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Annalena Baerbock in SyrienUnfreiwillige Misstöne

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Der Besuch der Außenministerin in Damaskus war an Unbeholfenheit kaum zu übertreffen. Die Europäer haben keinen Plan für die nächsten Schritte.

Außenministerin Baerbock während des Treffens mit Syriens Machthaber al-Schaara (mitte) und Frankreichs Außenminister Barrot Foto: dpa

E s hat seit dem Umsturz in Syrien vier Wochen gedauert, aber Annalena Baerbock und ihr französischer Amtskollege Jean-Noël Barrot haben nun endlich den Weg nach Damaskus gefunden.

Das meiste, was die deutsche Außenministerin dort öffentlich sagte, war allerdings so banal, dass man dafür nicht hätte verreisen müssen: Es gibt Grund zur Hoffnung und Grund zur Skepsis; es muss einen „inklusiven Transitionspfad“ geben, und Frauenrechte sind dafür der „Gradmesser“. Und natürlich darf der „innersyrische Prozess“, wie es heißt, „nicht von außen gestört werden“. Was einen gewissen Widerspruch zu den eigenen Forderungen darstellt. Aber Syrien hat momentan größere Sorgen.

Denn so gut und überfällig es ist, dass die beiden größten EU-Mächte nun in Syrien das Gespräch mit der neuen Regierung suchten – so irritierend ist es, dass sie offenbar nichts im Gepäck hatten: keine konkreten Zusagen, keinen Plan für die eigenen nächsten Schritte.

Kein Wunder, dass von diesem Besuch vor allem die Optik hängen bleibt. Der Hilfs- und Wiederaufbaubedarf Syriens ist immens, aber das Flugzeug, aus dem Baerbock stieg, war in dieser Hinsicht leer. Beim Aussteigen trug sie eine kugelsichere Weste – als wähnte sie sich im Kriegsgebiet.

Die Türkei und Saudi-Arabien wissen längst, was sie wollen

Als sie Revolu­tions­führer al-Scharaa traf, streckte sie ihm die Hand aus, aber al-Scharaa begrüßte sie mit dem traditionellen Gruß zwischen Mann und Frau, also mit der Hand auf der eigenen Brust statt mit Handschlag – das hätte man eigentlich vorher klären können.

Manche Deutsche lasen daraus ein islamistisches Bekenntnis ab und erklärten es zum Eklat, aber Berichten zufolge gab es beim Abschied die umgekehrte Szene, al-Scharaa streckte die Hand aus, Baerbock verzichtete. Der Eindruck der Unbeholfenheit bleibt, auf beiden Seiten.

Mit Unbeholfenheit ist Syrien nicht geholfen. Irgendwann sollte Syrien erfahren, was die Europäer eigentlich wollen. Wissen sie es überhaupt selbst? Die Türkei und Saudi-Arabien wissen es längst. Da spielt die Musik – und zwar eine andere als die der unfreiwilligen Misstöne aus Berlin.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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60 Kommentare

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  • Was hat dieser Kommentar in der Taz an Nährwert für mich als Leserin gebracht? Dass "wir" hier im unzerstörten D kommentieren können...

  • Da bin ich aber froh, dass die Begrüßung Baerbocks durch Herrn al-Sharaa nur „traditionell“ ist, und dass manche Deutsche, wenn sie daraus ein „islamistisches Bekenntnis“ ablesen, offenbar ebenso daneben sind wie Baerbock selbst. Oder?



    Inzwischen gingen Bilder um die Welt, die zeigen, dass eifrige Mitstreiter des neuen syrischen Machthabers den Auftritt Baerbocks „korrigiert“ haben: auf Fotos ist sie nicht mehr erkennbar, sie wurde verpixelt/verschleiert.



    Verehrter Herr Johnson: man muss, denke ich, kein Feminist sein um zu verstehen, dass Menschenrechte und menschliche Würde selbstverständlich für alle Menschen gelten. Wenn das westliche Wertvorstellungen sein sollen, dann bitte sehr! Und mehr davon! Vielleicht hat Frau Baerbock zum ersten und vielleicht einzigen Mal ihren Job wirklich gut gemacht.

  • Tut mir leid, aber ich kann dieses oberlehrerhafte, belehrende, aber dafür inhaltlich eigentlich nichtssagende nicht mehr hören. Woher weiss ein Dominic Johnson worüber hinter verschlossenen Türen gesprochen wurde? Und warum sollten Details in einer Pressekonferenz ausgeplaudert werden?

  • Baerbock und Barrot haben den altbekannten Standpunkt des 'Westens' vertreten, dass die eigene Wertvorstellungen als Maßstab für die ganze Welt zu gelten haben. Offenheit, Pluralismus, Frauenrechte usw. dass hört sich für viele erst einmal gut an. Dass sich damit auch hegemoniale Eigeninteressen verbinden lassen und Einfallstore für eigene Geschäfts- und Machtinteressen geöffnet werden sollen, wird fast immer verschwiegen. Im ZDF-heuteJournal wurde Frau Slomka schon deutlicher: Es geht um Einfluss, Geopolitik und den Vorteil Europas. Da bleibt nicht viel Platz für andere kulturelle Identitäten, nationale Eigenheiten und Souveränität. Auffällig, wenn auch nicht überraschend, war, dass Außenministerin Baerbock sich gegen Einmischung aus Russland und dem Iran ausspricht, aber die militärischen Einmischungen der Türkei und Israels, und den eigenen Besuch dabei nicht erwähnt. Die Europäer haben nicht nur hier keinen Plan, sie haben gar keinen Plan und flüchten sich ich salbungsvollen von 'Werten', die Europa permanent mit Füssen tritt.

    • @Stoersender:

      Stimme voll und ganz zu

    • @Stoersender:

      "...dass die eigene Wertvorstellungen als Maßstab für die ganze Welt zu gelten haben..."



      Nö, hat die Außenministerin dort nicht vertreten, und schon gar nicht für die ganze Welt! Fr. Baerbock hat gegenüber den Terroristen die Unterstützung Syriens an Bedingungen geknüpft. Und wenn ich mich in Syrien als Steuerzahler finanziell engagiere, bin froh, dass sie das tut!



      Oder finden Sie das bisherige Modell besser: EU zahlt und Russland, und zukünftig China mit ihren tollen Werten machen sich dort (wieder) breit?

      • @Demokratischer Segler:

        Breit macht sich aktuell die Türkei...

    • @Stoersender:

      Außer dem vielen, was man Ihnen entgegnen möchte, sei nur dies ausgewählt:



      "...kulturelle Identitäten, nationale Eigenheiten und Souveränität..." können mir, salopp gesagt, gestohlen bleiben, wenn Sie darunter die Missachtung von Menschenrechten im allgemeinen und Frauenrechten im speziellen (weil oft besonders schwerwiegend), Folter, Versklavung, Diktaturen jedweder Couleur, Antisemitismus, religiösen Extremismus und andere Wahnvorstellungen verstehen.

      • @Vigoleis:

        Was meine ich wohl mit 'Werten, die Europa permanent mit Füssen tritt'? Sicherlich nicht die Überheblichkeit und Arroganz, die anderen ihr eigenes Missverstehen unterstellt, bevor sie selber einen Versuch gemacht haben, zu verstehen.

        Erklärungen sind keine Entschuldigungen und Schuldzuweisungen keine Hilfe! Hilfreiche Lösungen finden sich nur, wenn man sich gegenseitig erklärt.

  • Diese Kritik wirkt sehr gesucht.



    Die Problematik mit dem Handschlag wurde vorab von beiden Parteien besprochen, war also alles andere als eine Überraschung.



    Dass 4 Wochen nach der Machtübernahme und ohne persönliches Kennenlernen noch keine konkreten Angebote gemacht werden, ist eine Selbstverständlichkeit.



    Die Schutzweste in einem Krisengebiet - meine Güte, das soll ein Aufreger sein?!

    • @C. Avestruz:

      Sehe ich auch so.

      Aber es ist ja so erfrischend zu lesen:



      ...nichts im Gepäck...keine konkreten Zusagen...keinen Plan... Klar doch. Aber:



      Baerbock und Barrot sind angeblich im Auftrag der EU zum Sondieren nach Syrien geflogen, oder etwa nicht?



      Viel heiße Luft wird von (zu) vielen Möchte-gern-Außenminister*innen, beileibe nicht nur hier in der taz, abgelassen, es ist immer wieder das gleiche - pardon, alberne - Spiel.

      • @Auweiowei:

        Die Kurden in Syrien haben sich bestimmt mehr von Bearbock erwartet.

    • @C. Avestruz:

      Volle Zustimmung!

  • Die europäische Außenpolitik macht auch hier nicht wirklich eine gute Figur. Grünen- oder Baerbockbashing hilft hier nicht weiter, die EU sollte Präsenz zeigen, nicht nur die Außenminster Deutschlands und Frankreichs.



    Dass man jetzt nicht den ausgereiftesten Plan hat ist verzeihlich, der Sturz Assads ist nicht lange her und kam auch überraschend. Trotzdem macht es Sinn, Präsenz zu zeigen und zumindest einen vorsichtigen Willen zur Unterstützung aufzuzeigen. Syrien wird keine neue Schweiz, dennoch sollte man auch gewisse Mindeststandards pochen. Dass Neuwahlen erst in vier Jahren stattfinden sollen ist zumindest bemerkenswert, hätte man beim Besuch einmal ansprechend können.

    • @Bambus05:

      DIE "europäische Außenpolitik" gibt es nicht. Außenpolitik ist Sache der einzelnen EU-Mitglieder. Und da macht ja auch jeder sein eigenes Ding.



      EU-Außenbeauftragte wie z.B. Hr. Borell sprachen/sprechen auch eher im eigenen Namen als in dem aller EU-Mitglieder.



      Schön ("gute Figur") ist das natürlich nicht. Sachdienlich, also im Interesse Europas auch nicht.



      Insofern ist es schon erstaunlich, dass sich die Außenminister Ditschls und Frankreichs überhaupt zu einer gemeinsamen Aktion entschließen, quasi (informell) in europäischem Auftrag. Erstaunlich deshalb, weil das dt.-franz. Verhältnis als einer der größten Scherbenhaufen nach 3 Jahren Hr. Scholz und außenpolitischer Richtlinienkompetenz des Kanzlers bewertet werden muss. KeineR seiner VorgängerInnen hätte das zugelassen.

  • Die Presse war befinden meisten Gesprächen nicht dabei.



    Gleichwohl ist erstaunlich, dass die Klassifikation als Terrororganisation noch nicht aufgehoben, die neue Regierung nicht anerkannt wurde bzw. das in Aussicht gestellt wurde. Das würde nichts kosten, wäre aber eine wichtige Geste.



    Die US haben ja auch das Kopfgeld widerrufen, wenn auch allzu spät.

    • @meerwind7:

      "Gleichwohl ist erstaunlich, dass die Klassifikation als Terrororganisation noch nicht aufgehoben ... wurde..."

      Erst muss man prüfen, ob das gerechtfertigt wäre. Der Zweck des Besuches war, Informationen zu sammeln.

  • Sie setzt neue Maßstäbe in ihrem Amt. Nicht alles läuft rund. Wie denn auch?



    Ein bisschen Abwarten täte allen gut.



    Für mich ist sie bisher eine der Mutigsten in diesem Amt.



    Das scheint vielen Männern zu missfallen. Also wird erstmal schlechtgeredet.



    Was es für ein Land bedeutet, wenn Frauen nicht mehr unterdrückt werden, kann sich der Schreiber wohl eher nicht vorstellen.

    • @ Christoph:

      "Für mich ist sie bisher eine der Mutigsten in diesem Amt."



      Rein aus Interesse: wo finde ich diesen Mut? Was hat sie Mutiges getan?



      "Was es für ein Land bedeutet, wenn Frauen nicht mehr unterdrückt werden, kann sich der Schreiber wohl eher nicht vorstellen."



      Dazu reicht es vermutlich, einfach mal die Augen aufzumachen.

  • Na ja, sie kommt halt mehr "aus dem Völkerrecht" (woran auch immer man das merken soll, siehe Israel). Und Diplomatin ist kein Ausbildungsberuf, oder? Jedenfalls hat sie ihn nicht gelernt.

    • @Jalella:

      Ebend - unser legitimiertes Parlament hätte Frau Bearbock auch zur Finanzministerin berufen können...

  • Irgendwann muss die EU erfahren, was Syrien überhaupt will. Weiss Syrien es überhaupt selbst? Als Gemeinwesen, als Staat, mit Sicherheit nicht. Wenn die neuen Machthaber mit der EU kooperieren, eigentlich von ihr unterstützt werden wollen, müssen sie sehr viel klarer werden - und das schnell. Das - und ein ganz persönlicher Eindruck - war wohl der Zweck des Besuches, das halte ich für sinnvoll.

    • @Henriette Bimmelbahn:

      "...was Syrien überhaupt will."

      Die aktuellen Machthaber in Damaskus wurden besucht. Diese beherrschen zwar einen großen Teil Syriens, aber sie sind nicht Syrien. Was Syrien will, könnte man evtl. nach freien Wahlen im ganzen Land erfahren...

  • Bei auswaertiges-amt.de



    "Das Protokoll sorgt für den reibungslosen Ablauf von Besuchen ausländischer Gäste sowie von Auslandsreisen des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers und der Bundesministerin des Auswärtigen."



    Dazu gelernt, ist aber auch "gewöhnungsbedürftig".



    Kein ganz ungewöhnlicher Vorgang, denn 2022:



    "Während des EU-Afrika-Gipfels hat der ugandische Außenminister Jeje Odong mehrere Personen begrüßt. Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen überging er aber. Das hat für viel Empörung gesorgt, aber nicht bei ihr."



    Quelle rnd.de

  • Die Frage sollte in Deutschland und der EU bzw. Europa mal generell geklärt werden, was wir denn in Syrien "zu tun" hätten. Militärisches Eingreifen und wesentliche Hilfen für den Wiederaufbau sind ja keine Optionen, wie diese daneben gehen können kann man ja immer noch an Irak und Afghanistan beobachten, diplomatische Beziehungen und und irgendeine Form wirtschaftlicher Beziehungen wären realistisch. Das aufwärmen alter kolonialer Einflüsse durch Frankreich und Großbritannien wird sicher nicht hilfreich sein und wie man Erdolf eingehegt bekommt weiß ja auch niemand.

    • @Axel Schäfer:

      Ganz ehrlich: Europa, das neben der Türkei Millionen Syrern Schutz gewährt hat, kann durchaus erwarten, dass diese Tatsache auf die eine oder andere Weise durch Wohlwollen gewürdigt wird. Es wäre z.B. nicht einzusehen, wenn Russlands Verbündeter China beim Wiederaufbau des von Russland vernichteten Aleppo den großen Reibach macht.



      Genauso wäre es in unserem Interesse, wenn Russland seine Stützpunkte in Syrien verliert.

      • @Suryo:

        Aber die Türkei die Kurden in Syrien angreift, soll zu tolerieren sein ?

  • Man hätte genug Themen ansprechen können:

    1. Errichtung eines Staates, in dem die Rechte aller Religionen gewahrt sind, aber auch aller Frauen.



    2. Rücknahme der Flüchtlinge



    3. Reparationsforderungen an Russland



    4. Schließung der russischen Stützpunkte in Syrien



    5. Bekämpfung der iranischen Proxies



    6. Schutz der syrischen Kurden, Abzug der Türken aus Norsyrien



    7. Wiederaufbau durch Europa, keinesfalls durch China

    • @Suryo:

      Bis auf Punkt 7 bin ich voll bei Ihnen.

      Wieso sollte Europa Syrien wiederaufbauen?

      Das was IS, Assad, Erdogan, die Russen, Chameini und seine Hisbollah angerichtet haben, muss Europa nicht reparieren.

      Hier crashen die Regierungen durch Staatsverschuldungen, Deutschland kriegt seit 20 Jahren seine Eisenbahn nicht repariert, fährt man über eine Autobahbrücke, schickt man ein kleines Stoßgebet zum Himmel, dass sie gehalten hat.

    • @Suryo:

      Wiederaufbau durch Europa.



      Dazu müsste Europa Konzept und Geld bereitstellen. Wird aber leider nur bei Frontex gemacht.

    • @Suryo:

      Vielleicht wird noch ein Berater im Mitarbeiterstab gesucht. Das Niveau ist vorhanden.

    • @Suryo:

      Ziemlich breitbeinig-selbstbewusst klingt das



      Für mich klingt schon fast eine postkoloniale Haltung durch.



      Wenn man etwas will, sollte man auch etwas zu bieten haben.

      • @Carsten S.:

        Unsinn. Das sind einfach Erwartungen, die im Übrigen gerade das Land, das in Europa die meisten Syrer aufgenommen hat, sehr wohl artikulieren darf.

    • @Suryo:

      Mit einer solchen Themen-Brechstange würde wahrscheinlich nicht einmal Donald Trump beim ersten Besuch in Syrien auftreten. In arabischen Ländern tritt man im Geschäftsleben beim ersten Treffen zudem etwas leiser auf. Höflichkeit, Geduld, Respekt des Gegenüber und ein gutes persönliches Verhältnis sind dort wichtiger als in Nordeuropa.

      Ich finde den Besuch von Frau Baerbock durch sinnvoll, dient er doch dem Kennenlernen und dem besseren Einschätzen der künftigen Machthaber in Syrien.

  • In so einer Situation kann man doch nicht mit einem fertigen politischen Geschenkekorb anreisen. Die 4 Wochen sind auch nicht unangemessen lang - denn die neuen Machthaber haben in Syrien eine riesige Agenda an Aufgaben - nicht zuletzt die Absicherung der frisch gewonnenen Macht. Zur Erinnerung: da war schon mal ein Aufbruch, der fast erfolgreich schien - bis Russland auf Seiten Assads die Sache gedreht hat. Da ist Außenpolitik mit Nicht-Nachbarn nicht ganz oben auf der Agenda.



    Und der persönliche Eindruck vor Ort ist eine wichtige Voraussetzung dafür, zu entscheiden, was man anbieten kann und will. Und es ist völlig selbstverständlich, dass die Außenministerin eine Schutzweste trägt, wenn sie in einem schwer einzuschätzendes Kriegsgebiet ankommt. Als Frau ist sie eine Nuance gefährdeter als der Franzose. Wäre wohl bei einem Frontbesuch in Israel ganz genauso.



    Und natürlich ist vor allem die Türkei für Damaskus wichtiger als Deutschland. Erdogan hat Truppen im Land und kontrolliert Teile des Staatsgebietes.



    Für mich kommt der Johnson Kommentar kaum anders als das übliche Baerbock-bashing daher.

    • @Monomi:

      Ein bisschen unvergängliche humanitäre Hilfe kann man schon im Gepäck haben, so als Geste des guten Willens und als Gastgeschenk.

      • @Carsten S.:

        Die deutsche Regierung soll jetzt ausgerechnet im Wahlkampf Hilfsgelder für Syrien locker machen? Das halte ich für eine innenpolitisch suizidale Idee.

      • @Carsten S.:

        So etwas aus Europa? Das wäre mal was.

  • Ach, warum immer gleich dieses Gemecker.



    Nun waren die beiden nach 4 Wochen vor Ort und das Ganze war dann gleich überfällig?



    Das Thema mit der Grußhand hat die BILD schon ausreichend behandelt - brauche ich hier nicht auch noch.



    Klar haben Länder wie die Türkei eine klare Vorstellung was sie in Syrien erreichen wollen, die sind aber auch unmittelbar betroffen.



    Ist es nicht gut wenn Deutschland und Frankreich hier gemeinsam agieren? Ist es nicht gut, dass eine Frau hier offiziell empfangen wird? Ist ein Besuch nach 4 Wochen nicht echt früh ?



    Syrien hat einen langen Weg vor sich - die Randbedingungen sind besser als vor einem Jahr - es besteht Hoffnung für dieses gepeinigte Land! Sofortige blühende Landschaften gibt es nur in Märchen und bei Kohl.

  • Baerbock ist schon ein Pluspunkt, nach den Westerwelles, Maases, ...



    Noch besser wäre es freilich gewesen, zeitig auch bei Israel et al. eben laut für Völkerrecht und Menschenrechte einzutreten und auch entsprechend zu handeln, dann hätte man hier sauber universal und durchschlagskräftiger auftreten können. Natürlich sind Diplomatens für die Beziehungspflege da und nicht nur hierfür, doch so können selbst Ex-Islamistens leicht die Zeigefinger-Richtung umdrehen.

  • Der verweigerte Handschlag soll kein islamistisches Bekenntnis gewesen sein? Dass der Telegram-Kanal der HTS-Miliz später auf Fotos Baerbock und alle anderen anwesenden Frauen ganz undiplomatisch verpixelt hat, war dann also auch wieder nur ein Missverständnis?

    www.t-online.de/na...lena-baerbock.html

    • @Habicht:

      Der verweigerte Handschlag ist kein Bekenntnis, sondern die Art, wie der Mann respektvoll eine Frau in seiner Kultur begrüßt.

      Hätte man halt wirklich vorher absprechen können.

      Was ein Telegram-Kanal verpixelt, muss nicht im Auftrag der Regierung geschehen.

      Ein anderer syrischer Kanal veröffentlichte die Fotos unverpixelt. War das dann auch im Auftrag der Regierung?

  • Unbeholfen und ungeholfen. Traurig.

  • Stimmt, das wirkt alles reichlich unbeholfen und unprofessionell. Ich wundere mich, dass solche von aller Welt beobachteten Formalitäten nicht vorher verabredet werden.



    Schade, dass Frau Baerbock die Hand zum Abschied verweigert hat, sie hätte menschliche und diplomatische Größe beweisen können. Herr al Schaara ist mit seiner ausgestreckten Hand gleichsam entschuldigend / versöhnend über seinen kulturellen Schatten gesprungen, das darf bewundert werden.

    • @willifit:

      Vielleicht war der Abschied auch schon wieder ein Missverständnis?

    • @willifit:

      Bewunderung für Frauenverachtung? Da fehlt mir der Referenzrahmen.

    • @willifit:

      Bewundern? Das wäre mir eine Nummer zu groß.

    • @willifit:

      Es könnte immerhin sein, dass der Grund für den nicht erwiderten Handschlag am Ende des Besuchs darin liegt, al-Schaara einmal zu vermitteln: so fühlt sich das an, wenn die ausgestreckte Hand vor aller Augen nicht akzeptiert wird. Das Gefühl zu erleben dürfte er sonst kaum Gelegenheit haben....

      • @Monomi:

        Diplomatie erfordert eine gewisse Grösse und keinen kleinlichen erzieherischen Ehrgeiz.

    • @willifit:

      Wirklich bewundernswert, fast so bewundernswert wie Tatsache, dass das syrische Fernsehen Frau Baerbock unkenntlich gemacht hat.

  • Liggers. But Sorry - Herr Johnson.



    Where is the news?

  • Wir haben glaube ich mit der Versorgung der vielen syrischen Flüchtlinge unseren Teil durchaus "übererfüllt".



    Was denn "mehr" hätte der Autor gerne? Zusagen über Milliardenhilfen?



    Wie wäre es wenn wir das mal umdrehen - wir senden die hier ausgebildeten und dadurch gut qualifizierten Flüchtlinge wieder zurück - die kennen das Land und die Leute.



    Alternativ warten wir bis sich zumindest ansatzweise westliche Standards für Frauen- und Rechte sonstiger Minderheiten auch in der Gesellschaft zeigen. Bis dahin gibts dann halt mal keine Kohle aus dem Westen.

  • "Beim Aussteigen trug sie eine kugelsichere Weste – als wähnte sie sich im Kriegsgebiet." Da hat der Dominic wohl wieder übersehen, das Israel noch immer aktivstes Raketenfeuer betreibt.



    Allein der Besuch einer AussenministerIn in diesem Land mit einer im Übergang befindlichen islamistischen "Regierung" ist ein großes Zeichen. Natürlich hätten die Begrüssungszeremonien vor dem Treffen abgestimmt gehört. Das sollten wir aber nicht der Ministerin anhängen. Da haben ganz einfach Ihre Mitarbeiter maximal versagt. Aber, wie bei der Abschiedszene zu erkennen, war der "Präsident" auch etwas unbeholfen? Oder sollten wir das sogar eher als demütige Würdigung oder Anerkennung unserer AussenministerIn werten. Scheinbar konnte sie trotz angeblich leerer Händen gerade als Frau überzeugen.

  • Ich schätze Herrn Johnsons Analysen sonst durchaus, aber in Bezug auf die neuen syrischen Machthaber scheint er sich zu verennen. Ich gehe noch mit, dass man den ausbleibenden Handschlag an dieser Stelle nicht so hoch hängen sollte. Fakt ist aber, dass es sich bei den neuen Machthabern um Islamisten handelt. Und da tut Europa sehr gut daran nicht mit Hilfszusagen voranzuspreschen solange nicht klar ist wohin die Reise geht. Der Erfahrung nach spricht wenig für die Annahme, dass Islamisten ihre Macht zu Gunsten einer freiheitlichen demokratischen Ordnung freiwillig aus der Hand geben und so weit ich es der Presse entnehmen kann sind die Anzeichen auch in Syrien bisher eher wenig ermutigend. Solange also die Gefahr besteht, dass hier ein säkular-autokratisches und menschenverachtendes System lediglich durch ein islamistisches und menschenverachtendes System ersetzt wird, solange sollte Europa weder seine Sanktionspolitik aufheben noch irgendwelche Zusagen in Sachen Hilfsleistungen machen.

  • "Beim Aussteigen trug sie eine kugelsichere Weste – als wähnte sie sich im Kriegsgebiet."

    Syrien ist ein Kriegsgebiet, Herr Johnson. Nicht nur, dass immer wieder israelische Bomben fallen. Erdogan lässt auch seine Kettenhunde gegen die Kurdengebiete vorgehen. Die einzigen Gebiete, in denen es so etwas ähnliches wie eine Demokratie gibt. Was im Herrschaftsgebiet von "Revolu­tions­führer" al-Scharaa entstehen wird, werden wir erst noch sehen. Und dass unsere Außenministerin angesichts der Äußerungen von al-Scharaa's Frauenbeauftragter skeptisch ist, ist nicht nur nachvollziehbar, sondern auch absolut angebracht.

  • gibts denn beim außenministerium keine wissenschaftlichen mitarbeiterInnen oder sonstige fachleute, die eine vorlage hätten erarbeiten können? zeit war ja genug. in der restregierung hätten sie ja auch mal darüber kurz reden können. wenn eine (unbd damit ein reiches industrieland des westens) nichts anzubieten hat, wird aus einem nicht-handschlag ein großer affront.



    na ja, der autor hat ganz recht, hätte sie wissen können. die kleidung fand ich auch nicht angemessen. soll das den westlichen fortschritt verkörpern? oder ist es einfach nur gedankenlosigkeit - ich fahre in ein wüstenland, also ziehe ich mich dementsprechend an? ihr outfit ist einer urlaubsgarderobe angemessen. allein dies dürfte wiederum für die andere seite ein gewisser affront sein. aber ach was, frau kann machen was sie will, oder?



    selbst bin ich weiblich + in der politik zugange - eher auf der linken seite + die grünen geben mir immer wieder anlaß, wie hier, not amused zu sein.

    • @Brot&Rosen:

      Ja. Wir sollten uns unbedingt über Kleidung unterhalten 🙄

      Was sollte sie denn beim Besuch eines Landes, zu dem wir nicht mal vollwertige Beziehungen unterhalten anziehen? Das war ein erstes Vorfühlen, was den neuen Machthabern so vorschwebt.

    • @Brot&Rosen:

      Und für den Besuch bei Trump trägt sie dann zu langen Schlips oder wie?



      Und sie fährt auch nicht in ein "Wüstengebiet", sondern nach Damaskus. Und auch dort ist landestypischer Winter....

    • @Brot&Rosen:

      Warum wird immer nur bei weiblichen Politikerinnen Bezug auf ihre Kleidung genommen?

      Und ich bin mir sehr sicher, dass sehr viele Details vorab besprochen wurden. Dennoch bleibt naturgemäss ungeschickt wirkende Gestik nicht immer aus. Annalena Baerbock ist auch 'nur ein Mensch'.

      • @Anidni :

        Könnte daran liegen, dass Männer einem einheitlichen Dresscode folgen. Wie häufig sehen sie einen Politiker in auffälligen Farben oder kurzen Hosen oder im T-Shirt? Der Dresscode vereinheitlicht, hebt niemand hervor und suggeriert seriösität.

        Als die japanischen Politiker in etwas zerkrumpelten Anzügen da standen war das durch aus Thema.

        Ich zum Beispiel laufe sehr bunt herum und ich mag es, aber es dürfte viele Menschen geben die mir dann nicht unbedingt ihre Finanzgeschäfte in die Hände legen würden, aber dafür würden mehr mit mir einen Kaffee trinken gehen. Mit Kleidung sendet man ein Zeichen und manchen gefällt es und manchen nicht.

        Und Frau Baerbock legt sehr viel Wert auf tolle Bilder und manche finden sie dann unpassend. Wie wenn jemand in Urlaubspose an einem Strand lang läuft und eigentlich vermitteln will das die Situation dort in den nächsten Jahren dramatisch wird und die Insel vom Untergang bedroht ist. Das passiert ihnen nicht in einem Anzug, außer sie lächeln unpassend wie Laschet, dann kostet es sie die Wahl.