähler in Hessen.



      Einwohnerzahl Hessen: 6 420 729



      Einwohnerzahl Thüringen: 2 122 335

      Merken Sie jetzt selbst das Sie sich mit der Zahl 500.000 ein Eigentor geschossen haben oder? bzw, das es Whataboutism vom feinsten ist.

    • @Dr_Yoda:

      "Ich komme aus Berlin, aber ich würde mir nicht anmaßen über den Berliner zu sprechen, wüsste auch überhaupt nicht, was der Berliner oder der Ostdeutsche sein soll!?"

      Das ist nachvollziehbar. Berlin war ja schon immer ein Hilfsempfänger. Da hat sich nach 89 nicht viel geändert. Und der Unterschied zu Ostdeutschland ist deswegen so gering. 🤓

  • Da hat Herr Bartsch seinem Schamgefühl Luft gemacht und eine wirre Polemik gegen irgendwas und für irgendwas, man versteht nicht so recht was, abgeliefert. Nach 'zuerst’ kommt 'drittens' und die zwei ging unterwegs verloren. Wer und was sind die 'Ossis’ und 'Wessis' und was wollen und sollen die einen oder die anderen? Anthropologische Natur und Rituale geben sich die Hand und tanzen einen wilden Tanz oder marschieren oder ....

    Lassen wir Giovanni Trapattoni fragen: Was wollen Herr Bartsch, das Herz so voll?

    • @Stoersender:

      Wenn Sie aufmerksam gelesen hätten, wäre Ihnen nicht entgangen, dass "die zwei" der Absatz ist, der mit den Worten "Eine anthropologische Konstante:" beginnt...

  • 6G
    611245 (Profil gelöscht)

    Das Narrativ des Ostens als Beute des Westens wurde nach der Wende politisch von der SED/PDS/Linke aufgebaut und war deren wesentlichstes Politikinstrument.



    Die Linke war bis vor ein paar Jahren „Kümmererpartei“ im Osten.



    SPD und Grüne haben das auch recht gerne angenommen.

    Das ging solange gut, bis die Linke bunt wurde.

    Und eben auf diesem bestens von Links beackertem Feld gedeihen jetzt BSW und AFD als Erben der Linkspartei. Verantwortlich sind sie dafür nicht.

    • @611245 (Profil gelöscht):

      Sie haben die zahlreichen Rohbauten, die nie fertig gestellt wurden, die Baugruben, die aus dem Steuersäckel (von 90% West ^^) bezahlt wurden und für Jahre verwilderten nicht gesehen in den 90ern. Da wurde betrogen und abgesahnt was das Zeug hielt. Von der Zerlegung (Abwicklung) ostdeutscher Betriebe ganz zu schweigen, da wurden gute Machinen für eine symbolische Mark gekauft und zu angemessenen Preisen in alle Welt verkauft, die Belegschaft entlassen und Insolvenz angemeldet.



      Diesem Treiben wurde nach und nach ein Riegel vorgeschoben und der Osten blüht mancherorts inzwischen wirklich, aber wenn Sie glauben, das Alles wäre nur ein "Narrativ", dem Sie mit Ihrer "Dialektik" begegnen könnten, dann irren Sie.

    • @611245 (Profil gelöscht):

      Sehr treffende Analyse, wobei ich schon sagen würde, dass die PDL nicht allein dafür verantwortlich war, sondern parallel zu ihr auch die bereits früher schon stark verwurzelten rechten Strukturen/Vorfeldorganisationen dieses Narrativ genährt haben. Die PDL war hier der nützliche Idiot, weil diese eine gewisse Zeit lang auf der "Gegen das West-Establishment"-Welle im Osten surfen konnte, obwohl man nach 1990 praktisch niemanden mehr mit Ideen von Sozialismus hinter dem Ofen hervorrufen konnte.

      Ansonsten aber vollkommen d'accord, insbesondere mit der Beobachtung, ab welchem Punkt die Sympathie mit der PDL abknickte.

    • @611245 (Profil gelöscht):

      „Der Osten als Beite des Westens“ ist wie alle Erzählungen auch aber nicht nur ein Narrativ. Sehen Sie sich mal die Doku “Wem gehört der Osten“ an. Ganz zu schweigen vom unsäglichenTreuhandgeshachachere. Aber natürlich kann man sich mit dem Gefasel vom Narrativ alles schön reden.

      • @HinzUndKunz:

        Ok, und wem hat der Oste vorher gehört?



        Wieviel wurden von den Russen, der Marionettenregierung, genannt SED enteignet, verhaftet und teilweise sogar ermordet?



        Das wird gerne weggelassen wenn es darum geht, gestohlenes Eigentum an die eigentlichen Besitzer zurückzugeben.

      • 6G
        611245 (Profil gelöscht)
        @HinzUndKunz:

        Ein Narrativ bedarf natürlich einer gewissen Faktenlage. Die ist durchaus vorhanden.



        Mir geht es eher darum, die vom Autor aktuell beklagte Mentalität in den historischen Kontext zu setzen.

    • @611245 (Profil gelöscht):

      AfD ist für faktenbefreite Hetze gegen Migranten und ein nicht zukunftsfähiges Parteiprogramm sehr wohl verantwortlich.

  • Ich beginne erst zu verstehen. Die, auch von meiner eigenen Überheblichkeit oftmals verächtlich gemachten (Ost)Lebensentwürfe hatten genauso ihre Berechtigung wie der eigene, als Kreatur der Nacht, gerne auch geschlechtsübergreifend den Rausch, die Extase suchend.



    Sex & Drugs & Rock'n Roll / Wein, Weib und Gesang, sind nur andere Schreibweisen der selben Formel.



    Aber die bescheidenen Exzesse der als spießig benannten Lebensentwürfe, dort eingebunden in uns langweilig erscheinende Familienfeste fanden nicht mehr statt. Die hierzu erforderlichen familiären und sozialen Gefüge waren zerstört. Folglich fühlen sich Menschen um die eigentliche Substanz ihres Leben betrogen.

    • @H. Wolfgang B.:

      Kluger Kommentar.

  • Der Kommentar ignoriert leider, wie das Wahlverhalten vom Ossi lange Zeit nach der Wende war: der wählte nämlich häufig brav die CDU oder SPD.

    In Sachen beispielsweise Kurt Biedenkopf, der auch König Kurt genannt wurde und das sichtlich genoss. Man sagte damals sogar scherzhaft, dass selbst ein Besen mit CDU-Aufkleber gewählt werden würde. Und ähnlich sah das in den meisten Landtagen aus.

    Daher bringen solche unbeholfenen Appelle an die Vernunft vom Ossi nichts; lieber sollte man mal darüber nachdenken, warum er eben nicht mehr CDU und SPD wählt, sondern sein Heil nun im Extrem sucht!

    • @Herbert Eisenbeiß:

      Vielleicht hat sich da einfach nur die Spreu vom Weizen getrennt.

      Im DDR Staatsapparat gab es auch eine Vielzahl Nutznießer. Wenn die CDU diese nicht mehr zufrieden stellt, dann suchen diese Menschen eine neue politische Heimat. Das könnte bisher die AFD gewesen sein. Mit dem BSW bietet sich jetzt auch eine ehemalige 1a SED Kaderschülerin als Führungsfigur an.

  • Schon die sogenannte 1989-"Revolution" ist nichts als ein großes Mißverständnis, nicht für die Freiheit ist man auf die Straße gegangen sondern für Bananen.

  • Der Artikel hat enormes Potential, weil er sich natürlich auf alle möglichen Gruppen, die sich diskriminiert, abgehängt oder nicht vertreten fühlen, wunderbar übertragen lässt.

  • Sehr treffend kommentiert. Vielen Dank.

  • "Selbstbesinnung und Selbstermächtigung sind Werte, die entgegen denen von westdeutschen Führungskräften vermittelten sehr sinnvoll sind."

    Das ist so ziemlich der "niedlichste" Satz, den ich in diesem Kontext seit Jahren gelesen habe. Und aufhören zu Lachen werde ich, wenn es im Osten Konsens sein wird, dass die Treuhand und ihre Politik vom Osten 1990 in demokratischer, gleicher und geheimer Wahl SELBST gewählt, und 1994 bestätigt wurde.



    Oder wenn man im Osten die schlichte Tatsache akzeptiert, große Teile der Betriebe dort nach der Einheit deshalb pleite gegangen sind, weil man im Osten kaum mehr Ostprodukte gekauft hat.

    • @Kaboom:

      Thema Ostprodukte: Wer sich nach 1990 nur von Ostprodukten ernährt hätte, wäre verhungert. Da war es zu 90% nicht mehr meine Entscheidung, wessen Brot und Milch ich kaufte.

  • Günter Grass: „Die, die zu feige waren in der Diktatur, rebellieren jetzt ohne Risiko gegen die Demokratie. Den Bequemlichkeiten der Diktatur jammern sie nach, die Mühen der Demokratie sind ihnen fremd.“

    • @hrrtttl:

      Demokratie und Kapitalismus schließen sich gegenseitig aus!

    • @hrrtttl:

      Julius Cäsar: "Glaube nicht alles, was Du im Internet liest."

      • @Ijon Tichy:

        Stimmt.

        Olle Biermann hat's gesagt:

        www.juedische-allg...-gegen-demokratie/

        Das klingt ja auch gar nicht nach Grass.

        Das hier ist Grass, der große Seher:

        "„Die Faszination des Internets ist begrenzt, damit wird man eine Zeit lang spielen. Aber diese Pseudo-Kommunikation ist etwas für kleine und mittlere Talente. Alles wird wieder aufs Buch zurückkommen.“

  • Die Vokabel "Artgenossen" hätte in Anführungszeichen gesetzt werden sollen. So wird der Eindruck vermittelt, der Autor hält den "Ossi" wirklich für eine besondere Spezies.

  • Und wieder eine Ossianalyse. Diesmal wenigstens von einem Ossi.

    Dabei unterscheiden sich doch die beiden Teile Deutschlands garnicht so sehr. In beiden Teilen wird zunehmend AfD Parolen hinterher gelaufen. Im Osten mehr dem Original und im Westen mehr der Union auf AfD Kurs.

    Na ja. Einen Unterschied gibt es doch. Im Osten haben die Menschen weniger Angst vor "dem Russen" 😉

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Na mit dem haben sie im Osten ja auch lange Hand in Hand zusammen den Sozialismus aufgebaut - dafür haben sie umso mehr Angst vor Polen, Türken, Arabern und Afghanen...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      "Na ja. Einen Unterschied gibt es doch. Im Osten haben die Menschen weniger Angst vor "dem Russen".



      Gilt das dann auch noch, wenn er auf ihren Wunsch, denn wieder da wäre?



      Die Mehrheit wollte 1990 D-Mark, VW Golf und Malle, was das mit sich bringen würde, wurde nicht bedacht und die, die es aussprachen bei Wahlen abgestraft.



      Ist wie die Folgen des Klimawandels,



      solange nicht das eigene Auto durch die Straße schwimmt.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Das ist nicht ungewöhnlich. Rechte, die sogar noch zusammenarbeiten (wie die AfD mit Putin) haben miteinander wenig Probleme, schätzen sich sogar und hacken sich untereinander nicht die Augen aus.

      Rechte schaffen es sogar, die berechtigten Ängste vor den imperialistischen Zielen Putins als "Angst vor dem Russen", als ein rassistisches Vexierbild aus alten Zeiten zu verunglimpfen.

      • @Rudolf Fissner:

        Findet man es nicht merkwürdig, dass diejenigen, die 40 Jahre unter den "Russen" gelebt haben, die wenigste Angst vor ihnen haben?

        Natürlich kann man allen, denen es so geht, unterstellen, "rechts" zu sein. Aber das führt zu nichts.

    • 6G
      618712 (Profil gelöscht)
      @warum_denkt_keiner_nach?:

      Diverse Unterschiede vermag man schon festzustellen, beispielsweise der Anteil von Migranten. Sie finden bestimmt noch mehr demographische Variablen bei näherem Hinsehen.

      • @618712 (Profil gelöscht):

        Jeder hat eben Angst vor dem, was er nicht oder kaum kennt. Der Ossi vorm "Migranten" und der Wessi vom "Russen" 😁

        Beide Ängste sind pauschal fragwürdig.

  • "Wenn die Hälfte der Wählerinnen und Wähler Hass- und Hetzparteien wählt"

    Man sollte endlich damit anfangen, die Ursachen der Situation im Osten sauber zu analysieren. Wir schreiben schließlich das Jahr 34 nach der Wiedervereinigung. "Umgerechnet" auf die Situation nach Gründung der Bundesrepublik ist das das Jahr 1983. Das Jahr also, als Helmut Kohl Bundeskanzler wurde. Sicher war da nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen im Westen, aber "wir" waren jedenfalls in der Demokratie angekommen. Und nicht zu 50 %, sondern zu 90 + x %.

    "Master-Narrativ, es sei dem Ossi 1989 vor allem um Freiheit und Demokratie gegangen"

    Das die Geschichte ein Märchen ist, sollte eigentlich jedem seit Jahrzehnten klar sein. Es wurden schließlich nicht die Buchläden gestürmt, um sich Solzhenitsyns "Archipel Gulag" zu besorgen, sondern Supermärkte wg. Bananen, und Klamottenläden wg. Jeans

    • @Kaboom:

      "Master-Narrativ, ..." Ich kenne genügend Menschen, die damals eine 'andere' DDR haben wollten - die waren nicht die Mehrheit, aber sie ganz unter den Tisch zu kehren, kann auch nicht die Antwort sein. Pauschalisieren hift auch niemandem.

    • @Kaboom:

      "Das Jahr also, als Helmut Kohl Bundeskanzler wurde."

      -->Dessen CDU in ihrem Partei- und Wahlprogramm bis 1994 den Satz "Deutschland ist kein Einwanderungsland!" wörtlich enthielt. Gefolgt jeweils von Ausführungen, dass Deutschland zwar humanitäre Hilfe leistet, dies aber nur für diejenigen mit einem Anspruch auf Asyl gelten kann und alle anderen wieder gehen müssen.

      Inhaltlich unterscheidet sich die AfD da nicht mehr von der 80er Jahre CDU. Inhaltlich wählen die Wähler im Osten daher dieselbe Position, wie die die Westdeutschen 1983. Nur dass die Union diese inhaltliche Position in den Merkel Jahren freigegeben hat.

      • @Kriebs:

        Inhaltlich unterscheidet sich die AfD da nicht mehr von der 80er Jahre CDU.

        Das ist der typische Versuch eine demokratische Partei zu diskreditieren, wenn einem nichts anders mehr einfällt, oder einfach keine Ahnung von Politik hat.

      • @Kriebs:

        "Dessen CDU in ihrem Partei- und Wahlprogramm bis 1994 den Satz "Deutschland ist kein Einwanderungsland!" wörtlich enthielt. "

        Soso. Wo genau im Parteiprogramm der CDU (ich verlinke mal das von 1978) stand das?

        www.kas.de/de/web/...m-ludwigshafen-cdu

        Scheint, als handle es sich um eine rechte Legende. Achja, 1984 bei der Europawahl trat die CDU mit dem Slogan "Mit uns für offene Grenzen in Europa" an. Hört sich für mich eher nicht nach AfD an.

        "Inhaltlich unterscheidet sich die AfD da nicht mehr von der 80er Jahre CDU."

        Unsinn. Weder war die CDU jemals Ausländerfeindlich, noch war sie Europafeindlich. Noch wollte die von der Westbindung weg. etc. pp.



        Die Behauptung vom rechten Rand, die AfD habe auch nur irgendwas mit der CDU (egal zu welchem Zeitpunkt) zu tun, ist ein Märchen, dass der rechte Rand zur Selbstlegitimation braucht.

    • 6G
      618712 (Profil gelöscht)
      @Kaboom:

      "Kommt die D-Mark, bleiben wir - kommt sie nicht, dann gehen wir."

      • @618712 (Profil gelöscht):

        Jo, ein weiterer Beleg, dass es um Konsum ging, und nicht um Freiheit.

  • Danke!

  • "Die Parteien der Mitte meinen, mit empathischer Kümmerergeste „das Ossi“ für sich gewinnen zu können. Sie sollten sie lieber zum Mitwirken auffordern."



    Man könnte dieser Idee entgegnen, dass 'die Ossis' ja augenscheinlich gerne mitwirken möchten - die Wahlbeteiligungen zuletzt (Landtags- und Europawahlen) waren sehr hoch - allerdings verwehren ihnen die 'Wessis' bzw die Westparteien die Möglichkeit mitzuwirken, indem sie ihre Wahlergebnisse ignorieren und die Partei mit den meisten Wählerstimmen konsequent vom Mitwirken ausschließen...



    Dass das aus gutem Grund geschieht ist Fakt, dass das auf Dauer zu nur noch größerer Politikverdrossenheit führt allerdings auch.

    • @Farang:

      Die Partei mit den relativ meisten Stimmen in bislang zwei Bundesländern von insgesamt fünf, in denen insgesamt nur 16,6 Prozent der Bevölkerung Deutschlands leben, soll also unbedingt an der Mitwirkung beteiligt werden?

      Warum? Deutschland ist keine Konsensdemokratie.

    • @Farang:

      "allerdings verwehren ihnen die 'Wessis' bzw die Westparteien die Möglichkeit mitzuwirken"

      Dieses Feindbild ist völlig konstruiert. CDU, SPD, Linke, Bündnis90/Grüne sind keine Westparteien, und die AfD keine Ostpartei. Die Parteien, die in Ostbundesländern Koalitionen gegen die AfD bilden wollen, sind von Ossis gewählt, nicht von Wessis.

      Übrigens, die deutsche Regierung sitzt immer noch in Ostberlin, und die Regierungschefin war 16 Jahre eine Ossi.

    • @Farang:

      "Man könnte dieser Idee entgegnen, dass 'die Ossis' ja augenscheinlich gerne mitwirken möchten"

      Demokratie ist mehr, als ein Kreuzchen zu machen. Demokratie ist erstmal Zivilgesellschaft und Engagement. Wenn der Bus nicht fährt, weil es nicht wirtschaftlich ist, macht man das selbst. Wenn der Dorfladen zumacht, macht man als Dorfgemeinschaft selbst einen auf. Wenn man stattdessen braun wählt, hat man schlicht nicht verstanden, wie das politische und wirtschaftliche System in diesem Land funktioniert.

      "indem sie ihre Wahlergebnisse ignorieren und die Partei mit den meisten Wählerstimmen konsequent vom Mitwirken ausschließen..."

      Sehr schöner Beleg, dass auch Sie - sorry - nicht im Ansatz eine Idee haben, was Demokratie ist, und wie dieses fremde Wesen funktioniert. NIEMAND muss nämlich eine rechtsradikale Partei an die Macht bringen. Und das auch dann nicht, wenn diese Partei die meisten Stimmen bekommt. Das sollte eigentlich JEDER wissen, der in einer Demokratie lebt.



      Und das gilt - den einen oder anderen mag es überraschen - nicht nur für rechtsradikale Parteien, sondern auch für Demokraten. Helmut Kohl erhielt 1976 48,6 %. Und wurde Oppositionsführer.

      • @Kaboom:

        " - nicht im Ansatz eine Idee haben, was Demokratie ist, und wie dieses fremde Wesen funktioniert." Diese belehrende Ausdrucksweise ist das was die Ossis am meisten freut.

      • @Kaboom:

        "Wenn der Bus nicht fährt, weil es nicht wirtschaftlich ist, macht man das selbst. Wenn der Dorfladen zumacht, macht man als Dorfgemeinschaft selbst einen auf."

        -->Sorry, aber das ist grober Unfug. Ich bin ein nach Süddeutschland migrierter Ossi. Die Menschen in den Westdeutschen Bundesländern machen sich mehrheitlich keine Vorstellung davon, wie sehr das Zivilleben auf dem Ostdeutschen Land vernichtet und ausgelöscht wurde.

        In Brandenburg oder Sachsen, weit ab von den Speckgürteln der großen Metropolen sehen ganze Dörfer noch aus, wie 1989. Da laufen die Omis noch mit Kittelschürze durch die Gegend. Und in den Ländern gibt es wenigstens noch Dörfer. In Mecklenburg-Vorpommern ist vieles einfach nur noch Agrarwüste von Landwirtschaft-AGs.

        Alles was irgendwie ein Leben verspricht, abgesehen vom reinen Überleben, ist dort nicht dorfweit, sondern regionenweit ausgestorben. Kneipen, Gasthöfe, Ärzte, Läden, etc. Alles weg.

        Über das Ausmaß der Trostlosigkeit macht sich kein Westdeutscher auch nur entfernt eine Vorstellung. Selbst dann nicht wenn er "den Osten" kennt und schon mal in Leipzig, Dresden, Potsdam oder Schwerin war.

        • @Kriebs:

          Und wieviele "Ostdeutsche" wissen, wie es im Westen auf dem Land aussieht?

          Selbst bei 95% der "Rübergemachten" hört der Erfahrungshorizont im Speckgürtel der wirtschaftsstarken Regionen auf.

          Das von Ihnen geschilderte "Ausmaß der Trostlosigkeit" können Sie genauso in der Hohenlohe, auf dem Hunsrück, im Vogelsberg, in der Eifel und sonstwo im Westen finden.



          Es ist weder sinnvoll noch hilfreich, aus den Stadt-Land-Gegensätzen einen Ost-West-Gegensatz zu konstruieren...

      • @Kaboom:

        Sorry, Ihre Beispiele finden Sie in keiner Demokratietheorie.

        Gerade das Busbeispiel läuft hervorragend ohne Demokratie.

        Nämlich in Diktaturen, deren öffentliche Verwaltung wegen der hohen Korruption komplett dysfunktional geworden ist.

        (ÖPNV-Busverkehr ist übrigens fast nie wirtschaftlich. Wird quasi immer vom Staat bezuschusst.)

        Die Selbstermächtigung ist gerade in Ostdeutschland ein Problem gewesen

        Wenn die Leute einer Dorfgemeinschaft die neuen Asylbewerberheime zerstören, bevor da jemand einziehen kann.

        Wäre nach Ihrer Logik Demokratie.

        Das Problem ist, dass exakt so die AfD argumentiert.

        Die Hitlet-Faschisten haben die Demokratie verachtet.

        Die AfDler berufen sich auf sie und interpretieren sie so wie Sie.

      • @Kaboom:

        Wo steht geschrieben das ich in einer parlamentarischen Demokratie wie sie Deutschland ist selbst Bus fahren oder einen Dorfladen eröffnen muss wenn der Staat es nicht (mehr) schafft mir derlei Gemeinwohl vorzuleisten???

        • @Farang:

          Offen gesagt bin ich schockiert, dass man 35 Jahre nach der Einheit Leuten erklären muss, was eine Marktwirtschaft leisten kann, und was nicht.



          Dass man Leuten erklären muss, was zivilgesellschaftliches Engagement ist, und wann das nötig ist.

        • @Farang:

          Das müssen Sie nicht, das ist ja das schöne an einem freiheitlichen Land.

          Aber wenn Sie ein Problem selbst lösen könnten, dann relativiert das in jedem Fall Ihre Klagen über ein diesbezügliches Versagen von "denen da oben".

  • Die taz erklärt den Ossi. Immerhin einer, der in Meiningen geboren wurde.



    Selbstbesinnung und Selbstermächtigung sind Werte, die entgegen denen von westdeutschen Führungskräften vermittelten sehr sinnvoll sind.



    Es gibt absolut keinen Grund für die Ostdeutschen jemanden aus dem Westen dankbar zu sein.



    Wut worauf eigentlich. Nur Vergebung macht frei.

  • Könnte man denk Kommentar vielleicht zur Pflichtlektüre in den weiterführenden Schulen machen? Die ernsthafte Diskussion über den Inhalt könnte tatsächlich weiterführen, als alle Jammerstudien des öffentlichen Lebens.

    • @vieldenker:

      Definitiv.

      In einfacher Sprache übersetzt wäre er auch was für die Deutschkurse für Einwanderer.

  • 6G
    611245 (Profil gelöscht)

    Sie wirken ja mit. Die Wahlbeteiligung hat Höchstwerte, was von sehr lebendiger Demokratie spricht.



    Zudem ernten die Menschen ja aktuell das, was sie vor zehn, fünfzehn Jahren gewählt haben. Und nun offensichtlich entscheiden, dass die damalige Wahl eben falsch, richtig falsch, war.

    Im Übrigen sollte man eigentlich betonen, dass zwei Drittel der AFD Stimmen im Westen eingefahren werden.

    • @611245 (Profil gelöscht):

      "Sie wirken ja mit. Die Wahlbeteiligung hat Höchstwerte, was von sehr lebendiger Demokratie spricht."

      Demokratie ist NICHT, alle 4 Jahre irgendwo ein Kreuzchen zu machen.

      "Zudem ernten die Menschen ja aktuell das, was sie vor zehn, fünfzehn Jahren gewählt haben. "

      Die Menschen im Osten haben 1990 und 1994 Kohl gewählt. Bekommen haben sie die Politik, die sie gewählt haben. Wäre schön, wenn die endlich damit klarkämen.

      Im Übrigen sollte man eigentlich betonen, dass zwei Drittel der AFD Stimmen im Westen eingefahren werden.

      Betonen sollte man, dass knapp 15 % der Bevölkerung rund 35 % der Stimmen für die größte rechtsradikale Partei dieses Landes liefern.

      • @Kaboom:

        Vor 10-15 Jahren war Kohl... aha.

      • @Kaboom:

        "Die Menschen im Osten haben 1990 und 1994 Kohl gewählt. Bekommen haben sie die Politik, die sie gewählt haben. Wäre schön, wenn die endlich damit klarkämen." Jippiiiii - die blühenden Landschaften der 90er - die die Ossis damals gewählt haben. Dumm nur, dass sie nebenbei enteignet wurden. Das stand gar nicht in Kohls Wahlversprechen.