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Normalisierung Israels Gewalt in GazaTödliche Abstumpfung

Karim El-Gawhary
Kommentar von Karim El-Gawhary

Das Berichterstatten über Gaza ist zum Verzweifeln, die meisten Le­se­r:in­nen sind abgestumpft – auch deshalb, weil die Politik nichts unternimmt.

Palästinenserinnen warten verzweifelt im Stadtteil Al-Rimal im Zentrum von Gaza-Stadt auf Lebensmittel, am 20. Juli 2025 Foto: Rizek Abdeljawad/Xinhua/imago

E s ist journalistisch zum Verzweifeln. Die Lage im Gazastreifen wird immer schlimmer, aber medial ist sie schon längst zur Pflichtveranstaltung verkommen. Denn das „Schlimmer“ kämpft gegen die kurze medialen Aufmerksamkeitsspanne an. Haben wir alles schon gesehen und gehört, heißt es: Der tägliche kurze Bericht über mehrere Dutzend Tote an den israelisch-amerikanischen Essenverteilstellen der dubiosen Gaza Humanitarian Foundation (GHF); die Bilder von Menschen in Zelten, die erzählen, dass sie kaum mehr etwas zu essen finden. Die Einstellungen aus einem Krankenhaus mit den abgemagerten Kinderkörpern in dieser menschengemachten Katastrophe und natürlich die wiederkehrenden Aufnahmen von einem Meer von Kindern mit leeren Blech- und Plastikschüsseln.

Irgendwann macht der Schock der Taubheit Platz. Dann sitzen wir in Redaktionskonferenzen und fragen: Wie können wir die Geschichte weiterdrehen, sie spürbar machen? Dann kommen wir mit den Statistiken der Hilfsorganisationen, die versuchen, Hunger wissenschaftlich in Zahlen zu kategorisieren, die viel und doch wieder nichts aussagen, weil sie keine Namen haben. Oder wir finden einen amerikanischen oder deutschen, im besten Fall „bio-weißen“ Arzt in Gaza, der über Unterernährung seiner Patienten erzählt oder davon, mit welchen Schusswunden sie von den Verteilstellen auf einem Eselskarren zum Spital transportiert wurden, weil es keinen Treibstoff mehr gibt.

Doch die Taubheit bleibt. Wohl auch, weil all diese Berichte politisch nichts bewirken. Statt aufzuschreien, sitzt die Politik das Ganze aus. Es ist wie eine Decke, die über uns gezogen ist, die nicht durchdrungen werden kann. Deutsche Staatsräson, leere EU-Nahost-Wort­hülsen, Trump’scher Wahnsinn – die Decke hängt tief. Und wir darunter werden immer abgestumpfter.

Es ist journalistisch zum Verzweifeln. Aber wie klein und unbedeutend ist diese Verzweiflung im Vergleich zu jener der Menschen in Gaza, über die wir berichten. Sie kämpfen mit ihren Familien jeden Tag ums Überleben, wir nur darum, uns am Morgen als Journalisten im Spiegel ansehen zu können. Dann fragt uns unser Gewissen wie jeden Tag: Was können wir recherchieren, ­schreiben und erzählen, damit die Abgestumpften wieder etwas spüren.

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Karim El-Gawhary
Auslandskorrespondent Ägypten
Karim El-Gawhary arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Nahost-Korrespondent der taz mit Sitz in Kairo und bereist von dort regelmäßig die gesamte Arabische Welt. Daneben leitet er seit 2004 das ORF-Fernseh- und Radiostudio in Kairo. 2011 erhielt er den Concordia-Journalistenpreis für seine Berichterstattung über die Revolutionen in Tunesien und Ägypten, 2013 wurde er von den österreichischen Chefredakteuren zum Journalisten des Jahres gewählt. 2018 erhielt er den österreichischen Axel-Corti-Preis für Erwachensenenbildung: Er hat fünf Bücher beim Verlag Kremayr&Scheriau veröffentlicht. Alltag auf Arabisch (Wien 2008) Tagebuch der Arabischen Revolution (Wien 2011) Frauenpower auf Arabisch (Wien 2013) Auf der Flucht (Wien 2015) Repression und Rebellion (Wien 2020)
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78 Kommentare

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  • Vielleicht versucht man das Denken israelischer Zionisten, sprich Siedler zu beschreiben.



    Auf CNN und BBC gibt es dazu interessante Berichte.



    Freudestrahlende Gesichter, bei durchaus sympathischen Menschen, die mit absoluter Gewissheit der biblischen Geschichte fröhnen und ein Groß-Israel ersehnen.



    Natürlich nur für die Auserwählten reinen Blutes.



    Vielleicht hilft das, wenn man über die perversen Taten der Hamas-Terroristen eine Haltung zu finden sucht.



    Wie man international, besonders in Deutschland und den USA den Opfern in Gaza, aber auch anderswo so gleichgültig begegnen kann, das wäre sicher auch ein spannendes journalistisches Vorhaben.



    Erklären kann ich mir das, unter Berücksichtigung unserer moralischen Ansprüche absolut nicht.

  • Der Beitrag fragt, ob die Menschen inzwischen so abgestumpft sind, dass journalistische Beiträge über Gaza sie emotional nicht mehr erreichen.



    Ich denke, es liegt erstens eher daran, dass es soviel Konflikte, Kriege und Hiobsbotschaften gibt, die eine ständige Aufmerksamkeit erfordern, was man nur durch Filterung und Ablenkung erträgt.



    Zweitens ist es im Nahostkonflikt und Gaza-Krieg so, dass mehrere Wahrheiten nebeneinander stehen, und jede Seite versucht, die andere zu entmenschlichen, statt Lösungen zu reflektieren.



    Drittens wird ständig für noch immer mehr Empörung und Emotionalisierung in der Berichterstattung gesorgt, die sich manipulativ anfühlt (auf beiden Seiten des Konflikts). Das führt eher zur Abwehr.

    Ein Beispiel besserer Berichterstattung und journalistischer Reflexion war vor kurzem der Essay von Tomas Avenarius in der SZ: www.sueddeutsche.d...ael-hamas-e704768/

  • Ich fühle mich nicht abgestumpft, sondern von unserer Politik und Medien mundtot gemacht worden. Israel-Kritik zu äußern stempelt einen „gefühlt“ gleich als Antisemit ab, was absolut nicht der Fall ist.



    Und als Doppelstaatsbürger (nicht migriert!) ist man ja dann „erstmal nur moralisch“ gleich die Staatsbürgerschaft los.

  • Ich kann weder Hamas noch die aktuelle israelische Regierung unterstützen, denn die sind mit das Hauptproblem. Dazu kommt, dass hierzulande Kritik an der Hams sehr schnell geäußert wird, Kritik an Israel aber viel zu schnell als Antisemitismus eingestuft wird.



    Niemand von den Menschen in Gaza hat die aktuellen Zustände verdient. Unsere Unterstützung muss aber auch den israelischen Kritikern der israelischen Regierung gelten. Denn nur wenn die extremen Positionen überwunden werden, wird sich etwas zum Positiven ändern.

    • @Minion68:

      Wir sind sehr weit gekommen, soweit das eine Forderung nach Einhaltung der Menschenrechte und des Völkerrechtes von einigen scheinbar als " extreme Position " gesehen wird.

    • @Minion68:

      Fast niemand von den Menschen in Gaza: die Hamas-Kämpfer und deren Unterstützer haben diese Zustände sicher verdient, sie wollten diese Eskalation ja sogar - nur treffen die Maßnahmen auch viel zu viele Unschuldige.

  • In den letzten Monaten ist die Berichterstattung aus dem Gaza unerträglich geworden.



    Ich möchte, daß sich die Palästinenser endlich auch gegen die Hamaskämpfer wehrt.



    Ich möchte, daß sie ein eigenes Land bekommen und sich frei entwickeln können.



    Ich möchte, daß sich die arabische Welt endlich bewegt und auch Lösungen findet.



    Ich möchte auch, daß die Hamas vollständig ausgerottet wird.

    Ich fürchte, Resulotionen helfen da nicht viel weiter. Ich bin furchtbar pessimistisch geworden.



    Die armen Menschen im Gaza, die armen Geiseln in Gefangenschaft.

    • @NinaZ.:

      Die arabische Welt wird garnichts tun. Palästinenser sind nicht willkommen. Sie sind lediglich nur Mittel zum Zweck, Israel noch mehr zu hassen. Siehe Ägypten, die ihre Grenzen gegen Palästinenser verbarrikadieren. Nicht einmal Luftbrücken aus dem Iran oder der Türkei.

    • @NinaZ.:

      Die Palästinenser sitzen seit 80 Jahren im Unglück, weil sie maximal mies vertreten werden. Es wird Zeit sich zu wehren gegen ihre Unterdrücker Hamas & Co. Versuchen ja auch einige. Folter und Tod sind die Folge.

      Gaza könnte längst ein kleines Singapur sein. Verpasst.

      www.zeit.de/politi...as-nahost-konflikt

    • @NinaZ.:

      Stellt sich langsam die Frage, wenn die Leute in Gaza mehr zum Teufel wünschen, die Hamas oder die IDF? Ich glaube zweiteres.

  • In meinem Fall ist es so, dass ich sehr lange Israels Vorgehen verteidigt habe - es aber jetzt nicht mehr unterstützen kann. Man kann nicht auf eine Geiselnahme reagieren, indem man die gesamte Bevölkerung als Geisel nimmt.

    Allerdings ist meine Empathie dennoch eingeschränkt, weil viele Palästinenser auch bei ihrer Seite keinerlei Einsicht erkennen lassen, wie man Menschen nicht behandelt und was das mit dem eigenen Ansehen macht, wenn man es doch tut. Die widerlichen Inszenierungen der Geiselübergaben und der Jubel für Mörder sind nicht wegzudiskutieren.

  • Die Erfahrung unermesslichen Leids im Holocaust unter den Nazis, die Erfahrung vollständiger Ablehnung, von Hass und Gewalt in Palästina, das unerträgliche Verbrechen der Hamas an unschuldigen Menschen in ihrer nächsten Nachbarschaft, rechtfertigt das die Greul in Gaza? Auge um Auge, Zahn um Zahn, das ist den Beteiligten gemeinsam. Aber wäre es nicht an der Zeit endlich damit aufzuhören?

  • Wenn der Leser diejenigen, nämlich Soldaten des IDF, die tagtäglich an den Lebensmittelazsgabestellen in Gaza zwischen 30- 90 Zivilisten abknallen, als Mörder bezeichnet, wird dieser Kommentar von der TAZ- Redaktion nicht veröffentlicht. Warum? Handelt es sich doch um Mord mit Vorsatz und damit schwerster Kriegsverbrechen. Ist die IDF für die TAZ auch die " moralischste Armee der Welt"?

  • Warum wird nicht mehr Druck auf die Hamas und die sie unterstützenden Organisationen und Staaten aufgebaut?



    Dass der Auslöser des Krieges das Massaker vom 7.Oktober 2023 war spielt in der medialen Berichterstattung kaum noch eine Rolle, genausowenig dass es immer noch Geiseln in den Händen der Hamas gibt. Diese haben doch kein Interesse am Ende des Krieges. Umso mehr Opfer in Gaza, um so stärker wächst der Antisemitismus weltweit und fordert seinerseits seine Opfer. Das ist deren grausame Logik.



    Klar ist auch, hätte Israel keine Waffen mehr würden alle Israelis dasselbe Schicksal erleiden wie die Opfer vom 7. Oktober 2023.

    • @Michael Darchinger:

      Für ausnahmslos alle Völkermord und alle Kriegsverbrechen gab es einen gewalttätigen oder terroristischen Auslöser! Welcher Völkermord daraufhin und welches Kriegsverbrechen daraufhin galt jeder deswegen als gerechtfertigt sogar die Pogrome gegen Juden und der Völkermord an den Armenien hatte terroristische „Auslöser“.



      Wird denn dann Ihrer Logik nach das Massaker vom 7. Oktober auch fairer, wenn man es mit der Besatzung und den vorhergegangenen, leider zahl- und opferreichen Massakern der IDF an palästinensischen Zivilisten und im Westjordanland durch jüdische Siedler gegen palästinensische Dorfbewohner und Dörfer, rechtfertigt?

  • In der deutschsprachigen Presse ist die Berichterstattung zu Israel und Gaza ein unrühmliches Kapitel der Parteinahme für Israel. Explizit oder implizit. Nicht hinhören. An Tatsachen vorbeischauen. Gar nicht berichten. Die Beschimpfung der Leser:innen ist fehl am Platz, wenn die nicht wirklich wissen, was geschieht.

  • Kriegsverbrechen sind eben das: Verbrechen. Allerdings sind die Betrachtungsweisen sehr unterschiedlich. Was Putin treibt, das wird heftig kritisiert, was Netanjahu treibt das wird kaum zur Kenntnis genommen, obwohl das viel schlimmer erscheint. Diese Doppelmoral der Politiker*innen ist unerträglich. Doch es gehört auch zu den Tatsachen, dass die Gesellschaft sowohl von den Nachrichten aus der Ukraine als auch aus dem Nahen Osten genervt ist. Man will seine Ruhe haben und alles Elend, Blut und Gewalt einfach verdrängen, das stört beim Genuss des Urlaubs oder einer Musikshow. Und die Politik verhält sich genauso. Eine faire und mutige Behandlung derartiger Geschehnisse ist lästig und stört den Ablauf hierzulande. Mit einem Wort: das alles ist Bigotterie! Wir machen es uns bequem und schauen weg.

  • Ja, genau so ist es. Ich versuche selbst dauernd, nicht die Spannung zu verlieren und weiter Artikel zu teilen etc. Aber die Tatsache, dass das alles an der Regierung abprallt, macht einen völlig hilflos. Das ist ja auch einer der Gründe, warum sich immer mehr von demokratischen Parteien abwenden und irrsinnigerweise die AfD attraktiv finden - was mir auf keinen Fall passieren wird.

    Aber welche Mittel hat man, außer reden, demonstrieren, Artikel teilen und kommentieren, Petitionen unterschreiben?

    Und wenn ich dann die Nachrichten in den ÖRR schaue, dann wird zwar über das Leid berichtet, aber kein Ton darüber verloren, dass Deutschland weiter Waffen liefert, keinerlei Sanktionen verhängt und im Übrigen auch keinen Repekt für den IGH order IStGH hat.

    Die einzige existierende Opposition hat nur 9% im Bundestag und wird sowieso immer ignoriert, die Linke.

    • @Jalella:

      Warum ich aus diesen Gründen AFD wählen sollte, erschliesst sich mir ganz und gar nicht.

    • @Jalella:

      Niemand möchte mit Menschen zusammenarbeiten, die vor dem russischen Faschismus kapitulieren.

      • @Zio le:

        Sie sprechen sicher von den Russlandfreunden der AfD?

  • Normalisierung von Israels Gewalt in Gaza – Tödliche Abstumpfung

    Vielleicht sollte die deutsche Politik stärker damit konfrontiert werden. 28 Staaten fordern ein Ende des Krieges – Deutschland jedoch nicht!

    Immerhin soll Bundesaußenminister Wadephul angesichts der Ausweitung der israelischen Offensive im Gazastreifen „tief besorgt“ sein – wie traurig!

    Die Einladung von Friedrich Merz an den vom IStGH wegen Kriegsverbrechen gesuchten Netanjahu ist weiterhin gültig.



    Sein Innenminister präsentiert täglich stolz seine „Erfolgsquoten“ bei der Jagd auf „irreguläre Migration“.

    Aber wenn – sinngemäß – nur die Tür einer Synagoge neu lackiert wird, hält der Bundespräsident bereits eine Rede.



    Leider sind die Strukturen hier so.

    Deshalb ist das Buch „Die Verdammten dieser Erde“ von Frantz Fanon auch nach 64 Jahren immer noch hochaktuell.

  • Ich denke nicht, dass das Lesepublikum (zumal der taz) in dieser Frage abgestumpft ist. Mir klingt das eher nach Redaktionsproblem: Wie über das immer gleiche, sich wiederholende Grauen berichten, ohne dass es wie "yesterday's news" klingt.



    Schreibt einfach weiter, und zwar laut. Überhaupt nicht oder unter "ferner liefen" berichten wäre noch viel schlimmer.

  • Ihrer Verzweiflung kann ich mit einem möglicherweise sachdienlichen Hinweis evtl. etwas Hoffnung einhauchen.



    Schauen Sie mal in Printmedien ausserhalb des Deutschen Sprachraums.



    Selbst CNN, BBC & SKY news zeigen nun - nach 2 Jahren Weigerung - Bilder von an Unterernährung gestorbenen Babies und Kleinkinder, zeigen Bilder von im Schutt ihrer Häuser begrabenen Opfern der IDF, oder Röntgenbilder von Schusswunden in Kinderhälsen und -Schädeln. Berichten von gezielten Schüssen in Genitalien von Kindern, durch IDF Sniper. Oder hinterfragen das lange wiederlegte Narrativ der Hilfslieferungen plündernden Hamas.



    Wenn Sie hier ihre Möglichkeiten die Lesenden zu erreichen bedauern, wprden Sie Dem Glaubwprdigkeit verleihen, wenn Sie vorher alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben.



    Der Deutschland-eigene Spagat zwischen einer nicht vermittelbaren Staatsräsonsauslegung der Bundespolitik und Medienschaffenden und der Realtität - die weder von der Bundespolitik akzeptiert und bearbeitet wird, noch von Deutschen Medienschaffenden in Berichterstattung wiedergegeben wird - ist der Grund warum Sie die Leute nicht erreichen.



    Die sind nicht abgestumpft, sondern eingelullt und schlecht informiert.

    • @funxxsta funxx:

      sehr wichtiger punkt, der in zukunft auch noch aufzuarbeiten sein wird.

  • Oder könnte die Geiseln freilassen und kapitulieren...

    • @Tilman Baumgärtel:

      Kapitulieren und sich dann gleich selbst deportieren.

  • Ich habe über das Thema gestern selbst nachgedacht. In ein paar Stichpunkten, was ich in den letzten bald 2 Jahren beobachtet habe:

    Wir hören im Radio und TV immer und immer wieder von "Eskalation" und "Zuspitzung" und vor der Sorge, dass das geschieht. Aber die Lage ist ja schon katastrophal, das ist schon nicht mehr auszuhalten und keinem Menschen zuzumuten, was sich in Gaza täglich abspielt. Die verwendete Sprache ist hier untauglich und verschleiernd.

    Die Meldungen werden in aller Regeln für sich gesendet, kein Bezug zu vorangegangenen Ereignissen. Der wievielte Zwischenfall war das nun bei der Essensverteilung, die wieviele tote Journalistin, wie viele Tote bei Angriffen auf Rettungstransporten insgesamt und auch Nennung vorheriger Vorfälle ähnlicher Art sind Mittel, um Kontinuität und fortgesetztes Unrecht zu vermitteln. Das geschieht in den Nachrichten meiner Meinung nach viel zu selten.

    Seit den ersten Tagen stört, dass Palästinenser im Unterschied zu Israelis in der Berichterstattung keine Individuen mit Name, Geschichte und Bild sind.

    Israel hat durch hohe Vertreter Aussagen getätigt, die inakzeptabel sind und derzeit umgesetzt werden. Die muss man immerfort zitieren!

  • Ja, ist eine gute Frage.

  • Die Quälereien, die Israel an den Palästinensern verübt, zielen vermutlich darauf ab, die Bevölkerung zu zermürben, um sie zum "freiwilligen" Verlassen des Gaza-Streifens zu veranlassen. Es geht wohl darum, die Vertreibungspläne voranzutreiben. Stoppen könnte solche Aktionen die US-Regierung, aber das tut sie eben nicht.

  • Wir werden es nicht vergessen.

  • Ich glaube nicht, daß das Problem die Aufmerksamkeitsspanne ist.

    Das Problem ist der blanke antiarabische Rassismus, für den ein palästinensisches Leben keinen Wert hat.

  • Es ist jetzt an Deutschland, dort dieselben universalen Maßstäbe anzulegen, nicht weniger, nicht mehr.



    Es ist an Deutschland, Netanyahu einzuladen und in Den Haag abzuliefern.



    Palästina anzuerkennen, für das Ende der Besatzung zu sorgen, Lebensmittel über Palästina abzuwerfen, um den hassenden Extremisten auf beiden Seiten den Boden zu entziehen.

    • @Janix:

      Eben. Es ist an der Zeit, die richtigen Schlüsse aus der deutschen Geschichte zu ziehen.

  • Das ist schon tragisch, doch das emotionale Engagement in diesem Konflikt übertrifft ja nun wirklich alle anderen Konflikte der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit. An der Grausamkeit und der Anzahl der Toten kann es nicht liegen, erinnere mich jedenfalls nicht an große Anteilnahme für die Opfer im Sudan, Äthiopien, Jemen oder Kongo. Der aufmerksamen taz-Leserschaft sicher nicht entgangen, aber irgendwie nicht so "packend", oder was? Oder liegt es doch an den beteiligten Gruppen im Gaza Konflikt? Etablierte Vorstellungen und perfide-professionelle Medienstrategien?



    Was diverse Regierungen angeht: das ist alles Macht Politik und Krieg , glaubt irgendwer wirklich dass Menschenleben oder "Moral" da eine Rolle jenseits von Einsatzfaktoren spielen?



    Im Übrigen bin ich der Meinung dass Netanjahu in den Knast und die Hamas vernichtet gehört.

    • @Egil:

      Der Meinung bin ich auch !

    • @Egil:

      Ich stimme Ihnen zu.

  • Die Diagnose ist schon richtig, aber was wäre die Therapie? Was tun! Auf die Straße gehen und zeigen, dass man nicht einverstanden ist mit dem Ignorieren und Aussitzen.

    • @EffeJoSiebenZwo:

      Auf die Straße gehen ist löblich, doch leider lassen sich selbst nach Großdemonstrationen wie die gegen Rechts oder die Klimaproteste keine Reaktionen von Seiten der Politik beobachten.



      Anders bei rechten "Spaziergängen", deren "Anliegen ernst genommen werden müssen".



      Das entmutigt. Es bedeutet aber nicht, dass wir abstumpfen angesichts des Unrechtes, das in Gaza und anderswo geschieht.



      Hinzu kommt in diesem speziellen Konflikt, dass zumindest ich mich nicht mit Hassparolen von Teilen propalästinensischer Demonstrierender gemein machen möchte. Was tun? Meiner/ meinem Abgeordneten schreiben? Vielleicht hat der Autor des Artikels eine Idee?

  • Die Politik sitzt nicht aus, die Politik ist einfach zum grossen Teil, es tut mir leid, einfach doof. Beim ersten BDS Beschluss des Bundestages gab es einen kritischen Brief, unterschrieben von 200 angesehenen Wissenschaftlern, bekannten Holocaustspezialisten, aus den USA und auch Israel. Was haben die Politiker gemacht (ausser einige der Linke), keinen Kommentar. Hier dasselbe, man hat einfach das Gefühl, Politiker haben kein Wissen, sondern nur Meinungen, deren Grundlagen sie oft nicht kennen. Und daher eben auch die so wichtige Rolle einer freien Presse und ihr ungehinderter Zugang.

  • Ich spüre etwas und es ist für mich als Einfachnurmensch zum verzweifeln. Es ist unerträglich. Was soll ich tun? Mir sind Tränen gekommen als ich von diesem Schiff mit unter anderem Greta Thunberg drauf gelesen hatte. So weit, so verzweifelt ist es in mir. Oder von der Gruppe, die über Ägypten nach Gaza gehen wollte und die das dann abgebrochen hat. Die ganze Welt sieht zu dabei. Bei diesem Leid. Deutsche Waffen… unsere Geschichte. Ich weiß von noch mehr Leid auf der Erde. Was heißt ich weiß … Ich lese, höre davon. Sehe Fotos. Was aber in Gaza geschieht ist für mich zum Verzweifeln auf besondere Art. Also bin ich nicht taub. Nur machtlos.

  • Ich bin in keinster Weise abgestumpft, die taz schon, sie veröffentlicht keinen meiner Kommentare zum israelischen Völkermord an den Palästinensern.

    • @Alberta Cuon:

      Das ist bedauerlich, jetzt immerhin wird erstmals einer veröffentlicht. Ich kann ihnen vergewissern, dass auch ein großer Teil meiner dicht gestrickten Kommentare leider nicht das Licht der Welt erblickt hat.

      Man muss eben immer wieder darauf hinweisen, dass in unserem Land die Doppelstandards eben nicht wirklich gegen Israel angewendet werden, sondern als Tabu für Israel arbeiten. Hier der Beleg:

      Nennen sie mir ein Land, das in letzter Zeit vergleichbare Taten gegen eine Region oder ein anderes Land begangen hat. Da fällt es schon sehr schwer eins zu finden. Das ist aber noch nicht alles. Welches Land, das schlimm gegen Menschen vorgeht, Menschenrechts- und Kriegsverbrechen an anderen Völkern/Nationalitäten begeht, wird denn nicht heftig dafür kritisiert?

      Das ist alles, was man darüber wissen muss. Die Fragen liegen klar da. Es ist bei beiden Fragen sehr schwer, Beispiele zu finden in dem Ausmaß, wie es bei Israel der Fall ist.

    • @Alberta Cuon:

      Das geht mir ähnlich. Ob wir den Tag noch erleben, an dem eine Deutsche Zeitung dieser israelischen Regierung klar Völkermord vorwirft?

    • @Alberta Cuon:

      Wenn die taz einen Kommentar nicht veröffentlicht, muss er schon sehr fragwürdig sein, hier geht doch ziemlich alles durch (ist ja auch gut so)

      • @Axotono:

        Auch ich habe ähnliches erlebt. (Als ich mich dann beschwert habe, wurde es aber besser.)

    • @Alberta Cuon:

      Hm, schwierig. Ich finde, ehrlich gesagt, die Auswahl auch etwas zufällig und habe bisher auch nirgendswo gefunden, wer eigentlich auswählt, kann da der Autor eines Artikels mitreden ? Ich habe auch ein oder zweimal (also vorhanden, aber nicht oft) Kommentare gesehen, die meines Erachtens rassistisch waren. Sicher ist das keine einfache Aufgabe, zu moderieren, aber ein wenig Aufklärung wäre ganz hilfreich.

  • Bei aller Gleichgültigkeit in D: Der israelische Staat unter Führung inakzeptabler Regierungsmitglieder wie Ben N. begeht und duldet Kriegesverbrechen (Gaza) und solche gegen das Völkerrecht (Westbank), und wir unterstützen das oder lassen es „aus Stadtsreason“ zu? Das ist nicht mein Staat!

  • "Die Politik sitzt das Ganze aus"

    Würde ich pauschal nicht behaupten. Es gibt zwei große Blockierer, die USA und Deutschland. Letzteres besonders in Hinblick auf EU Beschlüsse und Sanktionen.

    Jüngstes Beispiel die heutige Erklärung von 28 Staaten unterzeichnet, darunter

    Foreign ministers of Australia, Austria, Belgium, Canada, Cyprus, Denmark, Estonia, Finland, France, Iceland, Ireland, Italy, Greece, Japan, Latvia, Lithuania, Luxembourg, Malta, The Netherlands, New Zealand, Norway, Poland, Portugal, Slovenia, Spain, Sweden, Switzerland and the UK.

    Das Statement war eindeutig. Ende des Gaza Krieges, freier Zugang zu Nahrungsmitteln, Ende der Siedlergewalt, Ablassen von den Umsiedlungsplänen und Freilassung der Geiseln.

    Deutschland teilt diese Positionen offensichtlich nicht und gehört nicht zu den Mitunterzeichnern. Die Regierung lässt lieber Vertreter der Taliban einreisen für die Ausstellung von Reisepässen, damit die Abschiebeflüge demnächst direkt nach Afghanistan durchgeführt werden können.

    Da kann sich jeder selbst ein Urteil bilden.

    Hier der Link zur Erklärung GOV UK



    www.gov.uk/governm...tinian-territories

    • @Sam Spade:

      "Das Statement war eindeutig. Ende des Gaza Krieges, freier Zugang zu Nahrungsmitteln, Ende der Siedlergewalt, Ablassen von den Umsiedlungsplänen und Freilassung der Geiseln."

      Meiner Meinung nach wurde in dieses Statement zwar viel Wünschenswertes reingepackt, aber damit auch "überfrachtet" und wesentliches, wie die Entmachtung der gazanischen Regierung und ihrer Kämpfer fehlen. Ebenso denke ich, wenn nicht ausgeschlossen ist, dass Gewalt auch von palästinensischen Menschen ausgeht, müsste in dem Statement "Ende der Gewalt" stehen und nicht nur "Ende der Siedlergewalt". Ich finde das Statement unausgewogen.

      Das Statement hätte sich auf Ende des Gaza-Krieges und Freilassung der Geiseln beschränken sollen. Das wäre meiner Meinung nach besser und hätte auf die anderen Forderungen positiv ausgestrahlt. Wenn die Geiseln freigelassen sind, hat Israel weniger Argumente auf seiner Seite.

    • @Sam Spade:

      Ich denke, "die Politik sitzt das aus" bezieht sich im Wesentlichen auf die deutsche Politik. Und dafür stimmt es 100%ig.



      Wenn man sich noch mehr frustrieren lassen will, schaut man am besten regelmäßig die Bundespressekonferenz. Dort fragen JournalistInnen immer hartnäckig danach, werden aber mit idiotischen Phrasen abgewiesen. Wer wissen will, wie stark die Regierung an Volkes Meinung interessiert ist, wird da gut bedient. Das ist Interesse ist exakt Null.

    • @Sam Spade:

      Ich stimme zu, dass das Statement ein wichtiger Schritt ist, um die von Israel stets behauptete "Legitimität" (Selbstverteidigung) ihrer täglichen Kriegsverbrechen stärker als bislang öffentlich zu machen. Das Statement stimmt ziemlich genau mit UN-Forderungen und Amnesty International Forderungen überein, die, weil sie dies fordern, nicht nur von Israel, sondern auch von ihren unbeirrbaren Unterstützern USA und Deutschland deligitimiert und von gesellschaftlichen Gruppen aus diesen Ländern mit Shitstorms überzogen wurden. Leider fehlt auch in diesem Statement der Beschluss von Maßnahmen, den auch Einzelstaaten (die Unterzeichnenden) umsetzen können und ähnlich wie beim völkerrechtswidrigen Krieg Russlands in der Ukraine beginnend mit einzelstaatliche Sanktionen (die den EU-Sanktionen vorangingen) ein stärkeres Stoppschild als mahnende Worte darstellen würden. Denn gegen verbale Kritik ist die aktuelle israelische Regierung komplett immun, Sanktionen nicht nur gegen Israel, sondern auch gegen Länder, die weiterhin Waffen an eine Kriegspartei schicken, gegen die erdrückende Beweise für genozidale Kriegsführung vorliegen, würden womöglich auch Deutschland zum Umdenken bewegen.

      • @Nina Janovich:

        "Leider fehlt auch in diesem Statement der Beschluss von Maßnahmen, den auch Einzelstaaten (die Unterzeichnenden) umsetzen können.."

        Das ist im Falle Israel nicht so einfach, wie es bei Russland der Fall war. Die EU und damit deren Mitglieder haben ein Assozierungsabkommen mit Israel. Das verhindert wirtschaftliche Sanktionen von Einzelstaaten gegen privatwirtschaftliche Akteure weitgehend. Norwegen hat dies 2024 versucht mit einem geplanten Importverbot von Waren aus Siedlergebieten. Scheiterte am Verstoß mehrerer Abkommen die Norwegen mit der EU getroffen hat. Gleiches galt für eine geplante Kennzeichnungspflicht in Norwegen für israelische Produkte wie Wein aus den Gebieten.

        Sanktionen die direkt gegen den Staat Israel gerichtet sind, können zudem einzig per einstimmigen EU Beschluss getroffen werden.

        Zudem haben Länder wie UK, Kanada, Australien, Spanien oder Norwegen schon Einzelmassnahmen getroffen, gegen Einzelpersonen oder durch die Einstellung von Waffenlieferungen an Israel oder die Einstellung von Investments in Israel durch Staatsunternehmen, wie z.B. der norwegische Staatsfond.

    • @Sam Spade:

      "Das Statement war eindeutig. Ende des Gaza Krieges, freier Zugang zu Nahrungsmitteln, Ende der Siedlergewalt, Ablassen von den Umsiedlungsplänen und Freilassung der Geiseln."

      Das sind gute Ziele, denen kann ich zustimmen. Es gibt aber, vor allem aus jüdisch-israelischer Sicht, noch einen Punkt: Schutz und Sicherheit vor den Gewalttaten, vor den Angriffen der Hamas. Ich will hier nicht behaupten, dass dies das einzige Motiv für den Gaza-Krieg ist. Aber das Ziel als solches, diese Sicherheit, ist ein Punkt, der aus menschenrechtlicher Sicht ein legitimes und wichtiges Ziel ist. Und mit den hier genannten Zielen des Statements nicht abgedeckt ist. ... Und da sind wir schon wieder mitten in den Schwierigkeiten des Nahost-Konflikts.

  • Etwas spüren ist das Eine, was erreichen können ist das Andere. Wo landen die Spenden, die Petitionen, die Kritik an Netanjahu und der Hamas? Es ist ja nun nicht so, dass es gar keine Reaktionen der Welt auf den Krieg in Nahost gibt. Gibt es die auch gegenüber den anderen Hungerkrisen der Welt?

  • Mir fehlt schlicht das Vertrauen. Die "Berichterstattung" erinnert zu stark an Alina Lipps Berichte aus der Ostukraine.

  • ja, es ist zum verzweifeln.



    das einzige, was jetzt hilft, sind massenproteste. die menschen müssen auf die straßen.

  • Hamas/Iran hat den Krieg begonnen, militärisch von Anfang an verloren, hält ihn trotz vielfacher Bemühungen Israels diesen zu beenden, aufrecht.

    Ziel, den westlichen latenten Antisemitismus auf offen zu schalten. Was Hamas/Iran auch bestens gelingt.

    Beispiel für die längst offensichtliche Strategie: So hatte der israelische Verteidigungsminister Gallant in einem Brief an Chamenei darum gebeten nach den militärischen Verlusten Irans den Krieg zu beenden und sich stattdessen auf das Wohl und die Zukunft des eigenen (iranischen) Volkes zu konzentrieren.

    Chamenei antwortete auf seiner offiziellen Webseite, das wahre Schlachtfeld liege nicht im Territorium »sondern in der Beeinflussung der öffentlichen Wahrnehmung«.

    Und das hat er verdammt gut hingekriegt:

    Michel Houellebecq bezeichnete den aktuellen Antisemitismus in Europa als "monströs". In den arabischen Ländern sieht es noch schlimmer aus. So in vielen anderen Teilen der Welt.

    Die großen Verlierer/Opfer sind die Palästinenser:innen. Spielball in den Händen Teherans und der Hamas. Die natürlich ihre Macht nicht abgeben möchten.

    Volle Solidarität mit Juden/Jüdinnen weltweit und den notleidenden Palästinenser:innen!

    • @shantivanille:

      P.S. Gallant ist ein per Haftbefehl gesuchter Kriegsverbrecher. Wollen Sie sich wirklich auf so jemand wirklich als Quelle berufen?

    • @shantivanille:

      Das ist haarsträubend unterkomplex: nicht nur, weil Iran und Hamas zwei verschiedene Akteure sind, sondern auch, weil Sie die Rolle Israels im NO-Konflikt vollkommen ausblenden – und zwar sowohl die Jahrzehnte lange Besatzung, die Dominanz- und Expansionsansprüche nicht nur der gegenwärtigen rechtsextremen Regierung. Wenn Sie am Ende noch ihre Solidarität mit Juden und Palästinensern erklären, ist das unerträglich zynisch: Zum einen, weil diese Solidarität ja offenkundig nicht den vielen linken und liberalen Juden gilt, die weltweit gegen Israel protestieren, zum anderen, weil es geschmacklos, einen inzwischen klar genozidalen Feldzug zu bejubeln und dann dessen Opfern Krokodilstränen nachzuweinen. Aber vielleicht merkt man das nicht, wenn man Houellebecq (!!!) für eine seriöse Quelle hält. Monströs ist auch, dass Rassismus und Islamophobie Teile der europäischen Öffentlichkeit so weit abgestumpft haben, dass selbst ein Völkermord mit einem Schulterzucken hingenommen wird.

    • @shantivanille:

      Die Hamas wurde von Netanjahu & Co. unterstützt, um die Palästinensische Autonomiebehörde zu schwächen:



      www.nytimes.com/20...prop-up-hamas.html

      • @HRMe:

        Es wurden die gazanische Regierung und ihre Kämpfer unterstützt und ich denke, wir können uns alle den Aufschrei in der Welt vorstellen, wenn Israel die Unterstützung unterbunden hätte. Dass die gazanische Regierung und ihre Kämpfer, die in der Gesamtheit unglaublich hohen Summen nicht "zum Wohl (?)" ihrer Bürgerschaft eingesetzt haben, ist nicht Israel anzulasten.

        Ja, vielleicht hat es zu einer Schwächung der PA geführt, dass die israelische Regierung die Zahlung der Hilfsgelder nicht unterbunden hat, aber dafür ist nicht die israelische Regierung verantwortlich. Es hätten dafür ja auch Schulen gebaut und Lehrer eingestellt werden können usw..

      • @HRMe:

        Schon klar. Völlig daneben gegangen.

  • "Es ist wie eine Decke, die über uns gezogen ist, die nicht durchdrungen werden kann. Deutsche Staatsräson, leere EU-Nahost-Wort­hülsen, Trump’scher Wahnsinn ..."

    Apropos die "deutsche Staatsräson", die einst von Angela Merkel proklamiert wurde:

    Hat Merkel sich eigentlich schon mal zu ihrer Wortschöpfung und was ihre Nachfolger Scholz und Merz daraus machen, geäußert?

  • Der Kommentar beschreibt treffend das Dilemma des Journalismus bei langanhaltenden Krisen. Dennoch fällt auf, dass das mediale Trommelfeuer über Gaza in einem merkwürdigen Missverhältnis zu der oft rudimentären Berichterstattung über andere dramatische Konflikte steht: etwa im Südsudan, Kongo, Jemen oder Tigray. Auch der Krieg in der Ukraine erscheint für viele bereits als Hintergrundrauschen – trotz Tausender Opfer, nordkoreanischer Soldaten und iranischer Drohnen, die kaum noch Aufmerksamkeit erzeugen.

    Während Gaza häufig im Fokus steht, bleiben andere menschliche Tragödien oft Randnotizen. Hier wäre eine selbstkritische Reflexion erforderlich: Warum erreichen manche Konflikte dauerhafte mediale Präsenz, andere kaum? Der Journalismus selbst und seine Aufmerksamkeitsdynamiken tragen dazu bei, dass Leid selektiv sichtbar wird oder unsichtbar bleibt. Die große Enttäuschung darüber nichts zu bewirken, lässt Zweifel aufkommen an der Trennung zwischen journalistischer und aktivistischer Tätigkeit.

    • @BrendanB:

      "Warum erreichen manche Konflikte dauerhafte mediale Präsenz, andere kaum?"

      Ich denke Sie und ich wissen, weshalb gerade dieser Konflikt medial so präsent ist; die angeblichen Täter:innen sind Juden. Über 2.000 Jahre der Judenverfolgung mit dem von uns begangenen verabscheuungswürdigen Verbrechens"höhepunkt" der Shoa und es hat sich wenig geändert.

      • @*Sabine*:

        Das ist eine ziemlich infame Anschuldigung, wenn man die Politik einer Atommacht gegenüber einem Dritten Welt Land kritisiert. Und wenn man auf Einhaltung der Maßstäbe dringt, die genau wegen der Shoah aufgestellt worden sind.

  • Ich war schon grundsätzlich der Ansicht das Israel ein Recht hatte gegen die Hamas zurückzuschlagen, aber nach zwei Jahren Krieg in denen es entweder nicht fähig oder nicht willens war die Hamas in Gaza zu besiegen ist es an der Zeit Frieden zu schließen. Hungernde Menschen zu beschießen und Gaza mit tausenden Bomben und Granaten zum 5ten Mal umzugraben wird Israel nicht sicherer machen. Israel hat die einmalige Chance mit Syrien und Libanon Frieden zu schließen, Saudi-Arabien ebenfalls. Der Iran ist geschwächt, Hezbollah und Hamas sind nahezu ausgelöscht. Aber stattdessen will Netanjahu einen Dauerkrieg um nicht ins Gefängnis zu müssen, das kann man nicht mehr unterstützen.

    • @Machiavelli:

      "... Hungernde Menschen zu beschießen ..."

      Das wissen wir von der gazanischen Gesundheitsbehörde, die für mich das Sprachrohr der gazanischen Regierung und ihrer Kämpfer/Hamas et al. ist und die Verteilung der Lebensmittel durch eine andere Organisation als der UN, mit der sie anscheinend lange und "gut" zusammengearbeitet hat, ablehnt.

      "Aber stattdessen will Netanjahu einen Dauerkrieg um nicht ins Gefängnis zu müssen, ..."

      Das wäre eine üble Motivation einen Krieg zu führen, der jedoch nicht von Herrn Netanjahu begonnen wurde (was lt. dieser Argumentation Sinn gemacht hätte), sondern von der gazanischen Regierung, ihrer Kämpfer, Iran usw..

      • @*Sabine*:

        Nein, das wissen wir (auch Sie!) von israelischen Soldaten, die darüber in israelischen Tageszeitungen gesprochen haben. Was wir wissen wollen, ist natürlich eine andere Frage.

  • Und während Großbritannien, Australien, Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Irland, Island, Italien, Japan, Kanada, Lettland, Litauen, Luxemburg, Neuseeland, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowenien und Spanien endlich etwas mehr Druck auf Israel machen, steht Deutschland weiterhin stumm an seiner Seite und ist damit beschäftigt, Kritiker:innen als Antisemit:innen zu diskreditieren und einzuschränken.



    Aber es ist ja nicht das einzige Feld, in dem die Bundesregierung ideen- und konzeptlos agiert. Nur halt eines, das täglich Menschenleben fordert.

  • Die Proteste in Deutschland müssen sehr viel radikaler werden. Aktionen, wie Blocksden, Anketten, Besetzungen waren früher normal zu weitaus geringeren Anlässen. Auf Parteien wie die Linke zu warten, hat sich als Chimäre erwiesen, wie die von ihr gecancelte Zentraldemo in Berlin zeigt,...und dies aus Angst in die passpartout Antisenitidmusecke geschoben zu werden. Die Bundesregierung mag im Gegensatz zu Frankreich und England nicht für eine sofortige Beendigung des Angriffskrieges Israels stimmen, die Deutschen sollten aber aus ihrer Geschichte gelernt haben: Nie Wieder!

  • Irgendwann macht der Schock der Taubheit Platz. Dann sitzen wir in Redaktionskonferenzen und fragen: Wie können wir die Geschichte weiterdrehen, sie spürbar machen?

    Bei allem Respekt den Opfern in Gaza gegenüber. Wo waren diese richtigen Gedanken als Palästinenser unter der Hamas gelitten haben? Wo war da der anhaltende Kampf und der mediale Fokus auf Gaza? Wenn Palästinenser sysrematisch andere Palästinenser foltern und ganze familien auslöschen ist es olay weil? Was dort geschieht ist eine Tragödie. Was davor in Gaza unter der Hamas passiert ist war ebenfalls eine Tragödie! Wo waren die amhaltenden Artikel über Syrien? Über die Ukraine? Kein Konflikt bekommt so viel Aufmerksamkeit, gerade aus linken Kreisen, wie Gaza. Und meist sehr einseitig.

    • @Pawelko:

      Über Syrien und die Ukraine wurde und wird intensiv berichtet (auch in der taz) und auch oft genug mit deutlichen politischen Forderungen. Ihr Hinweis darauf ist also nicht nur ein Whataboutism, sondern sachlich falsch. Die Herrschaft der Hamas vor dem Krieg wurde ebenfalls ohne Beschönigungen dargestellt (nur eben in den seriöseren Berichten eingebettet in das Grundproblem der Besatzung – es ist unehrlich, den Palästinensern einen eigenen Staat zu verweigern und ihnen dann eine schlechte Verwaltung ihrer Bantustans zum Vorwurf zu machen). Allerdings hat Hamas weder Zehntausende Menschen umgebracht noch einen ganzen Landstrich in Schutt und Asche gelegt – das ist eben der Unterschied zwischen einer Diktatur und einem Völkermord.

      • @O.F.:

        "Allerdings hat Hamas weder Zehntausende Menschen umgebracht noch einen ganzen Landstrich in Schutt und Asche gelegt.."

        Aber auch nur deshalb nicht, weil sie nicht über die nötigen militärischen Mittel verfügen. Die Absicht ist schon vorhanden und diese Absicht, Zivilisten gezielt attackiert oder bombardiert zu haben sollte man Israel nicht pauschal unterstellen. Es ist schon traurig genug, dass einer Demokratie wie Israel bescheinigt werden muss dem Kriegsziel alles untergeordnet zu haben und dabei auch nicht vor Kriegsverbrechen zurückzuschrecken.

        Das Argument mit dem Unterschied zwischen Diktatur und Völkermord ist aus meiner Sicht daher nicht schlüssig.

  • "Die Politik" - die wir tatsächlich alle selber jeden Tag und in jeder Sekunde sind,



    "unternimmt nichts"



    weil tatsächlich kaum jemand einfordert, dass es etwas unternommen wird. Und die es tun, angeblich durchgehend so sind wie man selbst ja auch nicht sein will. Was immer das sein soll.

    Im Moment haben wir in der Hauptsache ja so eine Diskussion, dass irgendwas mit links schuld ist.



    Und der Antisemitismus.



    Ein Begriff inzwischen bis zur Unkenntlichkeit der Nützlichkeit untertan gemacht.

    Während die gewalttätigsten, messianischsten Machtbehauptungen durchmarschieren.

    Es ist eben materieller Ernst.

    Es gilt als Skandal der fortgesetzten angeblichen Entlarvung des Faschismus nicht störungsfrei zusehen zu können. Im Sommerinterview. Vor Rosamunde Pilcher.



    Eines ominösen Faschismus, der man selber angeblich nicht ist.



    Denn man...entlarvt ihn ja...



    ..ohne wissen zu wollen, wie gotteserbärmlich Erbärmlich von erbärmlichen Leuten Faschismus in Alltagspraxis umgesetzt wird.



    Ohne jedes weitere Geheimnis. Als das es die erbärmlichsten Existenzen waren, die Millionenmord organisierten.

  • Eine Situation, die jedoch zumindest teilweise auch selbstverschuldet ist. Hat man doch gerade zu Beginn des Krieges, wohl auch aus Furcht des Antisemitismus beschuldigt zu werden, doch sehr unausgewogen berichtet. Und hat viel zu lange den Erzählungen der israelischen Armee unwidersprochen geglaubt. Und tendenziell jede andere Stimme des Antisemitismus beschuldigt. Und dabei auch überzogen. Es war schon früh absehbar, dass das israelische Vorgehen eben nicht vom Völkerrecht gedeckt ist.



    Und von der Politik Konsequenzen zu erwarten, wo doch jede Maßnahme gegen israelische Politiker hierzulande als potentiell antisemitisch dargestellt wird, ist dann halt auch etwas blauäugig. Welcher Politiker würde sich einen solchen Shitstorm aussetzen wollen?