Kli­ma­ak­ti­vis­t*in über Diversität: „Fridays for Future ist weiß“

Es gibt zu wenig migrantische Perspektiven in der Klimabewegung, kritisiert Winta P. von „BIPoC for Future“. Das habe auch Auswirkungen auf Aktionen.

Demonstrantin hält ein Pappschild mit der Aufschrift "End Colonialism" hoch

Kolonialismus – auch das ist ein Thema der Klimabewegung Foto: Romy Arroyo Fernandez/picture alliance

taz: Winta, Wie bist du zur Klimabewegung gekommen?

Winta P.: Ich habe mit 16 Jahren bei Greenpeace angefangen. Das war mein Zugang zur Klimabewegung, eine Sensibilität für die ­Situation war schon früh da. Als Schwarze Person in Deutschland hatte ich schon früh ein Verständnis für die Ungerechtigkeit in dieser ­Gesellschaft.

Mit welchen Herausforderungen sind vor allem BIPoC, also Black, Indigenous and People of Colour, in der Klimabewegung ­konfrontiert?

Wir haben mit Rassismus in verschiedensten Formen zu kämpfen – und unsere Perspektiven werden kaum einbezogen. Fridays for Future (FFF) ist mehrheitlich weiß und akademisch – und das steht oft im Vordergrund. Die Klima­krise betrifft alle, aber MAPA* sind seit 500 Jahren – seit Beginn des Kolonialismus – von Ausbeutung betroffen und zahlen den höchsten Preis für die Klimakrise. Ein wichtiger Faktor im Aktivismus ist auch Polizeigewalt, weil wir als BIPoC davon besonders stark betroffen sind.

Winta P., 23 Jahre alt, studiert Politik, Geografie, Theater und Film, engagiert sich seit 2016 in der Klimabewegung und seit 2019 bei Fridays for Future – jetzt als Teil von BIPoC for Future. Winta spricht für das Kollektiv und möchte deshalb weitgehend anonym bleiben.

Stehen euch dadurch bestimmte Protestformen nicht offen?

Rassistische Erfahrungen und Polizeigewalt beginnen für BIPoC nicht bei Demonstrationen, sondern schon im Alltag. Uns geht es nicht darum, Aktionen nicht zu machen, sondern darum, wie wir sie sicher umsetzen. Das ist das, woran auch weiße Ak­ti­vis­t*in­nen ansetzen müssen, damit je­de*r teilnehmen kann.

Was sollte die Bewegung machen, um inklusiver zu werden?

Sie sollten den nichtweißen Menschen zuhören und selbst organisierte Proteste von ihnen unterstützen. Es macht etwa keinen Sinn, BIPoC als Kontaktpersonen zur Polizei zu benennen. Und die Klimagerechtigkeitsbewegung muss mehr von BIPoC- und MAPA-Aktivist*in­nen angeleitet werden. Es geht darum, uns zuzuhören und sich global für intersektionale Kämpfe einzusetzen.

Gibt es Themen, für die Ihr euch als BIPoC for Future besonders einsetzt?

Ja. Für eine soziale Antwort auf die Klima­krise, konkret die Einführung des 0-Euro-­Tickets und ein Entlastungspaket für Länder des Globalen Südens, wie es etwa die Kampagne „Debt for Climate“ fordert.

Können sich alle eine Radikalisierung in der Klimabewegung leisten?

Natürlich kann nicht jeder das Gleiche machen, sondern jeder in seinem Ermessen. Für BIPoC finde ich, ist es schon eine Form von Radikalität, in diesem rassistischen System überhaupt zu existieren und zu protestieren. Die Frage ist vielmehr, sollten wir es uns leisten, nur alle vier Jahre wählen zu gehen – und dann werden uns diese ganzen Sachen auferlegt von Po­li­ti­ke­r*in­nen, die mehrheitlich männlich, weiß und akademisch sind? Wir sollten unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen.

Gab es in den vergangenen Jahren einen Wandel in der Klimabewegung – hin zu mehr Inklusivität?

Allein das Zukunftsnarrativ von Fridays for Future ist schon nicht inklusiv. Klar geht es auch um die Zukunft, aber auch um die Vergangenheit und die Gegenwart. Es geht auch um die Menschen in Pakistan, die jetzt gerade akut von der Klimakrise betroffen sind. Es hat sich aber etwas verändert in der Hinsicht, dass es uns jetzt innerhalb von FFF gibt – und ich glaube, das ist ein großer Schritt.

*Most affected People and Areas, also Menschen in den von der Klimakrise am meisten betroffenen Regionen.

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