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Proteste gegen Hartz IV im Sommer 2004Der verlorene Kampf gegen Hartz IV

Vor 20 Jahren gingen im Osten Tausende Menschen auf die Straße. 20 Jahre später heißt das Gesetz Bürgergeld – doch die Kritikpunkte bleiben aktuell.

Der Initiator der Leipziger Montagsdemo, Winfried Helbig, spricht am 16. August 2004 zu den De­mons­tran­t*in­nen in Leipzig Foto: Eckehard Schulz/ap

Berlin taz | Der Vorwurf, auf Kosten der Allgemeinheit nicht arbeiten zu wollen, hat sich auch nach 20 Jahren kaum abgenutzt: 2023 wurde Hartz IV durch das Bürgergeld ersetzt, die populistischen Debatten aber sind geblieben.

Die Bundesregierung will die Sanktionsmöglichkeiten verschärfen, die Union stichelt weiter. Am Montag erklärte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) in der Welt, „Tausende“ könnten zwar arbeiten, bekämen aber Geld vom Staat, „für das die Steuerzahler hart arbeiten“. Vor 20 Jahren gingen in Ostdeutschland Tausende gegen solche Vorwürfe auf die Straße.

„Schluss mit Hartz IV – denn heute wir, morgen ihr“. Diese Parole hatte der arbeitslose Kaufmann Andreas Ehrholdt mit Filzstift auf Pappschilder gemalt, als er Ende Juli 2004 in Magdeburg zu Protesten aufrief. Am 1. Januar 2005 sollte das Hartz-IV-Gesetz in Kraft treten. Der Kern der nach dem VW-Arbeitsdirektor Peter Hartz benannten Reformpakets: fördern und fordern.

Die Menschen sollten bei der Jobsuche unterstützt, also gefördert werden. Doch sollten über Sanktionen jene Menschen diszipliniert werden, die sich angeblich zu wenig um einen Job bemühten. Viele Menschen fühlten sich zu Al­mo­sen­emp­fän­ge­r*in­nen des Staates degradiert.

200.000 Menschen auf der Straße

Am 26. Juli waren es noch wenige hundert Menschen, die Ehrholdts Aufruf folgten und in Magdeburg auf die Straße gingen. Doch das sollte sich schnell ändern. Im Laufe des Augusts beteiligten sich in immer mehr ostdeutschen Städten Menschen an den immer Montags stattfindenden Demonstrationen, oft in vierstelliger Zahl. Auf dem Höhepunkt der Anti-Hartz-Proteste am 30. August waren in über 200 Städten bundesweit, vor allem aber im Osten mindestens 200.000 Menschen auf der Straße.

Die Zahl der Protestierenden hielt sich über mehrere Wochen und ging erst im Oktober zurück. Inzwischen aber beschäftigten sich alle großen Medien der Republik mit der Frage, was die Menschen in Ostdeutschland immer Montags auf die Straße trieb. Mit Staunen beobachteten auch linke Gruppen, dass ganz ohne ihr Zutun in Ostdeutschland Menschen protestieren, die bisher nie demonstriert hatten.

Lutz Neuber von der Basisgewerkschaft Freie Arbeiterunion (FAU) war als einer der wenigen organisierten Linken am 26. Juli 2004 in Magdeburg auf der Straße. „Als unser Häufchen von sieben bis acht Leuten mit unseren Transparenten und den Parolen gegen Nazis, Staat und Kapital zur vielleicht 300 Teil­neh­me­r*in­nen zählenden Demo stieß, wurde es freudig begrüßt“, erinnert sich Neuber nach 20 Jahren an die euphorische Stimmung. „Unsere Sprechchöre gegen Niedriglöhne und Zwangsarbeit wurden beklatscht. Wir dachten, jetzt geht es los.“

Doch schon auf der zweiten Montagsdemonstration in Magdeburg folgte die Ernüchterung: Mit über 6.000 Versammelten habe sich die Menge vervielfacht, erzählt Neuber. „Doch diesmal hatten sich Gruppen der extremen Rechten an die Spitze gestellt und auch sie wurden von der Masse verteidigt. Man wollte niemanden ausschließen.“

Der Funke sprang nicht über

In vielen Städten hingegen weigerten sich die De­mons­tran­t*in­nen, mit Neonazis auf die Straße zu gehen. „Abgrenzung von Fa­schis­t*in­nen war einer der beschlossenen Grundsätze der Montagsdemonstrationen“, sagt der Sozialwissenschaftler Harald Rein, der seit Jahrzehnten in der unabhängigen Erwerbslosenbewegung aktiv ist.

Dass Hartz IV nicht verhindert werden konnte, habe auch daran gelegen, dass der Funke nicht nach Westdeutschland übergesprungen sei. Dort initiierten linke Gruppen in verschiedenen Städten Proteste gegen Hartz IV, die aber überschaubar blieben. „Einzig die Montagsdemonstrationen 2004 im Osten Deutschlands können als spontaner Massenprotest gegen Hartz IV bezeichnet werden“, so Rein.

Dabei gab es durchaus Potenzial: Am 1. November 2003 beteiligten sich über 100.000 Menschen an einer bundesweiten Demonstration gegen Hartz IV in Berlin, die von wenigen Ak­ti­vis­t*in­nen auf die Beine gestellt worden war. Mitten in der sommerlichen Nachrichtenflaute gingen dann in Ostdeutschland spontan zahlreiche Menschen gegen Hartz IV auf die Straße.

Zwar versuchten linke Gruppen für den Herbst 2004 weitere Proteste auch im Westen zu organisieren. Doch nur selten konnten sie mehr als die linke Szene mobilisieren – eine Ausnahme bildete eine Demonstration vor der Bundeszentrale der Agentur für Arbeit in Nürnberg mit rund 10.000 Personen im November.

„Welche Arbeit ist zumutbar für welchen Lohn“

Einen weiteren Grund dafür, dass die Proteste ihr Ziel nicht erreichten, sieht die Soziologin Mag Wompel im unklaren Gerechtigkeitsbegriff vieler Mon­tags­de­mons­tran­t*in­nen. Viele hätten sich darüber empört, behandelt zu werden wie So­zi­al­hil­fe­emp­fän­ge­r*in­nen – und damit die Spaltung zementiert.

„Die breit verankerte Ideologie der Leistungsgerechtigkeit hat durch die latente Akzeptanz des Menschenbildes der Agenda 2010 dem Widerstand das Genick gebrochen“, urteilt Wompel, die vor 20 Jahren als Redakteurin der Onlineplattform Labournet an zahlreichen Protesten beteiligt war.

Die Einführung von Hartz IV sei ein massiver Einschnitt gewesen, sagt die Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg (ALSO), seit mehr als 40 Jahren in der Erwerbslosenbewegung aktiv. „Welche Arbeit zumutbar ist für welchen Lohn, wie weit der Schutz der Privatsphäre gewährleistet wird, welche Wohnungen angemessen sind, wie Betroffene und ihre Kinder versorgt werden, mit wie viel Angst und der Erwartung von Demütigungen sie in Jobcenter und Sozialämter gehen müssen – das hat Maßstäbe gesetzt nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern für das gesamte Zusammenleben in dieser Gesellschaft“, resümiert die Selbsthilfe-Gruppe. In einem solchen Klima hätten die meisten Menschen wenig Kraft und Zeit gehabt, sich an Protestdemonstrationen zu beteiligen.

Doch es gab solidarische Aktionen. So entstanden in vielen Städten Initiativen, die Erwerbslose bei ihren Terminen im Jobcenter begleiteten, damit sie nicht allein dem bürokratischen Prozedere ausgeliefert waren. Auch die Klagen gegen verhängte Sanktionen nahmen rapide zu und waren oft erfolgreich. Für die im letzten Jahr verstorbene Erwerbslosenaktivistin Anne Allex war das auch eine Spätfolge der Proteste vom Sommer 2004: „Viele Menschen haben damals gelernt, sich zu wehren.“

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91 Kommentare

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  • Moderation , Moderator

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  • "Bekanntlich arbeiten viele Alleinerziehnde ja auch - und Aufstocker sind bei der Diskussion hier ja nicht gemeint."



    Ich finde schon, dass bei dieser Diskussion alle in einen Topf geworfen werden. Gerade Alleinerziehende sollten besser unterstützt werden, denn Kinder sind unsere Zukunft.



    Thema Kinderarmut: Mehr als jedes fünfte Kind wächst in Deutschland in Armut auf. Das sind 2,8 Mio. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Die Kinder- und Jugendarmut verharrt seit Jahren auf diesem hohen Niveau.



    Trotz langer guter wirtschaftlicher Entwicklung sind die Zahlen kaum zurückgegangen. Kinderarmut ist seit Jahren ein ungelöstes strukturelles Problem in Deutschland.



    Aufwachsen in Armut begrenzt, beschämt und bestimmt das Leben von Kindern und Jugendlichen – heute und mit Blick auf ihre Zukunft. Das hat auch für die Gesellschaft erhebliche negative Folgen. Die Vermeidung von Kinderarmut muss gerade jetzt politisch Priorität haben.



    Sie erfordert neue sozial- und familienpolitische Konzepte. Dazu gehören Strukturen für eine konsequente Beteiligung von Kindern und eine Absicherung ihrer finanziellen Bedarfe durch ein Teilhabegeld oder eine Grundsicherung.

  • Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten ... als sie den Arbeitsplatz zur Ressource und die Arbeitskraft zum Ressourcenverbraucher umdeklarierten - und damit einer abstrusen kapitalistischen Logik den roten Teppich ausrollten. Ich fürchte, dass ich das den Sozis nie verzeihen können werde.

    • @mats:

      Liggers. But.

      Vergessens mir Peter Hartz - den VW - Puffreisen Unternehmer nicht.



      &



      Wie ich Dank Weggefährten weiß:



      GazpromGerd - der Emporschläger ©️ Wiglaf Droste - ist es nicht nur ein Ondit



      Daß er & manch anderer das alles in den Konsequenzen nicht verstanden hat.

      Hat ihn aber nicht davon abgehalten!



      Mit diesem - nach einem Kriminellen benannten Gesetz & dem Namensgeber



      Peter Hartz europaweit zu tingeln! Woll



      - 🙀🥳🥴🤢🤮🤑 - •

      • @Lowandorder:

        Peter Hartz hat nur seinen Namen dazugegeben, was er nach eigener Aussage später aber sehr bereut hat. Hartz IV wurde von Bertelsmann 'erfunden', wie sehr gut in der Kabarettsendung 'Die Anstalt' mal erklärt wurde. www.youtube.com/watch?v=FMxJLW_nz60

        • @Ricky-13:

          Stöpsel-Liz post Reichsdrückerführer Reinhard Mohn geht schon in Ordnung!



          Das mit dem “nur“ dürfte aber ein Gerücht sein - vllt gar aus Selbstschutzgründen lanciert! Woll



          www.deutschlandfun...z-bericht-100.html



          Na lesens selbst! Gellewelle



          “Doch ihr prominentester Vertreter war Peter Hartz. Mit viel Kreativität hatte er in den 90er-Jahren bei Volkswagen einen großen Stellenabbau verhindern können. Nun sollte er ein ganzes Land umkrempeln:

          „Herr Bundeskanzler, wir haben hier die Zukunft für zwei Millionen Arbeitslose konzipiert. Ich wünsche Ihnen und uns viel Erfolg, dies umzusetzen. Vielen Dank.“…



          & Tingel-Tangel en France

          www.tonline.de/nac...reich-retten-.html



          Hollande macht den Schröder



          Kann Peter Hartz auch Frankreich retten?“

          kurz - ⚽️ flach halten!



          always at your servíce

          • @Lowandorder:

            Danke für den Link.

            Berlin, 16. August 2002: „Heute ist ein schöner Tag für die Arbeitslosen in Deutschland.“

            Ja, die Arbeitslosen waren sicherlich sehr berührt und haben diesen Tag ausgiebig gefeiert, als sie erfuhren, dass man ihre Zukunft "konzipiert" hat.

        • @Ricky-13:

          "Erfunden" wurde es von der Hartz Kommission. Lauter SPD Politiker und Gewerkschaftler. Gespickt mit einigen Arbeitgebervertretern. Und die Bertelsmann-Stiftung hat beratend zur Seite gestanden und Statistiken geliefert.



          Und was das schlimmste für viele sein muss: Die FDP hatte da keine Karten im Spiel

          • @Ahnungsloser:

            Dass die FDP da keine Karten im Spiel hatte, das stimmt wohl. Die FDP stand nur daneben, hat sich angeschaut wie die SPD den Sozialstaat demontiert und hat danach freudig 'Bravo' gerufen und applaudiert.

  • Die größten Schwierigkeiten haben Alleinerziehende. Ich war selbst in dieser Lage, mein Sohn mit Abitur und abgeschlossenem Studium hat schon längst jegliche Hilfe die ich damals erhalten habe durch seine monatlich bezahlte Lohnsteuer von 42% zurück gezahlt!



    Empfängerquoten der Leistungen nach dem SGB II nach Typ der Bedarfsgemeinschaft 20



    www.sozialpolitik-...teien/abbIII58.pdf

    • @Des247:

      Also spätestens ab dem 12. Lebensjahr des Kindes sollte es kein Problem sein, wenigstens zeitweise auch selbst zu arbeiten - wenn man gesund ist. Egal was der Sohn später mal für Steuern zahlt, es geht auch um die Vorbildfunktion und bekanntlich gibt es auch Gegenbeispiele, wo über Generationen Sozialleistungen bezogen werden.

      Bekanntlich arbeiten viele Alleinerziehnde ja auch - und Aufstocker sind bei der Diskussion hier ja nicht gemeint.

  • Söder, Kretschmer, wie sie alle heißen, man definiert das Bürgergeld flux ins bedingungslose Grundeinkommen um, und schon hat man sie wieder, die Hängematte für das faule Gesocks. Hat zwar mit der Realität so gut wie nix zu tun, macht sich aber bei der BILD und im Bierzelt immer gut. Widerlich und armselig wie immer, aber gut, so sind sie halt, die Schwarzen.

  • Und die Geschichte wiederholt sich auf perfide Art.

    Linnemann will "Totalverweigerer" verhungern lassen und Lindner fehlen auf einmal, ups, drei Milliarden.

    Woher nehmen und nicht stehlen?

    Zählen wir Linnemann und Lindner zusammen und wir haben das Ergebnis.

    Wir nehmen es den Nichtsnutzen und Taugenichtsen weg. Die wehren sich nicht und das alles lenkt dann auch fein davon ab:

    "Von den sogenannten Centimillionären in Deutschland, also Menschen mit mehr als 100 Millionen Euro, könnte man damit potenziell bis zu 17 Milliarden Euro im Jahr einnehmen."

    taz.de/DIW-Oekonom...m%C3%B6genssteuer/

    Nur dumm, dass die wissen, wie man sich zur Wehr setzt.

    • @Jim Hawkins:

      "Totalverweigerer verhungern lassen."



      Jedenfalls scheinen der CDU, Linnemann voran, selbst bei ihrer Obstruktionspolitik gegen das Bürgergeld nochmal die Pferde verfassungsrechtlich problematisch durchzugehen. Denn die CDU plant m.K.n., Totalverweigerer aus dem Rechtskreis des SGB II "entfernen" zu wollen, hinein in ein mir jedenfalls (noch nicht) bekanntes "Irgendwo". Die CDU sucht sehr genau nach "Rechtskonstruktionen" dafür. Wenn jemand eine Arbeit ablehnt soll er als nicht Bedürftig gelten. Denn wäre er das, würde er die Arbeit ja nicht ablehnen. Folglich muss er über Einnahmen verfügen, welche er bei Antragstellung Bürgergeld und späterer Prüfung verschwiegen hat. Damit wären die Voraussetzungen bereits erfüllt, die Bedürftigkeit abzuerkennen. Die jetzt geltenden Sanktionsregelungen lassen einen Verbleib im Bürgergeld zu. Auch bei Totalverweigerung. Nach den Plänen der CDU wäre das nicht der Fall. Und dann besteht auch kein Anspruch mehr auf Bürgergeld als Grundsicherung des Sozikulturellen Minimums. Man wird sich "kluges" ausdenken um das zu realisieren. Drauf gepfiffen ob´s verfassungskonform ist oder nicht. Urteile dazu kommen sowieso Jahre später.

    • @Jim Hawkins:

      Viel dümmer ist, dass die Vermögenssteuer den Kommunen zu Gute würde und das Loch im Bundesetat nicht stopfen würde.

    • @Jim Hawkins:

      Ja, die Reichen wissen ganz genau wie man sich zur Wehr setzt, deshalb hält man sich ja auch lieber an die Armen, denn die haben keine Lobbyvertreter und auch kein Geld für teure Anwaltskanzleien, die sich um ihre Interessen kümmern.

  • Es gab damals eine gigantische Kampagne gegen die (monetäre) Unterschicht. Die Privaten sendeten stundenlang Sozialpornos, von den notorischen Talkshows, in denen beinahe täglich "faule Arbeitslose" vorgeführt wurden über Berichte von "Mallorca Ralf", etc. pp. Die öffentlich-rechtlichen trommelten mit INSM-Talkshows wie Christiansen, die konservative Kampfpresse tat ihren Teil, ebenso wie Konservative und Neoliberale in der Politik. Das war vermutlich die größte Kampagne seit Gründung dieses Landes.



    Und dann kam Gas-Gerd gemeinsam mit dem Hardcore-Neoliberalen Clement (ich frag mich bis heute, ob der Mann von RWE abgestellt wurde, um die Sozen zu unterwandern), Privatrenten-Riester, und natürlich "Wer-nicht-arbeitet-soll-auch-nicht-essen" Müntefering. Die Agitprop funktionierte damals im Westen wirklich perfekt.

    • @Kaboom:

      _Müller war der abgestellte Energiemanager, um die Grünen zu kontern, Inzwischen-FDP-Clement sprang dann später ein.



      Ihren Zorn teile ich ansonsten, unter dem Mantel der Sozialkürzungen machten Unternehmerkinder den Reibach, was wir heute in den Kassen und der Infrastruktur bitter sehen.

      • @Janix:

        Achja, richtig, da war ja auch noch "Superminister" Müller. Noch ein Lobbyist ... naja, das waren so viele, da vergisst man schon mal einen ... :-)

  • Angeblich soll das SGB II vor Armut schützen, kompetent in Arbeit vermitteln und Problemlagen erkennen und sachkompetent bearbeiten.

    Ich glaube, dass war noch n i e so. M.M. hat dieses Gesetz Armut verfestigt und viele Familien kaputt gemacht. Außerdem gab es eigentlich nie genügend offene Stellen, es war immer unrealistisch.

    Und die SPD hat die Logik der Arbeitgeber übernommen, Arbeit so zu verbilligten, dass der Niedriglohnsektor stark wachsen kann.

    Der DGB hätte es wohl zerkleinern können, am Ende hatten sie Beißhemmungen. Von der Straße alleine aus, kann man das nicht stoppen. Dazu hätte es dann revolutionär werden müssen. Und das war es auch nicht.

  • erwerbslosen-inis gabs schon sehr viel früher. der entwürdigende umgang mit menschen, die erwerbslos sind, hat la nge tradition in D.



    "arbeit macht frei"- stand über eingängen von kz + vernichtungslagern.



    recht auf faulheit- titel eines buchs von marx schwiegersaohn: undenkbar im land der zwangsarbeiterInnen + der vernichtung durch arbeit.



    "wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen" - noch son nazi-spruch.



    in job-centern wird nicht geholfen sondern eher bestraft.



    die atmosphäre dort ist geladen von demütigung. gut, letzteres mein subjektiver eindruck.

    es gab vor nicht allzulanger zeit eine initiative mit dem namen "ichbinarmutsbetroffen".



    davon hören wir irgendwie nichts mehr - warum auch immer.



    ich selbst bin froh, endlich in rente zu sein + das glück zu haben, keine grundsicherung beziehen zu müssen.

    altersarmut ist verbreitet + mit das bitterste, was mensch (meist frauen) erleben muß: oft nach einem leben voller plackerei.

    • @Brot&Rosen:

      Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen ist aus Paulus Brief an die Thessalonicher aus dem neuen Testament. Dieser Satz ist kulturell durch unsere christliche Prägung so stark im Bewusstsein vieler Menschen verwoben, dass Sie das nicht einfach als Nazikram vom Tisch wischen können. Einen Grundanspruch auf Alimentierung durch die Gesellschaft ohne Gegenleistung wird hier niemals von der Mehrheit unterstützt werden in absehbarer Zeit.

      • @Šarru-kīnu:

        Zum Paulus-Wort:



        In der Tat ist ein großer Teil Menschen unserer Gesellschaft von kultur-christlichen, also eben nicht gleich identisch christlichen, Wertvorstellungen geprägt. Wie das Paulus-Wort ist da vieles verkürzt, undifferenziert, sogar ins Gegenteil verkehrt gegenüber der christlichen Lehre selbst. Und die kath. Kirche hat selbst dazu beigetragen.



        Sie wendet sich aber auch mit der katholischen (ähnlich protestantischen) Soziallehre auch gegen diese Fehlinterpretationen. Der Jesuit u. Ökonom Friedhelm Hengsbach hat da als führender Vertreter dazu in Bezug auf Hartz IV immer u. immer hingewiesen und das Paulus-Wort richtig gestellt.



        In der gegenwärtigen CDU scheint man davon nichts wissen zu wollen. Auch nicht in der SPD, wie ich ihn auf einem Vortrag habe sagen hören.

        Fakt ist aber: Das Bürgergeld ist die vom Grundgesetzt her erforderliche Gewährung des soz.- kulturellen Minimums, welches eben NICHT voraussetzungslos gewährt wird: Prüfung der Bedürftigkeit nach wie vor. Verpflichtung die eigene Notlage durch Eigeninitiative zu beseitigen, bei Sanktionsandrohung und Durchsetzung - nach wie vor.

        Woher kommt das Ausblenden dieser gestzl. Realität bei vielen Leuten?

      • @Šarru-kīnu:

        Die Nazis haben diesen Spruch aber auch verwendet.

        *Das Menschenbild der Nazis war höchst utilitaristisch: "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen", hieß es, ein Spruch allerdings, den auch Lenin im Munde führte.* [Quelle: ZEIT online, 3. Dezember 2009]

        Der Paulus-Brief gibt an, vom Apostel Paulus geschrieben worden zu sein. Zweifel an einer paulinischen Verfasserschaft wurden aber schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts geäußert. Und wenn wir jetzt schon einmal im "christlichen" sind, können wir ja auch mal den jetzigen Papst zu Wort kommen lassen.

        Papst Franziskus: „Wo es keine Arbeit gibt, fehlt die Würde! Und das sei nicht nur das Problem einiger Länder Europas, sondern es ist die Folge einer globalen Entscheidung, eines ökonomischen Systems, das zu dieser Tragödie führt; ein Wirtschaftssystem, in dessen Zentrum ein Götze steht, der Geld heißt.“ [Quelle: Radio Vatikan]

        Der Papst sagt es ja, der 'Mammon' beherrscht alles und gleichzeitig sorgt der Mammon für soziale Ungerechtigkeit, Ausbeutung von Arbeitern, Verschmutzung der Welt und einen Klimawandel der wohl nicht mehr aufzuhalten ist.

  • Was immer unterschlagen wird: für viele Freiberufler gerade in den sogenannten kreativen Berufen war Hartz 4 doch ein Gottesgeschenk. Ich möchte nicht wissen, wieviele der z. B. hier in der taz frei Schreibenden heute mit Bürgergeld aufstocken.

  • Ja, da könnte man einiges besser machen. Es interessiert aber nicht genug Leute, damals wie heute. Damals ist als Reaktion auf Hartz IV Angela Merkel gewählt worden (ohne Zustimmung ihrer CDU wäre das gar nicht durch den Bundesrat gegangen), heute liegt Merz vorn, der da bestimmt nichts ändern will. Es ist also nicht das große Thema, zu dem es gemacht wird. Das mag man bedauern, aber man muss es wahrnehmen. Die Themen setzen andere.

    • @Kurt Kraus:

      Merkel & Co. haben per Bundesrat Hartz IV erst mit diesen niedrigen Sätzen so verschärft!



      Ihr Wahlprogramm, versimpelt neoliberal à la Merz, hat sie aber fast den Wahlsieg gekostet, trotz Schröders Irrlichterei im Sozialen und Neuwahl - das war eine Selbstentleibung Schröders, der nicht mehr wusste, was er denn noch wollte, und dennoch hatte die Union nur einen schwachen Vorsprung vor der SPD.



      Am besten steht man für das aus seiner Sicht Sinnvolle und Machbare ein. Die SPD sollte aus der Erkenntnis, dass große Teile von Hartz IV ungut waren (nicht alles), auch weiterhin Schlüsse ziehen. Die "Bild" kann doch nicht den Verstand ersetzen.

      • @Janix:

        "Merkel & Co. haben per Bundesrat Hartz IV erst mit diesen niedrigen Sätzen so verschärft!"

        Nicht nur die Sätze, viele Härten wurden damals von Roland Koch im Vermittlungsausschuss erst hinein verhandelt.

      • @Janix:

        Es ist jedenfalls hohe Zeit, den linken Mythos zu beerdigen, der Niedergang der SPD habe etwas mit Hartz IV zu tun. Das liegt an anderen Gründen. Die von Hartz IV Betroffenen wählen entweder gar nicht oder AfD.

        • @Kurt Kraus:

          Selbstverständlich hat der Niedergang der SPD etwas mit Hartz-IV zu tun. Und dem Rest der neoliberalen Agenda2010-Politik. Im politischen "Ökosystem" besetzt eine Partei eine Nische. Hat eine Zielgruppe. Wenn die Partei diese Nische nicht mehr besetzt, gehen ihre Wahlergebnisse zurück, bis hin zu ihrem möglichen "Aussterben". Das haben alle sozialdemokratischen Parteien in Europa durchgemacht, die den gleichen neoliberalen Kurs gefahren haben, wie die Sozen. Labour, die PvdA in den Niederlanden und einige mehr.

        • @Kurt Kraus:

          Die Wahlbeteiligung der klassischen SPD-Klientel, der Arbeiters, der Gewerkschafters ging weiter deutlich runter. Wenn die vorher SPD wählten, was folgt daraus?



          Ich kann Sie da gerade nicht verstehen. 2005 gab es auch keine ADi-Partei.

          Was jedoch auch genannt werden muss, war Hintze-Pofalla-Merkels infame Idee der Demobilisierung der SPD-Wählers mit Scheinpolitik.

  • Ich verstehe nicht, was an dem "Vorwurf, auf Kosten der Allgemeinheit nicht arbeiten zu wollen" unberechtigt sein soll, soweit es nicht um Kinder oder kranke Menschen geht (wozu auch psychische Defizite zählen oder Sucht). Wer von Sozialleistungen lebt, lässt sich von anderen sein Leben finanzieren.Wer fragt, ob sich arbeiten für ihn lohnt, ist schon damit jemand, der eigentlich keine Sozialeistungen bekommen dürfte, wenn man die eigentliche idee dahinter vertritt.

    • @Dr. McSchreck:

      Als einer der so gut er eben kann für die Sache der Erwerbslosen streitet, weil er die Situation erfahren hat, kann ich ihrem "Unverständnis" gerade nicht aus dem Weg gehen. Es ist ja eines, das nachfragt, nicht blos abwehrt. Vielleicht erst einmal folgende Feststellung dazu:

      Es ist im Bürgergeld faktisch, tatsächlich so, dass dort die sog. "Arbeits-Totalverweigerer" sanktioniert werden! In der Gesellschaft scheint man zu glauben, dass geschehe nicht.



      Es sind aber seitens der Regierung sogar nachträglich noch nach Inkrafttreten der Gesetzesänderungen zum "BG" noch Verschärfungen erfolgt.



      Totalverweigerung im Wiederholungsfall hat die Streichung der Hilfen mit Ausnahme der angemessenen Kosten der Unterkunft zu Folge! Letzteres um Obdachlosigkeit zu vermeiden. Die würde niemanden helfen. Politik muss mit Augenmaß handeln.



      Die getroffenen Regeln erfolgen nach den Kriterien, welche das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil zu Teilen des "Sanktionsregimes" vorgegeben hat. Wie gesagt: Das Bundesverfassungsgericht!!!

      Das Bürgergeld ist weder voraussetzungslos noch sanktionsfrei. Und es ist verfassungskonform.

      Diese Realität darf nicht aus dem Blick geraten!

    • @Dr. McSchreck:

      Wir haben u.a. einen großen Teil, der psychisch, sprachlich oder physisch nicht arbeiten kann. Der wird bewusst da nie genannt.

      Wer von den Kapitaleinkünften aus seinem Erbe lebt, lässt sich auch von anderen sein Leben, ein sehr angenehmes Leben sogar, finanzieren. Da gehen nicht nur Millionen, sondern Milliarden flöten.



      Darum der Aufschrei: von dem Steuerbetrug mancher solcher ließe sich viel Neo-Hartz-IV tragen.

      • @Janix:

        Wer nicht arbeiten kann, bekommt kein Bürgergeld.



        Dieser Teil wird also zu Recht nie genannt.

        Beeinträchtigte werden auch genannt, wenn es um die Zahlen geht.

        Nur hilft das nicht, die arbeitsethischen Ausführungen von Dr. MCSCHRECK zu diskutieren.

      • @Janix:

        Vielen Dank. 1000x richtig

      • @Janix:

        „Sprachlich“ akzeptiere ich nicht. Kapitaleinkünfte werden versteuert.

        • @Dr. McSchreck:

          Bei sprachlich können Sie ein "noch" ergänzen, beim anderen eher nicht.

          Kapitaleinkünfte werden geringer besteuert als der Grenzsteuersatz bereits mittlerer Einnahmen aus Arbeit, das war früher mal andersherum.

          Und es ändert nichts am Punkt: Unternehmenserben wie die Klattens profitieren von Opis/Papis guten braunen Connections damals und bekommen eine Million am Tag ohne Arbeiten (Stafan Klatten, 2021, nur BMW-Dividenden und Kursgewinne)

          • @Janix:

            Das werden meine Kinder ebenfalls, wenn auch im deutlich geringeren Ausmaß. Und das Problem ist jetzt... welches?

            Das Kapitaleinkünfte geringer besteuert werden ist der EU-Harmonisierung geschuldet, da könnte man natürlich dran drehen. Ob für Einkünfte aber nun im klassischen Sinne gearbeitet werden muss oder nicht ist allerdings eine Fragestellung, nur aus einer Neid-Perspektive gestellt werden kann.

            • @Tom Tailor:

              Man muss schon sehr gut verdienen, damit Kapitaleinkünfte niedriger besteuert werden. Ich verdiene gut, aber nicht sehr gut und kriege jedes Jahr Steuer erstattet, weil meine Steuer unter den 30 Prozent liegt, die auf Kapitaleinkünfte anfallen.

        • @Dr. McSchreck:

          Denken Sie tatsächlich, dass es so ein wunderbares Leben ist Bürgergeld zu erhalten? Überlegen Sie doch bitte mal wie lange Ihnen 560 Euro reichen? Wenn Sie im Grunde nichts anderes tun können, als zu Hause zu sitzen und zu rechnen, wie sie diesen Monat überstehen können ohne am Ende des Monats kein Geld mehr für Lebensmittel zu haben? Kein Auto, kein Urlaub, keine Freizeitaktivitäten die irgendetwas kosten. Und Sie denken, diese Menschen sind glücklich und feiern ein Highlife mit Ihren Steuern? Die meisten sind depressiv und es geht ihnen alles andere als gut. Vor allem die Alleinerziehenden sind betroffen wenn Sie sich mal die Statistiken ansehen. Wer nicht selbst mal in dieser Lage war hat einfach keine Ahnung. Ich war selbst alleinerziehend in der Zeit als Hartz 4 eingeführt wurde.

          • @Des247:

            Ob es "wunderbar" ist, darauf kommt es gar nicht an. Es ist Leben auf Kosten anderer, obwohl man arbeiten könnte.

            • @Dr. McSchreck:

              Entschuldigung, aber wir alle (auch Sie) leben auf Kosten anderer.

  • Die Diskussion um die "Arbeitsunwilligen" war schon 2004 und ist bis heute meiner Meinung nach ein reines Ablenkungsmanöver im Sinne von 'Haltet den Dieb!', während ein anderer Teil unserer Gesellschaft legal (Steuerschlupflöcher) oder illegal Steuern in Milliardenhöhe hinterzieht oder gar nicht erst zahlen muss (s. Vermögenssteuer)



    Dass man Arme auf noch Ärmere hetzt ist eine immer wieder gern benutzte Strategie, auf die leider viel zu viele Menschen reinfallen.

    • @Klabauta:

      Das ist das täglich Brot der Springerschlagzeilen seit jeher, um von den echten Sozialbetrügern abzulenken, denen mit den Bentleys und den geerbten Aktienpaketen.

      • @Janix:

        Könnten sie bitte mal erläutern, warum Erben Betrüger sind?

  • Zu den im Artikel angesprochenen Aussagen von Michael Kretschmer, verlinkt in "Welt".



    Auf den erssten Blick verrückt aber gefährliche wahr. Der Kampf sogar gegen die Anteile von Hartz IV im Bürgergeld geht der Kampf weiter. Führen tun ihn nun die Konservativen.



    Kretschmer in "Welt":

    "Tausende könnten arbeiten, tun es aber nicht und bekommen Geld vom Staat, für das die Steuerzahler hart arbeiten. Um dem einen Riegel vorzuschieben, wäre eine Beweislastumkehr nötig. Sprich: Wer Bürgergeld will, muss nachweisen, dass er nicht in der Lage ist, zu arbeiten. Erst dann darf es Geld geben."

    WIE DAS?

    Nach § 7 u. 8 SGB II erhält Bürgergeld der, der mindestens in der Lage ist 3 Stunden tägl. zu arbeiten u. Bereit ist, Arbeit aufzunehmen. Das Bürgergeld wird sowieso an Arbeitswillige ausgezahlt! Allles andere wäre gegen dieses Logik des "BG".

    Achtung: Das steht aber im Kontext der Pläne der Union, das BG in gänze zu verwerfen. Siehe: Union will Totalverweigerern die Annerkennung der Bedürftigkeit streichen, weil man ihnen andere Einkünfte als das BG unterstellt. Es gäbe also gar keine Unterstützung.



    Krtschmers Worte sind sehr ernst zu nehmen, auch wenn sie unlogisch klingen.

  • Den Artikel bedrückt aber mit Interesse gelesen. Die Rückschau zeigt mir, dass der Satz: "Schluss mit Hartz IV - denn heute wir, morgen ihr", heute noch weniger Wirkung auf die Menschen mit Arbeit hat als damals. Heute dürften weite Teile der Arbeitenden zu uns Erwerbslosen eher Sätze sagen wie: "Besser ihr als wir." Man sieht in den Arbeitslosen Menschen, die das verdient haben und deshalb entweder zur Arbeit gezwungen werden müssen oder ansonsten kein Recht auf Teilhabe in den Sozialsystemen haben.

    Die Vorstellung, dass diese Sozialsysteme auch für einen selbst einmal da sein könnten, existiert nur noch als verkürzte. Man habe ja gearbeitet und also einen Anspruch. Das das die heute Erwerbslosen auch getan haben, kommt gar nicht mehr zu Bewusstsein. Genauso wenig, dass Erwerbslosigkeit unverschuldet länger dauern kann als die Zeit, in der die Leistungen aus der Solidarversicherung gelten.



    Selbst die Coronapandemie hat, z. B. für die plötzlich einkommenslosen Soloselbstständigen, nur kurz ein Bewusstwerden erzeugt, dass man selbst nicht in die Grundsicherung hinein möchte, die man zuvor für andere mit großer Geste befürwortete.

  • Welche Zahlen stimmen denn nun eigentlich über Menschen, die erwerbslos sind, obwohl sie ohne



    Einschränkung arbeiten könnten -



    die 200.000 allein zwischen 18 u. 25



    oder die 0,8 % der Arbeitslosen.



    Mit anderen Worten: wie groß ist



    das eigentliche Problem?

    • @Hubertus Behr:

      Jobcenter haben eigentlich noch nie richtig funktioniert, die Mitarbeiter dort haben Probleme mit den Aufgaben und der Komplexität. Eventuell gibt es diese Verweigert gar nicht, sondern die Mitarbeiter erfinden das, um von eigenem Unvermögen abzulenken. Es ist sehr schwierig, die Klienten in diesem Kraftfeld zu managen, wer scheitert, kann die Akten manipulieren und so tun als hätten die Klienten keine Lust zu arbeiten. Klienten können ihre Akten eigentlich nur vor Gericht einsehen. Die wissen nicht, was die Vermittler notieren oder beurteilen.

    • @Hubertus Behr:

      Ja, sind diese Leute denn "das eigentliche Problem"?

      Ich zitierte mal SeTh: "Ich weiß auch nicht, was die statistische Zahl der Totalverweigerungg am Anspruch an Menschenwürde, der mit dem Bürgergeld eigentlich realisiert sein soll, ändern sollte."



      blog.freiheitstatt...erde-als-massstab/

    • @Hubertus Behr:

      Die Wahrheit dürfte - wie so oft - irgendwo dazwischen liegen.

      Die berühmten 0,8% sind ja nicht mal alle, die vom Amt sanktioniert werden - damit ist man nicht gleich "Totalverweigerer". Es sind nur diejenigen, die so "blöd" oder "faul" sind, mehrfach das Nichtwollen so wenig zu verbergen, dass es nachvollziehbar ist.

      Wer spätestens nach der zweiten Sanktionierung pflichtschuldig Bewerbungen schreibt (eine Handvoll Rechtschreibfehler einzubauen reicht, damit man eine schriftliche Absage bekommt, die man bei Bedarf dem Amt vorlegen kann) oder - falls man trotz aller Bemühungen doch mal zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird - sich ein bißchen danebenbenimmt, läuft weder Gefahr, einen Arbeitsplatz zu bekommen noch läuft er großartig Gefahr, nochmals sanktioniert zu werden und als "Totalverweigerer" in der Statistik aufzutauchen.

  • Soll ich den Artikel so verstehen, dass durch Hartz IV letztlich der Aufstieg der Rechtsextremen gefördert worden ist?



    Einerseits durch die Denunziation der Erwerbslosen als Sozialschmarotzer und die Diskriminierung eben dieser Personen?

    • @celcon52:

      Kürzungen im sozialen Bereich führen historisch betrachtet in fast allen Fällen zum Erstarken von Rechtsextremismus oder Linksextremismus. Kurzfristig liegt im sozialen Bereich immer ein hohes Einsparungspotential, aber eine Gesellschaft soll sich genau überlegen, ob es bereit ist mit Konsequenzen umzugehen.

  • 2004 war ich in dem Bereich noch nicht aktiv und noch nicht betroffen.



    Es scheint mir aber in der Tat, dass die Diskussionen noch weitgehend dieselben sind.



    Es geht um die Frage, inwieweit man Menschen dazu zwingen kann, sich "nützlich zu machen". Insbesondere angesichts der Tatsache, dass Erwerbsarbeit eben nicht per se nützlich ist (dem Gemeinwohl dient).

    Es täte Aufklärung Not über die Komplexität von "Gemeinwohl" und natürlich über die Relevanz der unbezahlten Arbeit (die immer mehr unter Druck gerät, wenn Leute in bezahlte Arbeit gedrängt werden). Da ist auch in der Berichterstattung der taz noch viel Luft nach oben.

    • @Eric Manneschmidt:

      Eine bezahlte Arbeit hat natürlich einen Gemeinnutz: Steuern, Sozialversicherungen um nur offensichtliches zu nennen. Der Gemeinnutz unbezahlter Arbeit ist eher eine Diskussion in akademischen Kreisen.

      • @1Pythagoras:

        Tja, Steuern und Sozialabgaben könnte man auch an anderer Stelle abgreifen. Es ist ja sowieso höchst kontraproduktiv, ausgerechnet den Faktor Arbeit damit zu belasten.

        Und das war's dann auch schon mit dem offensichtlichen Gemeinnutzen. Die entscheidende Frage ist eben trotzdem, was mit der Arbeit konkret bewirkt wird: Werden Bedürfnisse von Menschen befriedigt oder werden nur Menschen oder die Umwelt geschädigt?

        Unbezahlte Arbeit wird m.W. hauptsächlich in feministischen/postpatriarchalen Kreisen diskutiert, was kein Wunder ist: Frauen machen viel mehr von der unbezahlten Arbeit und laufen daher viel größeres Risiko der (Alters-)Armut.

        • @Eric Manneschmidt:

          "Die entscheidende Frage ist eben trotzdem, was mit der Arbeit konkret bewirkt wird: Werden Bedürfnisse von Menschen befriedigt oder werden nur Menschen oder die Umwelt geschädigt?"

          Ich denke das ist gar keine entscheidende Frage. Produkte oder Dienstleistungen, die die Bedürfnisse von Menschen nicht befriedigen, werden i.d.R. nicht nachgefragt und daher auch nicht produziert.

          Für den Arbeitnehmer ist das eh eine vollkommen irrelevante Frage, für ihn ist wichtig wie gut der Lohn und die Arbeitsbedingungen sind, die Arbeitszeiten und der Weg zum Arbeitsplatz.

          • @Tom Tailor:

            Sie machen es sich da ein bisschen zu einfach. Es wird immerhin ein großer Aufwand betrieben, um "Bedürfnisse" bei Menschen erst zu erzeugen. Ohne Tabakprodukte oder SUVs z.B. ginge es allen besser.



            Dann gibt es große Bereiche, in denen der Normalbürger wenig zu entscheiden hat, weil der Staat Rahmenbedingungen setzt. Ich glaube nicht, dass es ein menschliches Bedürfnis ist, Kohle- oder Atomstrom zu verbrauchen, wir wären wohl mit Erneuerbarem alle auch zufrieden.

            Desweiteren gibt es überbordende Bürokratie, weil man Dinge möglichst kompliziert und intransparent machen möchte (schafft Herrschaftswissen). Welcher "Normalbürger" hat so ein Bedürfnis?

            Es ist aus ethischer Sicht hochproblematisch, wenn Arbeitnehmer sich nicht dafür interessieren, ob ihr Job Menschen oder der Umwelt, der Demokratie etc. schadet. Ich glaube auch nicht, dass das auf viele zutrifft. David Graeber sprach von "spiritueller Gewalt", wenn Leute ihr Leben lang einen Bullshit Job ausführen (müssen).

            • @Eric Manneschmidt:

              SUV haben sich nicht durchgesetzt, weil sie massenhaft beworben werden, sondern weil sie gewisse Vorteile mitsich bringen. Zudem bedienen sie das Bedürfnis nach Status.

              Tabakkonsum genauso.

              Das Bedürfnis nach Status scheinen sie nicht berücksichtigt zu haben.

              "Überbordende Bürokratie, weil man Dinge intransparent machen möchte " hört sich wunderbar populistisch richtig an. Sie können es nur schlecht belegen.

              Die Bürokratie ist dem Rechtsstaatsprinzip geschuldet und entspringt dem menschlichen Bedürfnis nach Gerechtigkeit.

              Je ausdifferenzierter eine Gesellschaft wird, umso komplexer wird ihre Bürokratie.

              Ich bin mir sicher, es gibt eine Reihe stark bürokratisierter Verfahren, die Sie sich nicht vereinfacht wünschen.

              Wie sieht es etwa mit dem Bau von Industrieanlagen in Ihrer direkten Nachbarschaft aus?

              Bürokratie gibt es nur, weil sie menschliche Bedürfnisse bedient.

              • @rero:

                Statuskonsum ist wohl kein grundlegendes menschliches Bedürfnis, sondern stark abhängig von der jeweiligen Kultur.



                Lesenswert ist dazu: www.nzz.ch/wissens...chillen-ld.1837318

                Ihre Rechnung: Je mehr Bürokratie desto mehr Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit ist so abseitig, dass ich darauf wohl nicht eingehen muss.



                Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sie hochbürokratische Systeme per se für besonders erstrebenswert (oder gerecht) halten...

                • @Eric Manneschmidt:

                  Ich empfehle die Maslowsche Bedürfnispyramide.

                  Danach ist Ihnen besser bewusst, wie wichtig Status für Menschen ist, sobald Grundbedürfnisse erfüllt sind.

                  Unser Sozialstaat sorgt dafür, dass sie bei den meisten erfüllt sind.

                  Von der Kultur ist nur abhängig, womit Sie Ihren Status markieren.

                  Bürokratie um der Bürokratie willen ist natürlich Quatsch.

                  Ähnlich wie zu behaupten, es gäbe sie nur, um Herrschaftswissen anzuhäufen.

                  Bürokratie um der Gerechtigkeit oder der Sicherheit willen finde ich gut.

                  Ich möchte, dass es ein hochbürojtmratisches Verfahren zur Genehmigung für Anlagen gibt, dass ich persönlich nie begreifen werde.

                  Ich vertraue auf die komplexe Bürokratie für sie Zulassung von Medikamenten.

                  Ist für Sie abseitig, ok.

                  • @rero:

                    Lesen Sie halt mal den von mir verlinkten Artikel.



                    Es ist immer tückisch, die Kultur, in der man aufgewachsen ist für allgemeingültig zu halten. Es gab und gibt Kulturen ohne Statuskonsum, ist einfach so.

                    Meine Aussage war, dass "überbordende Bürokratie" der Herrschaftssicherung dient. Aber das haben Sie vermutlich schon verstanden, finden es aber opportun, mir zu unterstellen, dass ich jede Art von Bürokratie für Teufelswerk halte.

                    Und Sie sollten Bürokratie nicht mit Rechtsstaatlichkeit in einen Topf werfen, sind zwei verschiedene Sachen.

            • @Eric Manneschmidt:

              Ja natürlich wird viel Geld in Werbung investiert, aber da geht in den allermeisten Fällen um Markenpräsenz und Werbeerinnerung, weniger darum Bedürfnisse zu wecken, die es vorher nicht gab.

              Beispiel Zigaretten: das Bedürfnis musste nie geweckt werden, seit es Menschen gibt rauchen Sie Pflanzenfasern um sich zu berauschen. Die Zigarettenwerbung kanalisiert dieses Bedürfnis nur um bestimmte Marken zu platzieren. Das gleiche gilt für SUVs: es gab immer Menschen die größere Autos bevorzugen, dieser Autotyp kanalisiert nur dieses Bedürfnis. Es gibt im Gegenzug aber auch diverse Produkte die am Markt gescheitert sind obwohl es große Marketingbemühungen dafür gab. So einfach lassen sich Menschen nicht manipulieren.

              Thema Strom: natürlich ist es den meisten Menschen nahezu egal, aus welcher Primärquelle ihr Strom kommt, hier entscheidet vorrangig der Preis. Aber jeder Bürger kann bei seinem Stromanbieter zumindest die Auswahl treffen, es gibt diesbezüglich eine Tarifauswahl.

              Tja, und was die Ethik angeht: wie viele Menschen kennen Sie denn, die die Sinnhaftigkeit ihres Jobs hinsichtlich der von Ihnen genannten Kategorien hinterfragen? Ich kenne keinen.

              • @Tom Tailor:

                Tja, kommt wohl darauf an, in welchen Kreisen man sich bewegt: Ich kenne durchaus Menschen, denen es wichtig ist, ob sie mit ihrer Arbeit Menschen (Klima, Demokratie etc.) schaden oder vielleicht irgendwie nützen.



                Es sind aber zu wenige, die sich dessen bewusst sind und Schlüsse daraus ziehen, deshalb ist die Welt in dem Zustand, in dem sie ist. Übrigens betreiben Unternehmen heute einigen Aufwand, um sich als klimafreundlich etc. darzustellen. Das tun sie nicht nur wegen ihrer Kunden, sondern auch wegen ihrer Mitarbeiter...

                Es ist nicht die Werbung alleine, die irgendwelche Bedürfnisse weckt. Es ist die Art wie unsere Gesellschaft funktioniert, wie Herrschaft organisiert wird und wirklich grundlegende Bedürfnisse (Verbundenheit, Autonomie) eben gerade nicht befriedigt werden.

                • @Eric Manneschmidt:

                  Womit Sie bei der Frage der "idealen Gesellschaft" angekommen sind. Ich denke die wird es nie für alle Menschen im gleichem Ausmaß geben, aber die Gesellschaftsformen, wie sie in den modernen Industriestaaten ausgeprägt sind, haben sich am längsten etabliert und diverse andere Versuche, Gesellschaften zu organisieren, überlebt. Auch wenn nicht alle Bedürfnisse aller Menschen in diesem Gesellschaften befriedigt werden, scheinen aber relevante Mehrheiten kein nennenswertes Problem damit zu haben.

                  • @Tom Tailor:

                    Meinen Sie ernsthaft die Gesellschaften der modernen Industriestaaten hätten sich am längsten etabliert?



                    Wissen Sie nicht, wie kurz diese Zeit ist angesichts der Geschichte der Menschheit? Sie machen mich sprachlos.

                    Übrigens ist dieses Gesellschaftsmodell gerade dabei sich selbst zu versenken.

                    Zum Thema "sinnlose Arbeit" schreibt der SPIEGEL gerade (leider hinter Bezahlschranke):



                    Sinnlose Arbeit macht uns fertig



                    www.spiegel.de/kar...-9a69-500acd459829

                    • @Eric Manneschmidt:

                      Sie vielleicht, mich nicht. Wobei jeder etwas anderes unter sinnstiftender Arbeit empfindet. Den Job den ich mache mag ich selbst als höchst sinnvoll erachten, ein anderer schlägt die Hände über dem Kopf zusammen.

                      Und Sie wissen genau, das es bei dieser Diskussion und unter Berücksichtigung des Themas dieses Artikels nicht um die Gesamtgeschichte der Menschheit geht, sondern um Gesellschaftsformen seit dem Beginn der Industrialisierung bzw. der Staatenbildung in der gegenwärtigen Form.

                      Zurück zu Monarchien, Fürstentümern oder Dorfgemeinschaften mit Schmiede, Pflug und Ochsgespann sowie ohne die Segnungen der Moderne möchte wohl niemand mehr.

                      • @Tom Tailor:

                        Ja, sorry. Aber mir geht es um eine Gesamtschau der Menschheitsgeschichte. Und die Frage ist schon, ob wir nicht von außereuropäischen oder alten Gesellschaften was lernen können. Wir gesagt, unser heutiges Modell ist nicht zukunftsfähig, einfach aus ökologischen Gründen. Wenn wir so weitermachen wie bisher, ist es fraglich, ob wir die "Errungenschaften der Moderne" (auch mag es im Einzelnen unterschiedliche Auffassungen darüber geben, was alles dazu gezählt werden kann) überhaupt erhalten können.

  • 2004 war ich in dem Bereich noch nicht aktiv und noch nicht betroffen.



    Es scheint mir aber in der Tat, dass die Diskussionen noch weitgehend dieselben sind.



    Es geht um die Frage, inwieweit man Menschen dazu zwingen kann, sich "nützlich zu machen". Insbesondere angesichts der Tatsache, dass Erwerbsarbeit eben nicht per se nützlich ist (dem Gemeinwohl dient).

    Es täte Aufklärung Not über die Komplexität von "Gemeinwohl" und natürlich über die Relevanz der unbezahlten Arbeit (die immer mehr unter Druck gerät, wenn Leute in bezahlte Arbeit gedrängt werden). Da ist auch in der Berichterstattung der taz noch viel Luft nach oben.

    • @Eric Manneschmidt:

      "Erwerbsarbeit eben nicht per se nützlich ist (dem Gemeinwohl dient)."



      Gut auf den Punkt gebracht. Oft schadet sie sogar auch noch (dem Gemeinwohl). Das einzig Gute daran ist meistens nur das Zahlen von Steuern der Erwerbstätigen, während die welche an den Erwerbstätigen verdienen (die angeblichen Leistungsträger ;-) sich meistens geschickt davor drücken.

  • Die SPD wird ein zweites Mal in die unsoziale Ecke gedrückt, indem einzelne Arbeitsunwillige ohne Geld gegen die Armen mit Arbeitsplätzen ausgespielt werden von der Springerpresse und ihren Büchsenspannern.



    Statt gegen die faulen Sauger mit dem Geld, die staatliche Subventionen einsacken und ihren Gigolo mitdurchfüttern.

    Hoffen wir, dass die SPD das überlebt. Wir brauchen sie noch.



    Oder sich gegen diese Schieberei mal gut wehrt. Nur so kommen linke Parteien ans Ziel.

  • Auch schon 2004 gab es in weiten Teilen der Bevölkerung die Meinung, dass viele nicht arbeiten wollen, aber Geld vom Staat auf dem Rücken der anderen zu kassieren. Diest ist insofern nichts Neues.

    • @Ramto:

      Ich persönlich keine immerhin einen Fall, bei dem es genau so ist. Gute Ausbildung, gute Aussichten, seit 25 Jahren keine feste Arbeit und zufrieden damit. Wer nicht arbeiten will, muss nicht arbeiten.

      • @Suryo:

        Muss dann aber auch kein Geld vom Staat dafür bekommen. Genau darum geht es. Du willst nicht arbeiten, dann such dir was wie du legal an Geld kommst ohne dem Staat auf der Tasche zu liegen!

        • @Walterismus:

          Das sehe ich nicht ganz anders.

      • @Suryo:

        Das ist jetzt für wie viele Menschen ein erstrebenswerter Lebensstiel? Rechtfertigt das Arbeitslose zu stigmatisieren?

        • @Andreas J:

          Eine berechtigte Frage. Ich habe immer wieder mit Menschen zu tun, die auf die "faulen Arbeitslosen" und "die Ausländer" schimpfen, die angeblich viel zu einfach viel zu viel Geld für's Nichtstun bekommen. Oft lässt sich deren wütend vorgetragenes Lamento mit der Frage, warum man es diesen angeblich überversorgten Menschen in der sozialen Hängematte nicht gleich tue, etwas abkürzen.

    • @Ramto:

      Ja, solche unqualifizierten "Meinungen" gibt und sie werden von der Rechten auch gerne befördert.



      Finde den Fehler:



      1. Arbeit ist nicht nur Erwerbsarbeit



      2. "Der Rücken der Anderen" sind eben auch die ganzen Leute, die unbezahlt fürs gesellschaftliche Wohl arbeiten.

  • taz: *Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU): „Tausende“ könnten zwar arbeiten, bekämen aber Geld vom Staat, „für das die Steuerzahler hart arbeiten“.*

    Das stimmt ja sogar, denn viele Milliarden Euro werden jährlich aus Steuermitteln aufgewendet, um nicht existenzsichernde Arbeit aufzustocken. Die Gesellschaft subventioniert schon seit vielen Jahren Arbeitgeber, die ihren Angestellten nur Niedriglöhne zahlen.

    Wahrscheinlich sind solche 'Arbeitgeber' diese „Tausende“, von denen Ministerpräsident Kretschmer da redet, und die sich immer den neuesten Mercedes, BMW oder sogar Porsche leisten können, weil der kleine Steuerzahler ja für Millionen Niedriglohnempfänger in Deutschland den Lohn aufstockt. Vielleicht sollte man mal endlich mal über die wahren Schmarotzer in diesem Land reden, anstatt weiterhin Stimmung gegen arme Menschen zu machen.

    • @Ricky-13:

      "Das stimmt ja sogar, denn viele Milliarden Euro werden jährlich aus Steuermitteln aufgewendet, um nicht existenzsichernde Arbeit aufzustocken. Die Gesellschaft subventioniert schon seit vielen Jahren Arbeitgeber, die ihren Angestellten nur Niedriglöhne zahlen."

      Das Problem bei den meisten dieser Leute ist nicht der Stundenlohn, sondern die Stundenanzahl, die sie arbeiten. (Man vergleiche hierzu auch die Diskussion über die durchschnittlichen Arbeitsstunden hierzulande).



      Bei 10 bis 20 Stunden im Monat kommt unterm Strich nun mal in den meisten Berufen kein existenzsicherndes Gehalt raus.

      Würde man die eine Hälfte der Leute komplett rausschmeißen (träfe dann halt vor allem Alleinerziehene, Pflegende u. ä.) hätte die andere Hälfte mehr Arbeitsstunden und mehr Geld. Das will aber irgendwie auch kaum einer. ;-)

      • @FriedrichHecker:

        Schröder (SPD): "Wir müssen und wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt."

        Mit diesem Satz von Gerhard Schröder 2005 in Davos (Weltwirtschaftsforum) fing alles Unsoziale an. Das hat auch nichts mit 'zu wenig Arbeitsstunden' zu tun, sondern mit Ausbeutung der kleinen Arbeitnehmer.

        Das Bürgergeld soll ja angeblich auch zu hoch sein, das redet man jedenfalls den Bürgern seit einiger Zeit ein. Was die "aufgeklärten" Bürger allerdings immer noch nicht wissen, dass es nur um den Freibetrag der Einkommenssteuerzahler geht. Je höher der Hartz/Bürgergeld-Regelsatz nämlich ist, umso höher ist der Freibetrag für die Einkommenssteuerzahler. Da man aber die Hartz/Bürgergeld-Sätze nicht vernünftig anhebt, (sondern sogar noch verringern will) wird natürlich auch der Freibetrag nicht angehoben. Etwa 25 Milliarden Euro spart der Staat so im Jahr an seine Bürger. Prof. Dr. Sell (Professor für Volkswirtschaftslehre, Sozialpolitik und Sozialwissenschaften) sagte schon vor Jahren: "Das scheint der zentrale Grund zu sein, warum die Politik eine Anhebung der Hartz IV Sätze scheut wie der Teufel das Weihwasser".

        • @Ricky-13:

          Übrigens, Niedriglohnsektor...

          Christoph Butterwegge, Interview in der "Augsburger Allgemeine":

          "Predigt man den Armen „Bildung, Bildung, Bildung“, schwingt untergründig der Vorwurf mit, selbst schuld an der Armut zu sein, weil man sich oder seine Kinder nicht gebildet habe. Bildung ist kein Patentrezept, um Armut und soziale Ungleichheit in der Gesellschaft zu beseitigen. Elf Prozent aller im Niedriglohnsektor Beschäftigten haben einen Hochschulabschluss. Anders als noch in meiner Jugend ist der soziale Aufstieg heute gar nicht mehr so einfach über Bildung zu erreichen."

          Nicht dass ich meine, dass ein Uni-Abschluss was besseres wäre, nur:

          Wenn man sich vorstellt, das da noch die Zahl der Leute mit solider Berufsausbildung dazu kommt, dann wird deutlicher, warum in den Niedriglohnsektor hineingedrängt wird.



          Jobcenter: Machen sie doch erstmal sowas. Später fassen sie dann wieder in ihrem Beruf Fuss.

          Wer´s glaubt wird nicht selig!

          Link: Augsburger Allgemeine:

          www.augsburger-all...aermsten-102930645

          • @Moon:

            Wir beide schreiben hier seit vielen Jahren fleißig Texte, mit denen wir die Leute über das unsoziale System aufklären wollen - aber es hat eigentlich keinen Sinn mehr. Der Deutsche liebt es 'nach oben zu buckeln und nach unten zu treten' und man kann noch so viel aufklären, es verhallt im Nichts. Der Kabarettist Volker Pispers hat es ja auch irgendwann aufgegeben, denn es ändert sich nichts beim Deutschen. Die Reichen zerstören das Klima und werden dafür auch noch beklatscht. Wenn die Armen sich aber nicht für ein Ei und ein Butterbrot von den reichen Klimazerstörern ausbeuten lassen wollen, werden sie sofort von den gehorsamen Bürgern als Faulpelze hingestellt und dann als Schmarotzer bezeichnet.

            Ich habe ja schon Volker Pispers erwähnt, deshalb soll er jetzt auch selbst zu Wort kommen und mal erzählen, weshalb die Bürger so denken, wie sie nun einmal denken - und wer sie letztendlich so "denken" lässt. ***Volker Pispers - Wem gehören die Medien?*** www.youtube.com/wa...v=Rzizmx6aLQA&t=0s

            • @Ricky-13:

              Angesichts der Entwicklung der gesellschaftlichen u. politischen Diskussion ums Bürgergeld ins Irrationale hinein, das gleichwohl knallharten Interessen dient, die deshalb diese Diskussionen willentlich irrational werden lassen, möchte ich das Schreiben auch oft einfach sein lassen. Das "Trotzdem" hat dann doch die Oberhand.

              Dank für Link. Volker Pispers ist ein Kabarettist mit Scharfblick. Video werde ich noch schauen - es verspricht scharfsichtiges.

              • @Moon:

                *... möchte ich das Schreiben auch oft einfach sein lassen. Das "Trotzdem" hat dann doch die Oberhand.*

                Das kenne ich ja auch von mir. Wie oft denke ich, 'es hat keinen Sinn mehr', denn selbst hier in der Taz lese ich schon immer mehr Leser-Kommentare, die man eher in der Springerpresse vermuten würde. Aber ich schreibe dann doch weiterhin über 'soziale Unstimmigkeiten' ("soziale Sauereien" wäre dann wohl doch zu hart formuliert, deshalb schreibe ich das mal nur in Klammern, obwohl es den Kern der Sache trifft) die es in unserem Staat, der sich immer noch frech mit Art. 20 Abs.1 GG schmückt, eigentlich gar nicht geben dürfte. Und ich setzte mich hier in der Taz auch weiterhin für den Klimaschutz ein, 1.) weil ich mich nicht kampflos der Dummheit einiger Klimawandelleugner ergeben will und 2.) weil ich mir von den jungen Leuten später nicht sagen lassen möchte, dass "ihr Alten ja geschwiegen habt". Trotzdem ist das "Trotzdem" oftmals sehr ermüdend, denn wenn sogar ein Volker Pispers schon 'das Handtuch geworfen' hat, was kann ich dann als kleiner sozialer Mensch schon groß an diesem ungerechten System mit meiner Schreiberei verändern?

  • Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen.



    Es geht nicht um Menschen, die arbeitslos geworden sind oder durch Krankheit nicht arbeiten können.



    Diese Menschen sollten noch mehr an Leistung erhalten.

    Es geht um Menschen, die jung, fit und arbeitsfähig sind, aber seit langer Zeit Bürgergeld beziehen.

    Das wird das Sozialsystem nicht lange stemmen können.

    • @D. MEIN:

      Das Problem ist, dass Sie hier "Äpfel und Birnen" nicht auseinandersortiert bekommen.



      Gesundheit/Krankheit ist viel zu komplex (gerade wenn es um psychische Beschwerden geht), kein Arzt kann fehlerfrei zwischen "guten Arbeitslosen" (die nicht können) und "bösen Arbeitslosen" (die nicht wollen) unterscheiden.

      Und wir reden hier ja über das Existenzrecht (welches den bösen dann entzogen werden soll), d.h. Fehler können wir uns nicht leisten.

    • @D. MEIN:

      Genau darauf wird von Politiker/innen wie Linnemann, Merz, Connemann, Frei und Co. eben nicht hingewiesen, sondern man verallgemeinert und stellt alle Bürgergeldbezieher/innen unter den Generalverdacht, arbeitsunwillig und faul zu sein. Gerade für die CDU/CSU, die sich an christlichen Werten orientiert, ist eine solche Hetzjagd auf sozial Schwache und chronisch Kranke, die trotz ihrer Erkrankung nicht in Frührente gehen dürfen, purer Populismus. Wenn die Hetze aus Politik und rechtskonservativen Medien so weiter geht, wird der Tag kommen, an dem sich die sozial Ausgegrenzten und Beschimpften zur Wehr setzen. Gegen die Springer-Medien (Bild und Welt), gegen Burda (focus) und andere einseitige und inhaltlich falsche Meinungsartikel. Verfasst von den immer gleichen bekannten neoliberalen Journalisten/innen mit ihren immer gleichen „Reformvorschlägen“, wo man beim kleinen Mann und der kleinen Frau weiter einsparen, kürzen könnte. Selbst aber stopfen sich diese Leute die Taschen voll, nehmen rücksichtslos und egoistisch alles mit, was geht. Gleiches gilt für die Berufspolitik, wo jahrzehntelang bestens vollversorgt im und vom Staat gelebt wird, ab dem 01.07. gibts 635 €/Monat mehr Diät.

      • @Havana Club:

        Bitte, das sind keine sozial Schwachen.



        Sozial schwach sind Linnemann, Merz, Friede Springer, der Quandt Clan und Konsorten.



        Ansonsten gebe ich dir vollkommen Recht.