Landtagswahlen in Brandenburg: Gerade noch mal gutgegangen
Dicht gefolgt von der AfD geht die SPD mit Dietmar Woidke als erste durchs Ziel. Populäre Spitzenkandidaten zahlen sich im Wahlkampf aus.
G eschafft! Die letzte von drei gräulich-bläulichen Landtagswahlen im Osten ist vorbei. Zwar hat sich die SPD in letzter Minute auf Platz 1 geschoben. Chapeau Dietmar Woidke! Dennoch hat sich die AfD nah an der 30-Prozent-Marke einmal mehr als Volkspartei etabliert. Die Ergebnisse im Frühjahr in Hamburg werden hoffentlich gemäßigter. Doch die Wahl in Brandenburg bestätigt mehrere Trends und wirkt wie ein Menetekel für die Bundestagswahl in einem Jahr.
Rechtsextreme bekämpft man nicht mit der bloßen Postulierung von Brandmauern. Alle demokratischen Parteien müssen ihre Strategien jetzt überdenken. Für die SPD ist es ein überraschend gutes Ergebnis. Die Strategie, alles auf eine Karte, sprich auf Dietmar Woidke zu setzen, ist aufgegangen. Ohne die Popularität des Ministerpräsidenten wären die Sozialdemokraten niemals so weit über dem Bundestrend gelandet. Erneut zeigt sich: Wahlkämpfe rund um populäre Führungsfiguren sind erfolgreich.
Bei der Bundestagswahl stellt das die SPD vor gewaltige Probleme. Olaf Scholz ist das Gegenteil von populär. Für die Zukunft braucht die SPD eine ganz neue Strategie oder einen neuen Kanzlerkandidaten. Oder beides. Auch die CDU muss sich neu erfinden. Die Taktik zu behaupten, dass Brandenburg es besser kann – ja, wie denn? – und sich ansonsten an der Ampel abzuarbeiten, ist nicht aufgegangen.
Für Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz ist das Brandenburger Ergebnis ein klassischer Fehlstart. Das zu erwartende Duell Merz gegen Scholz ist keineswegs entschieden. Wenn die Deutschen in einem Jahr die Wahl zwischen einem Choleriker und einem Langweiler haben, dann entscheiden sie sich in aufgeheizten Zeiten womöglich doch noch für den Langweiler.
Empfohlener externer Inhalt
Die echten Probleme angehen
Gründlich schiefgegangen ist auch Merz’ vollmundig postuliertes Ziel, die AfD halbieren zu wollen. Die AfD und auch das Bündnis Sahra Wagenknecht haben einmal mehr bewiesen, wie versiert sie darin sind, Verunsicherung und Ängste für sich auszuschlachten. Dass (fast) alle Parteien nun tatsächlich uralte Vorschläge der AfD zur Bekämpfung von „irregulärer“ Migration aufgreifen und praktizieren, werden viele Menschen als Bestätigung auffassen: Die Rechtsextreme wird als Treiberin gebraucht.
Empfohlener externer Inhalt
Nötig wäre eine Gegenerzählung. Sehr schade, dass weder Linke noch die Grünen aktuell imstande sind, sie zu liefern. Es würde helfen, wenn die regierenden Parteien wieder dazu übergingen, sich „in großem Stil“ um die tatsächlichen Probleme zu kümmern: bezahlbaren Wohnraum schaffen, die Bildungsmisere angehen, die Infrastruktur auf Vordermann bringen. Auf diesen Gebieten könnten sie Populisten und Rechtsextreme Paroli bieten. Denn die sind da blank.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen