Neuer Regierungschef in Großbritannien: Zugepflasteter Rassismus
Die Entscheidung für Rishi Sunak als neuer Regierungschef suggeriert eine diverse Normalität. Tatsächlich wird Rassismus nur ignoriert.
Rishi ist nicht einmal britisch in den Augen der meisten Leute.“ So äußerte sich vor wenigen Tagen ein Tory-Mitglied im Londoner Radiosender LBC. Und legte damit den Finger in eine Wunde, die in Großbritannien lieber zugepflastert wird: Rassismus.
Im Vergleich zu Deutschland wirkt die britische Gesellschaft wesentlich vielfältiger: Laut Studien verfügen rund 40 Prozent der Akteure in Kultur und Medien über eine Migrationsbiografie. Gegenwärtig wirkt die Regierungsbank der Tories mit Figuren wie etwa dem geschassten Finanzminister Kwasi Kwarteng auch recht divers. Aber unter der Oberfläche brodelt es.
Da waren die rassistischen Brexit-Kampagnen, der islamophobe Wahlkampf um das Londoner Bürgermeisteramt, und mit Priti Patel und Suella Bravermann haben ausgerechnet zwei Innenministerinnen migrantischer Herkunft dermaßen strenge, unmenschliche Einwanderungsgesetze konstruiert, die ihren Vorfahren die Einwanderung unmöglich gemacht hätten.
Der in Southampton geborene Rishi Sunak selbst sprach 2020 von Rassismuserfahrungen, die er als Kind gemacht habe. Aber das sei ja alles lang her und würde nicht mehr passieren. Wirklich? Brexit-Aktivist Nigel Farage nutzte schon die antisemitische Chiffre des „Globalisten“, um Sunak zu beschreiben. Und schließlich war er schon einmal Spitzenkandidat für die Führung der Tory-Party und damit auch das Amt des Premierministers.
Doch die in den ersten Abstimmungsrunden hinter Sunak liegende Liz Truss sollte beim Voting der gesamten Basis den Favoriten überholen. Eine weiße Frau konnten die Basismitglieder der Partei wohl eher als Führungsfigur akzeptieren als einen Mann, der bei seinem Einzug ins Parlament 2015 auf die hinduistische Bhavagad Gita schwor und nicht auf die Bibel.
Diesmal hat sich die Tory-Fraktion mit ihrer schnellen Entscheidung für Sunak die Auseinandersetzung mit der Basis gespart – aber ob man dem neuen Premier so viel durchgehen lässt wie Boris Johnson und Co, bleibt fraglich.
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