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Über den Umgang mit Rus­s*in­nenPutins giftige Saat

Kommentar von Barbara Oertel

Ein Treffen ukrainischer und deutscher Jour­na­lis­t*in­nen in Berlin wird zum Desaster. Eine Frage dabei: Wie weit muss die Isolation Russlands gehen?

Russische Jour­na­lis­t:in­nen werden offensichtlich in Kollektivhaftung genommen Foto: Itar-Tass/imago

E s ist als Austausch gedacht, das nicht öffentliche Treffen zwischen 17 ukrainischen Jour­na­lis­t*in­nen und fünf ihrer deutschen Kol­le­g*in­nen von taz, FAZ, Deutschlandfunk, Tagesspiegel und Zeit Online am vergangenen Freitagnachmittag in Berlin. Eingeladen hat das Netzwerk n-OST. Doch was gut gemeint ist, endet in einem Desaster. Als es um die Berichterstattung deutscher Medien über den Ukrainekrieg geht, die auch Ver­tre­te­r*in­nen der russischen Zivilgesellschaft Raum gibt, und in diesem Zusammenhang das Wort „Dialog“ fällt, kippt die Stimmung bei den Gästen. Hände zittern, Stimmen versagen, Tränen fließen.

Der Tenor: Ein Dialog mit Russ*innen, ja allein der Umstand, ihnen ein Forum zu bieten, sei inakzeptabel und komme einer Zumutung gleich. Schließlich sei ein/e jede/r von ihnen schuld an diesem Krieg. Schon eine Getränkekarte, die in dem Raum auf den Tischen liegt, wird als Provokation gewertet. Denn auch der russische Wodka „Moskowskaja“ ist im Angebot. Immer wieder fällt das Wort Zynismus.

Die Nachbereitung der Veranstaltung findet kurz darauf in den sozialen Medien statt. Der Post einer Ukrainerin, die deutschen Kol­le­g*in­nen verstünden wohl nicht, dass ein Frieden in Europa erst nach dem Verschwinden Russlands als Staat möglich sei, gehört noch zu den harmloseren Formulierungen.

Diese Reaktionen sind verständlich und müssen ernst genommen werden. Sie machen in so drastischer wie ungeschminkter Weise jedoch auch einmal mehr deutlich, welche Verheerungen, neben vielen anderen, dieser Krieg angerichtet hat und noch anrichten wird.

Es ist ein Krieg, bei dem das Vorgehen der russischen Armee einer klaren Agenda folgt. In letzter Konsequenz geht es um die Vernichtung des ukrainischen Staates unter Einschluss von Sprache, Kultur und historischem Erbe – laut Narrativ des Kremls die Korrektur eines „bedauerlichen Unfalls der Geschichte“.

Um dieses Ziel zu erreichen, ist Moskau jedes Mittel recht: Wahllose Angriffe ohne Rücksicht auf Verluste unter der Zivilbevölkerung, Kriegsverbrechen, wie Massenmord, Vergewaltigung sowie die Zwangsdeportation Tausender Ukrai­ne­r*in­nen nach Russland. Blinde Zerstörungswut, wenn die Einnahme eines Ortes oder Gebietes fehlgeschlagen ist. Das alles ist flankiert von dreisten Lügen einer gut geölten russischen Propagandamaschine, die Hass befeuert und die Bevölkerung über die tatsächlichen Vorgänge im Unklaren lässt.

Zynismus findet sich zuhauf

Vor diesem Hintergrund muss in der Ukraine wahrlich vieles unverständlich und zynisch anmuten, was in westlichen Staaten, nicht zuletzt auch in Deutschland, zu beobachten ist.

So wiederholt die Bundesregierung zwar mantrahaft ihre Beschwörungsformel, sie stehe fest an der Seite der Ukraine. Dort kommen Waffenlieferungen aus Berlin bislang jedoch nur in überschaubarem Umfang an. Zur Rechtfertigung müssen ständig wechselnde Erklärungen herhalten, die eine interessierte Öffentlichkeit nicht anders denn als faule Ausreden und Verschleierung der tatsächlichen Beweggründe für die vornehme Zurückhaltung interpretieren kann.

Apropos Waffenlieferungen: Das Interesse an dieser Diskussion scheint abzunehmen, wie überhaupt an den Ereignissen in der Ukraine, was allerdings kein Alleinstellungsmerkmal dieses Krieges ist. Längst dominieren andere Themen die innenpolitische Debatte: Wie umgehen mit der zu erwartenden Energieknappheit, die im Herbst und Winter auf Deutschland zukommen wird? Wohlgemerkt: Dieses Problem ist Folge einer totalen Abhängigkeit von Russland und ergo hausgemacht.

Und seien wir ehrlich: Hätte Moskau diesen groß angelegten Feldzug gegen die Ukraine im vergangenen Februar (Krieg herrscht dort bekanntlich bereits seit acht Jahren) nicht vom Zaun gebrochen, hätte Deutschland einfach erst einmal so weitergemacht: Kauf von billigem Öl und Gas nebst Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream 2 – business as usual eben. Derweil fährt die BASF-Tochter Wintershall Dea durch die Förderung von Öl in Westsibirien im Verbund mit dem russischen Staatskonzern Gazprom Millionengewinne ein, wie einem Betrag des TV-Magazins „Monitor“ von vergangener Woche zu entnehmen war.

Alleine diese wenigen Beispiele zeigen: Zynismus in diesem Krieg findet sich zuhauf. Und doch: Auch in diesen Zeiten gibt es nicht nur Schwarz oder Weiß. Dieser Erkenntnis sollten sich vor allem Me­di­en­ma­che­r*in­nen nicht verschließen – vor allem dann nicht, wenn sie ihren Beruf und damit verbundene Standards ernst nehmen.

Teile und herrsche

Vor wenigen Tagen veröffentlichte ein ukrainischer Journalist einen Beitrag in der taz („Der Traum vom Pass mit dem Dreizack“, 29. Juli) über einen Russen, der die ukrainische Armee unterstützt und alle Hebel in Bewegung setzt, um die ukrainische Staatsbürgerschaft zu bekommen. So wie die Dinge liegen, könnte ihn ein solcher Text bei einigen seiner eigenen Kol­le­g*in­nen bereits zu einem potenziellen „Verräter“ machen.

Doch damit nicht genug: Es gibt auch russische und belarussische Journalist*innen, die unter hohem persönlichem Risiko ihren Machthabern die Stirn bieten und mit der Ukraine solidarisch sind. In der taz kommen sie regelmäßig in Tagebüchern zu Wort. Auf sie bezieht sich auch der ebenfalls kritisierte Spruch „Dialog statt Krieg!“ in einem Notizheft der taz Panter Stiftung.

Doch offensichtlich werden auch sie jetzt in Kollektivhaftung genommen. Da geht sie also auf, die giftige Saat des Wladimir Putin, der Nationen und Menschen in Gut und Böse trennt. Teile und herrsche.

Welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen? Vielleicht ist es wirklich zu früh zu versuchen, Gesprächskanäle offen zu halten sowie für einen Dialog und differenzierte Sichtweisen zu werben. Doch einen Versuch, in welcher Form auch immer, ist es trotzdem wert – für die Zeit danach.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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48 Kommentare

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  • zu erleben...

    wie ein krieg vernichtet und menschen spaltet kannte ich bislang nur aus büchern.

    die effizienz der hitler nazis war sicherlich noch dezidierter und erfolgreicher.

  • Sehr geehrte ukrainische Mitbürger,

    wir Deutschen haben im Zweiten Weltkrieg, unter dem Ihre Vorfahren und vielleicht auch Sie unverhältnismäßig gelitten haben, erleben dürfen, daß die Welt zwischen Deutschen als Hitlers willigen Vollstreckern und Deutschen als deren Verfolgten zu unterscheiden wußte.

    Wir sehen, daß nicht jeder Russe und nicht jeder Russischsprachige hinter Putin steht und uns daher verpflichtet, den von Putins Schergen verfolgten Russen diesehelbe Hilfe zuteil werden zu lassen, wie sie vor rund 75 Jahren unseren eigenen Landslleuten widerfahren ist.

    Damit enden die Parallelen auch schon, sollte man meinen.

    Russland wird infolge dieses Krieges nicht in hunderte Kleinstaaten zerfallen, wie sie das Gebiet der jetzigen Bundesrepublik im Mittelalter prägten, nicht einmal eine Aufteilung in eine Handvoll Besatzungszonen ist denkbar, ganz egal, wie Putin und seine Profiteure enden. Niemand ist in der Lage und willens, die Zerschlagung des Staates Rußland herbeizuführen, so wie es Ihren Vorfahren im Falle des Deutschen Reiches möglich war.

    Sie und auch wir werden mit einem Staat Rußland leben müssen. Unter wessen Führung der steht und welche Politik der verfolgt, sollte, unseren Idealen folgend, zuerst vom Russischen Volk abhängen.

    Daß da derzeit nicht viel Hoffnung ist ... wir haben das damals selbst nach zwölf Jahren nicht aus eigener Kraft geschafft. Und danach wollte keiner unserer Vorfahren dabeigewesen sein.

  • Eine kritische Presse-Berichterstattung zu den BASF-Verflechtungen trägt auch zur Vertrauensbildung bei:

    ,,Mit diesen Pipelines durch die Ostsee sollten Zwischenhändler und Transitländer in Osteuropa umgangen werden. Das hatte für Gazprom zwei Vorteile. Einmal fließt mehr Gewinn in die eigene Tasche, außerdem würden die osteuropäischen Länder wie die Ukraine und Polen erpressbar. An dem Deal rund um Nord Stream war unter anderem das Unternehmen Wintershall beteiligt, das damals von Rainer Seele geleitet wurde. Wintershall gehörte zu 100 Prozent dem Chemiekonzern BASF. [...]



    Alexandros Petersen vom Atlantic Council bezeichnete das Projekt Nord Stream schon im Jahr 2009 als „Molotow-Ribbentrop Pipeline“ – in Erinnerung an jenen Pakt, mit dem das NS-Regime unter Adolf Hitler und Josef Stalin 1939 Osteuropa unter sich aufteilten. [...]



    Im Jahr 2008 allerdings, als Gazprom Druck machte, stärker ins deutsche Geschäft einzudringen, gelang es Russland, den eigenen Anteil an Wingas auf 50 Prozent zu erhöhen. Gazprom-Chef Alexej Miller war damals überglücklich. „Damit ist Gazprom Miteigentümer von Gastransportnetzen in Deutschland.“ Dafür bekam die BASF eine Beteiligung an einem Gasfeld in Russland.



    [...]''



    (Frederik Richter, David Schraven)

    correctiv.org/aktu...&mc_eid=ec684e6ebd

  • Ist doch Recht simpel.



    Wir als nicht direkt betroffene sind verpflichtet, den Dialog aufrecht zu erhalten und die Fähigkeit, eine komplexe Situation so weit möglich objektiv zu beurteilen hoch zu halten.

    Sie( die Ukrainer) stecken mitten drin. In solchen Situationen ist Schwarz/ Weiss denken ein natürlicher Selbstschutz. Die Wunden, die auch das tägliche Betrachten von neuen Horrorbildern stetig offen hält, werden Jahre brauchen um zu verheilen.

    Aktuell können wir nur Verständnis zeigen und die Wut und Frustration der Menschen unkommentiert aufnehmen.



    Wir dürfen uns davon nicht anstecken lassen, müssen aber ihnen die Möglichkeit geben, sich uns gegenüber verbal auskotzen zu können.

    Jede gute Freundschaft basiert auch darauf, die Launen seiner Freunde auch einmal eine Zeitlang auszuhalten. Schließlich wissen wir, dass es nicht gegen uns als Person gerichtet ist, sondern der Überforderung mit der Situation geschuldet ist.

    Ist der Konflikt eines Tages beigelegt und die Heilung der Wunden beginnt, wird es unsere Aufgabe sein, diesen Menschen Hilfestellung beim Verlassen der Schwarz Weiss Welt zu bieten.



    Den Weg müssen sie selber gehen, aber wir können die Rahmenbedingungen so gestalten, dass sie dabei die Möglichkeit erhalten, sich nach Bedarf verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten zu holen.

    In der aktuellen Situation bedeutet das, für die Menschen ein offenes Ohr zu haben und beim schreiben von Artikeln und Kommentaren darauf zu achten, Putler und seine Todgeweihten explizit zu benennen und nicht die verschiedenen Ethnien die innerhalb der Grenzen der Russischen Föderation leben, in Kollektivhaft zu nehmen.

    • @Stubi:

      Diese Sch … -Diskussion hier würden wir wohl nicht führen, wenn die bellizistische Logik uns - und selbst die Intelektuellen unter uns - nicht in diese infantile Gut/Böse-Dichotomisierung getrieben hätte.



      Die daraus entstehenden Gräben - die bis zum Gesprächsabbruch führen können - aufrecht zu erhalten (und nicht den Dialog), daran haben nicht nur Putins Ideologen ein vitales Interesse, auch im Westen verhält es sich nicht anders, denn man muss sich dann nicht selbst in den Spiegel der eigenen Abgründe schauen.



      Bis dahin wird das elend stupide Sandkasten-Spielchen „Weil-du-mir-mein-Förmchen-geklaut-hast-werfe-ich-dir-Sand-ins-Gesicht“ unendlich fortgesetzt werden.

  • Erneute Sendung, weil Sie es übersehen haben:



    Ich finde die Zugänglichkeit zu russischen Medien, also JournalistInnen die nicht Teil der Inszenierung des Kreml sind sehr wichtig und selbstverständlich.



    Dazu gehört vor allem das Portal Dekoder.



    Ich finde es sehr gut, wenn die in Westeuropa oder Balitkum lebenden Journalist/innen, die russisch können, helfen bei der Expertise, welche Berichte erfunden und inszeniert sind und welche nicht.



    Der Nationalstolz der ukrainischen Seite kann allein maßgeblich sein.



    Gegenseitige Abgrenzung und Abwertungen sind ein Motor des Kriegs - aber es gab übrigens auch ein ukrainisch-russisch Mischmasch, das Surschyk. Wer das noch spricht?



    Vieles erinnert mich an den Jugoslawienkrieg 1991-95, dort gab es auch einmal eine gemeinsame Sprache Serbo-Kroatisch.



    und auch damals hatten alle in Deutschland Partei für angreifenden Serbien ergriffen und nicht für die angegriffenen Bosnier/innen. Teilweise bis heute.

    • @nzuli sana:

      "und auch damals hatten alle in Deutschland Partei für angreifenden Serbien ergriffen und nicht für die angegriffenen Bosnier/innen." es gab Leute, die für Serbien Partei ergriffen. Alle oder die Mehrheit war es nicht.

      Serbisch/ Kroatisch/ Bosnisch sind immer noch eine Sprache. Nur aus rein politischen Erwägungen heißt die Sprache jetzt in jedem Land anders.

      Ukrainisch ist aber tatsächlich eine eigene Sprache.

    • @nzuli sana:

      Das mit der deutschen Parteinahme für Serbien im Jugoslawienkrieg habe ich aber noch ganz anders in Erinnerung.



      Ansonsten kann ich Ihnen zustimmen … nur meinen Sie wahrscheinlich, dass der Nationalstolz der ukrainischen Seite NICHT allein maßgeblich sein kann. Hier fehlte das Wörtchen „nicht“ in Ihrem Satz.

  • Es ist zu begrüßen, dass die Berichterstattung in Deutschland bzgl. des Ukrainekrieges nach einem halben Jahr wieder etwas demokratischer wird.



    In den letzten Monaten wurden allerseits ja nur noch Pflugscharen zu Schwertern gemacht.



    Das war natürlich ein Hauen und Stechen von Seiten der CDU, die inhaltsleer, da plötzlich machtlos, munter druflosmeckerte.



    Die mittlerweile eh überwiegend rechte deutsche Presse trat noch nach und die letzten Linken fielen um- warum? Geht nur contra, volles Programm?



    Leider verfällt der obige Text auch wieder in diesen Meckermerzi Ton" zu langsame Lieferung'.



    Dies lenkt vom Kern der Berichterstattung ab.



    Lange wurde schwarz - weiß berichtet, die Demokratie, die nicht mehr am Hindukusch, sondern neuerdings in Kiew verteidigt wurde.



    Wir dürfen dankbar sein, dass Deutschland zur Demokratie erzogen wurde.



    Der Prozess läuft jetzt seit Jahrzehnten.



    Grundsätzlich halte ich die Mehrheit der Menschen in Deutschland für DemokratInnen.



    In der Ukraine haben wir es mit einer sehr jungen Demokratie zu tun.



    Dass ein Botschafter eines Landes die obersten Repräsentanten eines befreundeten Landes beleidigt,



    ist eher unüblich.



    Der Vergleich eines Krieges mit dem Holocaust Geschichtsklitterung.



    Kritik an Ihren Unterstützern äußert die Ukraine seit Kriegsbeginn, Kritik an der Ukraine scheint unzulässig.

    Wir, als Demokraten, dürfen durchaus einen eigenen Standpunkt haben und müssen die UkrainerInnen nicht vorab um Erlaubnis fragen.



    Letztlich löst nur Diplomatie Probleme, wie wir, sehr anschaulich, an den letzten Kriegen sehen konnten.

    Putin trägt Schuld am Kriegsbeginn.



    Soldaten sind für Ihre Taten verantwortlich.



    Weder die UkrainerInnen noch die RussInnen , noch wir sind bessere Menschen.



    Ich hoffe auf keinen Sieg, ich hoffe auf Frieden.

    • @Philippo1000:

      Der Vergleich mit dem Holocaust ist Geschichtsklitterung, ja. Der Vergleich mit dem Überfall auf Polen ist angemessen.

    • @Philippo1000:

      "Letztendlich löst nur Demokratie Probleme"

      So wurde ja auch der zweite Weltkrieg beendet, mit Diplomatie. Und der Vietnamkrieg.

      Ich hoffe auf einen Teil-Sieg der Ukraine. Für eine Befreiung Russland wird es nicht reichen.

    • @Philippo1000:

      Ja Danke für ihre klare Sicht...!



      Mir kommt es komisch vor, das Ukraine,



      als einstiges Kernland der Sowjetunion,



      dessen Identität und Kultur historisch sehr sowjetisch bestimmt war- dies im Sinne der historischen Dialektik sowjetischen



      Denkens-



      sich so schnell den westlichen Kultur und Denkformen anpassen wollte..



      Das mag vom Zerfall der Sowjetunion beschleunigt worden sein?.. und wohl auch durch Einmischung westlicher Interessen?



      Wie siehts aus mit der, seit dem Ende der Sowjetunion.., erneuerten Identität



      Russlands? Die militärische Invasion Russlands in die Ukraine 'passt irgendwie nicht'.. erinnert an Erneuerung der einstigen Sowjetunion?



      Alte Dogmata von Macht und Ideologie



      und Angst behindern die Entwicklung neuer Identität und Selbst Sicht.



      Die Verteufelung des eigenen sowjetisch-



      identitären Erbes in der Ukraine verhindert den Dialog und verzerrt das erwünschte westliche Image zur unkenntlichkeit.

  • Also eine kurze Internetrecherche lässt mich ein lustiges Statement des Netzwerks n-ost finden. In dem Statement verwehrt man sich anscheinend u.a. gegen Notebooks der Taz mit Bildern einer weinenden Matrioschka. Was mir wiederum als eine typische Taz-Aktion erscheint. Der vermutliche Humorversuch kam wohl leider nicht an.

    Interessant war dann, dass das Netzwerk anscheinend Russen nicht einmal als Zuschauer akzeptieren will. Danach erscheint mir der sehr vorsichtige Kommentar geradezu revolutionär. Schade, dass man die Debatte nicht sehen kann.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    Demokratie und Nationalismus gleichzeitig anzustreben ist unrealistisch.



    Demokratie wird nicht durch Hass und Selbstjustiz verteidigt.



    Damit kommt man zu der entscheidenden Frage, ob die Ukraine als Feind des Feindes oder als Demokratie gewürdigt wird.

    • @90118 (Profil gelöscht):

      Japan, Spanien, Portugal, Frankreich... alles Nationalstaaten. Ich glaube auch Demokratien.

      Demokratie und Nationalismus funktioniert schon. Siehe Dänemark, Schweiz, Schweden

      • @WeisNich:

        Spanien ein Nationalstaat, ja sicher (Ironie off). Franco lässt grüßen. Außerdem hat Nationalstaat und Nationalismus wenig miteinander zu tun. Wenn du in Spanien sagst, du bist Nationalist, heißt das, du bist gegen den "spanischen Staat", wie die Katalanen sagen.

  • Erstmal vorweg: Ukrainische, belarusische und russische JournalistInnen in der TAZ und anderen Medien zu Wort kommen zu lassen, ist ein super Projekt. Mehr davon, und nicht entmutigen lassen.



    Die Perspektive eines russisch-ukrainischen Austauschs, bei dem sich Deutsche als "Moderatoren" betätigen, kam wohl nicht gut an. Ich kann gut nachvollziehen, dass das den UkrainerInnen "paternalistisch" vorkam (obwohl es sicher nicht so gemeint war).



    Es steht Außenstehenden nicht an, UkrainerInnen, egal ob sie Journalisten sind oder nicht, Vorgaben zu machen, wofür ihre emotionalen Ressourcen aktuell auszureichen haben. Natürlich ist vielen UkrainerInnen klar, dass Putin seit Jahrzehnten auch sein eigenes Volk durch den Fleischwolf dreht. Doch dieses Drama des russischen Volkes berührt sie jetzt aus naheliegenden Gründen wenig. Es nicht ihr Drama, sie haben andere Sorgen.



    UkrainerInnen und RussInnen die miteinander reden und einander helfen wollen, tun das jetzt schon, sie brauchen dafür keine Vermittler. Der russische Staranwalt Ilja Novikov hilft bei der gerichtsfesten Dokumentation der Verbrechen von Butscha, russische Journalisten identifizieren russische Kriegsverbrecher und stellen ihre Erkenntnisse ukrainischen Staatanwaltschaften zur Verfügung. Jeden Tag sprechen in einer gemeinsamen Sendung auf Youtube der ukrainische Präsidentenberater Aleksey Arestovich und der russische Anwalt und Oppositionspolitiker Mark Fejgin über den Krieg. Auf dem Youtubekanal „Populäre Politik“, gegründet von den Mitstreitern von Alexej Nawalny, kommen seit dem erste Kriegstag täglich UkrainerInnen, die zu und mit einem russischen Publikum sprechen wollen, zu Wort: Journalisten, Politiker, Künstler, Wissenschaftler, unbekannte zufällige Bürger. So pessimistisch, wie der Artikel es zeichnet, ist die Situation also nicht (ich kann auch kaum glauben, dass wirklich alle 17 JournalistInnen so drauf waren).

    • @Barbara Falk:

      Das ist ausweislich der (erfrischend ehrlichen) Berichterstattung von B. Oertel eine Fehlwahrnehmung.



      Nicht, dass es die von Ihnen geschilderten Beispiele nicht gäbe (UkrainerInnen und RussInnen, die miteinander reden und/oder einander helfen). Das gibt es sicher, es gibt sogar in Russland Netzwerke, die gestrandeten Ukrainern helfen, das feindliche Land wieder zu verlassen. Das hat aber nichts mit dem Eklat in Berlin zu tun. Die UkrainerInnen, die sich dort aufregen, vertreten die herrschende nationalistische Doktrin dieses Landes und sind komplett zu. Das ist Carl Schmitt live (Freund-Feind-Denken als Kern des Politischen, als Lebensenergie eines Volkes), völlig unvereinbar mit Völkerverständigung. Das wird durch den extremen Schock, den der Krieg bedeutet, ins Unendliche potenziert, die Haltung war aber schon vorher da.



      Mit Vorbehalten wegen "Paternalismus" hat das nix zu tun. Eher Unverständnis, warum das sogar so beflissene Ukraine-Unterstützer wie diese Zeitungsleute im Westen anders sehen.

      • @Günter Picart:

        Antwort an @Günther Picard, Teil 1



        "Die UkrainerInnen, die sich dort aufregen, vertreten die herrschende nationalistische Doktrin dieses Landes und sind komplett zu. Das ist Carl Schmitt live (Freund-Feind-Denken als Kern des Politischen, als Lebensenergie eines Volkes), völlig unvereinbar mit Völkerverständigung."



        Michail Podoljak: Präsidentenberater, seit Kriegsbeginn Leiter der Verhandlungsdelegation mit Russland. Und einer der bekanntesten Journalisten der Ukraine. Der ist, Ihrer Diktion folgend, dann wohl einer der "herrschenden Nationalisten" des Landes, und, da er der Kommunikationschef der Präsidentenadministration ist, auch ein Architekt der von Ihnen beklagten "nationalistische Doktrin dieses Landes", die von „nationalistischen Journalisten“ dann in Berichterstattung exekutiert wird (da habe ich fast das Gefühl, sie verwechseln die beiden Länder). Und was sagt der so?



        Er führt mitten im Krieg mit einem Russen (Ivan Zhdanov, dem Leiter der mittlerweile im Exil arbeitenden Antikorruptionsstiftung von Alexej Nawalny) ein Gespräch über die Möglichkeiten und Grenzen der Kommunikation. Über das Verhältnis von Russen und Ukrainern, darüber, warum Verhandlungen mit der aktuellen russischen Führung zum Scheitern verurteilt sind. Mit wem er trotzdem sprechen kann und will, und warum. Worüber beide Ländern nach dem Krieg werden sprechen müssen, und worüber man nicht sprechen braucht, weil es sich um ausschließlich russische Probleme handelt, die die Russen alleine lösen müssen. Die bloße Existenz dieses Interviews, und schon gar sein Inhalt widerlegen das, was Sie behaupten. Und dass es natürlich auch ein Stück strategischer Kommunikation ist, ändert daran nichts. Im Gegenteil. Podoljak weiß natürlich, dass die Ukraine auf ewig zu Koexistenz und Kommunikation mit Russland gezwungen ist, und führt vor, dass er das kann und will. Sehr klarsichtig und pragmatisch.



        „Was wird aus Russland und der Ukraine?“



        www.youtube.com/watch?v=C2Tv7ZpsK0s

      • @Günter Picart:

        Antwort an @Günther Picard, Teil 2



        Jetzt taucht natürlich das Problem auf, dass dieses Interview, wie alle Diskurse, die RussInnen und UkrainerInnen miteinander führen, nicht auf Deutsch ist. Aufgrund fehlenden Sprachkenntnisse nehmen die meisten westlichen Beobachter diese Diskurse überhaupt nicht nicht wahr. (Die Jahre lange Fehlwahrnehmung der russischen herrschenden Elite durch westliche Politiker auch aufgrund der Sprachbarriere ist übrigens auch ein Thema dieses Interviews).



        Und die eigentliche Fehlwahrnehmung ist, wenn man (aus dem authentischen Wunsch des Verstehens heraus) aus einem Diskurs, der einem zufällig auf Deutsch präsentiert wird, Schlüsse aufs Ganze zieht.



        Was Frau Oertel geschildert hat, hat sicher so stattgefunden. Gibt es ukrainische Journalisten, die systematisch antirussischen Hass schüren? Mit Sicherheit. War das hier der Fall? Ich habe Zweifel, dass es darum ging. Ist es repräsentativ fürs „Ganze“? Nein (s.o.). Zeigt es, was „Putins giftige Saat“ (sehr treffender Titel) anrichtet und noch anrichten wird, je nach dem, wie dieser Krieg weiter, und zuende geht? Ja. So verstehe ich übrigens Frau Oertels „vielleicht ist es zu früh“. Leider ist eben noch nicht klar, worüber alles am Ende geredet werden muss.



        Menschen, die diesen Dialog führen wollen, gibt es aber auf beiden Seiten. Und die brauchen dafür keine Hilfe von außen. Michail Podoljak spielt in dem Interview auch auf eine Begebenheit von 1968 an, als sechs (von 200 Mio.) Sowjetbürgern auf dem Roten Platz gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings protestiert haben und dafür ins Gefängnis oder in die Zwangspsychatrie gesperrt wurden:



        www.dekoder.org/de...ehling-dissidenten



        „Wenn nur sechs Leute in Russland gegen den Krieg wären - und ich weiß, dass es mehr sind - mir würde das reichen. Mit denen werde ich reden.“

  • Der Kommentar lässt, so wie er jetzt für sich steht, ohne zusätzliche Hintergrundinformationen den Eindruck entstehen, er solle 'allgemein' zum Treffen informieren und zugleich Wogen glätten. Mir ist neu, dass professionelle JournalistInnen ernsthaft fordern, der 'Staat Russland' müsse von der Landkarte als territoriale Einheit eliminiert werden ('Verschwinden Russlands als Staat' interpretiere ich so). Möglicherweise handelt es sich hier und da um einen Bärendienst, auch Botschafter haben sich schon undiplomatisch im Ton vergriffen. Die intellektuelle Öffentlichkeit in Deutschland lässt sich hoffentlich weder vereinnahmen noch einschüchtern, der hiesige Qualitäts-Journalismus hat in der Regel den Kodex der Unabhängigkeit internalisiert. Schreiben, was ist. Die homogene Präsentation der Ukraine ohne abweichende Meinung überrascht mich bei einem solchen Treffen mit 17 UkrainerInnen (oder auch nicht?). Die weniger harmlosen Bemerkungen, die angedeutet wurden, dürften das Niveau der Publikationswürdigkeit wohl deutlich unterschritten haben. Vielleicht war es der Versuch am Ende dennoch wert, einen Dialog zu eröffnen, um sich zu positionieren.

  • Die Ukrainer sind betroffen, sind angegriffen, sind drin. Wir sind draußen, wir wollen draußen sein, wir beschäftigen uns mit Dialogen und Moderationen eben auch um der Autosuggestion willen, nicht betroffen zu sein, nicht mitgefangen, nicht mitangegriffen. Solange wir so unsere Zeit vertun, können wir die Ukrainer nicht verstehen. Sie hingegen verstehen uns sehr wohl. Sie verstehen, dass wir Ausflüchte suchen, unbeteiligt tun, irgendwas von "kein Öl ins Feuer gießen" murmeln, Waffen gerne "peu a peu" liefern möchten. Wir sind sehr durchschaubar, wir haben nicht den Vorteil von Distanz, sondern nur die Täuschung von Pseudo- Objektivität.

  • Ich finde es befremdlich, wenn darüber spekuliert wird, ob es "zu früh" wäre, für differenzierte Sichtweisen zu werben. Zwischen einer kriegsführenden Regierung und der Bevölkerung des jeweiligen Staates zu unterscheiden, ist eigentlich ein Minimalkonsens, der bisher selbstverständlich auch eingefordert wurde. Es wäre zu Recht als vollkommen inakzeptabel empfunden wurden, z.B. Amerikaner, Türken oder Israelis pauschal für die Verbrechen ihrer jeweiligen Regierung verantwortlich zu machen. Das solche Mindeststandards mit Blick auf Russland zur Disposition stehen, sagt einermaßen viel über Deutschland aus - sowohl über das deutsche Russlandbild (gerade im grünen juste milieu...) als auch über das Bedürfnis nach einem äußeren Feind, gegen den man mobilisieren kann, ohne um die Komplexitäten einer Wirklichkeit nachzudenken, die sich eben nicht in die moralischen Kategorien eines zweitklassigen Spielfilms pressen lässt.

    • @O.F.:

      „ Zwischen einer kriegsführenden Regierung und der Bevölkerung des jeweiligen Staates zu unterscheiden, ist eigentlich ein Minimalkonsens, der bisher selbstverständlich auch eingefordert wurde.“

      Da stellt aber doch auch im deutschen Diskurs kaum jemand ernstlich in Abrede. Dass dies momentan von ukrainischer Seite teilweise anders gesehen wird, ist angesichts der russischen Aggression und Kriegsverbrechen nicht völlig überraschend. Tatsächlich ist es ja auch anscheinend so, dass eine deutliche Mehrheit der Russen hinter Putins Kriegskurs steht. Dennoch meine ich nicht, dass dieser „Minimalkonsens“ hierzulande in Gefahr wäre.

    • @O.F.:

      Das Problem ist das man die anderen Völker weniger in die Verantwortung nimmt. Jeder Bürger der sich nicht explizit von der Politik seines Landes distanziert trägt Schuld daran. Regierungen fallen nicht vom Himmel sondern sind immer auch Ausdruck lokaler Sentiments, selbst in einer Diktatur braucht man substantielle Unterstützung um Krieg zu führen. Der durchschnittliche Deutsche war verantwortlich für den 2ten Weltkrieg, der durchschnittliche Türke für die Kurdenpoltik, der durchschnittliche Amerikaner für den Drohnenkrieg und der durchschnittliche Russe für die Invasion der Ukraine. Anti-ukrainischer Rassismus ist in Russland selbst in vermeintlich welt-offenen Kreisen verbreitet, Militarismus weithin akzeptiert. Genauso wie es in Deutschland weithin akzeptiert ist das man bspw. in Xiniang Geschäfte macht um den eigenen Wohlstand zu sichern oder in Amerika weithin akzeptiert ist mit Dronen auch Zivilisten zu töten im Kampf gegen den Terrorismus. Es waren nicht Hitler und Himmler die gefoltert und gemordet haben sondern Schmidt und Müller und genauso sind es nicht Shoygu und Putin die Krieg führen, plündern und vergewaltigen sondern Ivanov und Petrov.

  • “Welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen?“

    Nationalismus ist dumm und steht dem Frieden im Weg.

    Bitte sehr.

  • Nicht reden ist immer falsch. Natürlich nicht mit Denen, die die Propaganda des Kremls vertreten oder mit Denen, die dessen Politik unterstützen. Aber ohne einen fairen Dialog, der klar macht, dass sich die westlichen Reaktionen nicht gegen alles Russische richten, sondern gegen ein brutales Regime, wird es auch keine Argumente geben, sich gegen eben dieses aufzulehnen.

  • RS
    Ria Sauter

    Die Saat von Putin geht in diesem Fall nur auf da die Menschen das zulassen.



    Dieser kollektive Hass auf russische Menschen ist auch eine böse Saat.



    Und das ist so gar nicht verständlich.!

    • @Ria Sauter:

      Kollektiver Hass auf Russen ist ebenso falsch wie ein auf irgendein anderes Volk gerichteter Hass, dem ist zuzustimmen. Sie sollten allerdings auch versuchen zu verstehen, wie es zu diesem Hass kommen konnte. Vielleicht fangen Sie mal damit an, sich vorzustellen, dass Ihre Heimat von mordenden, plündernden und vergewaltigenden Invasionstruppen überfallen wird. Uns hier in Deutschland, die von diesem Angriffskrieg nicht betroffen sind, fällt Differenzierung, die ohne Frage wichtig ist, natürlich leichter.

      • @Barrio:

        Die Russophobie hierzulande ist allerdings älter als der derzeitige Angriffskrieg gegen die Ukraine …zwar gibt es das Gegenstück der Russophilie auch, allerdings zu allen Zeiten als Minderheitenposition von (pazifistischen) Intelektuellen und sie bezieht sich auf die Liebe zur russischen Kultur, Kunst etc. und nicht auf die Zustimmung oder Relativierung russischer Angriffskriege, wie perfiderweise - historisch wie aktuell - auch immer wieder behauptet wird.



        Der deutsche Russenhass/-verachtung war auch immer - in jeweils unterschiedlichen ideologischen Ausprägungen, denken Sie an den WK1 und an die NS-Zeit - ein Baustein der Legitimation von europäischen Kriegen … für die Zeit des Imperialismus mochte das sogar tatsächlich legitim erscheinen, verdeckte aber nur die imperialen Absichten der anderen europäischen Großmächte.



        Während des Kalten Krieges wurde die Russophobie dann als Antikommunismus chiffriert und internationalisiert … jetzt war es nicht mehr Kultur oder so etwas wie „Wesen“, sondern Ideologie, die bekämpft werden musste. Auch hier ging/geht es dem Westen darum - mittels Aufrechterhaltung der dichotomisierenden Wir-und-die-anderen-Ideologie - ein Feindbild konstant zu erhalten und eigene (möglicherweise moralisch auch nicht astreine) geopolitische Interessen durchzusetzen.



        Die Sozialpsychologie, die Vorurteils-, Konflikt- und Antisemitismusforschung bieten Literatur und Forschungsergebnisse zuhauf, die sich mit diesem Phänomen auseinanderzusetzen.



        Wie ehedem kommt die Gefahr indes aus dem Osten … wahrscheinlich seit den Zeiten des Monglensturms im Mittelalter. Archaische Bedrohungsszenarien, immer wieder ideologisch wirksam aufgeladen und auf Massenentfaltung ausgerichtet.

        • @Abdurchdiemitte:

          Von „Russophobie“ war aber keine Rede. Antislawischer Rassismus und Vorurteile gegen Russen sind tatsächlich alt. „Russophobie“ ist dagegen bloß ein Propagandabegriff des Kremls, um sich gegen Kritik zu immunisieren und jeden zu denunzieren, der sich gegen die Kremllinie stellt. Karl Schlögel hat es so formuliert: „Die Propaganda lautet: Wer Putin oder einen seiner Freunde kritisiert, ist russophob.“

          • @Barrio:

            Russophobie als Propagandabegriff des Kreml? Da müssten wir erst mal den Faktencheck machen.



            Hass, Verachtung und Angst - der ja der Begriff der Phobie zugrundeliegt (im Grunde eine übersteigerte, irrationale Angst wie etwa bei einer Spinnenphobie) - sind tatsächlich verschiedene psychologische Phänomene, die in einen Zusammenhang stehen können, aber nicht müssen.



            Insofern ist es richtig, von der „Russenangst“ hierzulande und in den osteuropäischen Anrainerstaaten Russlands von berechtigten Ängsten zu sprechen, nicht von einer Phobie.



            Danke für den Hinweis … es bleibt aber aber bei der Feststellung, dass Angst zumeist kein guter Ratgeber für politisches Handeln ist, genau so wenig wie Hass oder Verachtung.

        • @Abdurchdiemitte:

          Russophobie ist die irrationale Angst vor Russen und die daraus ableitende Ablehnung alles russischen.



          Die Ukrainische und Osteuropäische Angst vor Russland ist nicht irrational.



          Was viele Kommentatoren hier spüren ist auch nicht Angst sondern Abscheu vor der russischen Politik, aber viele können zwischen russischer Politik und Kultur unterscheiden. Ich sehe schon eine Verantwortung des gewöhnlichen Russen für diesen Krieg will ihn aber nicht auslöschen, sondern nur das sein Land den Krieg verliert er/sie/div. aufwacht und den Putinismus stürzt und wir dann wieder friedliche Nachbarn sein können.

    • @Ria Sauter:

      "Hätte Moskau diesen groß angelegten Feldzug gegen die Ukraine im vergangenen Februar (Krieg herrscht dort bekanntlich bereits seit acht Jahren) nicht vom Zaun gebrochen"

      Wer hat mit dem Krieg vor acht Jahren eigentlich angefangen?

      • @elektrozwerg:

        Russland

        • @Fran Zose:

          Hmm, laut Wikipedia hat die ukrainische Armee am 15. April 2014 begonnen.

          Da scheint es Differenzen im Framing zu geben.

          • @elektrozwerg:

            Wikipedia ist keine Quelle habe ich schon in der Vorlesung gelernt; das mal zum Grundsätzlichen.

            Abgesehen davon schreibt Wiki folgendes:

            „ Im Anschluss an die völkerrechtswidrige Annexion der Krim folgten stetige Schritte weiterer Eskalation durch Russland insbesondere mit dem Aufbau prorussischer bewaffneter Milizen in den ostukrainischen Oblasten Donezk und Luhansk (Donbass), die dort gemeinsam mit regulären russischen Truppen gegen die ukrainischen Streitkräfte und Freiwilligenmilizen kämpften. “ (de.m.wikipedia.org...krainischer_Krieg)

            Haben Sie wieder RT mit Wikipedia verwechselt?

    • @Ria Sauter:

      Wenn ein anderes Land das eigene überfällt und die Identität des eigenen Volkes auslöschen will, zehntausende Menschen umbringt, hunderttausende verschleppt. Ja dann will man in dem Moment den anderen Staat verschwinden sehen. Wird wenige Ukrainer geben die weinen wenn sich morgen das Meer auftut und Russland verschluckt. Wenn sie das nicht verstehen dann liegt das Problem in ihrem einfühlvermögen.

  • Was vielen Ukrainer sauer aufstößt ist das in Deutschland viel über Frieden dund wenig über den Sieg der Ukraine gesprochen wird. Die Deutschen haben oft ein Bild von Frieden das als negativer Frieden bezeichnet wird, die Abwesenheit von Krieg. Die Ukrainer haben eine positive Definition von Frieden d.h. die abwesenheit von folter, Unterdrückung, Verfolgung etc. All das gäbe es ja weiter in den besetzten Gebieten wenn heute ein Waffenstillstand geschlossen wird. Dafür braucht es einen Sieg der Ukraine.

    • @Machiavelli:

      Das sehe ich ein bisschen anders. Deutschland war über viele Jahre geteilt.



      Dies passierte fremdestimmt und nach einem verlorenen Krieg. Und dennoch wird die Mehrheit der Deutschen die in Erinnerung gebliebenen 70er und 80er Jahre positiv beschreiben - sogar viele aus dem Osten.



      Angesichts dieser Erfahrung finde ich es nicht verwerflich einen unschönen Frieden für eine bessere Option zu halten, als ein verlustreicher und keineswegs sicherer Sieg.

      • 6G
        659975 (Profil gelöscht)
        @Navitrolla:

        Sie wollen doch nicht ernsthaft die Zustände in der DDR, selbst in ihrer schlechtesten Zeit, mit denen der Ukraine vergleichen, die jetzt russisch besetzt sind??



        Außerdem hatte Deutschland den Krieg selber angefangen und verloren.



        Ach so, jetzt verstehe ich! Sie wollen Russland teilen, damit Frieden herrscht. Schöne Idee!

      • @Navitrolla:

        Diesen "unschönen Frieden" haben wir bekommen weil wir die Agressoren waren und unsere Nachbarn überfallen haben - das ist für die Einordnung der Ereignisse und ihrer Folgen nicht ganz unwichtig.

        Daraus abzuleiten dass die Überfallenen lieber den unschönen Frieden hinnehmen sollten ist auf so viele Arten unangebracht dass ich gar nicht weiß wo ich anfangen soll.

      • @Navitrolla:

        Was für eine absurde Verdrehung der Tatsachen. Wenn es eines Beispiels für Zynismus bedurft hätte, dann wäre es Ihr Kommentar.

    • @Machiavelli:

      Schön und gut. Wie stellen Sie sich denn einen sog. „Sieg“ gegen eine Atommacht denn vor?



      Allein der Gedanke wirkt für mich etwas absurd, aber ich würde es trotzdem gerne Mal lesen.



      Wenn Sie schon meinen das unterschiedliche Definitionen von Frieden existieren, dann müssten Sie demnach auch anderen unterdrückten Völkern dieser Welt ebenfalls Ihre Solidarität aussprechen. Tun Sie dies? Sind Sie für Waffenlieferungen z.B. ins Kurdengebiet? Haben diese Menschen das gleiche Anrecht auf, durch Waffenlieferungen herbeiführten, „positiven Frieden“? Wie kann man die stetige Vetreibung dieser Volksgruppe denn überhaupt hier im Westen dulden, zumal durch einen vermeintlichen Bündnispartnern? Müssten nicht sofortige Sanktionen eingesetzt werden? Oder gilt für die Kurden nicht das Selbstbestimmungsrecht und das Recht in Frieden zu leben?

      Klar, weiß schon... man kann das doch nicht vergleichen, gel?

      • @Axel Foley:

        Vietnam (2x), Algerien, Afghanistan (2x), und Südlibanon. Den sieg der Ukraine stelle ich mir konkret so vor, das Russland immer mehr Menschen und Material verliert es dann in den Provinzen anfängt zu rumoren und die russische Regierung dann entscheidet das sich nicht lohnt weiterzumachen da man sonst die Kontrolle über Russland verliert, wenn 100.000 russische Soldaten tot sind ist dieser Punkt denke ich erreicht nächstes Jahr im Frühjahr denke ich.

        • @Machiavelli:

          Sie haben ja meine Frage gar nicht beantwortet ;) , sondern eher eine aus dem Zusammenhang gerissene Auflistung von Ländern gemacht. Falls dies eine Auflistung von US-amerikanischen «Spezialoperationen» sein sollte, ist sie sehr lückenhaft. Das ist aber nicht weiter verwerflich: Ich denke, die Mehrheit hier im Forum kennt die restlichen Länder und Regionen.

          Gut, wir lassen das mal so stehen und werden sehen, ob sich Ihre Prophezeiung bzw. Einschätzung bis zum Frühjahr 2023 bewahrheitet. Mir persönlich gehts niemals um die Statistik zu den gefallenen Soldaten, sondern vordergründig um die der getöteten Zivilisten. Diese werden aber, wie in Kriegen so üblich, von keiner Seite geschützt. (Siehe aktuellen Bericht von AI).



          Das haben Kriege so an sich. Da geht es eben eher um den Schutz der Eliten und der wirtschaftlichen und strategischen Interessen und weniger um den Schutz der Bevölkerung. Wenn man das noch unter dem Deckmantel von Demokratie und Freiheit oder eben Entnazifizierung verpackt, klingt das auch immer ganz wunderbar und einleuchtend für die jeweiligen Ohren.

      • @Axel Foley:

        „ Schön und gut. Wie stellen Sie sich denn einen sog. „Sieg“ gegen eine Atommacht denn vor?“

        Aus Sicht der Ukraine wäre es ein Sieg, russische Truppen von ukrainischem Staatsgebiet zu vertreiben. Was macht Sie denn so sicher, dass Russland in diesem Fall seine nuklearen Abschreckungswaffen einsetzt?

        • @Barrio:

          Gar nichts macht mich sicher. Waffengeile Typen haben es eben nur so an sich, das sie gerne auch mit Ihren Waffen rumballern und prahlen. Das vereint diese Art von Personen über Länder-und Ideologiegrenzen hinweg. Erstaunlich oder?