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Solidarität mit PalästinaDas Ringen um Palästina als globaler Kampf

Dem Freiheitskampf Palästinas wird universelle Bedeutung zu­ge­schrieben. Gerecht ist diese selektive Solidarität nicht, aber sie hat gute Gründe.

Palästina als Gretchenfrage der globalen Gerechtigkeit und dem Kampf gegen Imperialismus Foto: Mouafak Mahmalji/imago

C he Guevara besuchte Gaza 1959, Malcolm X folgte 1964. Frantz Fanon hat sich zu Palästina nie geäußert, doch lag die arabische Übersetzung von „Die Verdammten dieser Erde“ bereits 1963 in Beiruter Buchläden und prägte manche Ideen der aufkommenden palästinensischen Befreiungsbewegung.

Deren Kampf wird seit mehr als einem halben Jahrhundert mit einer transnationalen, gar universellen Bedeutung versehen – Palästina als Spiegel, in dem sich Entrechtete wiedererkennen. „When I see them, I see us“, lautet ein jüngerer Slogan afroamerikanischer Verbundenheit mit Palästina. Ikonisch wurde Nelson Mandelas Satz „Wir sind nicht frei, solange Palästina nicht frei ist“.

Ist eine derartige Hierarchie von Solidarität gerecht? Nein. Ob Rohingya, Uiguren oder Sudanesen in Darfur: Sie alle erleiden Unterdrückung, die zum Genozid tendieren. Unter ewiger Besatzung leben die maurischen Sahraoui ebenso wie die Papua. Dies sind anstrengende, schwerer begreifbare Konflikte, deren Komplexität Beobachter rasch ermüdet. Solidarität ist so wenig gerecht verteilt wie alle Güter dieser Erde.

Gleichwohl gibt es gute Gründe, warum das Thema Palästina besonders welthaltig ist. Zunächst die historischen: Europa entsorgte dort sein Antisemitismus-Problem, ohne sich je für die Folgen verantwortlich zu fühlen. Und die Palästinenser verloren ihr Land just in jenem Moment, als andere sich von kolonialer Herrschaft befreiten.

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Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Es wird oft übersehen, dass der Plan der Vereinten Nationen zur Teilung Palästinas 1947 und die Gründung Israels 1948 auf den Scheitelpunkt zweier Epochen fielen, der kolonialen Ära und der beginnenden Dekolonisierung.

Für die Annahme des Teilungsplans in den UN reichten 33 Stimmen, weil ein Großteil der Welt noch keine Stimme haben durfte. Aus den damals 57 Mitgliedsstaaten sind heute 193 geworden. Das Anwachsen der UN-Generalversammlung war ein Prozess der Versüdlichung, der sich immer wieder in Abstimmungen zu Palästina niederschlug.

Wie in einem Brennglas fängt das Thema die gelingende ebenso wie die stockende Demokratisierung der Weltverhältnisse ein.

Indiens Rolle bei der Zweistaatenlösung

Dazu noch ein kleiner Exkurs: Indien war 1947 gerade unabhängig geworden und machte sich gemeinsam mit Iran und Jugoslawien gleich daran, für Palästina eine föderale Lösung zu entwerfen. Das Minderheitsvotum scheiterte in den UN, und Indien stimmte gegen den Teilungsplan, wie wir ihn kennen.

Heute gehört Narendra Modi, der Premierminister Indiens, zu Netanjahus ethno-nationalistischer Freundschaftsachse. Die damals verworfene jüdisch-arabische Föderation Israel-Palästina bleibt eine Vision für die Zukunft.

Palästina als One-fits-all Kampf für Linke?

Aber es gibt auch schlechte Gründe, vom globalen Palästina zu sprechen. In einem antisemitisch müffelnden Weltbild verkörpert Israel die Quintessenz imperialer Unterdrückung und weißer Vorherrschaft, den ultimativen Schnittpunkt von Kapitalismus und Rassismus.

Von der Seitenlinie her würde ich mir wünschen, dass solche Auswüchse klarer zurückgewiesen werden. Doch für manche ist die Palästina-Solidarität zu einem One-fits-All linker Bedürfnisse geworden, weil international kein anderes emanzipatives Projekt zur Identifikation einlädt.

Bleiben wir indes bei dem, was unzweifelhaft Palästina zum Symbol macht: Es handelt sich hier um das zugleich längste und beste dokumentierte Unrecht.

Ein Schaukasten zur Illustration, wie machtlos internationales Recht und internationale Institutionen sind, wenn eine Seite eines Konflikts mächtigen, westlichen Schutz genießt. Jüngst wurde Gaza zum globalen Abbild der unterschiedlichen Wertigkeit von Leben – nicht so schamhaft und beiläufig wie in vielen anderen Fällen menschlicher Not, sondern offen und ungeschminkt.

Die internationale Gaza-Bewegung hat auf schreckliche Weise recht bekommen: Sie hat früh vor einem Genozid gewarnt und nun findet er statt, vor unseren Augen.

Dass wir dabei zusehen müssen, mitschuldig und hilflos, verweist auf das Demokratiedefizit, das gleichfalls zum Symbol Palästina gehört: Die Empathie von Bevölkerungsmehrheiten zählt für die Politik der Eliten in diesem Fall wenig, so ist es schon lange in den arabischen Staaten, so ist es nun auch in Europa und kaum anders im Globalen Süden.

Gewiss ist das Demokratiedefizit gleichfalls ein innerpalästinensisches: Hamas und Autonomiebehörde verkörpern, neben vielem anderen, zwei Gesichter von Verantwortungslosigkeit. Der Kontrast zwischen der weltweiten Popularität des palästinensischen Anliegens und das Alleinlassen der Menschen in Gaza und der Westbank könnte größer kaum sein.

To-Do's für die Pro-Palästina-Bewegung

Aus all diesen Gründen muss die Pro-Palästina-Bewegung versuchen, „zur Welt“ zu sprechen, in einen globalen Echoraum hinein, auf die kumulative Wucht von Sympathie hoffend. Das reicht von Pop-Konzerten über die Kandidatur der ersten Miss Palestine bei der Miss-Universe-Wahl bis zu einem offiziellen Beitrag des Staates Palästina zum Oscar-Wettbewerb.

Dazu gehören aber auch Bücher, die sich an die Welt wenden, wie gerade eine „globale Anthologie“ des Bethlehemer Theologen Mitri Raheb – „Theology after Gaza“.

Hinter der moralischen Anklage bleiben politische Konzepte weit zurück. Die Bewegung hat sich von der Zwei-Staaten-Lösung verabschiedet, lässt aber offen, was zwischen Fluss und Meer geschehen soll – zu offen vielleicht. Dessen ungeachtet beteiligen sich an den Protesten in einem früher undenkbaren Maße jüdische Minderheiten. Sie möchten den Judaismus von zionistischer Umklammerung befreien – auch dies ein globales Projekt.

Das Wort Palästina, schrieb der Literaturkritiker Edward Said einmal, stehe für die Hoffnung, dass ein historisches Desaster in eine bessere Zukunft transformiert werden könne. Unsere Zeit ist nicht gerade reich an solcher Hoffnung.

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54 Kommentare

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  • Wiedemanns Artikel ist wie immer lesenswert; es ist allerdings schade, dass er den Fokus sehr stark auf die Palästina-Solidarität richtet und die Frage, wieso sich Menschen hier im Westen mit Israel identifizieren, nicht gründlicher erörtert und an dieses Milieu nicht dieselben kritischen Fragen richtet wie an die Gegenseite. NO-Diskussionen sind ja nicht nur ein Deckmantel, um antisemitische Ressentiments auszuleben, sondern auch, um Islamophobie und Rassismus noch salonfähiger zu machen, als sie ohnehin schon sind. Die Blindheit dafür ist – auch in linksliberalen Medien – immer wieder auffällig.

  • „ Für die Annahme des Teilungsplans in den UN reichten 33 Stimmen, weil ein Großteil der Welt noch keine Stimme haben durfte. Aus den damals 57 Mitgliedsstaaten sind heute 193 geworden.“



    -Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 1948 48 Ja-Stimmen: Redundant? Unfair? Nicht bindend?



    - Bis heute nur von 147 Staaten anerkannt.



    Und nu? Wollen wir diese UN-Entscheidungen auch anfangen in Frage zu stellen oder nehmen wir uns nur die Sachen raus die uns passen? Hab jetzt keinen Bock, für jede Staatsgründung seit 48 die jeweiligen Mehrheiten zu suchen.



    Warum durfte sich Pakistan eigentlich auf Grund des Status mehrheitlich muslimisch zu sein als unabhängig erklären (inkl. Darauf folgender ethnischer Säuberungen auf beiden Seiten), aber mehrheitlich jüdisch geprägte Gebiete im damaligen Mandatsgebiet Palästina hatten dieses Recht nicht? Warum problematisieren wird das eine aber das andere nicht? Warum hat Pakistan unhinterfragt Bestand? Die Lösung solche Teilungspläne anhand religiöser und/oder ethnischer Grenzen zu entscheiden, war oft genug von den Betroffenen selbst gefordert. GB wollte einen Staat. Diese Erfahrung hat die Gründung Israels stark mitgeprägt.

  • " .......verkörpert Israel die Quintessenz imperialer Unterdrückung und weißer Vorherrschaft"

    -Vorallem ist es faktisch falsch. Die Mehrheit der jüdischen Bevölkerung ( 48 Prozent) heutzutage sind Mizrachim/Sephardim- also Juden aus nordafrikanischen und arabischen Ländern.

    Die aus Europa stammenden "weißen " Aschkenasim Juden machen lediglich einen Bevölkerungsanteil von 45 Prozent in Israel aus.

    2 Prozent der jüdischen Bevölkerung in Israel ist äthiopisch, hat also eine schwarze Hautfarbe.

    Da es in Israel keine Rassentrennung gibt, lassen sich diese Gruppen heute selbstverständlich nicht mehr genau einteilen. Unabhängig wie Menschen zu diesem Konflikt stehen: Wer Israel und das Judentum für eine "weiße Religion" hält, sollte vielleicht mal die eigene Wahrnehmung überprüfen. Nur weil in Europa und den USA hauptsächlich weiße Aschkenasim-Juden als Bild im Kopf präsent sind, lässt sich das nicht auf das multikulturelle Land Israel übertragen.

  • Ein weiteres To Do für die Solidaritätsszene:



    Endlich gegenüber der Hamas und anderen kerikalfeudalen korrupten Verbrechern klarmachen, dass antisemitische Pogrome und Massaker kein Instrument antiimperialistischen Kampfes sein können.



    Dann friedlich und beharrlich die Zwei Staatenlösung fordern.

    • @aujau:

      Man kann sich nicht des Eindrucks erwehren, dass Sie hier viel hineininterpretieren um dann mit der Zweistaatenlösung zu winken, eine Lösung, die ja nun schon lange tot ist, auch die letzten Maßnahmen der israelischen Regierung hauchen ihr kein Leben ein. Aber diese Zweistaaatenlösung erfüllt den sehr wichtigen Zweck, sich progressiv und gemäßigt erscheinen zu lassen, ohne aber die Fragen wirklich zu durchdenken.

  • Der an sich interessante Artikel lässt drei unangenehme Tatsachen unbeachtet. Erstens, im Gegensatz zu den meisten anderen Konflikten sind hier Deutschland und EU massiv beteiligt. Zweitens, nirgendwo wird derartig massiv die nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaute Rechtsordnung in Frage gestellt und angegriffen wie hier. Und gerade Deutschland und die EU, die niemals derartig starke Militärmächte wie die USA, Russland oder China sein werden, haben ein massives Interesse an dieser Rechtsordnung. Drittens, die Auseinandersetzung mit unterentwickelten Ländern spielt sich in direktester Nachbarschaft von Ländern statt, die zu den 20 reichsten der Erde gehören. Das kann man von den anderen im Artikel aufgeführten Ländern wohl nicht sagen.

    • @Jo Lang:

      Was meinen Sie mit "nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaute Rechtsordnung"? Das was Russland in der Ukraine wiederherstellen möchte? Haben Sie die Zerschlagung Jugoslawiens vergessen? Wo war da Deutschlands Interesse am Erhalt der Rechtsordnung?

  • Was soll das sein, der "Judaismus"? Ein Gegensatz zum "Zionismus" (der ersteren in "Umklammerung") hält?



    Es gibt jüdische Menschen (die sich mit mal mehr, mal weniger oder gar nicht mit Israel identifizieren und/oder deren Heimat Israel ist). Und den Teil der zionistischen Bewegung, der alle Juden nach Israel holen will. Es ist komplizierter als der unglückliche Begriff "Judaismus" suggeriert.

    • @Kai Ayadi:

      Judaismus ist ein Synonym für Judentum, als Religion. Nichts weiter. Analog zu Hinduismus, Buddhismus, Shintoismus, Katholizismus, Protestantismus, ...

    • @Kai Ayadi:

      In der propalästinensischen / postkolonialen Bewegung ist Zionismus bekanntlich ein Schimpfwort und Kampfbegriff. Etabliert wurde er zu Sowjetzeiten. Der Begriff Zionismus wurde und wird benutzt, um gegen Zionisten sein zu können, ( und angeblich nicht gegen Juden, obwohl ein Großteil der Zionisten eben Juden sind…). Man vermeidet damit „praktischerweise“ offen antisemitisch zu sein. Man hat einen Stellvertreterbegriff. Das ignoriert natürlich, dass Zionismus eine vielschichtige, sehr unterschiedliche und komplexe Bewegung und Theorie ist. Wie kontaminiert der Begriff Zionismus in der ProPalästina Linken ist, zeigt sich im Nutzen des Begriffs Judaismus durch die Autorin. Macht keinen Sinn im Kontext, scheint ihr jedoch wichtig zu sein, darauf hinzuweisen. Zionistische Umklammerung hat m E auch einen antisemitischen Unterton.

      • @Karla Columna:

        Zionismus ist einfach der Fachbegriif für den jüdischen Nationalismus. Erfunden von Juden, nicht von Stalinisten. Ihr Beitrag ist eine beleidigende Unterstellung gegenüber der Autorin.

      • @Karla Columna:

        Wer Antizionismus und Antisemitismus in einen Topf wirft, verlässt den rationalen Diskurs und katapultiert sich mit Vollgas in die Meinungsschlacht.

      • @Karla Columna:

        Mit Verlaub, da gibt es zwei grosse Fehler. Im Gegensatz zu Ihrer Behauptung wurde der Begriff Zionismus wurde lange vor Sowietzeiten etabliert, nämlich Ende des 19ten Jahrhunderts. Zweitens, Ihre Gleichsetzung von Antizionismus und Antisemitismus ist sehr umstritten, um es gelinde auszudrücken, und ich kann Ihnen nur empfehlen, sich einmal die Jerusalem Deklaration anzuschauen.

      • @Karla Columna:

        "Etabliert wurde er zu Sowjetzeiten"



        Der Begriff Zionist/Zionist ist viel älter: er wurde vermutlich 1890 von Nathan Birnbaum geprägt und ist seither vor allem als Selbstbezeichnung benutzt (nicht zuletzt in Israel).

  • Schlau wie immer! Eine Ergänzung noch: Palästina ist für viele, die die Kriegführung der IDF und das politische Vorgehen der Regierung Netanyahu kritisieren, nicht nur "de[r] ultimative[...] Schnittpunkt von Kapitalismus und Rassismus". In keinem anderen Konflikt, vielleicht mit Ausnahme Uiguren/Xinjiang, besteht ein dermaßen krasses Gefälle der zur Verfügung stehenden Mittel.



    Die Identifikation Israels mit seinen internationalen Freunden/Gönnern/Schutzmächten, vor allem der USA, befördert die zurecht kritisierte One-fits-all-Wahrnehmung des Nahostkonflikts.

    • @My Sharona:

      One-fits-all. Der gesamte globale Antisemitismus mit all seinen Medien und politischen Ämtern als Multiplikatoren läuft heiß.

      Ja ja, die Juden als kapitalistische, imperialistische Kolonialisten genau wie ihre amerikanischen Blutsbrüder kennen wir schon aus der Nazi-Propaganda seit 1933, die die gesamte arabische Halbinsel mit Millionen Flugblättern und 6000 Stunden antisemitischer Hetze aus dem Radio überzog. Göbbels pur.

      Aus Jeffrey Herf: Hitlers Dschihad, Dokumentation S. 276

      "Die Juden trachten danach, in Zukunft die Welt zu beherrschen. Wenn Großbritannien durch ein Meer von Blut watet, so deshalb, damit die Juden unangefochten die Welt beherrschen, denn die Juden sind nicht zufrieden mit Palästina, Syrien und Transjordanien, . . . , sie wollen die ganze Welt haben. Sie . . . haben den Mythos geschaffen, daß die Briten jüdischen Ursprungs sind, um so ihre Ambitionen verwirklichen zu können. Auf der anderen Seite möchte Amerika das Britische Empire erben. Aber die Amerikaner sind Angelsachsen und deshalb Söhne Isaaks, was natürlich bedeutet: Juden."

      Der gebildete Antisemitismus hat das zutiefst verinnerlicht.

      www.ifz-muenchen.d.../2010_2_5_herf.pdf

  • Als Che Guevara und Malcolm X Gaza besuchten, war Gaza von Ägypten besetzt, und das Westjordanland sowie Ostjerusalem waren von Jordanien annektiert.

    • @Budzylein:

      And So what ? Die Flüchtlingslager gab es damals schon und darum ging es.

    • @Budzylein:

      Und beide voller Flüchtlinge von 1948.

    • @Budzylein:

      Ziemlich irrelevant, da es zu dem Zeitpunkt schon sehr viele Vertriebene und Flüchtlingslager dort gab, und beiden ging es darum, nicht um Ägypten oder Jornanien.

  • Wenn Fanons Text als Inspiration für die Palästinenser gegolten haben sollte, dann wurde übersehen, dass er in seinen Schriften ausdrücklich vor den Gefahren einer nationalen, identitätsfixierten Fehlentwicklung innerhalb der Befreiungsbewegungen gewarnt hat.

    Auch hätte die Einführung mit der Nennung von Che Guevara und Malcom X, zwei Vertreter des eliminatorischen Antisemitismus, durch Hinzunahme von Mahatma Ghandi in der Sache noch etwas mehr Wirkung erzielt. War er doch der Urheber des schönen Zitats "Palästina gehört den Arabern genauso, wie den Engländern England gehört. Es ist falsch und unmenschlich, den Arabern die Juden zuzumuten.“ und schon 1938 stellte er die Behauptung auf, dass es Juden in Deutschland nicht schlechter ginge als in Indien.

    Vermeintliches Eintreten für die Sache der Palästinenser hatte zu aller Zeit lediglich einen Stellvertreterstatus. Um das Volk ging es meistens nicht, sondern um ideologische Weltbilder und projiziert wurden diese auf Israel von Antizionismus bis Antiimperialismus. Auch Mandelas Zitat bezog sich rein auf die Menschenrechte. Insofern kann es dazu gerechnet werden, wenn von einer Instrumentalisierung der Palästinenser die Rede ist.

    • @Sam Spade:

      "und schon 1938 stellte er die Behauptung auf, dass es Juden in Deutschland nicht schlechter ginge als in Indien."



      Meines Wissens verglich er die Lage der Juden in Deutschland mit der der Inder in Südafrika.

      • @Francesco:

        Das was sie zitieren stammt aus dem von Ghandi verfassten Artikel „Zur Lage der Juden in Deutschland und Palästina“. Das was ich erwähnt habe aus der Korrespondenz mit Martin Buber 1938/39.

    • @Sam Spade:

      Das Problem mit dem Konflikt als Projektionsfläche ist, dass er zum Revitalisierungsprojekt der Linken verkommen ist, die in der globalen Soli- Bewegung eine Illusion vom vereinten Befreiungskampf zelebrieren, der aber real nicht stattfindet. Teile der globalen Linken sind von den ewigen banalen Bösartigkeiten der konservativen Regierungen, dem aussichtslos wirkenden Kampf gegen den Klimawandel und den jahrelangen Kulturkämpfen, die von den Rechten betrieben werden, so desillusioniert und ausgelaugt, dass sie sich in die Projektionsfläche Nahost zurückziehen, anstatt wieder und wieder gegen die realen Bedrohung der Demokratie vor Ort zu mobilisieren.

      Dieser Rückzug der Linken aus der Realität hat in den USA dazu geführt, dass Teile der Pro- Palästina- Linken (die sich im "uncommitted" movement formierten) bei den letzten Wahlen zuhause blieben.

      Zum anderen führt die Verflachung des Konflikts auf ein Symbol ( Freiheitskampf) zu solchen Widersprüchlichkeiten wie den feministischen Gruppierungen, die den 7. Okt. in den sozialen Medien als Befreiungskampf feiern.

  • Ein Kommentar, der der Vielschichtigkeit und manchen Widersprüchen gerecht wird.



    Nur Sympathie wird dabei wohl nicht reichen, Druck auf alle Kriegstreiber wird hinzukommen müssen.

  • Die Entwicklung des Nahostkonflikts zu einer globalen linken Marke ist ein Problem. Weil die komplexe Realität des Konflikts irgendwann keinen mehr interessiert, wenn sich alle schon auf das Marken-Symbol geeinigt haben. Alle unbequemen Wahrheiten, die nicht zur Marke passen, mit der man sich identifiziert, werden gerne ausgeklammert.

    Diese persönliche Identifikation und unselige Verquickung mit dekolonialen Diskursen macht Diskussionen schwierig weil nicht mehr über den Konflikt an sich gesprochen wird, sondern nur noch Feindbilder markiert werden. Wer nicht voll und ganz pro-Palaestina ist, dem wird unterstellt nicht links zu sein bzw. Kolonialismus zu befürworten. Gerne noch garniert mit küchenpsychologischen Deutungen über deutsche Schuldkomplexe.

    • @Schwabinger :

      Kein prinzipieller Widerspruch, nur der Hinweis: der Nahostkonflikt bzw. eine uneingeschränkt Netanyahu-loyale Positionierung ist auch eine rechts-autoritäre-migrationsfeindliche-kulturkämpferische Marke. Was wiederum die Polarisierung befeuert und bspw. viele Queers ins palästinasolidarische Lager treibt.

  • Das Desaster hätte sich Said besser mal genauer angeschaut, vor allem die Rolle der Nazis seit 1933.

    Diese stellten nahezu wörtlich die theoretische Grundlage bereit, die Said später den Juden vorwarf.

    Während des 2. Weltkriegs gab sich das NS-Regime Mühe, Muslime im Nahen Osten mit Rundfunksendungen in arabischer Sprache zu umwerben. Dabei präsentierte es sich als antiimperialistischer Vorkämpfer und die Juden als Kolonialisten. Schlaue Nazis. Schlauer Goebbels.

    Der größte Teil der Palästinakatastrophe von 1945 bis 2025 ist auf Hitlers und Goebbels Hetz-Kampagne zurückzuführen. In prima Zusammenarbeit mit al-Husseini, Großmufti von Jerusalem und SS-Gruppenführer.

    Zwischen 1933 und 39 verteilten die Nazis Millionen Propagandaschriften in arabischen Ländern. 1939 bis 1945 dann die beliebten Nazi-Hetzsender 6000 Stunden zur besten Sendezeit.

    Mit Hilfe der Nazis hatte die Muslimbruderschaft bis 1945 eine Million Männer unter Waffen. Ein Ableger davon: die Hamas.

    Es geht nicht um einen globalen Kampf sondern um die Ursache des Palästina-GAUs. Als Deutsche sollten wir ein bisschen besser über die Nazis Bescheid wissen. Und nicht den Juden die Schuld in die Schuhe schieben.

    • @shantivanille:

      Said eine Nähe zum NS zu unterstellen, ist selbst für die Verhältnisse in einem Leserforum noch primitiv (und man kann sich ja auch fragen, woher der Drang kommt, den NS auf die Palästinenser zu projizieren). Was Ihre historischen Einlassungen angeht: Muslime umworben haben alle Seiten im zweiten Weltkrieg. Sie überschätzen mit ihrer Fixierung auf el-Husseini den Erfolg der NS-Propaganda und ignorieren die Ablehnung, mit der dieser auch begegnet wurde. Wissen Sie, wie viele Muslime in den Reihen der Anti-Hitler-Koalition gekämpft haben? Den NO-Konflikt als Folge der NS-Propaganda deuten zu wollen, ist grotesk falsch: das Grundproblem, dass die zionistische Bewegung für ihren neuen Staat Land beansprucht hat, das nicht leer war und in dem Juden vor der Staatsgründung Israels und den damit einhergehenden Vertreibungen nur eine Minderheit waren, hat nichts mit den Nazis zu tun. Die reductio ad Hitlerum ist ein schlichter Versuch, das den Palästinensern angetane Unrecht zu legitimieren und gleichzeitig Israels Verantwortung auszublenden.

      • @O.F.:

        Sicher bin ich nicht nur auf al-Husseini fixiert.

        Uni Passau: "Als der junge Kleriker Ruhollah Musavi, der später unter dem Namen Ruhollah Khomeini berühmt werden sollte, im Winter 1938 . . . in das iranische Qum zurückkehrte, hatte er, so sein Biograph Amir Taheri, „einen von der britischen Firma Pye gebauten Radioempfänger dabei . . . Viele Mullahs und Religionsschüler versammelten sich an den Abenden in seinem Haus, um sich die Sendungen von Radio Berlin und von der BBC anzuhören.“ . . .



        Gleichzeitig wurde zwischen 1939 und 1945 ein ganz besonderes Exportprodukt – der europäische Antisemitismus – von Deutschland in den Iran gebracht, auch hier im islamischen Gewand." . . .



        Winkler erwähnt hier den Glauben an den schiitischen Messias, den Zwölften Iman, und die Bereitschaft vieler Iraner, in Hitler eben diesen Messias zu sehen. . . . .



        Die Wahnvorstellung vom „jüdischen Weltstaat“ kannte die schiitische Überlieferung nicht. Hier hatte Khomeini die Leitidee des europäischen Antisemitismus adaptiert und mit seinem Antijudaismus verknüpft."

        studip.uni-passau....zel+Nazis+Iran.pdf

        • @shantivanille:

          Sehen Sie: Bei Khomeini hat man BBC gehört (Radio Zeesen hat er übrigens verabscheut, wie Sie bei Motadel nachlesen können); der Iran 8und die Schia im Allgemeinen hat übrigens in dieser Zeit keine besondere Rolle gespielt und das Hitler von einer größeren Menge an Schiiten als Messias angesehen wurde, glaubt eigentlich nur der von Ihnen zitierte Küntzel – der äußerst selektiv mit Quellen umgeht, die er nicht im Original lesen kann (wie seltsam es ist, dass ein angeblicher NO-Experte weder Arabisch, noch Persisch, noch Türkisch kann, fällt Ihnen vielleicht auf). Aber Küntzel bedient natürlich ein Bedürfnis, möglichst viel NS in die islamische Welt hineinzuinterpretieren, um damit jeden Gewaltakt Israels und seiner Verbündeten als antifaschistischen Abwehrkampf zu deuten. Wie gesagt, das ist bequem, mehr aber auch nicht…

      • @O.F.:

        "Dies zeigt das Beispiel der 1928 gegründeten ägyptischen Muslimbruderschaft, die in den Dreißigerjahren von Nazideutschland mit Geldern bedacht und ideologisch unterstützt worden war. 1945 war sie mit 500.000 Mitgliedern die einflussreichste Massenbewegung und der wichtigste Träger des islamischen Antisemitismus in der arabischen Welt. Im November 1945 – sechs Monate nach Ende des Nazi-Kriegs – zettelten sie in Kairo und Alexandria die ersten antijüdischen Pogrome der neueren Geschichte Ägyptens an. Sie stellten sich uneingeschränkt hinter die Zusammenarbeit zwischen Amin el-Husseini und dem NS-Regime und trugen 1948 mit ihrer Massenmobilisierung maßgeblich dazu bei, dass der Interner Teilungsplan für Palästina, den die Vereinten Nationen am 27. November 1947 mit mehr als Zweidrittel ihrer Mitglieder beschlossen hatten, sabotiert wurde und Interner arabische Armeen Ägyptens, Transjordaniens, Syriens, des Irak und des Libanon in der Nacht vom 14. zum 15. Mai 1948 in Palästina einmarschierten, um die unmittelbar zuvor erfolgte Gründung Israels rückgängig zu machen."

        Bundeszentrale für politische Bildung: islamischer Antisemitismus (link ist zu lang)

  • Der Satz, Europa habe „sein Antisemitismus-Problem entsorgt“, lässt sich - gewollt oder ungewollt- in einer extrem scharfen Weise lesen: als ob Überlebende der Shoah wie störender Giftmüll auf einer Deponie abgeladen worden seien. Diese Assoziation ist nicht nur bitter, sondern entzieht den Betroffenen ihre eigene Handlungsmacht und reduziert sie auf ein „Problem“, das man loswerden wollte. Zugleich ist das vermutlich nicht die einzige oder vorrangige Deutung: Es gibt sicherlich auch Lesarten, die die mangelnde Aufarbeitung des Antisemitismus, das angeblich koloniale Denken oder die Abwälzung von Verantwortung in den Vordergrund stellen. Doch gerade weil so unterschiedliche Interpretationen naheliegen, wäre es besser gewesen, die Autorin hätte präziser formuliert, was sie eigentlich sagen möchte. Die gewählte Metapher öffnet Tür und Tor zu Lesarten, die nicht nur verletztend wirken können, sondern womöglich gar nicht ihrer Absicht entsprechen. Sprache ist verräterisch.

    • @BrendanB:

      Lord Balfour z.B. trat für den Zionismus ein, weil er die Juden in England loswerden wollte.

    • @BrendanB:

      Möglicherweise ist nicht die Sprache des Artikels verräterisch, sondern Ihr gewolltes Missverstehen. Eine Hermeneutik des Verdachts mag der foralen Rabulistik entgegenkommen, ist aber im Grunde ein Eingeständnis des eigenen argumentativen Scheiterns.

      • @O.F.:

        Ach, wie bequem: Statt auf Kritik einzugehen, einfach „gewolltes Missverstehen“ unterstellen. Das ist keine Argumentation, das ist intellektuelle Arbeitsverweigerung im akademischen Kostüm. Wer jede Einwendung vorab als „Rabulistik“ abtut, muss sich über eines keine Sorgen machen: je widerlegbar zu sein. Praktisch - und zugleich der schönste Beweis, dass hier tatsächlich etwas verräterisch ist: nicht die Lesart, sondern die Abwehrreaktion. Denn ganz gleich, wie wohlwollend man liest - „Antisemitismus-Problem“ und „Entsorgung“ in einem Atemzug zu verknüpfen ist niemals brillant, sondern im besten Fall erschreckend unsensibel.

    • @BrendanB:

      Nun, die meisten überlebenden Juden Europas wollten nach dem Krieg lieber in die USA oder das UK auswandern als nach Palästina.



      Dort waren sie aber nicht erwünscht. Diejenigen, die in ihre osteuropäischen Heimatländer zurückkehrten wurden sofort wieder Opfer von neuen Pogromen.



      Sie hatten zum großen Teil keinen anderen Ausweg als Palästina.



      Und das war so, weil der alte europäische Rassismus auf der ganzen Welt unter dem Krieg wahrscheinlich am wenigsten gelitten hatte.

      • @Pudelversteher:

        Und aus der historischen Tatsache, dass Jüd:innen nirgendwo willkommen waren und in den einzigen Staat gezogen sind, der sie mit offenen Armen noch heute empfängt (zumindest seit der Staatsgründung Israels, weil im britischen Mandat waren sie auch nicht willkommen und nicht zu vergessen die ca. 700.000 vertriebenen Jüd:innen aus arabischer Staaten, die Israel aufgenommen hat) schließt man, dass es doch eigentlich heute ein Problem ist, dass dieser jüdisch geprägte Staat existiert? Dass die Gründung und der Charakter des Staates in Frage zu stellen ist, weil die Araber 5!!! Angebote zu einer Gebietsteilung abgelehnt haben? Und man ignoriert den religiösen und kulturellen Bezug, der Grund für eine dauerhafte Besiedlung durch Jüd:innen seit min ca. 3000 Jahren ist und einer der Gründe, warum schon seit 1850 mehr und mehr Jüd:innen und heutige Israel ausgewandert sind und Land erworben haben?



        Also was soll ihr Einwand? Was soll ihr Kommentar implizieren? Israel räumen und alle Jüd:innen in die Staaten deportieren, wo ihre Vorfahren ursprünglich gelebt haben? Machen wir das auch mit den Arabern die z.B. zwischen 1850-1948 in dieses Gebiet emigriert sind?

      • @Pudelversteher:

        Es war so, dass auch Frankreich und Spanien ablehnten. Uralte antisemitische Tradition. Auch heute noch. Da wird nichts reflektiert.

        Die Linken dort haben das gleiche antisemitische kollektive Unterbewusste laufen wie die Rechten oder die Mitte.

        Benutzen alle die gleiche Festplatte aus der Vergangenheit. Und die ist geprägt von den Christen. Diese verboten Juden auch "christliche" Berufe.

        Da blieben nur bestimmte Berufsbereiche: Kramhandel, Pfandleihe, Kleinkreditgewerbe, Brauwesen und Schankwirtschaften, Hausierergeschäft und reisender Landhandel.

        Daraus resultierte wieder "gieriger Geldjude". Und schon hatten die Kommunisten ihr Feindbild.

        Und mit Marx bekamen die Kapitalisten ihr Feindbild.

        Juden hatten zudem das unglaubliche Pech als erste überhaupt eine monotheistische Religion zu haben. Das Monopol auf Gott. Und zudem noch war Jesus ein Jude.

        Das brachte die abrahamitische Konkurrenz auf die Palme.

        Juden hatten also Christen, Muslime, Kapitalisten und Kommunisten gegen sich. Und dienten gleichzeitig als wunderbare Projektionsfläche für all den Sch..ß, den die anderen bei sich nicht sehen wollten.

        Psychoanalyse für Antisemiten!

      • @Pudelversteher:

        Die Aussage ist so nicht korrekt. Viele überlebende Juden wollten nach dem Krieg gezielt nach Palästina auswandern, doch die Einwanderung wurde durch die britische Mandatsmacht und vor allem das White Paper von 1939 massiv, teils mit Gewalt, ver- und behindert. Von einer „Entsorgung“ kann daher keine Rede sein. Empfehlenswert für ein tieferes Verständnis ist der Roman „Exodus“ von Leon Uris, der die historische Realität und den Kampf um Einwanderung nach Palästina eindrucksvoll schildert. Außerdem lohnt sich die Lektüre von „Die Irrfahrt der Exodus. Eine Augenzeugin berichtet“ von Ruth Gruber (1948, Deutsch 2002), wo zu lesen ist, wie 1947 etwa 4500 jüdische Flüchtlinge vom britischen Militär vor der Küste Palästinas aufgehalten wurden, als sie von Südfrankreich aus das Land erreichen wollten.

        U.a. diese Vorgänge zeigen, dass wir es bei dem Gerede von der "Entsorgung" erneut mit dem alten paternalistischen, im Kern antisemitischen Bild von Juden als bloße Objekte zu tun haben, die von Mächten hin und her geschoben und kontrolliert werden sollten, statt als selbstbestimmte Menschen.

  • Nun war Gaza auch vor 2023 nur mit ganz viel Fantasie ein emanzipatives Projekt, das zur Identifikation einlud. Gemeinsame Feindbilder sind da wohl eher das Verbindende.

  • Warum wird auch hier schon wieder so getan, als seien die Juden eine fremde Kolonialmacht in Palästina, als wären sie erst im 20. Jh dort gelandet wie ein Kolumbus in Amerika oder wie die Briten in Indien? Was soll diese Verdrehung von geschichtlichen Tatsachen? Israel ist von alters her das Ursprungsland des jüdischen Volkes. Die Juden mit einer "Kolonialmacht" zu vergleichen ist total geschichtsvergessen. Juden lebten schon im Heiligen Land lange bevor die arabischen Vorfahren der heutigen Palästinenser dort als Eroberer und Kolonialmacht auftraten.

    • @Winnetaz:

      Die südliche Levante war niemals einheitlich jüdisch noch war sie in historischen Zeiten mehrheitlich jüdisch. Die historische Demographie ist da eindeutig: 1850: 13000 Juden, 300000 Muslime; 1914: 38754 Juden, 602377 Muslime. Es kommt zu einer Einwanderung von Juden, die in der Wahrnehmung zentraler Akteure des arabischen Nationalismus von der neuen Kolonialmacht unterstützt wird und die über externe Unterstützung verfügt, z.B. durch die Palestine Jewish Colonization Association. Das Wort Colonization haben Sie bestimmt selbst bemerkt und es vermittelt korrekt die Perspektive eines Teils der zionistischen Bewegung auf das Mandatsgebiet.



      Im Übrigen haben auch mindestens ein Teil der Muslime und Christen, die heute in der südlichen Levante leben, einen gleich alten Anspruch auf das Land. Irgendwann in der Abstammungslinie trafen Vorfahren von Ihnen die Entscheidung zu konvertieren. Das mindert ihr Existenzrecht im geographischen Raum des heutigen Israel nicht (genau wie zum Katholizismus konvertierte Indigene in Lateinamerika durch diesen Akt ihrer Vorfahren nicht das Recht an ihrem Land verlieren).

      • @My Sharona:

        Frühislamische Expansion (7. Jahrhundert)

        Nach der arabischen Eroberung Palästinas im 7. Jahrhundert n. Chr. siedelten sich Araber in der Region an.

        Islamische Herrscher etablierten Verwaltung und Infrastruktur, Arabisch wurde zur dominierenden Sprache.

        Hingegen:

        Israelitisches/ jüdisches Königreich ca. 1000–586 v. Chr. (Königreiche Israel und Juda)



        Also deutlich davor.

        Es hilft sich mit der Geschichte vor 1850 zu beschäftigen.

        Die Juden wurden zuerst von den Babyloniern und dann von den Römern vertrieben.

        Ihnen jetzt zu verweigern in ihr Land zurück zu kehren aus dem sie zuvor vertrieben wurden hat nichts mit Antikolonialismus zu tun.

    • @Winnetaz:

      Palästinena war zu keiner Zeit ethnisch homogen, sondern die Heimat vieler Völker (zumal sich ja auch noch das Problem der Konvertiten stellt). Natürlich gab es eine Kontinuität jüdischen Lebens in der Region - das legitimiert aber weder die Vertreibung der nichtjüdischen Bevölkerung durch eine zionistische Bewegung, der Anhänger zum Großteil aus Europa kamen noch die Errichtung eines Grossisraels, das auf biblischen Ansprüchen beruht (weder gibt es ein Recht darauf, historische Siedlungsgebiete nach 2000 Jahren zurück zu fordern noch entsprechen biblische Berichte unbedingt der historischen Realität).

      • @O.F.:

        Wann verschwindet denn der Anspruch? 60, 80, 100 oder 1000 Jahre? Wenn Vertreibung tatsachen schafft (deutsche Ostgebiete) wann und wo hat wer Anspruch auf das Land?

        • @Stazi :

          Die Vertreibung der Deutschen ist völkerrechtlich ein Ausnahme- und nicht der Normalfall. Schon Ende 1948 hat die UNO beschlossen, dass Israel ermöglichen soll, dass Kriegsflüchtlinge zurückkehren können, falls sie es wünschen, und andernfalls e tschädigt werden sollten (das galt auch genauso für jüdische Flüchtlinge aus den arabisch besetzten Gebieten). Wie kann sich Israel da auf Zeitablauf berufen?

    • @Winnetaz:

      Dieses Narrativ ist weder neu noch originell - es ist ein altes Vorurteil, neu verpackt. Juden als „fremd“ darzustellen, selbst in ihrem eigenen Ursprungsland, ist ein Grundmuster des Antisemitismus: Sie gehören angeblich nie dorthin, wo sie sind. Heute eben in Schlagwortform als „Kolonialismus“-Vorwurf. Historisch falsch, aber offenbar zu verführerisch, um nicht ständig wiedergekäut zu werden.

  • Erneut ein kluger Beitrag von Charlotte Wiedemann, der Autorin des wunderbaren und erhellenden Buches "Den Schmerz der Anderen begreifen". Vielen Dank.

  • Der Nahostkonflikt ist ein Konflikt Israel vs Muslimische Nachbarstaaten der Region. Schon allein die hier dauernd wiederholte Behauptung wir hätten es hier nur mit einem Konflikt mächtiges Israel gegen arme palästinensische Zivilisten zu tun, führt komplett in die Irre. Die TAZ könnte ja mal aufarbeiten warum ihre Auslandsberichterstattung gefühlt zu 90% nur aus diesem einem Thema besteht. Der entsprechende Content generiert halt Klicks und Umsatz vermute ich mal.

    • @Šarru-kīnu:

      Im Gegenteil. Der Irrtum liegt in der Behauptung, es sei ein Konflikt zwischen Israel und den Nachbarstaaten. In Wirklichkeit ist es ein Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Die Nachbarstaaten hätten alle schon lange Frieden mit Israel geschlossen, wäre nicht der Konflikt zwischen Israel und Palästinensern.

  • Gerade dem Plan der Teilung Palästinas in einen jüdischen und palästinensischen Staat haben gerade die Palästinenser bzw. arabischen Staaten nicht zugestimmt. Jetzt ist es definitiv zu spät!

    • @Der Cleo Patra:

      Warum hätten sie damals sollen? Man hat ihnen damit etwas weggenommen, was rechtmäßig ihnen gehörte.

  • Leider wieder gut gemeinte Phrasendrescherei - aber die wird eben der Komplexität in der Region nicht gerecht. Wer oder was sind die Palästinenser, wer ist da ein Freiheitskämpfer, wer ein Terrorist oder beides? Was ändert die Anerkennung von Palästina ohne Sicherheitsgarantien für Israel? Palästina als Idenfikationssymbol der Entrechteten der Erde mag ja gerne herhalten - aber was ist wirklich die Lösung für die Menschen, die in den umstrittenen Gebieten leben. Einfach alles ungerecht zu finden ist eben auch nur eine Attitüde.