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Verhältnis der Deutschen zu IsraelStreit bei „Zeit“ über Löschung der Maxim-Biller-Kolumne

Autor Maxim Biller hat in der „Zeit“ eine scharfe Kolumne über das Verhältnis der Deutschen zu Israel veröffentlicht. Die „Zeit“ löschte den Text. Wie kam es dazu?

Maxim Biller Foto: gezett/imago

Berlin taz | Maxim Biller ist kein Mann der sanften Töne. In seinen Kolumnen teilt er aus, beleidigt, schlägt auf wenigen Zeilen alles kurz und klein, was ihm zuwider ist. Biller ist ein Kolumnist, wie Zeitungsredaktionen ihn lieben: ein bisschen gemein, oft hart an der Grenze, manchmal auch drüber. Einer, über den man spricht.

Am vergangenen Donnerstag erschien in der Zeit seine neueste Kolumne. Doch dass diese die Redaktion aufwühlen und zu einem extrem außergewöhnlichen Schritt zwingen wird, dass sie für heftige Debatten in den sozialen Medien und anderen Zeitungen sorgen wird, das hat dieses Mal wohl niemand kommen sehen, der zunächst mit dem Text betraut war.

„Morbus Israel“ ist der Text überschrieben. Darin beschäftigt sich Biller mit dem aus seiner Sicht pathologischen Verhältnis vieler Deutscher zu Israel. Er sieht in ihnen „Täterenkel“ mit schlechtem Gewissen. Biller meint Leute wie Markus Lanz, der „die Israelis als mittelalterliche Kindermörder und moderne Kriegsverbrecher überführen“ wolle. Andere, wie Tilo Jung oder den SPD-Politiker Ralf Stegner, sieht Biller auf einem „pathologischen, psychisch bestimmt sehr belastenden Anti-Israel-Horrortrip“.

„Ja, wenn es um Israel geht, um Benjamin Netanjahu und die strategisch richtige, aber unmenschliche Hungerblockade von Gaza oder die rein defensive Iran-Kampagne der IDF, kennen die meisten Deutschen keinen Spaß“, schreibt Biller.

Selbst für Biller ein harter Text

Er beendet seinen Text mit einem Witz: Ein israelischer Soldat geht zum Arzt und sagt, er habe keine Lust mehr, auf Araber zu schießen. Der Arzt antwortet, der Soldat könne sofort damit aufhören. „Aber raten würde ich es Ihnen nicht“, sagt der Arzt. „Auch nicht nach unserer Therapie.“

Es ist, selbst für Maxim Biller, eine harte Kolumne. Schießen auf Araber, auch wenn es ein Witz ist und dazu die „strategisch richtige, aber unmenschliche Hungerblockade von Gaza“, das ist auch in der Redaktion der Zeit vielen Leuten aufgestoßen.

Wer sich in diesen Tagen in der Zeit-Redaktion umhört, der stößt auf eine große Einigkeit, dass die Kolumne so nie hätte erscheinen dürfen. Unsensibel sei sie, zynisch, angesichts dessen, was in Gaza derzeit passiert. Einige KollegInnen empfinden den Text als schmerzhaft. Offen sprechen will niemand. Aus vielen Gesprächen darf nicht zitiert werden.

Die Chefredaktion der Zeit entschied sich schließlich für einen drastischen Schritt. Knapp 24 Stunden nachdem der Text online erschienen war, depublizierte sie ihn wieder. Mehrere Formulierungen hätten nicht den Standards der Zeit entsprochen, die „aufwändige redaktionelle Qualitätssicherung“ habe nicht gegriffen, heißt es da.

Ungewöhnlicher Schritt

Um zu verstehen, wie ungewöhnlich es bei der Zeit ist, einen Text zu depublizieren, muss man an zwei andere Beispiele erinnern, die für Debatten gesorgt hatten.

Als im Sommer 2018 zwei Zeit-Redakteurinnen ein Pro und Contra darüber schrieben, ob private Seenotrettung legitim ist und dies unter der Überschrift „Oder soll man es lassen?“ taten, gab es riesige Empörung. Der damalige stellvertretende Chefredakteur und Politik-Ressortchef Bernd Ulrich entschuldigte sich bei Twitter, auf dem Redaktionsblog schrieben er und seine Kollegin, man bedaure diese Überschrift. Trotzdem: Der Text blieb stehen.

Als der Autor Fabian Wolff im Jahr 2021 in der Zeit erst darüber schrieb, wie er als Jude in Deutschland lebt, und dann 2023 darüber, dass er nun erfahren habe, doch kein Jude zu sein, kamen in anderen Medien Zweifel auf. Die Zeit recherchierte nach, fand Widersprüche in Wolffs Text und eigenes Versagen beim Faktencheck und dokumentierte das öffentlich. Sie setzte dem Text schließlich einen Transparenzhinweis vor und schrieb, man bedaure, dass der Text veröffentlicht wurde. Aber auch dieser Text blieb stehen.

Was unterscheidet die Biller-Kolumne nun von diesen beiden Texten?

Mutmaßungen über politischen Hintergrund

Verfolgt man die Deutung in den sozialen Medien, dann meinen dort einige schon lange einen Rechtsruck in der Zeit zu beobachten. Belege dafür finden sie vermeintlich im Personal und in dem, was die Zeit zuletzt gedruckt hat. Dass Biller jetzt dort das Schießen auf Araber gutheiße, passt in ihr Bild.

Der Welt-Herausgeber Ulf Poschardt deutet die Geschichte genau andersherum. In einem Gastbeitrag in der Jüdischen Allgemeinen bewertet er die Entscheidung, die Kolumne zu depublizieren, als einen Sieg des – aus seiner Sicht – woken linken Mainstreams der Online-Redaktion über die Kollegen der Print-Zeit. ZeitOnline sei das Leitmedium einer „neuen, identitätspolitischen Linken“, Biller sei den dortigen „neuen Zensoren“ zum Opfer gefallen.

Wer mit RedakteurInnen der Zeit, sowohl Online als auch Print, spricht, der merkt: Beide Thesen greifen zu kurz.

Die Zeit steckt mitten in dem, was sie Fusion nennt: Die Redaktionen von Print und Online sollen in diesem Jahr verschmelzen. Seit heute, dem 1. Juli, firmieren beide Redaktionen unter dem Titel Die Zeit. Im Berliner Büro der Zeit feiert man heute den Abschied von ZeitOnline. Was nach bloßem Titelgeschiebe klingt, ist für das Haus ein Riesenprozess. Es geht dabei um Machtfragen, um die Verteilung von Geld, Stellen und Posten.

Eine Überforderung

Und diese Strukturfragen, so erzählen es einige RedakteurInnen, binden viel Zeit und Kraft. Eine konstante Überforderung sei das – neben dem Anspruch, trotzdem weiter guten Journalismus zu machen.

Die Kolumne ist offenbar in der sehr hektischen Zeit-Fusionswoche aus dem Blick geraten

Die Kolumne von Maxim Biller ist offenbar in der vergangenen, sehr hektischen Produktionswoche aus dem Blick geraten. Wenn die Zeit also offiziell mitteilt, die „aufwändige Qualitätssicherung“ habe bei der Biller-Kolumne nicht gegriffen, heißt das übersetzt: Der Text ist quasi unredigiert erschienen. KollegInnen, die Einwände gegen die kritischen Passagen erhoben haben, wurden ignoriert.

Nur verwundert es einige im Haus, dass das ausgerechnet bei einem Text zur Nahost-Debatte passiert. Wie in allen Redaktionen werden die Themen Israel und Gaza in der Zeit kontrovers diskutiert. Erst kürzlich gab es eine Aussprache in der Redaktion zu der Frage, ob die Zeit in ihrer Israel-Berichterstattung allen Seiten gerecht wird. Es gibt offenbar einige in der Redaktion, die den Eindruck haben, pro-palästinensische Stimmen hätten es schwerer, gedruckt zu werden. Andere weisen diese politische Dimension im Streit um die Biller-Kolumne allerdings entschieden zurück.

Chefredaktion hat über Depublizieren entschieden

Die Frage, die sich nach so einem Fehler anschließt, ist, wie geht eine Redaktion damit um? Die Entscheidung, den Text zu depublizieren, hat die Chefredaktion gemeinsam getroffen, offenbar vor allem, um der Kritik im Haus zu begegnen. Markus Lanz jedenfalls habe nicht danach verlangt, heißt es.

In der Redaktion gibt es sowohl Stimmen, die das Depublizieren richtig finden, als auch solche, die die nachträgliche Löschung falsch finden. Zu lesen ist die Kolumne ja trotzdem weiterhin, sowohl in der gedruckten Zeit, als auch als Screenshots und archivierte Versionen online.

Und sie wird gelesen. Selten ist eine Biller-Kolumne wohl so viel geteilt und diskutiert worden. Mehrere Autoren, die sonst für die Zeit schreiben, haben nun aus Empörung angekündigt, nicht mehr für das Blatt zu schreiben oder verlangen, dass ihre Texte von der Webseite der Zeit gelöscht werden.

Maxim Biller selbst hat bisher entschieden, sich nicht öffentlich zu äußern.

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24 Kommentare

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  • Der Text ist abstoßend. Hätte ich ihn gelesen und nicht mitbekommen, dass sich die Zeit von ihm distanziert, würde das sehr hoffnungsraubend sein.



    Nichts destotrotz finde ich es nicht richtig, in Print publizierte Artikel online zu löschen. Klar: nicht mehr verlinken, nicht bewerben und mit fettem Hinweis, dass sich die Redaktion für diesen publizierten Text entschuldigt.



    Ich fühle mich etwas unwohl dabei, wenn wir uns bei kontroversen Themen auf Archivwebsiten verlassen müssen, die bei dem aktuellen Tempo an Autokratisierung und Copyright-Aktivismus durch Internetanbieter möglicherweise nicht mehr lange für alle in der ach so freien westlichen Welt zugänglich sein könnten.

  • Ich bin noch nicht bereit für strategische Unmenschlichkeit



    und hoffe, dass man mir verzeiht.

  • Ich denke nachdem die Kolumne ja in der gedruckten Form zu lesen ist und sich auch online verbreitet, womit man in der heutigen Zeit rechnen muss, wäre eine kritische Auseinandersetzung mit dem Geschriebenen jetzt angebrachter gewesen um deutlich zu machen wieso es nicht Standards der Zeit entspricht anstatt es einfach zu löschen.



    Siehe dazu auch Saba-Nur Cheema & Meron Mendel in der FAZ: "Löschen ist keine Lösung."



    Ich persönlich finde den "Witz" absolut geschmacklos genauso wie zu sagen "die strategisch richtige, aber unmenschliche Hungerblockade von Gaza" da verstehen die Deutschen keinen Spaß. Man sollte sich dann als Autor vielleicht auch mal fragen wie man selber reagieren würde, wenn zum Beispiel ein Araber solch einen "Witz" über jüdische Menschen machen würde in einer Kolumne. Wenn man bedenkt,dass ein Großteil der Getöteten in Gaza Frauen und Kinder sind, sind solche Saschen nicht einfach nur provozierend.



    Aber in den dt. Redaktionen wäre eine Auseinandersetzung mit der Israelberichterstattung eh von Nöten, aus der Wissenschaft wird diese ja nicht erst seit diesem Krieg kritisiert, z.B. Prof. Dr. Kai Hafez oder Nadia Zaboura (z.B. mit Tilo Jung in Diskussion bei Monitor)

  • Ich fürchte, manchen ist jedes (menschliche) Maß abhanden gekommen... Dass darüber überhaupt debattiert wird, ist symptomatisch. Ich frage mich, was jemand wie Adorno von dieser Verrohung gehalten und wie er sie begründet hätte.

    "Pointiert" und selbst gezielte Provokation sieht anders aus. Mit "strategisch richtig" kann so ziemlich jedes Kriegsverbrechen gerechtfertigt werden. Und Präventivschläge ohne gegebenen Anlass als Verteidigung auszgeben, ist auch ein alter Hut.

    • @Gothograecus:

      ""Ich fürchte, manchen ist jedes (menschliche) Maß abhanden gekommen... ""



      ===



      Zitat Völkischen Beobachter

      ""Im ganzen Berliner Westen, wie überall auch sonst, wo die Juden sich noch in der Reichshauptstadt breitmachten, ist kein Schaufenster eines jüdischen Geschäftes heilgeblieben. Zorn und Wut der Berliner, die trotz allem größte Disziplin bewahrten, hielten sich doch in bestimmten Grenzen, so daß Ausschreitungen vermieden und keinem einzigen Juden auch nur ein Haar gekrümmt wurde. Die in den zum Teil allzu prächtig ausgestatteten Fenstern feilgebotenen Waren blieben unberührt, höchstens daß hier und da der eine oder andere Gegenstand durch einen Steinwurf oder eine herabfallende Scherbe beschädigt wurde. ... Die drei Berliner Synagogen sind in Brand geraten. ... In allen Straßen Berlins ... bieten sich den Passanten das gleiche Bild: in geräumten Auslagen und Schaukästen gähnt die Leere, nirgendwo ist ein Jude zu sehen. Nur hier und da sieht man hinter den teilweise verriegelten und durch Gitter geschützten Eingängen einen Sohn Israels bei Aufräumungsarbeiten. Die Bevölkerung verhält sich heute absolut ruhig, jeder geht seiner Beschäftigung nach. ""

  • Würden Presse und Medien in aller Transparenz, die sie von anderen oft und gerne fordern, über ihr Arbeitsweisen und -bedingungen berichten, würden ihnen ein großer Teil des Publikums abhanden kommen und sie ihren Nimbus als VerkünderInnen unbezweifelbarer Wahrheiten verlieren. Was bei Zeit, ARD, ZDF, taz und anderen Medien abläuft, ist das Standardprogramm von Kundengewinnung und -bindung mit Blick auf die wirtschaftlichen Kennzahlen, die am Ende immer stimmen müssen. Da erlauben sich nur noch wenige Medienhäuser aufwendige Recherchen oder Selbstkritik und keine Meinungsbeiträge, die ihr Stammpublikum gegen sie aufbringen würde. Markt- und Meinungsforschung sind heute die Instrumente für Positionierung und die digitale Kommunikation macht diese um ein vielfaches potenter: Sie erlaubt die unmittelbarer Dokumentation und Auswertung des Verhaltens von NutzerInnen. Wirtschaft, Politik und Medien nutzen dies umfänglich. Schöne neue Welten locken mit optimierten und immersiven Erfahrungen.

  • Was ist denn daran so schwierig:



    Die ZEIT hätte das Wort "Araber" durch den Begriff "Juden" ersetzen sollen. Wenn dieser Biller-Text danach in den Augen der Redaktion hätte veröffentlicht werden können, hätte man ihn veröffentlichen sollen, ansonsten nicht.

  • Ich habe mir die Mühe gemacht, den gesamten Text Maxim Billers zu lesen (Das Internet vergisst nicht!), und kann nur feststellen, dass da einer seinem Zorn und Ekel Luft gemacht hat, wie wir es in Variationen an anderer Stelle (auch hier in der taz-Kommune) immer wieder erleben. Warum die Zeit den Text nicht hat stehen lassen, erschließt sich mir nicht. Keine neuen Erkenntnisse, die gegenseitigen Vorwürfe (von Argumenten möchte ich an dieser Stelle nicht sprechen) sind sattsam bekannt und vielfach ausgetauscht. Ob man das Geschriebene geschmacklos findet oder auf den Punkt gebracht, möge Jede*r selbst entscheiden. Durch die Löschung wird ein (meiner unmaßgeblichen Meinung nach) die Debatte nicht bereichernder Text unnötig aufgewertet.

  • Nach all der Aufregung hätte ich mir den Text schlimmer vorgestellt. Biller ist ja immer extrem und polemisch.

    Mich beeindruckt mehr, dass das völlig inhaltsleer ist. Einfach mal so vom Leder gezogen, möglichst heftig. Ohne die um den Text entstandene Diskussion hätte ich nicht ganz gelesen. Ist kein Vergnügen und kein Erkenntnisgewinn.

  • Perfekt,einer provoziert und Deutschland macht das,was es am liebsten tut. Mit sich selbst beschäftigen.

  • Parallel dazu wird vom Glastonbury-Festival berichtet, dass ein Sänger dort zum Töten aufgerufen hat. Hier nun findet ein anderer (männlicher) Kulturschaffender offenbar auch das Töten schick. Der anderen Seite, aber das ist letztlich egal. Da weiter unten schon der "Zauberberg" angeführt wird, sei die Frage erlaubt, ob wir da nicht wieder so etwas wie eine "große Gereiztheit" erleben, letzlich eine männliche Nervosität, die sich in zunächst ideelle Grenzüberschreitungen flüchtet, deren ultimative das Töten ist. Im "Zauberberg" führt das zuerst in die kleine, schließlich in die große Katastrophe.

  • Horkheimer / Adorno charakterisieren in der DdA die Wirkungsweise der Kulturindustrie als Zirkel von Manipulation und rückwirkendem Bedürfnis. Das trifft auf den „Fall Maxim Biller“ voll zu. Die ZEIT kuscht vor der israelfeindlichen Stimmung, die sie selbst, wie die meisten anderen Medien auch anheizt und desavouiert damit einen Autor, der gerade das kritisiert. Alles Qualitätsstandardgerede ist nur faule Ausrede.

  • Die Ausgrenzung der Juden in Deutschland und vielen anderen Ländern hat keineswegs mit der tödlichen Antwort der israelischen Armee auf den Terrorangriff von Hamas & Co. am 7. Oktober begonnen.

    Wer Maxim Billers bitterböse Satire nicht auf den wahren Kern hin untersuchen möchte - anbei Shakespeare als Versuch einer moderaten Übersetzung von Hillers Kernthese - ca. 425 Jahre früher erschienen als Hillers Veröffentlichung.

    Shylocks Monolog, Shakespeare; Kaufmann von Venedig:

    ""....Hat nicht ein Jude Augen? Hat nicht ein Jude Hände, Gliedmaßen, Werkzeuge, Sinne, Neigungen, Leidenschaften? Mit derselben Speise genährt, mit denselben Waffen verletzt, denselben Krankheiten unterworfen, mit denselben Mitteln geheilt, gewärmt und gekältet von eben dem Winter und Sommer als ein Christ?

    Wenn ihr uns stecht, bluten wir nicht? Wenn ihr uns kitzelt, lachen wir nicht? Wenn ihr uns vergiftet, sterben wir nicht?

    Und wenn ihr uns beleidigt, sollen wir uns nicht rächen?""

    P.S. Eigentlich wollte ich sämliche Beschreibungen genozidaler Massaker an Juden als Quelle seit dem Jahr 1598 anfügen - benötige dafür das Papier einer täglichen Ausgabe der TAZ seit Erscheinen.



    Anfrage fäuft.

  • "Maxim Biller selbst hat bisher entschieden, sich nicht öffentlich zu äußern."

    Vielleicht möchte Biller einfach nur mit seinem Laschet-Lachen allein sein, so wie Schutzmann bei Franz Kafka:

    "«Gibs auf, gibs auf», sagte er und wandte sich mit einem großen Schwunge ab, so wie Leute, die mit ihrem Lachen allein sein wollen."

    www.matthiaszehnde...entar/franz-kafka/

    Das, was Biller da erzählt, ist weder ein Witz noch Satire, sondern Zynismus.

  • Klar, notwendig. Rein defensiv. Pathologischer, psychologisch belastender Horrortrip.



    Billers Text spricht für sich, und die Veröffentlichung in der Zeit ebenfalls.

    Die Depublikation ist der maximal ungeschickte, gar schädliche Versuch von Teilen der Redaktion zu retten was nicht mehr zu retten ist.

  • "Der Welt-Herausgeber Ulf Poschardt deutet die Geschichte genau andersherum. In einem Gastbeitrag in der Jüdischen Allgemeinen bewertet er die Entscheidung, die Kolumne zu depublizieren, als einen Sieg des – aus seiner Sicht – woken linken Mainstreams der Online-Redaktion über die Kollegen der Print-Zeit. ZeitOnline sei das Leitmedium einer „neuen, identitätspolitischen Linken“, Biller sei den dortigen „neuen Zensoren“ zum Opfer gefallen."

    Oha, manchmal muß ich sogar diesem Poschardt Recht geben.

    • @Eulennest:

      Poschardt hat halt sein feststehendes Weltbild. Sein Kommentar ist daraus entsprungen. Die ZEIT als Leitmedium einer neuen Linken, har, har.



      Sogar einer "identitätspolitischen" Linken? Hm, was soll das denn sein?

    • @Eulennest:

      Under no circumstances do you gotta hand it to them.



      Wie jeder Identitäre projiziert er die eigenen Praktiken auf den Feind.

    • @Eulennest:

      Ich muss leider auch Porschardt Recht geben. ZON ist schon länger das deutsche Kampfblatt der Wokeness-Bewegung. Liberal kann man das Portal nicht mehr nennen.

    • @Eulennest:

      klar, wenn Sie die witze, die maxim biller über das schießen auf araber verbreitet, für lustig halten und, wie biller, kriegsverbrechen an der palästinensischen zivilbevölkerung für "strategisch richtig" – dann müssen Sie "sogar diesem poschardt recht geben". aber dann sind sie ihm ideologisch vermutlich auch wesentlich näher, als Sie selbst offensichtlich glauben...

    • @Eulennest:

      Na dann willkommen in der Compact-Kommentarspalte

  • „... oder die rein defensive Iran-Kampagne der IDF, kennen die meisten Deutschen keinen Spaß“ - immerhin der Kanzler schon.



    "DIE Israelis" sind keine Kriegsverbrecher; manche? viele? in der IDF schon.



    Ansonsten: ich lese ihn literarisch immer und kolumnenschreibend fast immer gern.

  • Zitat: "Er beendet seinen Text mit einem Witz: Ein israelischer Soldat geht zum Arzt und sagt, er habe keine Lust mehr, auf Araber zu schießen. Der Arzt antwortet, der Soldat könne sofort damit aufhören. „Aber raten würde ich es Ihnen nicht“, sagt der Arzt. „Auch nicht nach unserer Therapie.“

    Es ist, selbst für Maxim Biller, eine harte Kolumne. Schießen auf Araber, auch wenn es ein Witz ist und dazu die „strategisch richtige, aber unmenschliche Hungerblockade von Gaza“"

    Es gibt texte die mit Polemik auf Misstände zeigen. UNd es gibt Texte die erklären Araber müssen man strategisch richtig Hungern lassen. Der WItz macht es noch schlimmer: was soll man tun, man muss Araber halt erschießen.

    In wie weit es links woke sein soll gegen unmenschliche Aussagen vorzugehen erschließt sich mir nicht.

    Es war Thomas Mann der in seinem Zauberberg schrieb: "Prägen Sie sich immerhin ein, daß Toleranz zum Verbrechen wird, wenn sie dem Bösen gilt."

    • @Welt Bürger:

      Wer über den 'Witz' lacht, ist sicher nicht solidarisch, also nicht links, nicht mittig, irgendwo bei den Menschenfeinden. In dem Sinne war der Fehler natürlich vorher passiert(wenn die Erzählung hier zutrifft) und die Depublizierung die notwendige Reißleine. Alternativ wäre es ein sichtbarer Rechtsruck der Zeit (ohne das ich Biller bisher groß gelesen habe, scheint hier "Härte" mit "Umenschlichkeit" verwechselt worden zu sein).