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Habeck fordert MilliardärssteuerWer glaubt noch an Robert Hood?

Anna Klöpper
Kommentar von Anna Klöpper

Auf einmal werfen alle Kanzlerkandidaten mit Vorschlägen um sich. Doch wenn sich der Wahlkampfnebel lichtet, wird Habecks Reichensteuer kaum Chancen haben.

Einfach ein Querdenker: Robert Habeck macht auch mal disruptive Vorschläge, wie eine Reichensteuer Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

D ie Schultoiletten sind zurück in der öffentlichen Debatte. Robert Habeck, grüner Spitzenkandidat, hat sie als Munition für den Bundestagswahlkampf ins Spiel gebracht.

Seine Idee: Die etwa 250 Mil­li­ar­dä­r*in­nen in Deutschland besteuern und mit den so erwirtschafteten „ungefähr fünf bis sechs Milliarden Euro“ die Schulen sanieren, wie er der Bild am Sonntag sagte. Als Familienvater, führte er aus, habe er es „noch gut in der Nase“, wie es auf deutschen Schultoiletten rieche.

Geld für die Kinder und man nimmt es von den Reichen – das hat etwas Robin-Hood-haftes, womit es als Wahlkampfrhetorik allemal taugt. Der Großteil der Eltern dürfte diesen etwas plumpen Populismus zwar durchschauen, aber dennoch leise zustimmen.

Meist scheitert es nicht an Bundesgeld

Unglaubwürdig ist Habecks Schulklo-Vorstoß auch deshalb, weil er auf einer faktischen Ebene eher Unsinn ist. Mal abgesehen davon, dass Steuern gar nicht zweckgebunden erhoben werden dürfen: Schulbau ist erstens Ländersache und scheitert, zweitens, meist nicht an fehlenden Milliarden.

Sondern zum Beispiel an Geldern, die nicht abgerufen werden können, weil Ausschreibungen oft wahnsinnig langwierig sind. Oder weil Baufirmen keine Kapazitäten haben und private Auftraggeber schlicht besser zahlen als die öffentliche Hand. In Großstädten wiederum fehlt oft der Platz: Es gibt kaum Ausweichgebäude, wenn mitunter völlig marode Schulen generalsaniert werden müssen.

Und dennoch: Sollte irgendeine Koalition mal den Mut aufbringen, Milliardäre stärker zu besteuern, wäre das natürlich großartig. Allein, es fehlt ein wenig der Glaube, dass dafür in der kommenden Legislatur Mehrheiten zu finden sein werden. Sollten die Grünen tatsächlich noch mal in Regierungsverantwortung kommen, ist das mit einem Koalitionspartner CDU wohl ausgeschlossen.

Beim Grünen-Parteitag Mitte November vermied man eine Abstimmung über eine Vermögensteuer tunlichst

Und dass Habeck die Reichensteuer nun nach seinem ersten Küchentisch-Wahlkampfvideo wiederholt ins Spiel bringt, überdeckt die Tatsache, dass selbst die Grünen sich intern überhaupt nicht einig sind, ob sie sich rantrauen an die Vermögenden. Beim Parteitag Mitte November, bei dem Habeck zum Spitzenkandidaten gekürt wurde, vermied man eine Abstimmung über eine Vermögensteuer tunlichst.

Was bleiben könnte, wenn der Wahlkampfnebel sich irgendwann lichtet und sich keine Mehrheit für die Vermögenssteuer abzeichnet: eine Diskussion darüber – wenn man die nächste Schuldenbremsendebatte umschiffen will –, ob es nicht vielleicht ein Sondervermögen für öffentliche Infrastruktur bräuchte. Nicht nur, aber auch für die Schulen. Denn wer glaubt noch an Robin Hood?

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Anna Klöpper
Leiterin taz.eins
Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.
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3 Kommentare

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  • Er war doch mehr als drei Jahre in Regierungsverantwortung. Hätt er sich da doch mal an den Schulkloduft erinnern können.



    Einfach mal was tun bevor CDU wieder CDU machen kann...



    Aber nein, man ist lieber mehr CDU als das Original.



    Die SPD dito.



    Staatstragender Lobbyistengehorsam sobald man darf. Und nun? Kriegen wir erstmal den Originallobbyisten und danach darf dann mal die AfD?



    Ich mag keine Nachrichten mehr hören und lesen.

  • Statt zu überlegen wie er das Geld der anderen verteilt, könnte er doch auch mal überlegen, wie alle etwas mehr verdienen und dann mehr haben. Ist doch auch eigentlich die Aufgabe eines Wirtschaftsministers, oder? Andernfalls hieße das doch eher "Verteilungsminister" o.ä....

    Aber ich bin sicher, das er seiner eigentlichen Aufgabe mal wieder nicht gerecht wird und stattdessen mit "Traumschwiegersohn" Rhetorik daher kommt, werden ihm leider wieder viel zu viele abkaufen. Das ist das gefährliche an Verführern. Und so wird es keinen Politikwechsel geben, Grün wird immer irgendwie mit am Ball bleiben, nächste mal dann eben mit der CDU, bis es allen so schlecht geht und soviel Leid in den Alltag eingezogen ist, das sie die Reißleine ziehen und die noch böseren Verführer wählen.

    So und jetzt räum ich hier erstmal besser etwas meine Bude auf, ich hab Harbeck grad ja "Verführer" genannt, morgen kommt sicher das SEK und zieht mich aus dem Bett...

  • Meine Definition Wahlkampf:



    Als Wahlkampf bezeichnet man die Zeit, in der Parteien mit Wahlgeschenken und Versprechen um sich werfen.



    Meine Definition Wahltag:



    Als Wahltag bezeichnet man die Zeit, in der viele leichtgläubige Wähler der Versprechen wegen eine bestimmte Partei wählen.



    Meine Definition Regierungszeit:



    Als Regierungszeit bezeichnet man die Zeit, in der diese Wähler dann merken, dass ihre Geschenke gar nicht ausgepackt werden.

    Herr Habeck befindet sich gerade in der Zeit des Wahlkampfes - alle anderen aber auch.