piwik no script img

Landtagswahl in Sachsen-AnhaltEs geht ums Eingemachte

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Wer vom Osten Deutschlands spricht, spricht oft über Nazis. Viel wichtiger wäre es aber, über die soziale Schieflage und gerechte Umverteilung zu reden.

Der Stadtteil Buckau in Magdeburg 1991: In dem Industriegebiet wurden viele Betriebe geschlossen

E ndlich aufgewacht! Am Mittwoch erschien eine Umfrage zu Sachsen-Anhalt, die erstmals die braune AfD als stärkste Partei sah, knapp vor der CDU. Ups. Es gibt Sachsen-Anhalt und dort ist in einer Woche Landtagswahl. Sobald die Ossis die Nazis wählen, stehen sie und ihr skurriles Bundesland plötzlich im Fokus. Schon droht ihnen aber wieder das Vergessen, denn neuere Umfragen trauen der sachsen-anhaltischen CDU den Wahlsieg und der Kenia-Koalition eine Fortsetzung zu.

Stabile Verhältnisse also. Noch mal Glück gehabt, und die westdeutsch sozialisierte, politisch interessierte Bür­ge­r:in kann beruhigt den Osten Osten sein lassen. Vor zwei Jahren, als die Wende 30 wurde, sprach man viel über den Osten, über Transformation, gebrochene Lebensläufe, ab- und aufgewertete Biografien, Identitätskrisen und Benachteiligung. Heute ist es jedoch wieder so, wie die 28 Jahre zuvor – der Osten kommt vor in Verbindung mit: Nazis, Russland, SED oder Nazis.

Es ist fast so, als hielten nur instabile Verhältnisse den Osten im Gespräch und stabile Verhältnisse sorgen für Ignoranz der andauernden Benachteiligung. Die Ossis arbeiten länger und verdienen weniger, ihre Rentenpunkte sind weniger wert und sie sind seltener in Führungspositionen. Lange Zeit suchte man sich hierzulande damit zu trösten, dass man halt früher aufstehe und da arbeite, wo andere Urlaub machten. Diese protestantische Ethik schafft jedoch auf Dauer keinen materiellen Ausgleich.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Zwei Parteien haben sich dieses Gefühl der Unterlegenheit erfolgreich politisch zu eigen gemacht: In den 90ern die PDS, indem sie DDR-Strukturen von der Volkssolidarität bis zum Wohnbezirksausschuss aufrecht erhielt und sich kümmerte. Und in den vergangenen Jahren die AfD, indem sie Ressentiments schürte und kollektive, nationale Identitäten beschwor.

Die Linke, die immer mehr zur gesamtdeutschen Partei wird und schon jetzt mehr Mitglieder im Westen als im Osten hat, versuchte jüngst auf diesen Zug wieder aufzuspringen. „Nehmt den Wessis das Kommando“, forderte Sachsen-Anhalts Linkspartei im Wahlkampf. Dass es bei einem einzigen Exemplar von dem Plakat blieb, dessen Bildsprache – kleines Kind zerrt an dickem Hund – durchaus ironisch zu deuten war, geschenkt. Reflexartig wetterten vor allem andere Parteien gegen dieses Wessi-Bashing.

Wessis erben dreimal mehr

Die Mehrheit der Linken-Wähler in Sachsen-Anhalt, aber auch jeder zweite AfD-Sympathisant, fand es jedoch richtig, dass die Linke die Benachteiligung Ostdeutschlands thematisierte. Sie traf damit wenig überraschend einen Nerv: das Ungleichgewicht. Selbst wenn man davon ausgehen kann, dass sich der Anteil der in Ost und West aufgewachsenen Menschen in Führungspositionen über kurz oder lang angleichen wird, steigt damit nicht automatisch das Gehaltsniveau.

Eine weitere, oft ignorierte Kluft wird sich vermutlich noch vertiefen: die Vermögensverteilung. Das Wirtschaftswunder bot vielen Menschen im Westen die Gelegenheit, Vermögen zu bilden, das sie heute in Form von Aktienpaketen oder Immobilien an ihre Kinder weitergeben können. Im Osten dagegen waren Betriebe, Grund und Boden Volkseigentum und es war fast unmöglich, sich und seiner Sippe einen dicken Batzen davon abzuzweigen.

In Sachsen-Anhalt werden heute durchschnittlich 59.000 Euro vererbt, in Bayern 176.000. An der Spitze der Vermögenspyramide fehlen die Ostdeutschen gänzlich. 176 Milliardäre zählt das Manager-Magazin – nicht ein einziger davon kommt aus dem Osten. Doch solange viele der Meinung sind, dass eine Vermögenssteuer kommunistischer Unsinn ist und ihre Kinder ein volles Anrecht auf das von ihnen angehäufte Vermögen haben, wird sich an dieser Schieflage nichts ändern.

Im Gegenteil. Von steigenden Immobilienpreisen profitieren nur die, die welche besitzen, von niedrigen Zinsen die, die Geld investieren können. Es geht also bei der Ost-West-Debatte durchaus ums Eingemachte, um Umverteilung – nicht von West nach Ost, aber von Vermögenden zu Armen. In Ost und West.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
Mehr zum Thema

68 Kommentare

 / 
  • 3 Themen gehen m ir immer im Kopf herum, wenn ich diese Diskussion sehe:



    1. Produktivität. 1997 habe ich in Bischofswerda eine Produktionsaußenstelle einer Westfirma mit SAP beglückt. SAP macht ja weltweit alles so wunderbar vergleichbar. Die Produktivität lag ca bei 60% der Westfirma. Es wäre sinnvoll, erstmal über die Produktivität zu diskutieren und dann über alles andere.



    2. Vermögen. in Rumänien haben heute 87% der Bevölkerung Wohneigentum (bis 1990 auch ein kommunistisches Land) Was machen die (Ost-) Deutschen anders?



    3. inzwischen ist eine neue Generation von Menschen im Osten herangewachsen - wieso haben sie die gleichen negativen Grundhaltungen wie Ihre Eltern? Anstatt die Freiheit und die Möglichkeiten zu nutzen?



    4. und wenn ich gegen das System protestieren will, kann ich eine der 40 "normalen" Parteien wählen, die es noch gibt und nicht die Partei, die in den Fußstapfen des deutschen Abgrundes durch Menschenverachtung und Rassismus wie vor 80 Jahre vorher herumtrampelt.

    • @Wessi1154:

      Rumänien ist ein schlechtes Vergleichsbeispiel, weil schon Ceausescu trotz seines brutalen Steinzeit-Kommunismus Wohneigentumsbildung auch in den Plattenbauten gefördert hat. Insofern war Rumänien der alten BRD ähnlicher als anderen (ex-)sozialistischen Ländern. Interessanter wären dann Länder wie Polen oder Russland, die nach der "Wende" die z.T. übel heruntergewirtschafteten Plattenbauwohnungen ziemlich billig an die Mieter verkauft haben und somit noch weitergehende Verelendung durch Rausschmiss aus teuren Mietwohungen erst einmal bremsen konnten. Hier ist man in Ost-Deutschland einen anderen Weg gegangen und konnte vergleichsweise schnell einen modernen Sanierungsstand erreichen. Allerdings hat sich die schon in der alten BRD nicht übermäßig hohe Wohneigentumsquote im Gesamtschnitt weiter verringert - u.a. mit der Verstärkung der relativen Benachteiligung Ostdeutscher in Sachen Vermögensbildung.

    • @Wessi1154:

      1. Im Artikel stand doch, das die Ostdeutschen längere Arbeitszeiten haben. Was in Punkto Produktivtät willst du denn da besprechen?

      2. Auch im Artikel enthalten, die Immobilien sind schlichtweg zu teuer für den Billiglöhner.

      3. Aufgrund ihrer Sozialisierung? Außerdem nutzen sie ihre Freiheiten, was man in den Jahren der Abwanderung gesehen hat.

      4, Da gebe ich dir recht. Hier sieht man aber auch das mit der Abwanderung vor allem auch, der gebildete Teil den Osten verlassen hat, das schlägt sich dann natürlich bei Wahlen nieder. Es gab mal vor Jahren ne Statistik, das Bayern nur halb soviele Akademiker ausbildet hat, wie das Land vorort in der eigenen Wirtschaft benötigt. Dieser 30 jährige Brain Drain, wird noch lange spürbar sein.

      Ein weiterer Punkt ist, das die normalen Parteien, eine Politik betrieben haben die vielen Ostdeutschen geschadet hat. Siehe Hartz Reform. Da wird Bürgen im Osten unterstellt sie bemühen sich nicht genug Arbeit zu finden und deshalb müsse ihnen ins soziale Portmonaie gegriffen werden. Doof nur, das du niemanden auf diese Weise motivieren kannst Arbeit zu finden, wenn es zu wenig Arbeit gibt. Die Arbeitslosenquote im Osten ist nur gesunken, Aufgrund der Abwanderung und des Geburtenknicks.

    • @Wessi1154:

      Ihre Gedanken sind mir reichlich pauschal. Schon zu 1. Produktivität. Ist wohl reichlich unzeitgemäß, heute über die Produktivität von vor 24 Jahren zu diskutieren. Ihre Meinung zeigt, dass es immer noch "Wessis" gibt, die mit einer unglaublichen Hybris - und damit meine ich nicht "SAP Hybris" - auf die Menschen in den fünf östlichen Bundesländern blicken und immer noch ein Stück weit zur Spaltung der Gesellschaft beitragen.



      2. Sind die (Ost-)Deutschen in der Tat ein Volk von Mietern, unwillig, sich Wohneigentum zu erhalten oder anzuschaffen? Mein Mann und ich bewohnen jedenfalls ein Einfamilienhaus mit großem Grundstück, seit 1968 in Privatbesitz. Beide vollzeit erwerbstätig bzw. nur in Rente, fleißig auf der eigenen Scholle und durchaus zufrieden.



      3. noch pauschaler, eigentlich einer Antwort unwürdig. Eine ganze Generation mit negativen Grundhaltungen? Mit Verlaub, das ist reichlich dämlich. Drei meiner Kinder studieren (im Osten) und nutzen durchaus ihre Möglichkeiten, obwohl weder Vater noch Mutter aus einer Akademikerfamilie kommen. Schon gar nicht wählt aus unserer Familie einer Partein vom rechten Rand.



      Mehr gibt's zu Punkt 4 nicht zu sagen, Sie hatten ja auch nur "3 Themen.

  • Tja, wir (meine Frau und ich) lebe seit 66 Jahren im Westen, sind nicht reich, haben nicht und werden auch nicht reich erben, sind aber im Großen und Ganzen mit unserem Leben zufrieden. Unsere Rente ist auskömmlich und genießen das, was das Leben uns bietet. Manches geht eben und manches eben nicht.



    Liebe "ostdeutsche" Mitbürger, wenn einige wenige von euch das Leben auch nach über 30 Jahren Wiedervereinigung nicht auf die Reihe bekommen haben, wird das eine rechtsdrehende AgD und C€U auch nicht ändern, im Gegenteil.

    • @Hierse Friedemann:

      Dann empfehle ich mal eine Kurzreise in das ostdeutsche Bundesland ihrer Wahl.

      Nur um mal zu sehen, was dort anders läuft.

  • Mag ja alles ungerecht sein, da stimme ich der Autorin zu. DDR, Wende, Treuhand , kein Erbe, alles so schlimm schlimm.

    Trotzdem ist dies für das Wählen von Faschos keine hinreichende (wissenschaftlich haltbare) Begründung, Rechtfertigung ohnehin nicht.

    Vielleicht waren die Leute in Sachsen Anhalt einfach nach dem Krieg Faschos, haben dies weitergeben und sind es daher bis heute zu über 20%. Im westen sind es ja auch um die 10%

    Solange solche Menschen irgendwo auf dem Acker leben und glauben, dass das noch ne Zeitgemäße Lebensform ist ändert sich das auch nicht.



    Btw In Magdeburg sind die Wahlergebnisse (AfD-bezogen) auch nicht so dramatisch im vergleich zu Berlin.

    Niemand muss dort bleiben..wenn aber doch, muss ich mich dafür auch nicht Interessieren.

    • @syle x:

      eine sehr westdeutsche sicht.



      faschotum vererbt...? ich mußte in meiner jugend vor den faschos flitzen und nehme niemanden in schutz, aber vom himmel sind die nazis auch nicht, da gab es ordentlich anschubhilfe von westnazikadern. zusammen mit der orientierungslosigkeit der ossis gab das ein schönes gebräu.



      rechtfertigen tut das gar nichts, niemand muß nazi werden, aber die erklärung den ossis liegt das nazitum irgendwie in den genen kann ich auch nicht mehr hören, klingt nach saturierter westdeutscher Verachtung.

  • Wie dumm, die Armutsdebatte als ein West-Ost-Problem zu inszenieren!



    Dass, wie immer wieder nachgewiesen, nur ein extrem geringer Teil in Deutschland fast das gesamte Vermögen besitzt, sollte allgemein bekannt sein!



    Wo sich diese gerne niederlassen, auch: z.B. am Alpenrand. Eher der Landschaft geschuldet als der Herkunft.



    Das extrem große Teile der Bevölkerung komplett abgehängt sind in ALLEN Bundesländern, wird ignoriert. Von so gut wie allen Medien.



    Wann wurden zuletzt die Armen im Saarland oder in Rheinland-Pfalz in bundesweiten Medien erwähnt? Definitiv seltener als die in den Ostbundesländern! Das heißt aber nicht, dass sie nicht vorhanden und in Not wären!



    Auch hier wird aus Protest extremistisch gewählt - allerdings häufiger von Verstand überregelt dann eben doch nicht so intensiv. Genz nebenbei hat der Westen keine 30 jahre Land Solidaritätsbeitrag erhalten - sondern gezahlt. Alle. Aiuch die Geringverdiener. Deshalb sehen hier die Städte und Infrastruktur mittlerweile ziemlich heruntergekommen aus. Anders als im Osten.



    Irgendwann ist es Zeit, das künstliche Gejammer einzustellen!



    Wer extrem wählt ist Extremist! Da gibt es keine Entschuldigung von wegen "war nicht so gemeint, war nur Protest..."! Gerade der Osten hat erst unter einer rechten, dann unter einer linken Diktatur gelebt. War beides scheiße. Trotzdem wollen Sie das jetzt unbedingt wieder haben?



    Geht's noch?

    • @Mainzerin:

      Der Soli wurde von allen gezahlt, auch den ostdeutschen Steuerzahlern. Das die Mär "nur die Westler haben gezahlt" immer noch kolportiert wird, legt eigentlich das gesamte Desinteresse and der Thematik offen.

    • @Mainzerin:

      Die Armutsdebatte ist kein West-Ost-Problem, völlig richtig.



      Es auf die Zahlung des Solidaritätsbeitrages zu schieben, ist wohl sehr vereinfacht. Auch im Osten wurde der Soli ab Einführung 1991 für drei Jahrzehnte gezahlt, auch von "Geringverdienern", zumindest von jedem, der auch Einkommenssteuer zahlt. Dieser Irrglaube, dass nur der Westen diesen für den Osten zahlte, hält sich mindestens genauso lange. Wer sich tatsächlich für "den Osten" interessiert, weiß das. Dass bei der Verteilung durchaus bedürftige Kommunen und Landstriche in den alten Bundesländern quasi vergessen wurden, steht auf einem anderen Blatt und ist gewiss nicht die Schuld der "Jammerossis".

      Der überwiegende Teil im Osten der Republik ist auch nicht an der Wiedereinführung einer Diktatur interessiert, egal ob links, rechts oder grün.

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    "Und würde auch nicht aus Protest links wählen. "



    Die Entscheidung wurde Ihnen schon abgenommen. Das geht nämlich garnicht.

  • Weder bin ich reich, noch werde ich je Vermögen erben. Wähle deswegen aber nicht AfD. Und würde auch nicht aus Protest links wählen. Vielleicht spielt einfach auch doof sein auch eine Rolle wenn man Extremisten wählt?

    • @sachmah:

      Ich denke, es war noch nie sehr klug den Gegner für dumm zu halten. Daraus resultierten nicht selten die schwersten Niederlagen.

    • @sachmah:

      Wenn meine Informationen zutreffen, sind es gerade eben nicht die Armen, die Mühseligen und Beladenen, die die AfD wählen, sondern Leute, denen es ganz offensichtlich viel zu gut geht.

      • @Rainer B.:

        Und die absolut skrupellos sind, wenn es um ihren eigenen Vorteil geht.

  • Frau Lehmann,



    "Wer vom Osten Deutschlands spricht, spricht oft über Nazis. Viel wichtiger wäre es aber, über die soziale Schieflage und gerechte Umverteilung zu reden."

    Dann würde es ja sozialistische Proteste gegen die soziale Ungleichheit für mehr sozialen Ausgleich geben.



    Es ist in erster Linie das Ressentiment, der Wille zur Ausgrenzung und die Veränderungsfeindlichkeit das Problem.

  • Also, ich würde da nicht so eine Gewichtung aufmachen. Beides ist wichtig. Andererseits ist es ein Trugschluss, aus Prekarisierung und Verarmung Zulauf zu Nazis zu begründen. Wobei die AFD eben nicht nur von Ärmeren gewählt wird, sondern auch von Wohlhabenderen. Für jene Prekarisierte und Ärmere ist die neoliberale Politik der AFD keine Verbesserung - die Wahl also kontraproduktiv. Würden die Prekarisierten die AFD allerdings aufgrund der völkischen "Sozialpolitik" von Höcke & Co setzen, so beweisen sie mit der Wahl ihre nationalistische und rassistische Einstellung. Rassismus und Nationalismus würde ich also als einflussreiche Faktoren betrachten. Die wiederum sind keine Erfindungen der Nazis, sondern als Fragmente, in verschiedenen Ausformungen in der Gesellschaft anzutreffen. Genau genommen müsste über soziale Ungleichheit inklusive Rassismus und Nationalismus gesprochen werden.

    • @Uranus:

      "Andererseits ist es ein Trugschluss, aus Prekarisierung und Verarmung Zulauf zu Nazis zu begründen. "



      nein, niemand muß Nazi werden. Aber unterschätzen Sie nicht die Dynamik die ein zusammenbrechendes System erzeugt. Damals nach der Wende haben sich die Jugendlichen alle positioniert, links oder rechts dazwischen wars recht still. Da wurden Identitäten gesucht. Und der Frust der Eltern ausgediente Westler als Chefs zu bekommen (als greifbares Symptom für die eigene Entwertung) haben auch die Jugendlichen gespürt.



      Erst war Aufbruch, dann kam die Resignation, das war keine Aufbruchsstimmung in den Jahren nach der Wende. Das prägt, besonders die Gebliebenen und die Befreiung kam mit dem Wegzug... wie bei vielen.



      Und ganz platt gesagt, als Nazi konnten die sich so richtig stark fühlen, die AFD ist für die 25% eine softere Variante allen mal so richtig auf den Schuh zu kacken, die NPD war denen vorher noch zu krass. (Ganz wichtig, ich spreche nicht von den Ossis, aber von den 25% Stumpfnasen die es leider im Osten nun mal auch gibt)

    • @Uranus:

      IMHO ist auch ein Problem das die Wirtschaftspolitik der deutschen demokratischen Republik immer noch verteufelt wird.



      Im Artikel kommt es so rüber als ob die Vergesellschaftung von Industrie und Landwirtschaft daran Schuld ist das die Ostdeutschen weniger erben.



      Statt dessen sollte doch die geringere materielle Ungleichheit in der DDR lobend erwähnt werden.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Uranus:

      Vor und nach den Wahlen:



      Prahlen mit Zahlen.

  • Die Vermögenssteuer gehört dringend unverzüglich reaktiviert.

    Doch mit den restlichen Ausführungen von Frau Lehmann kann ich wenig anfangen.

    1. Nach 30 Jahren, also nach einer Generation, trägt eine Argumentation nicht mehr, welche die eigene Situation mit Umständen zu erklären versucht, welche ÜBER 30 Jahre zurückliegen.



    2. Ich kenne auch viele "Ossis", denen es bestens geht. Allerdings lebt der überwiegende Teil davon bei den "Wessis".



    3. Solange "der Osten" AfD und Nazis gewähren und ständig wachsen lässt, statt sie politisch zu beerdigen, ist es doch lebensfremd sich darüber zu wundern, dass sich im "Osten" keine Schwergewichte der Wirtschaft ansiedeln.



    Und ohne größere Präsenz der relevanten Wirtschaft, wird sich die wirtschaftliche Situation auch nicht verändern.

    Doch für diese Wirkung ist ein die RECHTEN gewähren lassender Osten ursächlich selbst verantwortlich.

    Denn dass die Aussagen der RECHTEN dem Reich der Verschwörungstheoretiker entspringen und mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben, ist einfach eine Tatsache. Und wer daher diesen braunen "Bauernfängern" glaubt, nacheifert und sie stärkt, der/die ist somit - NACH ÜBER 30 JAHREN - für seine/ihre Situation deutlich mehr verantwortlich, als dies die Geschehnisse vor über 30 Jahren waren.

    Und wenn Sachsen-Anhalt in einer Woche wieder verstärkt die RECHTEN wählt, dann wird sich Sachsen-Anhalt damit einmal mehr SELBST ins wirtschaftliche Aus befördern.

    Dies ist einfach eine Tatsache welche vielfach belegt ist.

    Daher ist es an der Zeit, dass in Sachsen-Anhalt endlich AfD und Nazi-Co entzaubert werden, und an deren Stelle Planungen treten, die den Menschen wirklich helfen (statt den Apparatschiks von AfD und Nazi-Co..

    PS: dies hat nichts mit "Ost" und "West" zutun, sondern beschreibt einfach die ZU BEACHTENDEN Realitäten.

    ;-)

    • 9G
      97287 (Profil gelöscht)
      @tazeline:

      Die Eigentumsquote bei Immobilien liegt um ca 10% niedriger in den Ostbundesländern. Die letzen Plätze von allen Bundesländern belegen Sachsen Hamburg und Berlin. Die Benachteiligung nach 30Jahren hält sich in Grenzen und der Abstand wird immer geringer. Allerdings wenn Arbeitsplätze geschaffen werden wie z.B. Tesla oder Batteriefabriken werden den Investoren Knüppel zwischen die Beine geworfen oder die Westbundesländer kommen zum Zug

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @tazeline:

      1. Nach 30 Jahren, also nach einer Generation, trägt eine Argumentation nicht mehr, welche die eigene Situation mit Umständen zu erklären versucht, welche ÜBER 30 Jahre zurückliegen.

      Ach was. 1991 ging das Abwracken doch erst los. Und es wirkt bis heute. de.wikipedia.org/wiki/Treuhandanstalt

    • @tazeline:

      Ja, und zu Punkt 2, die kenne ich auch. Viele.

  • Man sollte hier mal sachlich feststellen, schon Ende der 90er Jahre war Sachsen -Anhalt für überdurchschnittlich viele Investoren inakzeptabel. Da gab es die AfD noch gar nicht. Un das hatte seine Gründe.

    • @Mr.Brian:

      Ende der 90er Jahre saß die rechtsextreme DVU im Landtag von Sachsen-Anhalt. Sie wurde 1998 mit fast 13% gewählt! Natürlich war das für Investoren inakzeptabel. Allerdings flog sie bei der nächsten Wahl 20002 hochkant wieder aus dem Landtag, aber da wurde fast die rechtspopulistische Schill-Partei mit 4,5% in den LT gewählt.

    • @Mr.Brian:

      Und diese Gründe waren schon damals rechts.



      Nur unter anderem Namen.

      • @Mainzerin:

        meinen Sie wirklich Investoren interessieren sich für die Dumpfbacken auf den Dörfern?



        Die Ostindustrie wurde abgewickelt, das konnte locker alles von der Westproduktion mitversorgt werden. Der Markt gesättigt, die Kaufkraft gering. Es gab doch überhaupt keinen Bedarf irgendetwas neues im Osten zu produzieren.



        Die wirklich billigen Arbeitskräfte gab es da auch nicht, die gabs und gibt es weiter im Osten. Es gab schlicht keine Notwendigkeit dort zu investieren. Auf den Punkt gebracht nichts zu verdienen.



        Wenn der Rubel rollt gehen Investoren in die politisch merkwürdigsten Gebiete.



        Eine DVU im Landtag hält keinen Industriellen ab dort sein Geld zu machen....

  • Die Forderung nach mehr Umverteilung und einer Reform oder Abschaffung des Erbrechts teile ich.



    Dafür, dass reale materielle Faktoren den Zuspruch zur AfD erklären finden sich aber wenig Belege. Nach einr IW-Studie [1] auf Basis des SOEP ist wird der Anteil der gut verdienenden AfD-Anhänger*inne lediglich von den Grünen und der FDP übertroffen, während der Anteil der Geringverdienenden etwa dem der SPD entspricht und nur knapp über dem von CDU und Grünen liegt. Die Zahlen scheinen eine Kategorisierung der AfD als 'Prekariatspartei', anders als etwa bei der LINKEn oder auch der NPD, also nicht zu sützten.



    Auch Erkenntnisse der Böckler-Stiftung [2] sprechen eher dafür, dass sich die AfD-Klientel eher aus dem Mittelschichtsmilieu rekrutiert und, dass diese Menschen ihren sozialen Status, obwohl es ihnen real vergleichsweise gut geht, niedriger einschätzen würden als er real ist und die zudem von Abstiegsängsten und einem gefühlten Kontrollverlust geplagt sind. (Erschreckende Randnotiz: Auch der Aufstieg der NSDAP war eher von den Stimmen des verunsicherten Kleinbürgertums getrieben, als von jenen die bereits Arbeitslos oder Prakariat waren und eher kommunistisch wählten.)



    Der AfD mit materieller Umverteilung zu begegnen müsste also darauf hinauslaufen, dass vor Allem die Mittelschicht davon profitiert und ob dies tatsächlich ausreichen würde um die dort gefühlte Benachteiligung zu beseitigen bleibt leider völlig unklar. Sinnvoller scheint es an der Quelle der Verunsicherung anzusetzen, also soziale Sicherung und Wohlfahrsstaat wieder zu stärken, prekäre Beschäftiung und Niedriglohnsektor massiv zurückzudrängen um Abstiegsängtsten zu begegnen, niederschwellige Partizipationsmöglichkeiten zu schaffen um politische Selbstwirksamkeit als Citoyen erfahrbar zu machen, also etwa basisdemokratische Bürger*innenversammlungen auf Stadtteil oder Dorfebene mit tatsächlichen lokalen Machtbefugnissen einzuführen.

      • @Ingo Bernable:

        Wobei die [1] zugrundeliegenden SOEP-Daten von 2014 sind, also hoffnungslos veraltet gerade bei der AfD. Die hat ihren Stimmenanteil bei den Wahlen seitdem veranderthalbfacht bis verdoppelt.

        • @Ajuga:

          Ein berechtigter Einwand. Wobei die relevante Frage wäre ob es aktuellere Zahlen gibt die eine strukturelle Änderung des AfD-Klientels feststellen oder es sich schlicht um einen quantitativen Zuwachs handelt. Neuere SOEP-Zahlen legen jedenfalls ebenfalls einen Zusammenhang mit Ausländerfeindlichkeit, Ängsten und subjektiver Unzufriedenheit nahe, erheben aber die tatsächliche ökonomische Situation nicht. [1]



          Eine andere Umfrage konstatiert ebenfalls einen Zusammenhang mit der eigenen Lebenszufriedenheit im Hinblick auf enttäuschte Liebe. [2] Vielleicht besteht das ursächliche Problem also auch in einem Mangel an Liebe und akuter Untervögelung.



          [1] www.diw.de/documen....de/diw_sp0975.pdf



          [2] www.merkur.de/poli...rt-zr-8683077.html

  • Nach mehr als 30 Jahren zeigt sich immer deutlicher, dass ein großer Teil der Menschen im Osten das neoliberale System ablehnen. Die Bundesregierung sollte diese Position respektieren und sich Gesprächen über politische Unabhängigkeit öffnen. Eine Rückkehr zu friedlicher Koexistenz zweier autonomer deutscher Staaten wäre auch im europäischen Interesse machbar und wünschenswert.

    • 9G
      97287 (Profil gelöscht)
      @C.O.Zwei:

      Ohne Wahlen, mit einer Einheitspartei? Was ist mit den Renten? Was ist mit dem Gesundheitssystem? Sinkt die Lebenserwartung dann wieder um 5 Jahre im Osten? Was wird mit der Grenze?

      • @97287 (Profil gelöscht):

        Einfach Geldregen drüber bei Rente und Gesundheitssystem :-) Haben doch die Bankenrettungen vor ca. 10 Jahren oder die jetzige Corona-Zeit super gezeigt. Wenn der politische Wille da war, war irgendwie auch immer Geld dafür da. :-D OK, Scherz beiseite. Es gibt aber Ideen, wo das schon ernsthafter überlegt wird, siehe z.B. "modern monetary theory".

  • Einen Teil des Problems -- den wahrscheinlichen Grund für die Schwäche der linken Parteien -- hat gerade eine alarmierende Studie enthüllt: Die Menschen schätzen ihre soziale Position in der Gesellschaft gravierend falsch ein.

    Fast alle rechnen sich zur Mittelklasse, obwohl das ja gar nicht sein kann. Das erklärt dann auch, warum die Menschen konservativer wählen, als es der allgemeine Unmut über soziale Ungleichheit vermuten lässt.



    www.theguardian.co...blems-for-the-left

    Hätten Sie nicht Lust, vor der Bundestagswahl in einer Artikelserie darüber aufzuklären? Dazu brauchen Sie zunächst einmal Skalen mit Grenzwerten, ab welchem Einkommen bzw. Vermögen Menschen in welches Zehntel der Skala fallen. Da können Ihnen die Autor*innen der Studie sicher gerne weiterhelfen. Auch Grenzwerte für das reichste Prozent und Promille könnten hilfreich sein, um die Problemlage zu verdeutlichen. Das wäre der erste Artikel; da sollen die Leser*innen prüfen, wo sie stehen.

    Anschließend nummerieren Sie die Bereiche der Skalen durch und analysieren in den Folgeartikeln die Wahlprogramme der Parteien: „Partei X bietet viel für Menschen in den Bereichen … von Einkommen/Vermögen; wenig für die in den Bereichen … ; und die in den Bereichen … ignoriert sie weitgehend.“

    • @Smaragd:

      Das "sich zur Mittelschicht Zählen" ist ein wichtiger Punkt. In "Die Anstalt" vom ZDF gab es mal (anno 2016 glaube) ich eine schöne Folge über die Arm-Reich-Spaltung, in der auch super dargelegt wurde, wie die Mittelschicht die Linkspartei als Verlierer-Partei sieht und sich selbst zumindest als gehobene Mittelschicht von morgen sieht.

  • "Doch solange viele der Meinung sind, dass eine Vermögenssteuer kommunistischer Unsinn ist und ihre Kinder ein volles Anrecht auf das von ihnen angehäufte Vermögen haben" - ja, und es ist lustig, dass das eben nicht nur die Vermögenden selbst glauben. In den USA sind auch viele Menschen der Ansicht, dass eine verpflichtende Krankenversicherung kommunistischer Unsinn ist und jeder selber für seine Krankheiten verantwortlich ist. Dann geht man eben lieber an der erstbesten Krankheit pleite (oder stirbt) als Kommunist zu sein. Selbst den Ärmsten wurde so lange solch neoliberaler Unsinn eingetrichtert, dass sie dann auch noch freiwillig die entsprechenden Parteien wählen... hier wie dort.

    • @NoMeansNo:

      Nein, auch "private" Krankenversicherungen basieren auf dem Solidaritätsprinzip.



      Es geht um die Freiheit, keine haben zu wollen.

      • @drafi:

        Tun sie nicht.

        Private Krankenkasse mischen kein Risiken und schon gar keine Altersgruppen.



        Private KV sind prinzipbedingt unsolidarisch.



        Wie alle anderen Versicherungen übrigens auch.

  • Vielen Dank für diesen Artikel. Gern würde ich mehr Berichterstattung lesen, die diese Ungerechtigkeit und Verkürzung der West-Narrative über den Osten beinhaltet.

    Ich bin Mitte 30 und kaum einer meiner ostdeutschen Freund:innen in meinem Alter, auch nicht die bürgerlicher Familienherkunft, haben Einlagen, Wertpapiere oder Grundstücke. Die westdeutschen friends haben sie fast alle oder haben sie in Aussicht. Solche materiellen Vorbedingungen machen auch etwas mit dem Habitus zur Lebensgestaltung, Zutrauen, Risikobereitschaft und mit dem Gefühl der Planungssicherheit.

    Was ist schon ein existentielles Risiko, was heißt der Satz "ich hab grad keine Kohle" wirklich, wenn man sich auf ein 5-stelliges oder hectar-großes Erbe in ein paar Jahren verlassen kann?

  • Auf dem Land wird eher AfD gewählt da haben die Menschen meist Eigenheime.



    In den Großstädten wo die Mieter wohnen hat sie kaum eine Chance.



    Die Personen die auf dem Land wohnen wollen aber Entwicklung in ihrer Region haben und da kommen dann die Großstadtbewohner und wollen keine Autobahn keine Gewerbegebiete und der ICE soll auch von Berlin aus am besten im Osten gar nicht halten allenfalls Leipzig wird als Stop noch akzeptiert.

    • @Sinulog:

      Dazu kommt, das es Regionen gibt z.B. in der Lausitz, die schon so weit abgehängt sind, dass die Menschen verzweifeln. Und mit dem Kohleausstieg wird es noch schlimmer. Es gibt Regionen, die haben keine Perspektive.

      • @Mr.Brian:

        Die 'Lösung' der AfD an der Kohleverstromung festzuhalten ist aber keine. Das Ende der Kohle würde auch ohne politisch beschlossenen Ausstieg in absehbarer Zeit kommen, nicht aus ökologischen sondern aus ökonomischen Gründen. Auch fehlt einer solchen Strategie die langfristige Perspektive, würde man das konsequent praktizieren gäbe es noch heute staatlich subventionierte Leinweber, Droschkenkutscher oder das 'Fräulen vom Amt'.



        Wenn eine Region nach über 30 Jahren Aufbau Ost und 1,6 Billionen Euro Finanztransfer von West nach Ost noch immer "abgehängt" ist, muss man sich doch langsam mal fragen ob die Probleme mit der großen Geldspritze allein bzw. überhaupt zu lösen sind. Natürlich ist es die Aufgabe des Staats die Bedingungen und Infrastruktur für wirtschaftliches Wachstum zu schaffen, im Kapitalismus kann er es aber weder realisieren, noch garantieren. Und man muss nun wirklich kein Neo-Liberaler sein um festzustellen, dass das finden ökonomischer Perspektiven, nicht nur, aber auch, Sache der Menschen selbst ist.



        Es kann nicht Sache des Staates sein im Schwarzwald Karrieremöglichkeiten für Hochseefischer zu fördern und er kann und sollte es inmitten der global fortschreitenden Klimakatastrophe auch nicht mehr für Jobs in der Kohle tun.

        • @Ingo Bernable:

          Das nicht aber wie wäre es neue Universitäten mit neuen Studiengängen in der Lausitz anzusiedeln anstatt in Berlin?(eher Technische natürlich)



          Winwin für beide die Lausitz bekommt junge Leute in Berlin wird der Wohnungsmarkt entlastet und ab und zu kommt es ja doch zu neugründungen von Unternehmen im Uniumfeld.....

          • @Sinulog:

            Schöne Idee. Aber Studenten wollen auch an den Ort ihrer Uni kommen, vorzugsweise mit der Bahn.



            In Cottbus gibt's die BTU. Und da endet bekanntlich auch die Elektrifizierung der Bahnstrecke. Ein weiterer Ausbau hatte keine Priorität. Wie auch die wirtschaftliche Ertüchtigung des Landstrichs dahinter Richtung Görlitz nicht. Die Verbitterung der Menschen und die Abwanderung der jungen Leute, kommt leider nicht von Ungefähr.

        • @Ingo Bernable:

          Dann kennen Sie aber brandenburg schlecht. In diesem Land wurden Milliarden verbrannt, Lausitzring Cargolifter, und jetzt BER, wen wunderts, dass die Menschen keine Perspektive mehr sehen und extrem wählen? Die Finanztransfers sind doch in einigen Gegenden gar nicht angekommen.

  • Verteilen wir dabei doch bitte auch die Kosten um. Grundstückpreise, hohe Mieten, keine bezahlbaren Wohnungen für Berufsanfänger, keine Parkplätze, Eintritt am Strand, und wenn auch noch Touristen regelmässig kommen, gibts die Vergünstigungen hauptsächlich für diese und nicht für Einheimische. Dazu höhere Grundsteuern, Müllgebüren, deutlich höhere Kinderbetreuungskosten (wenn man überhaupt eine Betreuung bekommt!), teurer öffentlicher Nahverkehr, und und und.....

    Da mache ich gerne den Ausgleich mit. Die im verlinkten Beitrag angesprochenen 700 e brutto mehr gehen hier ganz locker für die ganzen Mehrkosten drauf.

    Für mich als Wessi, der sich das meckern über Ossis eigentlich schon abgewöhnt hatte (warum auch, meine Frau und 2/3 der Arbeitskollegen kommt aus dem Osten), muss sagen, das dieses ganze Gejammer und Genöhle vor allem aus dem südlichen Osten ausschliesslich und nur noch nervig ist. Immer haben alle anderen Schuld. Laaaaangweilig.

  • „Am Mittwoch erschien eine Umfrage zu Sachsen-Anhalt, die erstmals die braune AfD als stärkste Partei sah, knapp vor der CDU. Ups“



    Von wegen „Ups“! Ich wundere mich, weshalb sich vorwurfsvolle Blicke jedes Mal auf die Union richten, wenn es um die Erfolge der AfD geht! Wäre es nicht Aufgabe vor allem der Parteien links der Mitte, die AfD an ihrem (weiteren) Aufstieg zu hindern? Indem sie sich um ihre erklärte Zielgruppe, die Armen, Ausgebeuteten, Benachteiligten, Unterprivilegierten kümmern?



    Bekannt ist, dass die AfD in dieser Zielgruppe „wildert“, und zwar erfolgreich. Wie kann das sein?



    Mit der CDU ist eher nicht zu rechnen, die hat momentan ganz andere Probleme. Erstaunlich, dass sie trotzdem etwa so viele Stimmenanteile erreicht, wie Grüne, SPD und Linke zusammen.

    • @Pfanni:

      Ich wundere mich doch, wie die CDU-Fans hier im Forum das Narrativ verbreiten wollen, nicht die CDU, sondern die Linken wären für das Erstarken der AfD verantwortlich.



      Wer war denn in ST die ganze Zeit an der Regierung? Und wer hat genau für die von Ihnen beschriebenen Gruppen nix getan? Ist für diese Gruppen die CDU nicht zuständig?



      Und Ihre These stimmt auch gar nicht, wie aus dieser Analyse hervorgeht: www.deutschlandfun...:article_id=453189. Demnach kommen AfD-Wähler aus allen Schichten.



      Und in absoluten Zahlen hat die CDU am meisten 2016 an die AfD abgegeben. Da wächst zusammen ...

    • @Pfanni:

      Die Antwort auf diese Fragen muss von der Linken kommen, denn deren Zielgruppe sind die Armen, Ausgebeuteten, Benachteiligten, Unterprivilegierten und auch die rassistisch oder sexuell Ausgegrenzten. Die Partei muss den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern vertiefen und politische Ziele formulieren, die sie nicht verschrecken, sondern begeistern.

      • @C.O.Zwei:

        Wenn die seit über 15 Jahren die Bundesregierung dominierende Partei aber 10 Jahre lang den "Kampf gegen Links" zur Staatsaufgabe ernennt, was dann?

      • @C.O.Zwei:

        Na, eben nicht mehr. Kipping/Riexinger sehen nach dem Rausmobben von Wagenknecht ihr Zielpotential woanders. Hier ein Zitat aus dem Tagesspiegel: Katja Kipping und Bernd Riexinger, die - anders als Fraktionschefin Sahra Wagenknecht - vor allem auf urbane, jüngere und studentische Milieus setzen.

        • @Yossarian:

          Diese Strategie ist nicht unbedingt falsch. Auch die urbanen, jüngeren und studierenden Milieus sind wichtige Zielgruppen im Kampf um gerechtere Verteilung und mehr Diversität.

  • Danke

    Was durch ewiges Ossi Wessi mediales Murmeltier Gerangel ausgeblendet bleibt, dass deutsche Vereinigung ökonomisch durch westdeutschen Systembruch geschah, indem unveräußerliche Axiome sozialer Marktwirtschaft unterfinanziert zurückgestellt das ost-westlich blockübergreifende Lied von der Leuchtturm-, Schaufenster- Ökonomie - Düsseldorf, Hamburg, Köln, , München, Westberlin, für Westdeutschland, Leipzig, Rostock, Weimar für Ostdeutschland - zulasten der Fläche, ländlichen Raum nun mit internationalem Kapital weitergesungen ausgeweitet zementiert wurde, das Licht sowohl in alten wie neuen Bundesländern über industriellen Brach-, Trümmerlandschaften ausgeblendet blieb, benachteiligte Königskinder der Politik, Wirtschaft hüben, drüben, inzwischen seit 2013 mithilfe westdeutschem AfD Polit- Gewächs, beim ostwestlichen Hin und Her Bashing zu fremdem Zweck bis heute nicht zusammenfinden dürfen, sich gegen Leuchtturm-, Schaufenster- Ökonomie zusammenzuschließen. Westdeutscher Systembruch begann durch Kanzler Helmut Kohls niemals eingelöstem Versprechen "blühender Landschaften" in neuen Bundesländern, weil Kohl in deutsch-deutschen Verhandlungen 1990 das DDR Volkskammer PDS Hans Modrow, CDU & Co Lothar de Maisière Treuhand Konzept ohne Einrede akzeptierte, über 8000 DDR Gewerbe-, Industriebetriebe, die seit 1949-1990 Betriebserträge an DDR Plankommission oft sogar durch Politik sog. Einheit von Gesellschaft und Wirtschaft erzwungen ohne Gewinn & Verlustrechnung noch Dokumentation vorgetäuschte Plan Übersollerfüllung abführten, notwendige Finanzen für Betriebsmittel, Lohnzahlungen, Instandhaltung, Reparaturen, Modernisierung als Kredit bei Prüfungsstellen der Plankommissionen beantragen mussten, auf diesen angehäuften Krediten nach Deutscher Einheit 3.10.1990 sitzenblieben, statt DDR Betriebe zumindest schuldenfrei gestellt, mit Finanzen aus ehemaligen Erträgen versehen in den freien Wettbewerb zu schicken. Was jenen Akteuer*nnen damals und heute alternativlos gilt

  • Von steigenden Immobilienpreisen profitieren nur die, korrekt. Aber wenn ich viel Geld habe profitiere ich von HOHEN Zinsen, da brauch ich mich ja nur zurücklehnen und kann davon leben - im Idealfall von den Zinsen der Zinsen (wg. Wertverlust). Niedrige Zinsen nutzen Leuten, die Kredite haben.

  • Auch im Westen gibt es eine sehr ausgeprägte soziale Schieflage und die Mehrheit erbt auch hier nichts Relevantes. Im Ruhrgebiet und im Saarland geht es Menschen oft noch schlechter als im Osten. Trotzdem wählt man hier nicht so ausgeprägt Nazis. Es muss den Naziwählern im Osten klar sein, dass es ihnen umso schlechter ergehen wird, je mehr sie bei der AfD das Kreuzchen machen. Die vielen Demokraten, Familien, Freunde und Ehepartner müssen Druck machen und diese Brut sozial und ökonomisch sanktionieren und isolieren. Es darf sich keinesfalls lohnen, Nazis zu wählen.

    • @K2BBQ:

      Wie genau wollen Sie denn diese Afd-wähler identifizieren, um ihnen das Leben schwer zu machen?

      Es gibt da nämlich noch sowas wie das Wahlgeheimnis....

    • @K2BBQ:

      Bei der Landtagswahl in BaWü 2021 haben fast 500 000 Menschen AfD gewählt. Aber wehe, man sagt dazu etwas. In großen Leitmedien wird man da abgebügelt.

  • Das sehe ich ganz genauso.

  • Und dann gibt es da vielleicht noch ein Ding. Ex-DDR-Bürger wurden 40 Jahre lang so sozialisiert, dass sich jemand um sie kümmert, und sei es nur der autoritäre Staat. Der "Wessi" war es von Anfang an gewohnt, selbst aktiv werden zu müssen. Dass Individualismus auch schnell in Egoismus entarten kann ist ein anderes Ding..

    Evtl. haben viele "Ossis" das Gefühl: "Um uns kümmert sich ja keiner". Da finden Populisten guten Nährboden.

    • @Bunte Kuh:

      Einserseits muss man wohl tatsächlich davon ausgehen, dass 40 Jahre Druckbetankung mit ML-Ideologie nicht folgenlos bleiben, andererseits sind inzwischen auch schon wieder 31 Jahre vergangen in denen man hätte umlernen können. Der Zuspruch zur AfD ist bei den 30-59 Jährigen am größten, die haben also inzwischen alle länger in der BRD als in der DDR gelebt, während die AfD-Affinität in der Ü60-Gruppe eher unterdurchschnittlich ausfällt.



      www.zeit.de/politi...abschluss-religion

      • @Ingo Bernable:

        Vor "Druckbetankung" gab es das Nazi-Regime, im Osten gebliebene Nazis, die ihre Einstellung weitergegeben haben, und teils gedeckelte faschistische Kontinuitäten/Kollaboration (wie auch im Westen), separierte "Gastarbeiter*innen", gedeckelte Nazi-übergriffe ("Nazis und Rassimus darf es in einem antifaschistischen Land nicht geben und gibt es demnach auch nicht"), nazistische Fußballfans ...

  • Mit der Verteilung ist es so ein Ding. Der große Bimbes wurde in Deutschland nach Kriegsende verteilt, allerdings eben nur in den damaligdn westlichen Zonen. Als dann die Wende kam, kam der "Osten" quasi 40 Jahre zu spät, da war der Zug Richtung "Reichtum" schon lange abgefahren. Soviel zu den "blühenden" Landschaften.

    Und dazu kam noch die verhängnisvolle Strategie "Rückgabe vor Entschädigung, möglicherweise der größte Fehler.

    So passiert es oft, dass sich beim "Ossi" der Blick auf die Vergangenheit verdreht. Während er zu DDR-Zeiten selbiges Land noch mehrheitlich "doof" und den Westen golden fand, denken jetzt viele umgekehrt. Ja, es ist wirklich so: Viele trauern der DDR hinterher. Klingt komisch, ist es auch, aber es passiert.

    Warum nun aber viele andere am Liebsten die Diktatur vor der DDR wiederhätten bleibt wohl Spekulation, evtl ist es eine Kombination aus dem Glauben "Freedom is Slavery" und dem, dass "sozial nur national" ginge. Und um die Ossis mal etwas zu entlasten: Den Trend zum "Völkischen" gibt es in vielen anderen Ländern auch.

  • Puh, „nur“ 23% für die AfD und die CDU kann weitermachen, einfach so … und es sich sogar aussuchen, welche der Kleinparteien (SPD, FDP, Grüne) sie sich mit ins Koalitionsbett holt.



    Demokratie gerettet und wir können uns alle wieder beruhigt schlafen legen!

    • @Abdurchdiemitte:

      Keine Sorge. Der Herr Wanderwitz regelt grad mit saloppem Ossibashing, dass das nicht bei 23% bleibt.

      • @Ajuga:

        Nur, wenn die Ossis zu blöd sind den wahrheitsgehalt der Aussagen zu ignorieren - und so den Herrn Wanderwitz darin bestätigen, dass sie tatsächlich noch nicht in der Demokratie angekommen sind!



        Trotzkinder sind allgemein zu jung für Wahlrecht.