Erneuter Kurswechsel von Liz Truss: Zeit für Neuwahlen
Die britische Premierministerin Liz Truss ist kurz nach Amtsantritt hochumstritten. Sie verspricht Stabilität, praktiziert aber das Gegenteil.
E ine neue Woche, eine neue Wirtschaftspolitik – das ist der Rhythmus der Politik in Großbritannien unter Liz Truss. Sie ist erst seit sechs Wochen Premierministerin, und schon hat sie zweimal die Politik ihrer Regierung über den Haufen geschmissen. Das erste Mal war am 23. September, als ihr frischgebackener Finanzminister Kwasi Kwarteng massive Steuersenkungen ankündigte und wichtige Entscheidungen der vorherigen Johnson-Sunak-Regierung rückgängig machte. Das zweite Mal war nun am 17. Oktober, als ihr nächster frischgebackener Finanzminister Jeremy Hunt das Kwarteng-Paket fast komplett einkassierte und darüber hinaus Einsparungen in der Zukunft ankündigte.
In beiden Fällen betont die Premierministerin, ihr jeweiliger Finanzminister handele „im Gleichschritt“ mit ihr. Sie verspricht Stabilität, aber sie praktiziert das Gegenteil. Sie kann jetzt auch Hunt ohne Vorwarnung entlassen, so wie Kwarteng vor ihm, und einen dritten Finanzminister eine dritte Kehrtwende vollziehen lassen.
Welche Politik sinnvoller ist, tut nichts zu Sache. Es gab im Jahr 2021 Gründe, angesichts der Nöte des Gesundheitswesens nach der Coronapandemie die Steuerlast der Briten hochzuschrauben. Es gab im Jahr 2022 Gründe, in Zeiten des Ukrainekrieges und steigender Inflation die Steuern wieder zu senken. Es gibt in diesem Herbst Gründe, in Zeiten steigender Zinsen den Anstieg des Haushaltsdefizits zu bremsen. Aber es kann nicht sein, dass drei konträre Ausrichtungen mit derselben konservativen Regierungsmehrheit beschlossen werden oder sogar, wie jetzt, einfach per fünfminütiger Fernsehansprache eines Ministers. Politische Entscheidungen verkommen zum Zufallsprodukt der Flügelkämpfe einer ausgelaugten Regierungspartei.
Neuwahlen in Großbritannien sind überfällig. Steuerparadies oder Hochsteuerland? Neoliberalismus oder Staatsinterventionismus? Diese Entscheidung muss an der Wahlurne fallen. Die Parlamentsabgeordneten haben es in der Hand. Sie sollten ihrer Verantwortung nachkommen.
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